RN/65
15.47
Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretäre! Werte Abgeordnetenkollegen hier im Hohen Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Österreicher vor den Fernsehbildschirmen und auch hier auf der Galerie! Ja, das, was Sie gerade von meinen Vorrednern, Kollegin Fürst und Kollegen Hafenecker, gehört haben, das kann eigentlich direkt aus Radio Moskau stammen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen.) Das sind die Worte aus dem Paralleluniversum unserer FPÖ. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wieso horchen Sie so oft Radio Moskau? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wo liegt denn der Staatsvertrag, den Sie feiern? Wo liegt denn der?)
Wenn man schon über Geschichte spricht (Abg. Lausch [FPÖ]: Fragen Sie Minnich, der Minnich weiß es!) – ja, Herr Kollege Lausch –: Es gibt einen Bundeskanzler in der Geschichte, der schon gesagt hat: Lernen Sie Geschichte! Um Ihnen einen kurzen Exkurs zu geben, möchte ich Ihnen jetzt schon noch eines sagen, weil Sie das angesprochen haben, Frau Kollegin Fürst: vor 70 Jahren, 1955, der Staatsvertrag, die immerwährende Neutralität Österreichs.
Wissen Sie, was ein Jahr später passiert ist? (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Warum trauen sich der Kanzler und die Außenministerin nicht her? Weil sie euch lieber ins Feuer schicken?) – 1956 wurde der Ungarnaufstand von der Sowjetarmee blutigst niedergeschlagen. Panzer überrollten Menschen, viele Tausende Tote, über Zehntausende wurden verschleppt und nach Sibirien deportiert. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wer hat die Waffen zahlt?) Über 200 000 Menschen sind damals geflüchtet, 180 000 Ungarn sind nach Österreich geflüchtet, die hier aufgenommen worden sind.
Wissen Sie, was die Gründerväter der Neutralität, des Staatsvertrages 1956 gemacht haben? – Sie haben hier eine Resolution und einen Entschließungsantrag gegen den Einmarsch der Sowjetarmee in Ungarn gemacht. Sie haben hier im Hohen Haus Resolutionen gegen die Verbrechen der Sowjetunion mit einem Allparteienbeschluss verabschiedet.
Und wissen Sie, wer damals die Parteien waren, wer die Allparteienriege für diesen Beschluss gegen die Verbrechen Russlands war? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die ehemalige ...! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das war die UdSSR, Sie verwechseln da ein bissel was! Lesen bildet!) – Alle Parteien: SPÖ, ÖVP, FPÖ, inklusive der KPÖ. 1956 gab es nämlich schon die FPÖ, also können Sie sich hier auch nicht aus dieser Verantwortung stehlen. (Ruf bei der FPÖ: Was will er uns sagen?)
Wenn Sie damals gesagt haben, Österreich ist militärisch neutral (Abg. Hafenecker [FPÖ]: ..., wir wollen Frieden verhandeln! Sie wollen Krieg führen!), aber nicht in der Meinung und nicht in unseren Werten, dann stehen Sie doch bitte heute auch dazu! Auch 1968 haben Sie es wieder genauso gehalten. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie haben es irgendwie nicht verstanden, gell? – Ruf bei der FPÖ: Jetzt haben wir die Taferl extra ..., aber noch immer zu komplex!) In diesem Sinne muss man sich schon fragen: Wie ehrlich meint es die FPÖ? (Abg. Steiner [FPÖ] hält die Tafel mit der Aufschrift „FPÖ“, „die soziale Heimatpartei“, „Zeit für Neutralität“ in die Höhe.)
Gibt es überhaupt einen einzigen Abgeordneten in der Riege der FPÖ, der das benennen kann, was sich Putin mit größter Aggressivität in der Ukraine leistet? (Ruf bei der FPÖ: Wir dürfen es ja nicht sagen!) Angriff auf ein souveränes Land, Bruch des Völkerrechts (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Habts ihr vorgestern nicht zugehört? – weiterer Ruf bei der FPÖ: Redet und sagt nichts!), Vergewaltigung Zigtausender Frauen und Einsatz dessen als Waffe im Krieg (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wir haben das sofort verurteilt! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Abg. Wurm [FPÖ]: Hast du geschlafen oder ...? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wir haben das sofort verurteilt!), über 19 000 entführte und verschleppte Kinder – und so weiter und so fort, jeden Tag neue kriminelle Handlungen (Abg. Kickl [FPÖ]: Der Unterschied zu Ihnen ist: Wir verurteilen das überall! Überall! – Abg. Höfinger [ÖVP]: Doppelmoral! Doppelzüngigkeit und Doppelmoral!), ja, Kriegsverbrechen, die man jetzt aufgrund der so großen Anzahl gar nicht mehr wirklich beziffern kann. Ich finde es wirklich beschämend, dass hier von Ihnen nicht ein einziges Mal ein Satz dazu kommt, was hier wirklich passiert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen. – Abg. Wurm [FPÖ]: Hast du geschlafen drei Jahre lang oder was, Kollege?)
Aber die größte Unverfrorenheit ist eigentlich, wenn man sich hier herausstellt und dann redliche Friedensbemühungen - - (Rufe bei der FPÖ: Was? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo sind redliche Friedensbemühungen? – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Hast du deinem eigenen Staatssekretär nicht zugehört?) – Herr Vizekanzler Babler hat heute hier vorgeschlagen, dass man Wien als Ort von Friedensgesprächen einbringt, und Sie reden das schlecht und klein. (Abg. Kickl [FPÖ]: Beim gleichzeitigen Haftbefehl für den, mit dem Sie verhandeln wollen! Großartig! – Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr seids komplett daneben mittlerweile! So weit daneben! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja wie bemühen Sie sich denn um den Frieden? Haben Sie schon mit Herrn Putin telefoniert? Sie haben ja den Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Sowjetunion gibt’s schon seit ... nicht mehr! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Sowjetunion gibt’s nicht, noch einmal! Ich sag’s Ihnen noch einmal!), Nachfolgestaat Russland, abgeschlossen. Also man muss sich ja wirklich fragen: Was ist Ihr Beitrag zum Krieg, ah zum - - Was ist Ihr Beitrag zum Frieden? (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ] – die Tafel mit der Aufschrift „FPÖ“, „die soziale Heimatpartei“, „Zeit für Frieden“ in die Höhe haltend –: Das ist Ihr Beitrag zum Krieg! Ein Freud’scher Versprecher, Herr Kollege! Genau so sind Sie! Das ist Ihr Beitrag zum Krieg! Sie sagen es ganz richtig! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Da leisten wir keinen Beitrag! Sie haben es richtig gesagt! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Das war jetzt die Wahrheit!) – Ja, genau! Ihr Beitrag zum Krieg ist, dass Sie jeden Tag diese Radio-Moskau-Litaneien veranstalten. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Jetzt habt ihr die Wahrheit durchblicken lassen!) Es ist Zeit für Frieden, genau, aber da müssen Sie sich auch einmal redlich dafür einsetzen und redlich darum kümmern. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das war ein Freud’scher Versprecher! Genau so denken Sie!)
Wenn hier gesagt wird, mit dem Besuch Selenskyjs sei die Neutralität Österreichs gefährdet, dann muss man schon dazusagen: Selenskyj hat jedes Land in Europa besucht, die neutrale Schweiz mehrfach besucht, für Friedenskonsultationen. (Ruf bei der FPÖ: Bussi-Bussi, ja!) Da muss man wirklich sagen: Es stimmt einfach nicht, so wie Sie hier an das Thema herangehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
Ändern Sie Ihren Kurs, überdenken Sie, wer der Aggressor, wer der Angreifer ist, wer es redlich meint, wer es ehrlich meint (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr lernt es nie mehr!), wer völkerverbindend ist, wer für den Frieden ist. (Abg. Lausch [FPÖ]: Wenn Sie Friedensverhandlungen führen, na dann ...!) Überdenken Sie diesen Standpunkt, setzen Sie sich dafür ein, dass Wien zukünftig für Friedensgespräche zur Verfügung stehen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Wurm [FPÖ]: War ja super erfolgreich, eure Taktik! Die Taktik war erfolgreich, oder, nach drei Jahren?)
15.54
Präsident Peter Haubner: Da jetzt mehrere Abgeordnete der FPÖ die Tafeln in die Höhe gehalten haben, würde ich jetzt um Folgendes ersuchen: Wir haben ja an und für sich die bestehende Praxis, Schilder nach 30 Sekunden wegzuräumen. Ich habe Sie zuerst eingeladen, dass Sie der Usance des Hauses gerecht werden. Ich würde Sie noch einmal ersuchen, die Tafeln wegzuräumen (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wenn die Grünen den ganzen Tag mit einem Button am Pullover dahocken, ist es wurscht!), damit wir die Diskussion dann weiter fortführen können. (Die Abgeordneten der FPÖ stellen die Tafeln unter die Pulte.) – Danke vielmals.
Frau Abgeordnete Bayr, Sie gelangen als Nächste zu Wort. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 7 Minuten.