RN/67
16.02
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, es ist nicht zu ertragen, dass manche an einem Tag wie heute so schnell zurück in die Parteipolitik verfallen. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Eigentlich hätte ich gedacht, dass wir heute ein gemeinsames Verständnis haben, dass heute etwas anderes im Zentrum steht: Die Erinnerung (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was denn?) – Frau Belakowitsch, ich sage es Ihnen (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Ihr macht uns nicht zur Einheitspartei! – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Die Pride-Parade?) – an die Opfer von Graz (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Habt ihr ... bei der Pride-Parade? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Pride-Parade hat ja auch stattgefunden! – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Ich habe schon geglaubt, ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), die gemeinsame Trauer, das Mitgefühl, das, was der Herr Klubobmann der FPÖ heute Früh auch angesprochen hat. Ich habe dem zugestimmt und trotz aller inhaltlichen Differenzen, die es zwischen unseren Parteien gibt, auch Beifall bekundet. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, Herr Shetty, es hätte auch der Bildungsminister sprechen können! Der wäre zuständig gewesen!) Vor allem sollte im Zentrum stehen: der feste Wille, alles zu tun, damit so etwas nie wieder in einem österreichischen Klassenzimmer geschieht. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Und deswegen laden wir Selenskyj ein!?)
Doch leider gibt es Kräfte in diesem Haus, denen selbst dieser Moment der Einigkeit nicht heilig ist. Ich glaube, es gibt etwas, was uns Österreicherinnen und Österreicher ausmacht, quer durch alle Bundesländer, Generationen und quer durch alle Parteien: dass wir in der Krise zusammenstehen, Schulter an Schulter. Genau das erwarten sich jetzt auch die Menschen von uns als Politik: dass wir uns als politische Vertreterinnen und Vertreter an einen Tisch setzen, gemeinsam Verantwortung übernehmen, Lösungen erarbeiten. Und es gibt ja auch andere Teile der Opposition – ich denke an Klubobmann Kogler, der hier ganz konkrete Vorschläge gemacht hat. Auch wir als Bundesregierung haben ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgestellt und werden es diese Woche auch noch zur Beschlussfassung im Ministerrat bringen.
Was kommt von der FPÖ? – Keine Lösungen, keine Verantwortung, nur ein parteitaktisches Schauspiel mitten in einer der sensibelsten Sitzungen dieses Parlaments in dieser Gesetzgebungsperiode. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)
Zeitgleich, als der Herr Bundeskanzler hier am Rednerpult stand und der Opfer gedacht hat, und während Sie, Herr Kickl, hier am Rednerpult staatspolitische Verantwortung einforderten, wanderten ihre Abgeordnetenkollegen still und leise zur Nationalratskanzlei und haben diese Dringliche Anfrage eingebracht. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, nicht das - -! ... Parlamentarismus! Na hallo, jetzt reicht es aber dann! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: ... Parlamentarismus habt ihr ...!) Das ist nichts anderes als eine blanke Provokation, eine weitere populistische Scheindebatte über die Neutralität. (Abg. Kickl [FPÖ]: Keine Anfragen, keinen U-Ausschuss, ...!) Es ist ein durchsichtiges populistisches Manöver mit nur einem Ziel: spalten, spalten, spalten. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie des Abg. Kogler [Grüne].)
Herr Klubobmann Kickl, Abgeordnete Fürst hat mit ihrer Dringlichen Anfrage, mit ihrer Begründung alle Ihre Appelle zum Zusammenhalt zur Makulatur gemacht (Abg. Kickl [FPÖ]: Reden Sie doch nicht so einen Blödsinn daher!), weil sie heute alles in den Schatten gestellt hat, was Sie heute Früh eingefordert haben. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Für die falsche Sache werden wir nie zu gewinnen sein, nie!)
Die Menschen erwarten sich nach diesem Amoklauf von Graz, dass wir Konsequenzen ziehen in der Sicherheitspolitik, in der Gewaltprävention (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie ziehen da eine Löwinger-Bühne ab und beschweren sich, dass Parlamentarismus auch noch stattfindet!), im Schutz unserer Schulen, in der Stärkung der psychischen Gesundheit der jungen Menschen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Haben Sie heute in der Früh nichts zu sagen gehabt?) Und sie erwarten sich gerade nicht, dass sich die Politiker in solchen Momenten auseinanderdividieren lassen, sondern dass sie im Gedenken an die Opfer zusammenrücken. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Die Opfer missbrauchen, dass man eure Kriegstreiberei mitträgt! Also tiefer geht ja nicht! – Weitere Rufe bei der FPÖ: Tiefer geht eh nicht! Tiefer geht nicht!)
Und was machen Sie, was machen die Vertreter der FPÖ? – Herr Präsident, ich kann schon weiterreden, ich habe eh das Mikrofon und man hört sie nicht reinbrüllen, aber ich finde es nicht in Ordnung (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na, Sie sind nicht in Ordnung!), dass sie jede Debatte auf diese Art und Weise stören müssen.
Was macht die FPÖ? – Sie spaltet, sie provoziert (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie provozieren!), und Sie betreiben damit Polemik und Parteitaktik in einem Moment, in dem wir genau darauf verzichten sollten.
Und Frau Fürst, man hat bei Ihnen auch das Gefühl, Sie halten es einfach nicht aus, wenn in dieser polarisierten Welt einmal für wenige Tage das Gemeinsame vor das Trennende gestellt wird. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie des Abg. Lindner [SPÖ].) Ich habe das Gefühl, man hat das Gefühl, dass Ihre Parteistrategen dann so richtig nervös werden, denn in der Spaltung liegt Ihre Chance. Das ist Ihr Geschäftsmodell, und deswegen treten Sie hier die Flucht nach vorne an und machen genau das, was Sie gut können, nämlich das Trennende vor das Gemeinsame stellen (Abg. Kickl [FPÖ]: Ich mache jetzt den Psychologen beim Humboldt!), so wie wir es heute auch in dieser Debatte gesehen haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
RN/67.1
Ich möchte aber auch in der Sache noch eine Anmerkung zum Inhalt Ihrer Dringlichen Anfrage machen, Frau Fürst. Darf ich Sie fragen, Frau Fürst, ob Sie schon einmal in der Ukraine waren? Oder Herr Hafenecker? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich war zweimal ...! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist keine Fragestunde! Halten Sie die Rede und setzen Sie sich ...!) Frau Fürst, ich war in der Ukraine, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was soll denn das überhaupt?) – in meinem Fall eine Delegation mit Kollegen von der ÖVP und von den Grünen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich habe sogar gesehen, unter welchen Umständen der Herr Selenskyj gewählt worden ist!) Sie waren jedes Mal auch eingeladen; Sie haben sich geweigert, teilzunehmen. Wir waren in Kiew, wir waren in Butscha (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Schön für euch!), wir haben dort die Massengräber gesehen, wir haben dort mit Angehörigen jener Menschen gesprochen, deren Kinder nach Russland (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da habt ihr viel Spaß gehabt dabei, gell?) verschleppt wurden. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Nein, das ist kein Spaß! – Ruf: Das ist ja unfassbar! – Ruf: Was seid ihr für Leute? – Unruhe im Saal.)
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, glaube ich, nicht, was die FPÖ hier alles Widerliches zwischenruft. Nein, wir haben keinen Spaß dabei gehabt, als wir uns das angeschaut haben. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... Kriegstouristen! Das ist Kriegstourismus!) Wir haben das gemacht, um uns ein Bild zu machen, ein objektives Bild (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen), und ich sage Ihnen: Ich schäme mich dafür, dass sich Abgeordnete hier herausstellen und russische Propaganda vom Feinsten propagieren. Das ist unerträglich! (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist ja unglaublich so etwas!)
Abschließend: Sie kennen unsere Meinung, Sie kennen unsere Haltung (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wie reden Sie über den Bundespräsidenten und sein Buch?), weil wir lange genug Oppositionsarbeit in diesem Haus gemacht haben: In diesem Parlament soll nicht nur, es muss gestritten werden. Aber ich bin der Meinung, wir sind der Meinung, es gibt Tage, an denen muss die Parteitaktik zurückrücken. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na dann tritt doch zurück!) Es gibt noch andere Tage hier im Parlament, an denen man diese Fragen, die Sie heute vorgebracht haben (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Und wann soll man streiten, wenn da von dir aus kein ...?), diskutieren kann. Heute ist kein solcher Tag.
Ich finde das enttäuschend, und ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Ich schäme mich für dieses unser Hohes Haus, dass Sie diese Abmachungen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Welche Abmachung?), dass Sie diese Art und Weise so vorsätzlich missachten. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)
16.08
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Werner Kogler. Die Redezeit habe ich für 8 Minuten eingestellt. – Bitte.