RN/71

16.33

Abgeordneter Klaus Seltenheim (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen und auf der Besuchergalerie! Schade, dass es der FPÖ immer nur um Inszenierung geht. Ich habe mir ein bisschen schwergetan, wie man am heutigen Tag mit dieser Dringlichen Anfrage umgeht. (Ruf bei der FPÖ: Ja, das glaube ich!) Einerseits haben wir die Budgetdebatte, andererseits – Kollege Shetty hat es schon angesprochen – blicken wir natürlich auch immer noch in Richtung Graz. 

Die Tischdeko der FPÖ, aber vor allem auch das Eingangsstatement der Kollegin Fürst haben es dann ein bisschen leichter gemacht. Man muss, glaube ich, ein paar Dinge einordnen: Neutralität bedeutet vor allem Unabhängigkeit von allen Machtblöcken. Die FPÖ will uns heute mit ihrer Dringlichen weismachen, dass der Besuch von Präsident Selenskyj unsere Neutralität gefährde. Tatsächlich versucht die FPÖ mit dieser Inszenierung, von ihrem eigenen Kurs abzulenken (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Frieden ist ein böses Wort, haben wir gelernt, das ist nämlich draufgestanden!), der eigentlich seit Jahrzehnten die Neutralität in diesem Land aushöhlt und immer mehr die Interessen Putins bedient. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.

Ich möchte Sie da ganz kurz auf eine Zeitreise mitnehmen. Diese Zeitreise veranschaulicht ganz gut, wie die SPÖ – ein Freud’scher Versprecher, hopsi (Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, ihr habt ja wirklich die Butter ganz dicht da oben! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das wird selber ein Freud’scher Versprecher gewesen sein!) –, wie die FPÖ die österreichische Neutralität sieht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Vielleicht weiß er nicht, was ein Freud’scher ist!), nämlich immer nur als innenpolitischen Spielball; wenig überraschend, denn auf Bundesebene steht die FPÖ ja wenig für Ernsthaftigkeit und schon gar nicht für Verantwortung. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Entweder er weiß wirklich nicht, was ein Freud’scher ist, oder er hat sich jetzt wirklich offenbart!)

Am 26. Oktober 1955 stimmte der VDU, die Vorgängerorganisation der FPÖ, als einzige Fraktion in diesem Haus gegen das Neutralitätsgesetz. 1997 brachte Jörg Haider einen Entschließungsantrag ein, um Verhandlungen über einen Nato-Beitritt von Österreich zu beginnen. (Abg. Kickl [FPÖ]: War nicht alles gscheit!) Die FPÖ erklärte damals die Neutralität für obsolet. Jörg Haider, der Übervater der FPÖ, wollte Österreich in die Nato führen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Wer war da Generalsekretär? – Abg. Kickl [FPÖ]: War nicht alles gscheit!) 

2014 entsandte die FPÖ Spitzenfunktionäre als Wahlbeobachter auf die bereits von Russland besetzte Krim. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, da war der Gusenbauer noch Chefberater drüben!) Sie erklärte das Scheinreferendum für legitim und stellte sich offen an Putins Seite. Am 19. Dezember 2016 unterzeichnete die Parteiführung einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland (Abg. Kickl [FPÖ]: Da war Putin Staatsgast von Van der Bellen), und erst unter öffentlichem Druck 2024 begann sie, diesen zu relativieren. Seit Oktober 2022 fordert die FPÖ eine Volksbefragung zur Aufhebung aller EU-Sanktionen gegen Russland. Das alles zeigt sehr schön: Die FPÖ ist nicht Beschützerin, sondern Gefährderin der Neutralität. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie ist einmal Vorkämpfer der Nato, dann Kreml-Sprachrohr – ein Schelm, wer dabei Böses denkt! 

Seit Kriegsbeginn unterstützt Österreich die Ukraine mit humanitärer Hilfe, streng kontrolliert über UNO, das Rote Kreuz und die Caritas. Das ist gelebte Neutralität: Wir liefern keine Waffen, wir retten Leben und lindern Leid! (Beifall bei der SPÖ.)

So wie eingangs schon gesagt: Neutralität bedeutet die Unabhängigkeit von Machtblöcken, nicht die Abhängigkeit von Moskaus Propaganda. Wer Freundschaftsverträge mit Putins Partei unterschreibt, Scheinreferenden legitimiert und Sanktionen torpediert, kann sich nicht zum Schutzpatron der Neutralität erklären. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die SPÖ steht für das Völkerrecht, das Russland vehement bricht, und für Neutralität mit Rückgrat. Darum sage ich, die FPÖ ist Österreichs größte Sicherheitslücke. Unser Platz bleibt an der Seite der Demokratie, von Völkerrecht und Neutralität. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Gasser [NEOS].) 

16.37

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Veit Valentin Dengler. – Ihre freiwillige Redezeit beträgt 5 Minuten. Bitte, Herr Abgeordneter.