RN/3
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Norbert Nemeth, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Muna Duzdar, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (322/A)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zum einzigen Tagesordnungspunkt.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Nemeth. Ich erteile es ihm. Eingemeldet: 5 Minuten.
RN/4
18.52
Abgeordneter Mag. Norbert Nemeth (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Antrag implementieren wir die Informationsfreiheit in die Geschäftsordnung des Nationalrates, zumal der neue Art. 30 Abs. 7 unserer Bundesverfassung vorsieht, dass der Nationalrat und der Bundesrat Informationen von allgemeinem Interesse in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise zu veröffentlichen haben. – Mit der vorliegenden Novelle der Geschäftsordnung setzen wir diese verfassungsrechtliche Vorgabe um, und zwar dahin gehend, dass solche Informationen auf der Webseite des Parlaments veröffentlicht werden müssen.
Dieser Antrag klingt aufs Erste banal, dennoch sind dazu aus rechtspolitischer Sicht einige Anmerkungen angebracht. Zum einen ist es wichtig und richtig, dass die Rechtsstellung des Parlaments als oberstes Organ, als selbstständige Staatsgewalt hier durchschlägt und wir sowohl in inhaltlicher als auch in technischer Hinsicht von der politischen Verwaltung losgelöst sind.
Zum anderen ist es so, dass sich die Frage der Frist der Beantwortung parlamentarischer Anfragen aufwirft, zumal das Informationsfreiheitsgesetz jedermann ein Recht darauf gibt, dass die Verwaltung ihm binnen vier Wochen antwortet, die Frist für die Beantwortung parlamentarischer Anfragen allerdings bei acht Wochen bleibt. Das heißt, wenn ich als Abgeordneter im Rahmen meines Interpellationsrechts eine Anfrage einbringe, ist die Frist zur Beantwortung acht Wochen, wenn mein parlamentarischer Mitarbeiter auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes dieselbe Anfrage stellt, hat er ein Recht, diese Antwort binnen vier Wochen zu bekommen. Man wird sich im Geschäftsordnungsausschuss auch darüber unterhalten müssen, wie wir in Zukunft mit dieser sachlich nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung der Abgeordneten umgehen wollen.
Es fällt eine gewisse Inflation an Geschäftsordnungsänderungen auf. Die Geschäftsordnung des Nationalrates zählt zu den ältesten Rechtsbeständen der Republik – bereits in seiner zweiten Sitzung im Jahr 1920 hat der Nationalrat sich eine Geschäftsordnung gegeben. Die Geschäftsordnung, wie wir sie heute auf dem Tisch liegen haben, existiert im Wesentlichen seit dem Jahr 1975, und sie wurde – diese Änderung jetzt eingerechnet – insgesamt 29 Mal geändert.
Man kann bei diesen Änderungen zwischen Änderungen, die aus dem Hohen Haus selbst gekommen sind, und solchen, die uns eher von außen aufgedrängt worden sind, unterscheiden. Meistens sind das Umsetzungen von EU-Richtlinien oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Sehr oft folgen wir relativ unreflektiert diesen Vorgaben und erzeugen unter dem Strich nichts anderes als totes Recht. Als Beispiele können genannt werden die Umsetzung der Verhältnismäßigkeitsprüfung oder die Bestimmungen über die Kontrolle des ESM, des Europäischen Stabilitätsmechanismus, die beschlossen wurden, aber bis dato teilweise noch nicht einmal in Kraft gesetzt wurden. Allein in der letzten Gesetzgebungsperiode haben wir die Geschäftsordnung sieben Mal geändert; die Erste Republik hat sich mit insgesamt fünf Änderungen begnügt.
Wie auch immer, ich darf mich für die Erstellung des Antrages bei den Fachreferenten der Klubs und insbesondere auch bei den Kollegen der Parlamentsdirektion bedanken und freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scherak [NEOS].)
18.57
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Gerstl. Eingemeldete Redezeit: 2 Minuten.
RN/5
18.57
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst einmal geht mein Dank an alle Fraktionen, die es in der letzten Periode möglich gemacht haben, dass wir ein neues Informationsfreiheitsgesetz bekommen. An erster Stelle geht der Dank an diejenige, die in der Regierung dafür zuständig war, die damalige Frau Ministerin Karo Edtstadler. – Herzlichen Dank dafür, dass du so entschieden daran mitgewirkt hast, dass dieses Informationsfreiheitsgesetz Wirklichkeit geworden ist und nun mit 1. September wirklich in Kraft treten kann!
Was wir heute machen: Wir ändern die materiellen Gesetze, die das Parlament betreffen, nun entsprechend ab, indem wir von der Amtsverschwiegenheit auf die Geheimhaltungsgründe gemäß Informationsfreiheitsgesetz umstellen und daher nun auch den Bürgerinnen und Bürgern ein allgemein zugängliches Recht auf Information aus der Parlamentsverwaltung zusichern und geben. Ich glaube, das ist ein Zeichen von Transparenz. Das ist eine Möglichkeit, dass wir hier noch mehr Transparenz leben – obwohl ich auch dazusagen muss, dass das Parlament schon jetzt ganz viele Dinge von selbst veröffentlicht und da wirklich in Vorleistung getreten ist.
Das Zweite ist natürlich, dass es nicht nur eine allgemeine Verpflichtung des Parlaments gibt, die Dinge aus der Verwaltung, die notwendig sind, entsprechend öffentlich zu machen, sondern auch, dass es ein subjektives Recht gibt, und da gibt es halt nur die Grenzen des Datenschutzes.
Was mein Vorredner gesagt hat, ist die Unterscheidung zwischen dem Recht des Einzelnen auf Information aus dem Parlament und dem Recht des Parlaments auf Kontrolle der Regierung. Ich glaube, dass wir die zwei Dinge nicht miteinander vermischen dürfen, sondern dass wir sie wirklich klar auseinanderhalten müssen.
Das Recht des Parlaments auf Kontrolle der Regierung wurde mit diesem neuen Informationsfreiheitsgesetz nämlich auch noch erweitert, noch vergrößert: Die Amtsverschwiegenheit der Bundesregierung gegenüber dem Parlament gilt nicht mehr, das heißt, die Parlamentarier bekommen in Zukunft jetzt noch mehr Informationen vonseiten der Regierung. Es gibt nur mehr ganz wenige Gründe, aus denen die Bundesregierung weiterhin auf Geheimhaltung bestehen kann, aber das sind wirklich verschwindend wenige, sie sind im Gesetz aufgezählt. Ich glaube, das zeigt eindeutig, dass jetzt die Kontrolle des Parlaments gegenüber der Regierung noch deutlicher ist.
Ich möchte mich daher abschließend noch dem Dank meines Vorredners an alle, die da mitgewirkt haben, insbesondere an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, anschließen. Ich freue mich schon auf die Diskussion im Ausschuss, so wie mein Vorredner das gesagt hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
19.00
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Duzdar. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten.
RN/6
19.00
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich glaube, es ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden: Hintergrund für diesen Gesetzesantrag ist das Informationsfreiheitsgesetz, das wir hier im Hohen Haus im Jänner 2024 beschlossen haben. (Präsident Haubner übernimmt den Vorsitz.)
Das war damals ein historischer Moment, weil es wirklich einen Paradigmenwechsel bedeutet hat. Das Amtsgeheimnis wurde abgeschafft, und wir haben das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, weil wir die Informationsfreiheit verfassungsrechtlich als Grundrecht verankert haben. Damit haben wir ein starkes Bekenntnis zu mehr Transparenz und demokratischer Teilhabe gesetzt.
Jetzt ist es so, dass genau dieses Informationsfreiheitsgesetz mit 1. September 2025 in Kraft treten wird. Natürlich gibt es sehr, sehr viele Gesetze und Regelungen in Österreich, die einen Bezug auf das mittlerweile abgeschaffte Amtsgeheimnis haben. Das bedeutet, dass es erforderlich ist, im Sinne des neuen Informationsfreiheitsgesetzes entsprechende Anpassungen und Regelungen vorzunehmen, und zwar konsequent und umfassend. Das betrifft auch uns hier im österreichischen Parlament, und das ist der Grund, weshalb wir die Geschäftsordnung im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes ändern wollen; wir werden das auch noch im Ausschuss erörtern.
Es gilt eben, diese Anpassungen vorzunehmen, die im Grunde genommen ja eigentlich technische Details sind, aber – wie Kollege Gerstl gesagt hat – auch ein Mehr an Informationen, ein Mehr an Veröffentlichungen bedeuten; das bedeutet einen Anspruch der Parlamentarier auf mehr Informationen. Das ist auch gut und richtig so. Die Geschäftsordnung wird beispielsweise dahin gehend geändert, dass die Präsidenten bei Fragen darüber, ob es ein öffentliches Interesse gibt, Rücksprache mit der Präsidialkonferenz halten, dass Informationen von allgemeinem, öffentlichem Interesse künftig aktiv und transparent über die Website des Parlaments veröffentlicht werden.
Sie sehen, es geht da um viele einzelne technische Details, die aber notwendig und wichtig sind, damit unser Parlament eben mit gutem Beispiel vorangeht und die Prinzipien der Informationsfreiheit auch institutionell verankert und vorlebt. Ich freue mich schon auf die Debatten und Diskussionen, die wir im Ausschuss führen werden. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Gasser [NEOS].)
19.03
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Alma Zadić.
RN/7
19.03
Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Österreich steht vor einem grundlegenden Kulturwandel: Nach 100 Jahren steht das verstaubte Amtsgeheimnis vor dem Aus. An seine Stelle tritt im September die Informationsfreiheit, das Grundrecht auf Information, mit dem alle Bürgerinnen und Bürger endlich umfassende Auskunft über die Arbeit von Behörden und Unternehmen mit staatlicher Beteiligung erhalten können – ein absoluter Meilenstein. (Beifall bei den Grünen.)
Jahrzehntelang wurde die Informationsfreiheit in Aussicht gestellt, von vielen, vielen Regierungen; sei es Rot-Schwarz, Schwarz-Blau: Überall stand es im Regierungsübereinkommen, aber umgesetzt wurde es nicht. Ich freue mich wirklich, dass es uns Grünen in der Regierung gelungen ist, diesen längst überfälligen Schritt zu setzen. (Beifall bei den Grünen.)
Ja, es ist ein Meilenstein, wenn es um Transparenz geht, weil diese Transparenz nicht zuletzt auch eine ganz wichtige und wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen der Menschen in die Politik, letzten Endes auch für das Vertrauen der Menschen in die Demokratie ist. Viel zu lange war in Österreich das Amtsgeheimnis bei Ämtern und Behörden die Regel. Wer Auskunft wollte, ist als Bittsteller von einem Amt zum nächsten geschickt worden, und am Ende hieß es dann oft: Auskunft leider nicht möglich, Amtsgeheimnis! Genau das dreht sich jetzt, nach 100 Jahren, um. Wir haben jetzt das Recht auf Information. Bund, Länder und Gemeinden müssen bei Anfragen der Bevölkerung begründen, warum sie die Informationen nicht hergeben, und Informationen von allgemeinem Interesse von sich aus aktiv zur Verfügung stellen. Das, glaube ich, ist wirklich ein Meilenstein.
Genau bei diesem aktiven Zurverfügungstellen von Informationen hakt es leider, denn die Bundesregierung hätte längst mit den Vorbereitungen anfangen müssen. Mit dem Gesetzesbeschluss haben wir 18 Monate Zeit gegeben, um für ausreichend Vorbereitungszeit zu sorgen, damit am 1. September tatsächlich das neue transparente Zeitalter starten kann. Leider mussten wir vor Kurzem aber lesen, dass sich das mit dem 1. September nicht so ganz ausgehen wird (Abg. Gerstl [ÖVP]: Stimmt ja nicht!), denn bis das Informationsregister tatsächlich in Kraft tritt, wird es einige Zeit – sicher drei Monate nach dem 1. September – dauern (Abg. Gerstl [ÖVP]: Stimmt nicht!); ich befürchte leider: noch länger. (Abg. Gerstl [ÖVP]: Alles innerhalb der gesetzlichen Frist!)
Es wird aber auch Anpassungen in Dutzenden, wenn nicht in Hunderten anderen Gesetzen brauchen: überall dort, wo die Amtsverschwiegenheit ab September eben nicht mehr gelten soll – und das ist leider in sehr vielen Gesetzen der Fall. Damit sich das bis 1. September ausgeht, müssen wir das hier im Parlament diskutieren, und dafür braucht es fertige Gesetze, die wir begutachten können, die wir hier im Parlament diskutieren können.
Beamtinnen und Beamte brauchen rasch Rechtssicherheit, Bürgerinnen und Bürger wollen rasch ihr Recht auf umfassende Information bekommen. Da zitiere ich aus einer Presseaussendung des Kollegen Scherak aus dem Jahr 2020, wo er sagte: „Saubere Politik darf nicht an der ÖVP zerschellen“.
Mein Appell an die NEOS ist, bei der Umsetzung bei den Koalitionspartnern auf Tempo umzuschalten, damit wir wirklich ab 1. September startklar sind und das Recht auf Information umgesetzt ist.
Einen Punkt von Kollegen Nemeth möchte ich noch aufgreifen, der das Interpellationsrecht angesprochen hat. Da stimme ich Ihnen zu: Wir müssen darüber diskutieren, weil die Frist beim Interpellationsrecht derzeit zwei Monate beträgt, während Bürgerinnen und Bürger, wenn sie einen Antrag auf Auskunft stellen, innerhalb eines Monats diese Information bekommen. Das heißt, dass wir noch darüber diskutieren werden; ich hoffe, dass wir das auch tatsächlich rasch tun, um das Interpellationsrecht entsprechend anzupassen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Nemeth [FPÖ].)
19.07
Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
RN/8
Präsident Peter Haubner: Ich weise den Antrag 322/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.
Die Tagesordnung ist erschöpft.