RN/11

19.43

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Geschätzte Volksanwältinnen! Frau Ministerin! Staatssekretär:innen! Digitalisierung ist ein Wort, das gerne als Schlagwort verwendet wird – in Sonntagsreden, bei Pressekonferenzen und wahrscheinlich auch in Kürze, wenn wir salbungsvolle Worte vom zuständigen Staatssekretär hören.

Wenn man aber genauer hinhört und hinschaut, bleibt es leider ein völlig leeres Buzzword, denn obwohl Digitalisierung als Querschnittmaterie sehr wichtig und zentral für unsere Zukunft ist, möchte niemand in dieser Regierung ernsthaft Verantwortung dafür übernehmen. Wir haben die größte und teuerste Bundesregierung aller Zeiten, aber keine klaren Zuständigkeiten, keine koordinierende Instanz, keine inhaltliche Führung bei der Digitalisierungspolitik und auch kein Geld. Das Staatssekretariat für Digitalisierung im Bundeskanzleramt, das genau für diese koordinierende Rolle da ist, soll jetzt 40 Prozent weniger Mittel als 2014 haben. Ehrlich gesagt ist das ein Signal, aber ein fatales.

Herr Staatssekretär, Hand aufs Herz: Sie sind jetzt knapp 100 Tage im Amt, und was liegt vor? – Keine Vision, kein Arbeitsprogramm, kein Fahrplan, vage Ankündigungen, PR-Sätze und zugegebenermaßen lustige Instagram-Videos. (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner [Grüne].)

Herr Staatssekretär, reden wir zum Beispiel über digitale Unabhängigkeit! Die Abhängigkeit Österreichs und auch Europas von Techgiganten ist bekannt. Wir haben dazu Anträge eingebracht und auch Anfragen an alle Ministerien gestellt. Was kam zurück? – Keine Zahlen, keine Strategie, keine Zuständigkeiten, Blindflug. In fast allen Ministerien hat man keine Ahnung, wie viel Geld man für die eigene digitale Infrastruktur – für Lizenzen, für Software – ausgibt, und das zu erheben, sei zu aufwendig. Man weiß nicht, was man ausgibt, und man weigert sich, es herauszufinden. Bevor Sie jetzt zu großen Showmaßnahmen ansetzen, wie einer Konferenz im Herbst zur digitalen Unabhängigkeit Europas, wäre es wichtig, einmal die Hausaufgaben im eigenen Land zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Grundlagen dafür liegen schon längst auf dem Tisch: In der vergangenen Regierungsperiode haben wir etwas ausgearbeitet, den „Leitfaden für den Einsatz von Open Source Software in der Bundesverwaltung“. (Der Redner hält das genannte Dokument in die Höhe.) Schauen Sie es sich einmal durch, da gibt es viele Dinge, die man umsetzen kann. Davon findet sich nichts im kommenden Budget, und ich gehe einmal davon aus, dass auch nicht viel umgesetzt wird.

Ja, Digitalisierung ist ein Querschnittsthema, aber es braucht jemanden, der diese Fäden zusammenhält und das Ganze koordiniert. Genau das wäre Ihr Job, nehmen Sie ihn endlich wahr! Es fehlt an Verantwortung, es fehlt an Führung, es fehlt ein politischer Plan, der mehr als nur PR ist.

Wenn Sie nicht gewillt sind, eine Vision vorzulegen: Wir haben mit Ihrem Vorgänger den „Digital Austria Act“ (das genannte Dokument in die Höhe haltend) ausgearbeitet, da finden Sie ganz gute Projekte, und einige davon sind noch nicht umgesetzt. Schauen Sie es sich durch, fangen Sie mit der Umsetzung an! Ich weiß, dass Sie ein sehr gutes Team haben – nutzen Sie es!

Ich bin ehrlich gesagt sehr enttäuscht über dieses Budget; ich bin enttäuscht über das völlige Fehlen von Ambitionen; ich bin enttäuscht darüber, dass diese Regierung die digitale Zukunft unseres Landes so visionslos behandelt. Das, was in den letzten fünf Jahren aufgebaut wurde, werden wir jetzt verlieren, denn Digitalisierung ist eben nicht nur E-Government: Sie ist Sicherheitspolitik, Bildungspolitik, Demokratiepolitik und auch Zukunft. Diese Tragweite dürfte der Bundesregierung nicht ganz wichtig sein.

Was bleibt am Ende vom Budget? – Bei der Besteuerung von Techgiganten schaut man weg, bei Umwelt- und Sozialpolitik wird gekürzt, und Digitalisierung verkommt leider wirklich nur zu einem Buzzword.

Herr Staatssekretär, ich gebe Ihnen diese beiden Dokumente mit. Schauen Sie sie durch, blättern Sie sie durch! Wenn Sie Dinge davon umsetzen möchten: Meine Hand ist ausgestreckt. Machen Sie Ihre Arbeit! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Der Redner überreicht Staatssekretär Pröll die Dokumente.)

19.47

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Romana Deckenbacher.