RN/72

23.52

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Danke, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt kommen wir zum Thema Justiz. Welche Situation ist bei diesem Thema zu betrachten? – Wir haben in Österreich die europaweit höchste Abgabenquote – großartig. Wir haben gleichzeitig die höchsten Gerichtsgebühren – großartig. Diese Gerichtsgebühren haben sich aber in Österreich deutlich anders entwickelt als in den anderen Ländern, und zwar haben sie sich von 2010 bis 2020 um fast 100 Prozent erhöht, während sie in den anderen europäischen Ländern etwa um 15 Prozent gestiegen sind. Also das sind einmal die Voraussetzungen, die wir vorfinden. 

Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass vor allem im letzten Jahr – oder auch in den letzten ein, zwei Jahren – der Anfall bei den Gerichten deutlich gestiegen ist. Die Justizwacheanstalten sind überbelegt, es sind mehr als 50 Prozent nicht österreichische Staatsbürger in den Gefängnissen. Bei den Justizwachebeamten wird gespart, die Zustände sind ziemlich schlecht. 

Das ist also der Zustand. Was ist dann die Reaktion? Was macht man dann als Bundesregierung? – Na ja, man erhöht die Gebühren, ist ja ganz klar. Das ist ja der ganz normale Ansatz, man hat schon die höchsten Gebühren, man hat die höchste Abgabenquote, also erhöht man die Gerichtsgebühren – auch sonstige Gebühren, zum Teil skurrile Gebühren – um bis zu 50 Prozent. So ein Beispiel für eine skurrile Gebühr: Wenn eine GmbH ein Protokoll über ihre Gesellschafterversammlung erstellt, dann muss sie bis jetzt 140 Euro an den Staat bezahlen. Künftig sind es 210 Euro. Was ist die Leistung des Staates? – Nichts. Es ist eine versteckte Steuer, aber das ist das, was Realität ist. 

Da sieht man, wie reagiert wird. Wen treffen diese Gebühren? Jene mit den breiten Schultern? – Nein. Denen ist es relativ egal, ob sie 70 Euro mehr zahlen, in dem Fall oder bei anderen Gebühren. Bei einer Beglaubigung, für die Sie bis jetzt 14 Euro an den Staat zahlen mussten, sind es künftig 21 Euro. Das trifft die Leute, die weniger haben, also nicht die mit den breiten Schultern. Also ist auch das eine Mär. 

Was ist dann auf der anderen Seite noch das Thema? Na gut, dann können wir noch bei der Qualität ein bisschen sparen. Das wäre ja noch eine Idee, oder? 

Die Ausbildung der Juristen beinhaltet für jene, die einen juristischen Beruf ergreifen wollen, eine Gerichtspraxis. Derzeit sind es sieben Monate, das ist eh schon sehr kurz.; das wird auf fünf Monate reduziert. Es wird aber dazugesagt: Das verringert die Qualität der Ausbildung überhaupt nicht! – Das ist ja toll. Also wenn das so ist, dass die Reduktion der Ausbildung die Qualität nicht vermindert, dann wäre das ja eigentlich ein tolles Konzept für die Bildung an sich. Da könnten wir ja überall sparen. Wir könnten um 20, 30 Prozent kürzere Ausbildungen machen, das ändert nichts an der Qualität. 

Ähnliches zum Beispiel bei der Erwachsenenvertretung: Das war ein großes Projekt, die gerichtliche Erwachsenenvertretung – früher hat das Sachwalter geheißen. Dann hat man gesagt, es gibt so viele Missstände, nennen wir es Erwachsenenvertretung, stellen wir das System um. Alle drei Jahre muss kontrolliert werden, ob eine Erwachsenenvertretung noch sinnvoll ist, damit es weniger Missstände gibt. Jetzt wird diese Frist einfach auf fünf Jahre erhöht. Das kann man machen. Bedeutet das jetzt aber, dass die Missstände oder die potenziellen Missstände um 40 Prozent oder 60 Prozent mehr werden? Oder ist das auch egal?

Das sind also die Ansätze, wie in der Justiz vorgegangen wird. Es ist sehr traurig. Es ist wirklich schade. (Zwischenruf des Abg. Höfinger [ÖVP].) Die minimale nominelle Budgeterhöhung wird durch die Inflation wieder aufgesaugt. Es wird also nicht besser, aber es wird teurer und das ist wirklich traurig. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben einen ganz anderen Ansatz. Dieser andere Ansatz geht in die Richtung, dass man die Gerichtsgebühren tatsächlich senkt. Ich bringe daher einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Senkung der Gerichtsgebühren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Senkung der Gerichtsgebühren vorsieht, um den Zugang zur Justiz für alle Bürger erschwinglich zu machen und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft Österreichs in der Europäischen Union zu verbessern.“ 


Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.57

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/72.1

Senkung der Gerichtsgebühren (62/UEA)

Präsident Peter Haubner: Der soeben angesprochene Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung. 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Jakob Grüner.