RN/73
23.57
Abgeordneter MMag. Jakob Grüner, LL.M. (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist ein funktionierender Rechtsstaat und wenn wir heute das Doppelbudget in diesem Bereich diskutieren, dann möchte ich klar festhalten, dass die Justiz einen substanziellen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leistet und damit auch zu einer nachhaltigen Budget- und Fiskalpolitik zurückkehrt.
Frau Bundesministerin, ich möchte Ihnen auch gratulieren, dass es Ihnen gelungen ist, Kurs zu halten, denn wer an der Justiz spart, der spart an der falschen Ecke, der spart an der Demokratie. Ich freue mich auch, dass es gelingt, die 12 500 Planstellen, die wir aktuell haben, bis 2029 stabil zu halten.
Jetzt möchte ich aber auch ein paar kritische Punkte anführen. Es gibt einiges zu tun und ich möchte es an drei Beispielen festmachen:
Erstens: der Elektronische Akt und die Infrastruktur. Die Justiz rühmt sich mit dem digitalen Akt. Das ist eine Erfolgsgeschichte und wir sind mit über drei Millionen Akten sicherlich internationaler Vorreiter. Ich bringe aber ein Beispiel aus der Praxis. Was nutzt uns dieser digitale Akt, wenn wir ihn in der Praxis nicht anwenden können? Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Wir schießen österreichische Quantentechnologie ins Weltall und schaffen es nach vielen Jahren immer noch nicht, flächendeckend Internet in die Gerichtssäle, Internet in die Justizvollzugsanstalten zu bringen. Wir führen das System des digitalen Aktes damit ad absurdum. Digitalisierung ohne geeignete Infrastruktur bringt nichts.
Zweiter Punkt ist die gerichtliche Erwachsenenvertretung: Hohes Haus, das ist ein ganz heißes Eisen. Wir haben es heute schon deutlich gehört – ich gebe auch zu, von der Opposition von rechts und von links und auch von meiner Fraktion, einer Regierungspartei –, das ist ein ganz heißes Eisen. Wir haben über 7 000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in diesem Land. Es gibt über 2 200 Berufsanwärterinnen und Berufsanwärter, Notarinnen und Notare, die tagtäglich im Sinne der Allgemeinheit und im Sinne des Rechtsstaates wertvolle Arbeit leisten – und das oft auf eigene Kosten. Diesen bürden wir jetzt eine Pflicht auf, juristisch einzuschreiten, wenn juristische Kenntnisse nicht erforderlich sind, sondern vielmehr psychosoziale Ausbildungen erforderlich wären.
Wir schaffen da eine Zwangssituation – und ich glaube, Frau Bundesministerin, es braucht hier eine tiefgründige Diskussion, ob wir generell am System ansetzen müssen. Ich möchte das ganz kritisch anmerken. Das ist so, wie wenn wir Feuerwehrleute verpflichten, Sanitätsdienst zu leisten.
Der dritte und letzte Punkt: Verfahrensbeschleunigung und Justizreform. Wir haben eine wunderbar und sehr gut funktionierende Justiz und wir können alle stolz darauf sein. Im Verhältnis zu anderen Staaten gibt es auch relativ schnelle Verfahren und eine kurze Verfahrensdauer. Da geht aber noch mehr. Wie schaffen wir das? Indem wir das umsetzen, was im Regierungsprogramm steht, nämlich, dass wir schnellstmöglich eine tiefgreifende Justizreform auf den Weg bringen: Verschlankung, Beschleunigung, Entbürokratisierung. Die letzte Justizreform liegt 20 Jahre zurück.
Auch in der Justiz ist es so, dass uns ein Bürokratietsunami überschwemmt, wie es oft auch in der Verwaltung passiert, und dafür ist es notwendig, dass wir den Expertinnen und Experten zuhören und dass auch das Justizressort diesen zuhört.
Hohes Haus, ich bleibe dabei, ich habe es auch schon einmal gesagt, und wir werden uns einig sein: Parteipolitik hat nicht nur im Gerichtssaal nichts verloren, sie hat auch in der Justizgesetzgebung nichts verloren. Insbesondere dort muss sie auch immer faktenbasiert sein und darf nie ideologiegetrieben sein. Der Justizausschuss kann sich einbringen, er will sich einbringen und er wird sich einbringen. Frau Bundesministerin, ich bitte Sie, auch den Dialog zu führen. (Beifall bei der ÖVP.)
0.02
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. Ich habe die Zeit auf 5 Minuten eingestellt.