RN/157
11.35
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte zu Beginn meiner Rede noch einmal auf die Ereignisse von vor einer Woche in Graz eingehen, als ein 21-jähriger ehemaliger Schüler am Borg Dreierschützengasse neun Schüler:innen und eine Lehrerin aus dem Leben gerissen und viele Personen verletzt hat.
Während wir hier die letzten Tage bis spät in die Nacht unserer Verpflichtung, das Budget zu diskutieren, nachkommen und langsam so etwas wie politische Realität einkehrt, ist die Situation in der Steiermark und insbesondere in Graz natürlich immer noch eine des Schocks. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal mein tiefes Mitgefühl mit den Schüler:innen, mit den Pädagog:innen und mit den Angehörigen ausdrücken und mich an dieser Stelle auch ganz explizit bei allen Lehrer:innen in ganz Österreich dafür bedanken, dass sie in den letzten Tagen großartige Arbeit geleistet haben, ihren Schüler:innen die Geschehnisse zu erklären, gemeinsam zu diskutieren und der Bewältigung Raum zu geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Wie Menschen mit Trauer und Extremsituationen umgehen, das ist sehr unterschiedlich – und es ist wichtig, ihnen allen Raum zu geben –, und es ist daher zu begrüßen, dass wir heute Früh in einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Bildungsausschusses eine Sonderregelung beschließen konnten, was die Matura betrifft.
Wir diskutieren heute hier das Bildungsbudget, das aufgrund des riesigen Personalanteils automatisch steigt und damit nicht von großen Kürzungen betroffen ist. Viele Maßnahmen, die unter grüner Regierungsbeteiligung auf den Weg gebracht wurden, werden weitergeführt, etwa der Chancenindex, die Initative Klasse Job, die Sommerschulen oder die digitale Grundbildung, die auf die Oberstufen ausgeweitet werden.
Herr Minister, Ihr Budget bietet aber natürlich auch Anlass zur Kritik, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie als eine Ihrer ersten Handlungen als Minister einen Bildungsnotstand ausgerufen haben, insbesondere in Wien, aber auch in den Landeshauptstädten, und das, obwohl Sie selbst in den vergangenen fünf Jahren für die Bildungspolitik in Wien zuständig waren. Das ist, mit Verlaub, schon eine bemerkenswerte Bankrotterklärung der eigenen politischen Leistung. (Beifall bei den Grünen.)
Ja, es ist richtig, unsere Schulen in Wien sind zum Teil enorm gefordert, manche auch überfordert, und insbesondere in den Pflichtschulen brauchen die Schulleitungen und die Lehrkräfte dringend Unterstützung. Dazu war einerseits geplant, dass pädagogisch-administrative Kräfte eingesetzt werden. Da kürzen Sie, Herr Minister, und das ist natürlich ein fatales Zeichen an die Pädagog:innen und an die Schuldirektor:innen: Zuerst den Notstand zu erklären und dann die versprochene Unterstützung zu streichen und zu kürzen, halte ich für hochproblematisch, insbesondere auch für die Motivation der Pädagog:innen in den belasteten Schulen. (Beifall bei den Grünen.)
Der zweite Punkt, den ich hier ansprechen möchte, ist der extrem dringend notwendige Ausbau der Schulsozialarbeit und der Schulpsychologie, der die Lehrkräfte von Aufgaben entlasten sollte, für die sie schlicht nicht ausgebildet sind und für die sie auch keine Zeit haben. Sie kündigen einen Ausbau an, und Sie haben gerade gesagt, dass das, was im Budget ist, dieser massive Ausbau sei, den sie versprechen. Ich muss Ihnen sagen: Herr Minister, das kann es nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)
Jede Schülerin und jeder Schüler in Österreich muss die Möglichkeit haben, muss Zugang zu psychosozialer Betreuung haben. Das bedeutet, jede einzelne Schule braucht eine Vollzeitstelle in diesem Bereich. Das sind wir auch den jungen Menschen nach dem schrecklichen Massenmord in Graz schuldig.
Herr Minister, ich muss schon sagen, ich bin jetzt sehr enttäuscht: Sie haben gestern hier eine Liste beschlossen, einen Entschließungsantrag, in dem von einem massiven Ausbau der Schulsozialarbeit und der Schulpsychologie die Rede war. Das, was im Budget steht, ist eine Aufstockung um 70 beziehungsweise noch einmal 70 Stellen, glaube ich, und das ist viel zu wenig. Das entspricht ganz sicher nicht dem, was der Schulsprecher in Graz eingefordert hat, und das entspricht ganz sicher nicht dem, was die Schülerinnen und Schüler tatsächlich brauchen.
Ich bitte Sie daher: Also entweder habe ich das falsch verstanden und Sie präsentieren morgen zusätzliche Mittel für diesen notwendigen Ausbau oder ich muss sagen, das ist leider schon wieder die nächste Fehlleistung, etwas anzukündigen, das dann nur das bereits Angekündigte ist, das schon im Budget drinnen steht. Herr Minister, das kann es nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)
Ein letztes Wort noch zu Kollegin Künsberg von Sarre: Also Sie sagen hier gerne, in den ersten 100 Tagen sei mehr passiert als in den fünf Jahren zuvor. Bei allem Enthusiasmus über die eigene Politik: Das ist einfach wirklich ein Blödsinn. Das sieht man insbesondere an den Projekten, die wir begonnen haben, die Sie ja weiterführen. Ich würde mir da auch ein bisschen mehr Ehrlichkeit in der Debatte wünschen, insbesondere weil vom Minister die konkreten Zahlen bis jetzt nicht geliefert wurden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
11.40
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. Ich stelle die Redezeit auf 4 Minuten ein.