RN/168

12.24

Abgeordneter Paul Stich (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es sind in der Tat herausfordernde Zeiten auf ganz vielen Ebenen. Sie sind kurzfristig aufgrund der schrecklichen Ereignisse in Graz vergangene Woche herausfordernd, und ich danke auch hier vor allem der Bundesregierung für die klaren Worte und auch für die Ankündigung, diesen klaren Worten auch Taten folgen zu lassen und entsprechende Maßnahmen zu setzen, um in Zukunft solche Attentate nach Möglichkeit zu verhindern.

Es sind herausfordernde Zeiten, was die Budgetpolitik betrifft. Die finanzielle Lage der Republik ist überschaubar – auch das ist in den vergangenen Tagen in den Debatten sehr gut herausgekommen – und sie ist herausfordernd in ganz vielen Aspekten, die den Bildungsbereich direkt betreffen, den wir in diesem Kapitel auch diskutieren. All das ist eine Kombination, die in der Vergangenheit ganz oft für junge Menschen eine besonders große Herausforderung bis hin zu einer besonders großen Belastung geworden ist, denn sehr oft sind es junge Leute, die diese Kombination, diese Krisen ganz besonders ausbaden müssen, und sie sind es auch, die jeden Tag unser Bildungssystem frequentieren. Ganz egal ob in Volksschulen, in Hauptschulen, in einer AHS, in den Kindergärten oder an Universitäten: Sie sind diejenigen, die jeden Tag in ihrer Lebensrealität die Auswirkungen der Dinge zu spüren bekommen, die wir in diesem Haus diskutieren und beschließen und die in weiterer Folge auch ausgeführt werden. 

Wenn wir uns die Zahlen ansehen, ansehen, was uns diese jungen Menschen rückmelden, dann müssen wir sagen, das ist durchaus besorgniserregend. Nur 23 Prozent sagen im Demokratie-Monitor 2024, dass sie das Gefühl haben, dass ihre Interessen hier im Parlament berücksichtigt werden. Das ist aus meiner Sicht zu einem gewissen Grad sogar durchaus berechtigt. Wir werden später noch dazu kommen, aber zunächst gilt es einmal festzustellen und auch ganz ehrlich zu kommunizieren – auch wenn jetzt, glaube ich, keine Schulklassen hier im Saal sind –, dass wir natürlich auch in den nächsten fünf Jahren bei all den positiven Aspekten dieses Regierungsprogramms nicht in einer Bildungsutopie leben werden, dass nicht alle Benachteiligungen im Bildungssystem abgebaut sein werden, aber dass es ein sehr positives Zeichen ist, dass die Bundesregierung besonders im Bereich der Bildung und gerade bei jungen Menschen in dieser schwierigen Situation die finanziellen Mittel nicht kürzt, sondern – im Gegenteil – die Budgets sogar erhöht. (Beifall bei der SPÖ.)

Geld allein ist aber zu wenig. Viel Geld und wenig Wirkung – auch davon hatten wir in der Vergangenheit leider genug, und man sieht auch im österreichischen Bildungssystem, dass in den vergangenen Jahren einiges durchaus vermasselt worden ist. Gerade die Schule, die ja eigentlich ein Ort sein sollte, wo man zusammensteht, wo man gemeinsam die besten Lernbedingungen schafft, ist immer wieder dazu verwendet worden, auf dem Rücken von Kindern Politik zu machen, mit der einen oder anderen Schlagzeile politisches Kleingeld zu schlagen. Österreichs Jugendliche hätten sprichwörtlich engagierte Handwerkerinnen und Handwerker gebraucht, die die Herausforderungen in ihrem Bildungssystem angehen, bekommen haben sie tendenziell eher einen Pfusch. Damit muss Schluss sein. Österreichs Schüler:innen sind keine Versuchskaninchen für politische Versuche entgegen wissenschaftlicher Kenntnis. Das haben sich Österreichs Kinder nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.) 

Genau dieser mangelnde Respekt und diese Distanz, kann man fast sagen, wie Entscheidungen aufgrund von nicht wissenschaftlicher Expertise zustande kommen, sind ein Mitgrund für dieses mangelnde Vertrauen, weil Jugendliche natürlich auch verstehen und checken, dass sie in der Vergangenheit sehr oft nur dann relevant waren, wenn es darum gegangen ist, eine politische Schlagzeile zu produzieren. Dass das nicht nur ein Phänomen der Vergangenheit ist, zeigt sich auch heute wieder, wenn jetzt plötzlich von einer Fraktion – der FPÖ – hier differenziert wird zwischen jenen Kindern, die einen Sprachförderbedarf haben, und jenen Kindern, die keinen Sprachförderbedarf haben, und plötzlich so getan wird, als wären die Kinder ohne Sprachförderbedarf chronisch benachteiligt. 

Ich frage mich: Wo ist die Freiheitliche Partei bei all den Maßnahmen, wenn es darum geht, für alle Kinder in Österreich – nicht nur für diejenigen, die Sprachförderung brauchen – Verbesserungen zu erwirken? (Zwischenruf des Abg. Brückl [FPÖ].) Wo sind Sie beim Ausbau von Ganztagsschulen? Wo sind Sie beim Ausbau von ganztägiger Kinderbetreuung? All das sind Maßnahmen, die ganz konkret Chancengleichheit in Österreich ermöglichen. Da sind Sie leider so klein mit Hut. Das zeigt, dass es in Wahrheit nur um die Schlagzeile geht und nicht um das politische Handeln im Hintergrund. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.) 

Mit dem Vertrauen in die Politik ist das zu einem gewissen Grad wie mit einem Bankkonto: Wenn das einmal im Minus ist, braucht es zu einem gewissen Grad Zeit, bis das wieder ins Plus kommen kann. Es ist auf gar keinen Fall so, dass eine neue Bundesregierung oder etwaige Parteien das von einem Tag auf den anderen wiedergutmachen könnten. 

Was es also braucht, ist ein langer Weg, aber ganz besonders auch ehrliche Kommunikation. Was heißt das konkret? – Mehr Geld für die Schulen mit besonderen Bedürfnissen, ein konkreter Ausbau von Schulpsychologie und Schulsozialarbeit und Neuerungen unter anderem bei den Orientierungsklassen, die, wenn Bedarf gegeben ist, auch ein gutes Ankommen in Österreichs Schulen gewährleisten.

Wir sehen die Herausforderungen, wir benennen die Probleme und wir arbeiten lösungsorientiert. Das ist der Grundsatz, an dem wir uns orientieren, um vor allem das Vertrauen zu geben, dass Österreichs Schüler:innen und generell Österreichs Jugendliche sich darauf verlassen können, dass sie im Mittelpunkt der bildungspolitischen Debatte stehen und nicht nur die nächste Schlagzeile auf ihrem Rücken. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. von Künsberg Sarre [NEOS].)

12.29

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Andreas Haitzer. – Ich habe auch Ihre Redezeit auf 3 Minuten eingestellt, Herr Abgeordneter.