RN/209
15.44
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Bevor ich zum Gesundheitsbudget komme, möchte ich schon kurz auf Kollegen Hammer eingehen, der heute hier schon wieder die freiheitliche Fraktion denunziert hat (Ruf bei der ÖVP: Oh!) und der nicht in der Lage ist (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Ja! – Abg. Reiter [ÖVP]: Hätte ... den Zwischenruf auch ersparen können!), die Aussagen der Kollegin Belakowitsch, die ganz bewusst fehlinterpretiert und missgedeutet werden (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Die stehen im Protokoll! – Abg. Shetty [NEOS]: ... richtigstellen!), obwohl sie gestern in der Sitzung unmittelbar klargestellt hat, was sie gesagt hat, zu akzeptieren, bis heute wird das von Ihnen nicht akzeptiert (Abg. Maurer [Grüne]: Na, wie wäre es mit einer Entschuldigung? Dann war es falsch verständlich, dann soll sie sich auch einmal entschuldigen!) und wird Kollegin Belakowitsch das Wort im Mund umgedreht (Rufe bei der ÖVP: Was? Oh!), nur um politisches Kleingeld zu machen. Und gleichzeitig wird die freiheitliche Fraktion in Sippenhaftung genommen (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Dass du dich für das hergibst!) – beides eines Demokraten unwürdig, Kollege Hammer! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steiner [FPÖ]: Ja er ist ja kein Demokrat! Der Hammer ist kein Demokrat! Nein, der nicht! Alles andere! – Abg. Shetty [NEOS]: Das steht ja im Protokoll!)
Aber kommen wir nun zum Gesundheitsbudget! Wenn man über das Gesundheitsbudget eines sagen kann, eines positiv sagen kann, dann muss man sagen: An Geld mangelt es nicht. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Die Protokolle ...! – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.)
Gerade heute sind von der Statistik Austria die Gesundheitsausgaben für 2024 festgestellt und veröffentlicht worden: In Österreich sind im vergangenen Jahr 57 Milliarden Euro an laufenden Gesundheitsausgaben getätigt worden. Das ist ein Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 11,8 Prozent. 11,8 Prozent – damit befinden wir uns im absoluten europäischen Spitzenfeld. Man kann davon ausgehen, dass wir die Schweiz nun überholt haben und auf einem Niveau mit Frankreich liegen. (Abg. Kucher [SPÖ]: Wie hoch ist der Privatanteil?) Nur Deutschland liegt noch knapp darüber. Das heißt, an Geld im System mangelt es offensichtlich nicht.
Allerdings, wenn man sich anschaut: Wie sind denn die Ergebnisse unseres Gesundheitssystems?, sieht der Befund ganz anders aus, denn: Leben die Österreich länger und gesünder? Sind sie zufrieden mit ihrem Gesundheitssystem? Haben wir weniger Selbstmorde, weniger psychische Erkrankungen? Konsumieren die Menschen weniger ungesunde Lebensmittel, Alkohol, Zucker und Ähnliches? Haben sie hohe Gesundheitskompetenzen, nehmen diese zu? Nimmt die ärztliche Versorgungsdichte zu? – All das sind Kennzahlen, die Sie selber im Ministerium beziehungsweise im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit festgelegt haben. Und leider Gottes: In praktisch keinem dieser Bereiche hat es in den vergangenen Jahren Verbesserungen gegeben.
Es hat im Jahr 2013 im Rahmen der Gesundheitsreform ja das Einsetzen der Bundes- und Landes-Zielsteuerungskommissionen gegeben. Für viele, auch für mich – ich gebe das ganz offen zu –, war das ein Hoffnungsschimmer, dass man nun dieses reformresistente und schwer zu steuernde System irgendwie auf Kurs bekommt und dass die vielen Mittel, die im System vorhanden sind, effizienter eingesetzt werden. Und unter Bundesminister Rauch, in der letzten GP, wurde ja im Rahmen des Finanzausgleichs noch einmal ein großer Betrag an Steuergeld, knapp 1 Milliarde Euro pro Jahr, unmittelbar in das Gesundheitssystem investiert, mit zusätzlichen Auflagen, was damit alles gemacht werden soll.
Aber ich frage Sie wieder: Können Sie irgendeine Verbesserung messen, die dieses zusätzliche Steuergeld im Gesundheitssystem oder bei der Gesundheit der Bevölkerung bewirkt hat? – Ich habe mir die Zahlen ganz genau angeschaut: Ich finde nichts! Das Geld versickert, und das passt auch zu dem Befund, den die Statistik Austria mitgeliefert hat: dass diese Ausgabensteigerung primär bei den Personalkosten und wohl auch bei den Verwaltungskosten versickert. Und ein Schelm, der vielleicht auch eine Koinzidenz zwischen den seit 2015 um 50 Prozent gestiegenen Gesundheitsausgaben auf der einen Seite und der ebenfalls seit 2015 stattfindenden Massenmigration nach Österreich sieht.
Wenn Sie jetzt sagen, die Coronakrise war schuld – auch das habe ich mir angeschaut: In der Coronazeit, also im Jahr 2020, sind die Gesundheitsausgaben natürlich überproportional gestiegen, aber sie sind seither nicht mehr gefallen! Das heißt, wir haben uns mit sehr, sehr viel Geld einen Systemfehler erkauft, der bis heute offensichtlich nicht behoben ist. (Abg. Erasim [SPÖ]: Seit der Hartinger-Klein!)
Ich muss es ja als positiv anmerken, dass Sie im Rahmen der neuen Zielsteuerungsvereinbarung 2024 mittlerweile 36 Gesundheitsziele aufgenommen haben, um wenigstens den Versuch einer Objektivierung der Gesundheitsausgaben und der Wirksamkeit der Gesundheitsausgaben zu machen. Allerdings, wenn ich mir anschaue, dass gleichzeitig zwei Drittel der Kennzahlen dermaßen veraltet sind, aus dem Jahr 2022 oder älter sind, der Befund über die Zahngesundheit bei Kindern zum Beispiel sogar aus dem Jahr 2016 ist und da keine aktuelleren Zahlen vorliegen, bis heute nicht vorliegen, dann frage ich mich ganz ehrlich: Wie wollen Sie mit so veralteten Zahlen irgendetwas im Gesundheitssystem steuern, Frau Staatssekretärin, Frau Ministerin? Da ist, glaube ich, noch sehr, sehr viel aufzuarbeiten, wobei mir natürlich klar ist, dass das schwerpunktmäßig von Ihren Vorgängern mitverursacht worden ist. (Abg. Erasim [SPÖ]: Wer war von 2017 bis 2019 Gesundheitsministerin? Welche Partei?)
Wir stellen also fest, dass in den vergangenen Jahren unheimlich viel Geld und zusätzliches Steuergeld ins System hineingepumpt worden ist. Schauen wir uns an, was die jetzige Bundesregierung mit dem jetzt beschlossenen Doppelbudget und den Konsolidierungsmaßnahmen macht: Sie pumpt noch mehr Geld in dieses System hinein. Da ist nämlich die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für die Pensionisten, die ja allein im nächsten Jahr über 1,2 Milliarden Euro in die Krankenkassen spülen wird, und dann gibt es ja noch so einen netten Nebeneffekt – neben den Gebührenerhöhungen, E-Card-Serviceentgelt, auch neu für die Pensionisten, 40 Millionen Euro für die Erwerbstätigen, 40 Millionen Euro Belastung für die Pensionisten dazu –, dass ja über die Hebesätze auch die Pensionsversicherung zur Kasse gebeten wird.
Es ist ja eigentlich abenteuerlich, wie da das Geld bei uns im Kreis geschickt wird: Im heurigen Jahr fließen diese 266 Millionen Euro noch unmittelbar an die Krankenversicherung. Im nächsten Jahr wird diese knappe halbe Milliarde Euro, die diese sogenannten Hebesätze ausmachen – diese Zahlungen von der Pensionsversicherungsanstalt ursprünglich an die Krankenversicherungsanstalt, gekoppelt an die Krankenversicherungsbeiträge –, an das Ministerium weitergeleitet und gründet einen neuen Gesundheitsreformfonds.
Wir haben das in der letzten Budgetausschusssitzung ja diskutiert, und bei diesem Gesundheitsreformfonds, der am Anfang mit 500 Millionen Euro dotiert wird und dann sukzessive weiter steigt mit den steigenden Beiträgen, weiß man noch gar nicht, was der alles finanzieren soll. Das ist sozusagen das Wünsch-dir-was der Politik.
Damit können Sie, so wie das beim Finanzausgleich auch war, großzügig Steuergeld verteilen; es werden politische Vorgaben gemacht, was man sich alles wünscht, und unterm Strich wird das Geld ausgegeben, aber Leistungen kommen bei den Versicherten nicht an – denn in Wirklichkeit wird bei den Versicherten beinhart gespart. Schauen Sie sich die Berichterstattung von der ÖGK, vom Dachverband an, welche Leistungen in Zukunft mit Zugangshürden versehen werden. Wir haben das schon diskutiert: freier Facharztzugang – gestrichen; freier Zugang zu den Ambulatorien – gestrichen; kostenloser Krankentransport – gestrichen; auch im Arzneimittelbereich werden immer mehr Präparate, die früher bewilligt worden sind, nicht mehr bewilligt.
Das heißt, das Leistungsspektrum muss zurückgefahren werden, und auch das steht in der Analyse des Budgetdienstes ganz klar drinnen, dass die Krankenversicherungen 1 Milliarde Euro einsparen werden.
Ja, liebe SPÖ, das ist die Gesundheitsmilliarde von euch: 1 Milliarde Leistungskürzung trotz 2 Milliarden Euro mehr Steuergeld für die Krankenversicherung. (Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Silvan [SPÖ]: Ihr habt die Krankenversicherung zerschlagen! Ihr habt die Krankenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zusammengehaut! Ihr habt die Leute angelogen! Ihr habt die Leute angelogen! – Zwischenruf der Abg. Greiner [SPÖ]. – Abg. Silvan [SPÖ]: Ein Wahnsinn! – Abg. Koza [Grüne]: Das ist dreist! Das ist dreist! – Ruf bei der SPÖ: Hartinger-Klein! – Abg. Silvan [SPÖ]: Marketinggag! Marketinggag auf Kosten der Arbeiter! – Ruf bei der SPÖ: Gibt’s ja nicht!)
Das ist das, was unterm Strich herauskommt, wenn man es sich genau anschaut. Aber es ist ja kein Wunder: Wenn die ÖGK in den letzten zwei Jahren 1 200 Stellen aufbaut und dann als einziger Einspareffekt die Nichtnachbesetzung von 86 Stellen beschließt – ja, als einzige interne Sparmaßnahme, der Rest geht nur zulasten der Versicherten –, dann muss ich ganz ehrlich sagen: Vielleicht findet die Frau Staatssekretärin oder die Frau Ministerin doch die Studie der London School of Economics. (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr könnt ja einen Antrag einbringen! Philip! – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne].) Dort steht drinnen, wie die Strukturreform auch organisatorisch umzusetzen wäre, wie in der Verwaltung zu sparen wäre und nicht bei den Versicherten. (Beifall bei der FPÖ.)
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