RN/214
15.55
Abgeordneter Johannes Gasser, BA Bakk. MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe es gestern schon erwähnt und ich möchte, weil das in der Sozialdebatte, glaube ich, immer wieder zur Diskussion steht, schon noch einmal die Fakten zurechtrücken. Weil gerade von grüner und von freiheitlicher Seite in der Diskussion immer wieder von Sozialabbau, von Kürzungen und so weiter gesprochen wird: Österreich ist nicht nur Europameister, wir sind bei den Industrienationen Platz eins, was die Sozialausgaben gemessen an unserer Wirtschaftsleistung angeht. (Zwischenruf der Abg. Schartel [FPÖ].) Über 31 Prozent unseres BIP fließen in die Sozialpolitik. Das bedeutet, wir haben sicher nicht zu wenig Geld in der Sozialpolitik, sondern wir müssen uns anschauen, wie es verteilt ist (Abg. Wurm [FPÖ]: Genau! Das reklamieren wir immer! Die Verteilung!) und wie wir es vor allem auch nachhaltig einsetzen können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ein Bereich, der uns helfen würde, vielleicht auch wahnsinnig viel in anderen Bereichen – wo Sie kritisieren, wenn es dort Kürzungen gibt – Freiräume zu schaffen und dort zu investieren, ist vor allem das Thema der Generationengerechtigkeit, das Thema der Pensionen. Mit dem Budget beschließen wir erste Maßnahmen, die dazu helfen sollen, mehr Generationengerechtigkeit ins Pensionssystem zu bringen. Mit uns NEOS starten die Reformen und wir starten auch damit, bei Fragen der Pensionen endlich ehrlich zu sein.
Wir müssen die Menschen länger in Beschäftigung halten, das ist wichtig, und da starten wir auch mit den ersten Maßnahmen, mit der Teilpension, mit der Reform der Altersteilzeit und dann in der Folge auch mit weiteren Reformen, beispielsweise beim Rehageld, bei der Berufs- und Invaliditätspension, damit wir Menschen länger in Beschäftigung halten können. (Beifall bei den NEOS.)
Ich sage aber auch ganz klar, das allein wird wahrscheinlich nicht reichen, denn die Wahrheit ist schon auch, dass ein Großteil der Menschen nicht deshalb vor 65 in Pension geht, weil er krank oder arbeitssuchend ist; der Großteil macht das, weil wir in Österreich einfach relativ attraktive Frühpensionierungsmöglichkeiten haben und das Pensionssystem es einfach zulässt, dass man vor 65 in Pension gehen kann. Da muss man natürlich schon auf die Frühpensionierungen schauen. Auch das werden wir mit diesem Budget und mit dem Budgetbegleitgesetz machen, indem wir auch geringfügige Einschränkungen bei der Korridorpension vornehmen werden.
Wir rütteln nicht an den 45 Versicherungsjahren – dass das ausreicht, um in Pension zu gehen –, aber wir stellen mit der Einschränkung bei der Korridorpension klar, dass 40 Versicherungsjahre halt nicht ausreichen, um frühzeitig in Pension zu gehen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Sieber [ÖVP].)
Es ist klar, dass uns diese Einsparungen vor allem eine kurzfristige, mittelfristige Verschnaufpause bei der Kostenentwicklung im Pensionsbereich bringen können, aber eines ist auch klar: Die Korridorpension wird in zehn, 15, 20 Jahren auch wieder zusätzliche Kosten verursachen – diese Einschränkungen, die wir jetzt vornehmen.
Das heißt, die Herausforderungen bleiben groß, weil die Zahl der älteren Menschen steigt, die Lebenserwartung weiter steigt und die Zahl der Erwerbstätigen nicht in einem entsprechenden Ausmaß zunimmt. Das heißt, wir brauchen auch langfristige Schritte, und genau da ist es wichtig, den Nachhaltigkeitsmechanismus dann in eine entsprechend wirksame Umsetzung zu bekommen, damit wir sicherstellen, dass der Budgetposten der Pensionen eben nicht ungebremst weiter wachsen kann.
Ja, dazu gehört auch eine langfristige Debatte, was es dann braucht, um dieses Wachsen auch irgendwo zu dämpfen, und da ist klar, dass wir natürlich irgendwann auch endlich darüber sprechen müssen, wie wir die steigende Lebenserwartung auch in unserem Pensionssystem entsprechend besser abbilden können. Da nützt es nichts, nur zu sagen, was alles nicht geht, und diese Entscheidungen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, irgendwann muss man auch einmal darüber diskutieren, was langfristig geht, um die Finanzierbarkeit in diesem System sicherzustellen.
Kurz- und mittelfristig bedeutet das natürlich, dass wir ältere Menschen länger in Beschäftigung halten, das ist logischerweise klar. Das sollten wir aus unserer Sicht als NEOS nicht unbedingt mit Strafen für Unternehmen – und damit Symbolpolitik – machen, sondern mit gezielter Förderung, und da ist es natürlich auch wichtig, darauf zu schauen, wie die Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt ist.
Auch da möchte ich einen gewissen Realitätscheck machen. Die Arbeitslosenquote der über 50-Jährigen hat sich in den letzten Jahren immer mehr an den Durchschnitt der Bevölkerung angeglichen, was die Arbeitslosenquote angeht. Es sind nur noch wenige Zehntelprozentpunkte Unterschied, und auch die Dynamik ist für die älteren Arbeitslosen eine ganz, ganz andere geworden, als sie es noch vor fünf oder zehn Jahren war.
Aber ja, es gibt weiterhin Herausforderungen, das möchte ich gar nicht kleinreden. Das Thema Langzeitarbeitslosigkeit ist vor allem ein Thema älterer Arbeitssuchender, und auch das Thema der gesundheitlichen Einschränkungen und der Vermittlungshemmnisse, die daraus entstehen, ist ein Thema älterer Beschäftigungssuchender.
Angesichts dieser Fakten müssen wir natürlich gut überlegen, welche Maßnahmen wir in der Arbeitsmarktpolitik setzen; und das machen wir auch mit dem kommenden Budget, das wir morgen beschließen werden, nämlich mit der Aktion 55 plus, mit den Initiativen, die dann im Beschäftigungspaket für Ältere kommen werden, und auch mit den entsprechenden Verbesserungen bei der Schnittstelle, wenn es um Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen geht.
Um das Sozialsystem aber langfristig finanzieren zu können, brauchen wir vor allem auch mehr Menschen in Beschäftigung und Menschen, die in Beschäftigung auch mehr arbeiten und leisten wollen. Das Thema Arbeitskräftemangel und das Thema Stagnieren des Arbeitsvolumens sind weiterhin Herausforderungen unserer Zeit. Auch da werden wir im Budget erste Maßnahmen setzen: einerseits mit der Abschaffung beziehungsweise mit einer Neuregelung der Bildungskarenz, die sicherstellen wird, dass die Menschen innerbetrieblich eben höher qualifiziert werden und es eine entsprechende Bindung an den Arbeitsmarkt gibt.
Auch bei der Frage der geringfügigen Beschäftigung werden wir in Verbindung mit der Reform der Sozialhilfe sicherstellen, dass Menschen schneller in Beschäftigung kommen, dass es für sie immer attraktiv ist, ihr Arbeitsausmaß aufzustocken. Bestenfalls werden wir uns in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Maßnahmen vornehmen können, um sicherzustellen, dass sich das Aufstocken der Arbeitszeit, der Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit immer auszahlt.
Wir sind bereit und ich freue mich auf die Umsetzung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
16.01
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 8 Minuten ein, Herr Kollege.