RN/215

16.01

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frauen Staatssekretärinnen! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Vorneweg möchte ich noch kurz darauf eingehen, was wir hier erst vorhin diskutiert haben: Liebe Kollegin Belakowitsch, ich habe gelernt, dass man Verantwortung übernimmt für das, was man macht, und dass man sich auch entschuldigt, wenn man einen Blödsinn gesagt hat, und ich glaube, das ist einfach das Mindeste. So einfach ist das. Das ist gute Kinderstube. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Aber kommen wir zu den Themen, zu denen ich sprechen möchte: Gesundheit, Pflege, Menschen mit Behinderungen. Ich möchte zuerst mit etwas Positivem anfangen, damit wir vielleicht einmal nicht immer nur das Negative hervorkehren: Positiv an diesem Budget, wie es uns vorliegt, ist, dass man hier sehr genau sieht, dass sich die Gesundheitsreform, die Pflegereformen, die wir unter Johannes Rauch angestoßen haben, weiterhin in diesem Budget abbilden und über weite Strecken eben auch fortgeführt werden. Das ist auch gut, das sind natürlich FAG-Themen, und das ist sehr positiv.

Kollege Kaniak hat es ja richtigerweise gesagt: Dadurch ist auch genügend Geld in diesem System – theoretisch. Und trotzdem: In der Budgetausschusssitzung von letzter Woche ist es ganz, ganz stark darum gegangen, zu sparen, zu sanieren. Wir wissen ja ganz genau: Immer dann, wenn es ums Sanieren geht, wenn der Sparstift wo angesetzt wird, ist es natürlich sehr beliebt, beim Sozialen, im Gesundheitsbereich und bei den Menschen mit Behinderung zu sparen, denn das sind diejenigen, wo man halt immer sagt, die wehren sich am allerwenigsten oder die haben eh schon so wenig, da ist es eh schon wurscht.

Wir geraten auch heute so in diese Gefahr, denn: Wie wird saniert? Wird mit Herz und Hirn saniert, so wie es uns im Wahlkampf noch versprochen worden ist? – Ich sage Ihnen: Nein! Wird da mit den breiten Schultern etwas geschultert? Sie können wirklich lange nach diesen breiten Schultern suchen; wir haben gesucht, wir finden sie nicht. Es tut uns leid, diese breiten Schultern sind ein guter Wahlkampfschmäh, sind ein guter Marketinggag, aber sie sind real nicht vorhanden. 

Wovon spreche ich? – Beispielsweise 700 Millionen Euro zusätzliches Defizit, das haben wir eh in der letzten Plenarsitzung besprochen. In Zeiten des Sparens werden die Steuerzahler:innen mit einem absurd anmutenden Paket zusätzlich belastet. Und damit nicht genug führt man noch zusätzlich einen Gesundheitsfonds in dieser eh schon sehr eng verästelten Gesundheitsfinanzierung in Österreich ein, von dem man uns nicht sagen kann: Wie wird er aufgebaut sein? Wer bestimmt? Wie wird dieser Fonds genau gestaltet werden?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht unbedingt Reform!

Oder: Ihr kürzt bei der Prävention. Wenn ihr euch das Budget für diesen entsprechenden Budgetposten anschaut, so wird von 35,8 Millionen Euro auf 26,8 Millionen Euro gekürzt. Das sind 25 Prozent weniger oder – in absoluten Zahlen – 9 Millionen Euro weniger, oder wie die Frau Ministerin wahrscheinlich sagen würde: Das ist nicht nichts.

Das trifft beispielsweise die Aids-Hilfen in Österreich, das trifft aber zum Beispiel auch psychosoziale Vereine und Initiativen. Ihr könnt uns aber noch nicht einmal sagen, wo ihr genau welchem Verein wie viel Geld wegnehmen werdet und was das am Ende des Tages auch für die Betroffenen bedeutet, denn es gibt ja immer ein Schicksal, das auch da dahintersteht.

Diese viel beschworenen Dämpfungsmaßnahmen – wir haben es eh das letzte Mal besprochen, aber ich muss euch das noch einmal sagen –: Ihr tragt das wie eine Monstranz bei einer Fronleichnamsprozession vor euch her. Ihr redet die ganze Zeit davon: Da wird gedämpft, da wird gedämpft und da wird ausgeglichen. – Nein, das eine zahlen sich die Leute mit der erhöhten E-Card-Gebühr selber und das andere kommt erst 2027 bis 2030. Das heißt, ihr nehmt jetzt den Leuten, sprich in dem Fall den Pensionistinnen und Pensionisten, etwas weg und gebt ihnen vielleicht irgendwann einmal später ein bissl etwas.

Und besonders dreist wird es dann, wenn wir über Menschen mit Behinderung sprechen. Auch da ein Bezug zur Kollegin Belakowitsch; sie hat nämlich zuerst die Zahlen richtigerweise hier heraußen schon dargelegt: Es sind minus 51 Prozent, die ihr kürzt. Doch! Ihr geht her und lasst damit beispielsweise Pilotprojekte zur persönlichen Assistenz auslaufen. 

Was bedeutet das? – Das bedeutet für Menschen, die auf persönliche Assistenz angewiesen sind, die beispielsweise in der Früh nicht alleine aufstehen können, dass sie dann vielleicht auch keine persönliche Assistenz haben werden. Wie sollen diese Menschen an ihren Arbeitsplatz kommen? Wie sollen diese Menschen am Ende des Tages am gesellschaftlichen Leben teilnehmen? Ist das Inklusion? – Ich glaube, nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir schon darüber reden – ich meine, es ist jetzt nicht diese Untergliederung, es ist jetzt nicht diese UG, aber es ist passend; ihr habt es eh vielleicht heute in der Früh gehört –: Im ÖBB-Rahmenplan wird bei der Barrierefreiheit doppelt so stark gespart wie bei den üblichen anderen Einsparungsmaßnahmen. Minus 13 Prozent bei der Barrierefreiheit, minus 7 Prozent beim ÖBB-Rahmenplan. Auch das ist Aussage genug, was euch das Thema Inklusion und Barrierefreiheit offenkundig wert ist. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein anderes Thema, auch wenn es nicht gerne gehört wird, auch eine andere UG, aber darüber sollten wir auch reden: Menschenrechte zum Schnäppchenpreis, oder andersherum gesagt: Für eine geplante Einsparung in der Höhe von sage und schreibe 4 Millionen Euro – das sind 0,16 Prozent des Justizbudgets – habt ihr gestern die Rechte älterer Menschen und von Menschen mit Behinderungen massiv beschnitten. Anders kann man es leider nicht bezeichnen. Über all das müssen wir reden, über all das müssen wir hier diskutieren.

Und nein, Frau Ministerin, dieses ewig gleiche Lamento, dass die Vorgänger Ihnen einen Rucksack hinterlassen haben und Sie deswegen nicht anders agieren und nicht anders sparen können, das lasse ich nicht gelten. Es ist Ihre Verantwortung, es ist dezidiert Ihre Verantwortung, wie Sie hier vorgehen. Es ist Ihre Verantwortung, wie Sie mit den Koalitionspartnern gemeinsam darauf schauen, ein Budget aufzustellen.

Eingangs habe ich schon gesagt, bei Sozialem, im Gesundheitsbereich, bei Menschen mit Behinderungen wird besonders gerne hingegriffen, wird besonders gerne gespart. Und da erwarte ich mir – so wie es sich übrigens die Sozialdemokratie von uns auch immer in den letzten fünf Jahren erwartet hat –, dass man kämpft. Wie oft hat uns Philip Kucher hier heraußen nicht ausgerichtet: Der Minister muss kämpfen! Der Minister muss kämpfen! – Unser Minister hat gekämpft, Johannes Rauch hat gekämpft. Das kann sich auch sehen lassen, und das sehen wir auch an den Kürzungen, die ihr vornehmt. Aber diesen Kampf, den vermisse ich. Das muss man halt auch einmal in dieser Offenheit sagen. 

Ich vermisse diesen Kampf nicht nur beim Budget, ich vermisse ihn auch dort, wo es darum geht, sich mit den Sozialversicherungen im Land auseinanderzusetzen, sich mit den Bundesländern auseinanderzusetzen. Ich spreche hier ganz konkret vom Aktionsplan Pais, den die Bundesländer, die Sozialversicherungen so nie haben wollten und jetzt eben wieder aufschnüren wollen. Ihr geht in der ersten Landesgesundheitsreferent:innenkonferenz her, obwohl wir davor darüber gesprochen haben, und sagt: Okay, dann schnüren wir den auf, dann evaluieren wir das Ganze.

Ihr könnt uns noch nicht einmal zusagen, dass in der kommenden Sitzung der B-ZK am 27.6. das HPV-Impfprogramm für die 21- bis 30-Jährigen jedenfalls verlängert wird. Zumindest war es in der letztwöchigen Budgetausschusssitzung auf mehrmalige Nachfrage hin nicht möglich, dass man uns das zusagt. Ihr habt darauf verwiesen, dass ihr da einen Beschluss der B-ZK braucht. Was ihr dabei verschwiegen habt, ist, dass es am 25.4. bereits eine Sitzung der B-ZK gegeben hat, in der ihr das hättet beschließen können; ihr habt es halt einfach nicht getan. Ich gehe einmal davon aus, dass wir auch am 27.6. – so viel Misstrauen habe ich da in der Zwischenzeit – immer noch keinen Beschluss haben werden. Aber wir wollen euch da unterstützen.

Deshalb habe ich auch einen Entschließungsantrag mitgebracht, mit dem die kostenfreie HPV-Impfung für die Altersgruppe zwischen 21 und 30 abgesichert werden soll:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der gratis HPV-Impfung bis zum 30. Geburtstag“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert die gratis HPV-lmpfung auch für alle zwischen 21 und 30 Jahren weiterzuführen und die finanzielle Absicherung dieser erfolgreichen Impfkampagne auch über 2025 hinaus – inklusive Aufklärungskampagne für alle Geschlechter – zu garantieren.“


Ich würde bitten, dass wir hier der Ministerin eine entsprechende Unterstützung mitgeben, dass eben sichergestellt ist, dass dieses wirklich wertvolle Präventionsinstrument weitergeführt wird.

Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ja, es ist eure Verantwortung, wie ihr diese Sanierung vornehmt. Nochmals: Die Sanierung steht aus meiner Sicht außer Debatte, außer Zweifel. Wir Grüne haben immer gesagt, diese Sanierung wird es brauchen, aber man kann darüber diskutieren, wie diese Sanierung vorgenommen wird. Breite Schultern suchen wir vergeblich, Herz und Hirn ebenso. (Beifall bei den Grünen.)

16.09

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/215.1

Sicherstellung der gratis HPV-Impfung bis zum 30. Geburtstag (81/UEA)

Präsident Peter Haubner: Der von Herrn Abgeordneten Schallmeiner eingebrachte Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Bundesministerin.