RN/216

16.10

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich entschuldige mich gleich jetzt für den Fall, dass ich ein bisschen länger rede. Das kommt daher, dass es halt sehr viele Materien sind und ich glaube, dass es ganz wichtig ist, das Parlament über viele Inhalte, die sozusagen das Haus betreffen und die UGs, für die ich zuständig bin, betreffen, zu informieren. 

Ich darf damit beginnen, dass wir gesagt haben, wir bringen Österreich wieder auf Kurs. Das war die Ansage der Bundesregierung beim Regierungsantritt. Aber was heißt denn das jetzt genau? Wie erfüllen wir diesen Satz mit Leben? Sie wissen, ich war jahrelang im Ministerium tätig, und ich habe in dieser Zeit – und das ist Tatsache – viele Sparpakete erlebt, aber ein Sparpaket wie das, das jetzt notwendig geworden ist, in diesem unglaublichen Ausmaß, habe ich nie gesehen. Das Budget, das wir übernommen haben, ist verheerend, und es ist klar, alle müssen jetzt einen Beitrag leisten. Und ich weiß – das weiß ich als Sozialministerin –, dass manche Menschen ganz besonders große Sorgen haben hinsichtlich dessen, was jetzt auf sie zukommt. Darauf werde ich natürlich später auch noch zu sprechen kommen, aber zuerst einmal zur Frage nach den Ursachen, denn ich glaube, es ist schon wichtig, da einiges klarzustellen. 

Beginnend im Jahr 2021 wurde die Inflation nicht eingedämmt, und das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, besonders wenn es um die Frage geht: Wie kann man Armutsbekämpfungspakete aufstellen? Die Regierung hat sich dazu entschieden, nicht die Inflation zu dämpfen, sondern Pakete aufzustellen, um die Armutsbekämpfung voranzubringen. Das ist okay, aber sie hat sie nicht mit langfristiger Wirkung eingesetzt, sondern als Projekte, die einfach einen begrenzten Zeitraum haben und die wieder auslaufen. Vor diesem Problem stehen wir jetzt. Und unter diesen Vorzeichen mussten wir gleich zu Beginn unserer Regierungstätigkeit unter großem Spardruck ein Budget für dieses Land schaffen. Das ist eine unglaubliche Herausforderung, es ist aber notwendig, denn wir brauchen diesen Weg, damit Österreich wieder auf Kurs kommt. 

Wir lassen die Menschen dabei nicht zurück. Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit gesagt, wir dürfen die sozialen Netze nicht durchtrennen, auf keinen Fall, denn viele Menschen brauchen diese sozialen Netze ganz, ganz dringend, und das gilt auch heute noch. Deshalb haben wir im Haus darauf geschaut, das soziale Netz nirgendwo zu durchtrennen, sondern zu schauen, dass es gespannt bleibt, dass es weiter hält, und das ist ganz, ganz wichtig – denn mein Haus ist das Soziale-Sicherheit-Ministerium für alle Menschen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt zwei Pole, die ganz wesentlich sind: auf der einen Seite die Einsparungen. Ja, die sind notwendig, aber wir haben sie immer mit dem Blick darauf gemacht: Wie können wir abfedern? Wie können wir besonders vulnerable Gruppen in diesem Fall schützen und schauen, dass die Belastungen für sie nicht zu groß werden? 

Und: Wir haben gesagt, es braucht bewusst Offensivmaßnahmen, zu denen ich Grundsätzliches festhalten möchte: Der Budgetdienst, dem ich als ehemalige Parlamentarierin für seine gute Arbeit wirklich danken möchte, hat festgestellt, dass es ein Spannungsfeld gibt. Die Analyse zeigt, es gibt Belastungen. Was sie aber nicht zeigt, weil die Analyse es noch nicht zeigen kann, ist, dass wir auf Offensivmaßnahmen setzen, die gerade bei den Menschen mit geringem Einkommen ankommen, und das ist ganz, ganz wichtig. 

Die Analyse des Budgetdienstes zeigt ein Drittel der Einsparungen, aber nicht die zwei Drittel der Offensivmaßnahmen. In absoluten Zahlen tragen die höchsten Einkommen den größten Anteil zu den Einsparungen bei, relativ zum Einkommen sind es die unteren 10 Prozent. Aber viele Offensivmaßnahmen sind Personen nicht direkt zugeordnet, daher wurden sie in dieser Analyse nicht erfasst, weil sie als Programme oder als Sachleistungen gestaltet sind. Ich kann da zum Beispiel nennen: die Aktion 55 plus für Langzeitarbeitslose, damit wir diese Personengruppe wieder in Beschäftigung bringen – das ist ganz, ganz wichtig –, den Unterhaltsfonds für Alleinerziehende – ein ganz, ganz wichtiger Schritt auch für eine wirklich sehr belastete, vulnerable Gruppe – und Maßnahmen zur Förderung der Frauengesundheit. 

Als Positivbeispiele für Sachleistungen, die in der Analyse des Budgetdienstes nicht berücksichtigt wurden, kann ich anführen: das zweite verpflichtende Kindergartenjahr – ich weiß, das liegt nicht in meinem Ressort, es ist aber ein ganz, ganz wichtiger Punkt für die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, für die Frage der Bildung und der Chancen am Arbeitsmarkt –, die psychosozialen Gesundheitsleistungen für Kinder und Jugendliche – auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt, nicht nur aufgrund der furchtbaren Ereignisse, die wir jetzt erleben mussten, sondern wir haben in diesem Bereich grundlegend ein Versorgungsproblem, und da wollen und werden wir hinschauen und Abhilfe schaffen – und die gesunde kostenlose Jause im Kindergarten – auch nicht in meinem Ressort, sondern im Bildungsressort, aber auch ganz, ganz wesentlich, weil es eine wichtige Sachleistung ist, die besonders Menschen, die wenig Einkommen haben, entlastet und den Kindern in ihrer Gesundheitsentwicklung ganz, ganz wesentlich helfen wird. 

Und, das ist auch richtig – ich gebe Kollegen Kaniak da recht –, wir haben schlechte Zahlen, was die Prävention angeht, wir haben schlechte Zahlen, was die Vorsorge angeht. Da muss hingeschaut werden, da müssen Schritte gesetzt werden. Die Menschen werden in Österreich älter, aber sie werden nicht gesund älter. Da gilt es zu handeln, und diesen Schwerpunkt werden wir auf jeden Fall setzen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)

Sie sehen, es gibt ein Spannungsfeld, das ein schwieriges ist: Wir brauchen Einsparungen und Offensivmaßnahmen, und da müssen wir schauen, dass wir die richtigen Handlungsschritte setzen – und das tun wir. Dies zeigt sich auch am Unterschied zwischen den Maßnahmen der jetzigen Regierung und dem, was andere Regierungskonstellationen für die Menschen bedeutet hätten. Ich darf nur sagen, was wir verhindert haben: Die Anhebung des Pensionsantrittsalters wurde verhindert. Wir sagen stattdessen: Wichtiger ist es, das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben. Wie können wir schauen, dass die Menschen länger gesund in Beschäftigung sind? Das ist unsere Zielrichtung. 

Das Zweite: Der Eingriff ins Pensionskonto wurde verhindert, ein Eingriff, der ein ganz perfider gewesen wäre, weil er nicht gleich wirksam ist, sondern erst später wirksam wird und einfach eine geringere Pensionsleistung bedeutet hätte. Das haben wir verhindert. 

Wir haben verhindert, dass die Bildungskarenz gänzlich abgeschafft wird, und sorgen stattdessen dafür, dass sie umgebaut wird, dass sie zu einem Instrument wird, das Qualifizierung ermöglicht. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt. Und auch da haben wir gesagt: Nein, die Bildungskarenz darf nicht einfach abbrechen, sondern wir brauchen da auch einen Zeitraum, in dem die Menschen noch eine Übergangsphase haben. Für jene, die sie bereits sozusagen vereinbart haben, muss das weiterlaufen. Also auch da wurde abgefedert. 

Weiters stand die Abschaffung der Altersteilzeit im Raum. Wir wissen, dass die Altersteilzeit für viele in höchst belastenden Berufen ein wichtiger möglicher Weg ist, um früher in Pension zu gehen. Wir haben die Altersteilzeit nicht abgeschafft, wir reformieren sie, wir verkürzen sie, wir verbinden sie mit der Teilpension. Das ist ein, glaube ich, wirklich zukunftsweisender und ein wesentlicher Schritt. 

Und zur Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionistinnen und Pensionisten: Ja, das ist ein schwieriger Schritt, das ist ein belastender Schritt. Auch da wieder: Abfederung durch die Einführung des Arzneimittelkostendeckels. Das ist etwas wirklich ganz Entlastendes, besonders für Pensionistinnen und Pensionisten, die oft mehr Medikamente brauchen. Der Deckel, der ihnen jetzt viel früher eine Entlastung bringt – weil auch jene Medikamente, die nicht rezeptgebührpflichtig sind, hineingerechnet werden, weil sie dann nicht mehr die Rezeptgebühr zahlen müssen –, ist wirklich ein wichtiger und ganz, ganz bedeutender Schritt. Und ich sage: nicht nur für Pensionistinnen und Pensionisten, sondern auch für Alleinerzieher:innen mit Kindern, die einfach mehr Medikamente brauchen, wenn die Kinder krank sind, und ein wichtiger Schritt auch für Menschen mit Behinderungen, die mehr Medikamente brauchen. Also da, glaube ich, ist etwas Gescheites gelungen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Auch im Gesundheitsbereich werden oder wurden bereits wesentliche Maßnahmen gesetzt – ich freue mich sehr, dass ich an meiner Seite so eine großartige Staatssekretärin wie Ulli Königsberger-Ludwig habe, mit so viel Erfahrung und mit so einer Expertise, die auch diese Themen gut voranbringen wird –: Wir haben die längerfristige Absicherung der Mittel für das Projekt Gesund aus der Krise, 1450 als sozusagen Telefonnummer zur Lenkung – zur Möglichkeit der Information, zur Lenkung der Patienten dorthin, wo sie die beste Versorgung kriegen, nämlich jene, die sie wirklich brauchen; das werden wir ausbauen –, die Elga muss viel mehr ausgebaut werden – wir sind in einer großen Phase der Digitalisierung und wir können uns nicht erlauben, die Elga nicht weiterzuentwickeln; das ist ganz, ganz wichtig, vor allen Dingen die Verbindung Elga mit Pflege wird ein wichtiger Schritt sein –, und wir schaffen Gruppen- und Therapiepraxen als eine niederschwellige Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Bei aller Kritik an der Sozialversicherung, ich darf schon daran erinnern – also wenn man den Mund gar so voll nimmt, was man kritisiert –: Es hat eine Sozialversicherungsreform gegeben, bei der man versprochen hat, da greift man ein und es gibt eine Patientenmilliarde. – Schmecks, nichts hat es gegeben! Im Gegenteil: Das Minus wurde vorangetrieben. Also das war eine Reform, die dem Gesundheitssystem nicht wirklich gutgetan hat, und wir werden sie evaluieren, weil man hinschauen muss, wenn Dinge nicht gut funktionieren (Zwischenruf der Abg. Schartel [FPÖ]); auch das ist ganz klar. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Silvan [SPÖ]: Das werdet ihr nicht los! Hartinger-Klein! Das werdet ihr nicht los! Entschuldigung! – Abg. Kaniak [FPÖ] – erheitert – : Schauts euch das gut an! Gut anschauen, ja! Evaluieren! Eine Studie aus der Schublade ziehen!)

Lassen Sie mich jetzt zum Thema Pensionen kommen, weil ich glaube, das ist ein wirklich wichtiges Thema. Wir haben als Regierung vereinbart, dass wir schauen, wie wir die Leute länger gesund in Beschäftigung halten können. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt und in dieser Zielrichtung sind wir unterwegs – nämlich nicht nur die Frage der Einsparungen, sondern einfach das Länger-in-Beschäftigung-Halten. Ich gebe Herrn Abgeordnetem Muchitsch völlig recht: Das ist eine der größten Reformen, die Österreich im Pensionsbereich umgesetzt hat. 

Ich darf aber an eine zweite Reform erinnern, die gleichzeitig stattfindet, eine ebenso große Reform: Das ist die Anhebung des Pensionsantrittsalters der Frauen, die bis 2033 abgeschlossen sein wird. Dann sind wir beim Pensionsantrittsalter der Frauen bei 65. Das ist eine gewaltige Reform mit allen Auswirkungen. Ich möchte auf die also ganz, ganz stark hinweisen, weil sie auch auf Betreuungsstrukturen, auf Pflegestrukturen Auswirkungen haben wird. Frauen länger in Beschäftigung zu halten – und Frauen tragen zwei Drittel der Sorgearbeit in Österreich –, das heißt auch, dass wir einen Ausbau der Strukturen der Kinderbetreuung und in den Angeboten der Pflege und Betreuung brauchen. Das ist ein wesentlicher Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zur Teilpension. Die Teilpension – dass das gelungen ist als gemeinsame Zielrichtung der Regierungsfraktionen, das ist ein ganz, ganz großer Schritt. Die Teilpension ermöglicht jetzt Menschen – und das ist der Wunsch vieler älterer Menschen gewesen – im Bereich der Beschäftigung Folgendes: Ich kann sagen, ich schaffe es jetzt nicht mehr, eine Woche Vollzeit zu arbeiten, die ganze Woche zu arbeiten. Ich kann sagen – wenn für mich der Pensionsantritt möglich ist, kann ich ab dem Punkt sagen –: Es wäre für mich super, wenn ich Teilpension nehme, wenn ich nicht fünf Tage arbeite, sondern drei Tage, das schaffe ich. Den anderen Teil nehme ich meine Pensionsleistung, weil für den anderen Teil das Pensionskonto geschlossen wird. – Das heißt, ich bekomme meine Pensionsleistung und ich bekomme das Einkommen aus meiner Beschäftigung, der ich nachgehe. Das ist also wirklich eine sehr, sehr gute Variante, um länger in Beschäftigung zu bleiben, und es hilft den Unternehmen – auch da bin ich mir sicher, weil wir ja hören, dass Fachkräfte so dringend gesucht werden. Wunderbar! Jetzt ist die Chance da, Teilpension zu nützen. Wenn das gelingt, dann haben wir auch die Chance, dass Menschen länger in Beschäftigung bleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Ein zweiter Punkt: Die Altersteilzeit wird verwoben mit der Teilpension. Die Altersteilzeit wird verkürzt. Das ist auch ein wichtiger Punkt, das ist eine Tatsache – auch ein Einsparungspunkt, keine Frage, aber die Altersteilzeit wird nicht abgeschafft. Das war unsere Zielrichtung. 

Ich glaube, das ist auch ganz wichtig: Es geht nicht von heute auf morgen von fünf Jahren auf drei Jahre, sondern auch da haben wir eine langsame Angleichungsphase, dass wir erst mit 2029 dann wirklich bei den drei Jahren der Möglichkeit der Altersteilzeit sein werden. Also man kann nur allen sagen: Bitte informieren Sie sich! Nützen Sie jetzt dann die neuen Möglichkeiten ab 2026, das sind wirklich große Schritte im Pensionssystem. 

Ich darf auch eine große Bitte an die Unternehmen richten: Wir brauchen Unternehmen, die bereit sind, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Beschäftigung zu halten und auch wieder einzustellen. Das ist ein unglaubliches Potenzial; da bitte Vorurteile wegstecken; schauen, was da für ein unglaubliches Potenzial da ist und das nützen. Wir hoffen, dass es genützt wird – denn wir können den Leuten schon sagen: Bleibt länger in Beschäftigung, bitte bleibt! Es ist wichtig, dass das faktische Pensionsantrittsalter steigt!, aber wenn es keine Arbeitsplätze dafür gibt, na, dann schauen wir schlecht aus. Das soll auf keinen Fall sein, sondern wir brauchen die Angebote, dass die Menschen auch länger in Beschäftigung bleiben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganz wesentlich und ein wichtiger Punkt: Wenn man vom Schatz der älteren Arbeitnehmer:innen redet, muss man auf der anderen Seite natürlich davon sprechen, dass wir gut ausgebildete junge Menschen brauchen. Ich darf hier eine Werbeeinschaltung für die Lehre machen – eine ganz, ganz positive und zukunftsgerichtete und erfolgreiche Form, sich im Arbeitsleben sozusagen zu bewegen, als Einstieg in das Arbeitsleben. Wir brauchen aber auch da die Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden, weil je besser man ausgebildet ist – und das ist ein wichtiger Punkt –, desto sicherer kann man sein, dass die Gefahr, in eine Arbeitslosigkeit zu kommen, geringer wird. Je besser die Ausbildung, desto geringer die Gefahr der Arbeitslosigkeit. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, den wir mitgeben müssen. 

Umso mehr danke ich dem AMS für alle Aktivitäten, die es setzt. Wir wissen um die Situation am Arbeitsmarkt. Wir haben mit dem heutigen Tag 364 300 Personen, die arbeitslos sind. Das sind sehr viele Menschen, die keine Arbeit haben. Da hilft das AMS mit sehr, sehr vielen Maßnahmen auf den verschiedensten Ebenen, auch in Richtung Qualifizierung. Das ist wirklich wichtig und großartig. 

Und: Wir müssen schauen, wie wir diese Zahlen senken können, aber es hängt halt immer an der wirtschaftlichen Lage. Auch da ist es klar: Wir sind im dritten Jahr der Rezession und das bedeutet natürlich auch, dass die Arbeitslosenzahlen in der Höhe sind, in der sie sind, in der wir alle sie nicht wünschen – aber die Experten sagen, für diese wirtschaftliche Lage sind die Arbeitslosenzahlen noch wirklich okay. Aus meiner Sicht sind sie nicht okay, weil jeder Arbeitslose, jede Arbeitslose einer oder eine zu viel ist. Da muss die Zielrichtung sein, die Menschen auch möglichst rasch wieder in Beschäftigung zu vermitteln. 

Jetzt zum Thema Menschen mit Behinderung, die mir sehr am Herzen liegen: Ich darf auch da sagen, was wir übernommen haben. Mit dem Tag des Amtsantrittes meiner Person haben wir ein Minus im Ausgleichstaxfonds von 100 Millionen Euro übernommen. Das ist ein wirklich hartes Minus und das ist etwas, das uns und mir größte Sorgen gemacht hat. Umso mehr freue ich mich, dass es gelungen ist, ab 2026 65 Millionen Euro bereitzustellen, um dem ATF wieder auf die Beine zu helfen. Wenn gesagt wird, es wird eingespart, dann ist das eine falsche – in diesem Bereich eine ganz falsche – Ausdrucksweise, weil 100 Millionen Euro waren das Minus und dieses Minus war da. 65 Millionen Euro stellen wir jetzt ab 2026 wieder für den ATF auf. Das ist ganz, ganz wichtig, weil es da um die Beschäftigung und die Möglichkeit, Menschen mit Behinderung in Beschäftigung zu bringen, geht. Das ist wichtig. Ich glaube, da ist wirklich etwas gelungen. Das Minus haben wir übernommen – und jetzt zu schauen, wie wir Menschen mit Behinderung unterstützen können, das ist ganz, ganz wesentlich. 

Wir haben natürlich Einsparungen in diesem Bereich zu machen, das ist richtig, aber nicht in dem Ausmaß, in dem es gesagt wurde, sondern: Es gibt Einsparungen, die wir machen müssen, aber die machen wir in ganz, ganz enger Abstimmung mit der Community, mit den Behindertenverbänden, die gesagt haben, sie wollen, wenn gespart wird, dabei sein und selbst auch sagen, was man sich vorstellen kann, was man sich nicht vorstellen kann. Ich danke da wirklich viele, viele Male den Behindertenverbänden, die sich bereit erklärt haben, da mitzudenken und zu sagen, wo man handeln könnte, wo man nicht handeln könnte. Ich glaube, wir haben ein wirklich ausgewogenes Paket der Einsparungen für Menschen mit Behinderungen erreicht.

Zum Thema persönliche Assistenz – na ja, das ist halt ein bisschen so: Wenn man Projekte initiiert und sagt, man gibt Anschubfinanzierungen, dann ist das ja eine tolle Sache, aber man braucht halt eine dauerhafte Finanzierung. In dem Moment – und da war noch nicht die Rede davon, dass das Budget so belastet ist (Abg. Schallmeiner [Grüne]: Da kämpft man mit den Bundesländern! Das ist eine Tatsache!) – hätte man sagen müssen: Wie kriegen wir etwas hin, das wir langfristig hinkriegen und das wir langfristig halten? (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne].)

Das ist das Gleiche in der Frage der Armutsbekämpfung. Da kommen wir auf den gleichen Punkt. Da wurden 50 Millionen Euro ausgeschüttet, die aber mit dem Jahr 2024 auslaufen. (Abg. Gewessler [Grüne]: Und deswegen kürzt ihr jetzt das soziale Drittel der kalten Progression! – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne].) Die Projekte enden mit 2024. Das Problem ist das Folgende: Ich weiß, ich verstehe alle Zugänge, dass man sagt: Ich möchte in der Armutsbekämpfung etwas tun! Wir haben es nicht geschafft bei der Inflationsdämpfung, wir machen etwas in der Armutsbekämpfung. – Das ist völlig legitim. 

Das Problem ist nur: Wenn ich dann die Dinge nicht weiterführe, dann laufen sie aus, und das heißt jetzt für uns, die Dinge laufen aus. Sie wussten, dass die Projekte befristet und begrenzt sind. Jetzt muss man sich in einer schwierigen Einsparungszeit mit den Dingen auseinandersetzen. Das ist keine einfache Geschichte, aber wir werden es auch da schaffen, dass wir ganz wesentliche Schwerpunkte setzen, besonders dadurch, dass wir einen Armutsbekämpfungsfonds geschaffen haben, bei dem wir die Mittel zusammenlaufen lassen und schauen, dass wir auch Drittmittel lukrieren können, um diesen Fonds auch noch zu stärken. 

Präsident Peter Haubner: Frau Bundesminister, ganz kurz: Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass die 20 Minuten vorbei sind und es jetzt auf die Fraktionsredezeit geht. Ich will Sie aber nicht bremsen. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Krainer [SPÖ]: Korinna, du hast eine halbe Stunde! – Ruf: Reden Sie weiter, es ist spannend!)

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann (fortsetzend): Nein, ich nehme der Fraktion sicher keine Redezeit weg – so weit kommt es noch! (Abg. Krainer [SPÖ]: Frau Ministerin, reden Sie weiter! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Im Bundesrat könntest du reden, so lang du wolltest, gell! – Abg. Krainer [SPÖ]: Frau Ministerin, reden Sie weiter!) Ich habe gewusst, es ist ein großes Ressort und eine Menge zu reden. Eine Sache lassen Sie mich jedoch, um etwas klarzustellen, noch einmal ganz deutlich sagen. 

Es gibt etwas, das uns alle in größtem Ausmaß mit Erschütterung und Schmerz und Betroffenheit erfüllt hat. Das ist das Ereignis, das letzte Woche in Graz stattgefunden hat. Das ist ganz, ganz schrecklich, und man kann gar nicht sagen, wie sehr uns das alle berührt und wie sehr wir in Gedanken bei den Betroffenen und Angehörigen sind. Ich darf zwei, drei technische Dinge dazu sagen, weil sie in meinem Haus sozusagen beheimatet sind. 

Auf der einen Seite sind es die Regelungen des Verbrechensopfergesetzes, die hier greifen, auf der anderen Seite wird ein Fonds aufgestellt werden, der natürlich mit den Experten, Expertinnen des Opferschutzes in seiner Ausgestaltung festgelegt wird. Die Zielrichtung ist natürlich die Entschädigung für die Opfer, aber auch, dass man der Schule in Zukunft die Möglichkeit gibt, längerfristig das Erlebte aufzuarbeiten. Das ist ganz, ganz wichtig. Diese Leistungen, von denen wir sprechen, sind Geld. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm [FPÖ]: Da bleibt nix übrig an Redezeit! Du bist zu freundlich, Herr Präsident!)

Mit Geld kann man nicht verlorenes Leben, kann man nicht Schmerz, kann man nicht Traumata irgendwie ausgleichen, aber es ist die Form, mit der wir jetzt vielleicht helfen können, um die Last etwas leichter zu machen. Damit darf ich schließen. – Ich danke für Ihr Interesse. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.32

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Barbara Teiber. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Frau Abgeordnete.