RN/220
16.51
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ja, ich habe jetzt mein Redekonzept auch etwas umgestellt, denn ich muss schon auf ein paar Sachen eingehen, die da gesagt wurden und die man, glaube ich, nicht so stehen lassen kann und stehen lassen sollte beziehungsweise die man schon auch hinterfragen muss.
Frau Ministerin, wir als Grüne haben nie die Maßnahmen kritisiert, die jetzt eingeführt worden sind, beispielsweise was den Unterhaltsfonds betrifft, was die Aktion 55 plus betrifft, was das zweite Kindergartenjahr betrifft. Wir finden, das sind gute Maßnahmen. Ja, das ist ein Ausbau von Sachleistungen, das sind zentrale, wichtige Punkte, die es braucht, um die soziale Infrastruktur zu verbessern, nur: Schauen wir uns bitte einmal die Dimensionen von diesen Leistungen im Vergleich zu dem an, was Familien, was Alleinerzieher:innen, was einkommensschwachen Haushalten im Rahmen dieser Konsolidierung gestrichen, gekürzt und weggenommen wird!
Ich habe mir das gerade zusammengestellt: Das zweite Kindergartenjahr macht 80 Millionen Euro im Jahr aus, der Unterhaltsfonds sind 35 Millionen Euro pro Jahr, die Aktion 55 plus 50 Millionen Euro. Das sind 165 Millionen Euro insgesamt. Jetzt schaue ich mir an, allein aus den drei großen Positionen, die gestrichen werden: der Klimabonus 1,9 Milliarden Euro jährlich; das soziale Drittel, die Abgeltung der Inflation im Rahmen des Ausgleichs der kalten Progression, ganz gezielt für einkommensschwache Gruppen, ganz gezielt für untere Einkommensgruppen, ganz gezielt benutzt für Maßnahmen gegen Kinderarmut, macht alleine 440 Millionen Euro im nächsten Jahr aus; und dann haben wir noch die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen, die ausgesetzt wird, das macht nächstes Jahr 145 Millionen Euro aus, im folgenden Jahr 270 Millionen Euro.
Das heißt, wir sind da bei den Einsparungen bei allen Haushalten gemeinsam bei ungefähr 2,5 Milliarden Euro. Wenn ich da jetzt nur die unteren 20 Prozent der Haushalte berücksichtige und weiß, dass denen aber die Leistungen besser zugutekommen, dann haben wir ungefähr – na ja, wo werden wir sein? – 600 Millionen Euro, die die da unten bekommen, und dem stehen die 165 Millionen Euro gegenüber.
Sehr geehrte Frau Ministerin, da bleibt ein Riesenloch übrig! Da bleibt ein Riesengap an Verlusten, die diese Haushalte hinnehmen müssen, die wirklich nicht die mit den breiten Schultern sind, sondern das sind die mit der schmalsten Geldbörse, sehr geehrte Frau Ministerin! (Beifall bei den Grünen.)
Und weil da beklagt worden ist, es hätte im Ministerium temporäre Maßnahmen gegeben, die zeitlich befristet waren: Ja, natürlich hat es die gegeben, denn das waren Maßnahmen, die ganz gezielt für eine spezielle Situation aufgestellt waren. Ich werde keinen Wohn- und keinen Energiefonds für die nächsten 20 Jahre finanzieren, wenn wir in Wirklichkeit jetzt die Teuerungskrise haben und für die nächsten Jahre etwas machen müssen. Wir werden die Anschubfinanzierung dann starten, wenn es einmal losgeht, um dann weiterzuverhandeln, und das wäre ja der Sinn der Übung gewesen. Dass das nicht passiert, ja, da können wir nur bedingt etwas dafür, und wir haben ja auch dauerhafte Maßnahmen gemacht, um beispielsweise einkommensschwache Gruppen zu stärken. Ich denke dabei an die Valorisierung der Familienleistungen.
Was ist mit den dauerhaften Leistungen? – Na, die werden ausgesetzt. Das heißt, was macht man jetzt? Ist man jetzt für die dauerhaften Leistungen oder ist man für die befristeten? Warum setzt man die dauerhaften aus, wenn die befristeten eh wegfallen? Ganz logisch ist die Argumentation in diesem Zusammenhang nicht, sehr geehrte Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen.)
Ich habe mir auch diesen Armutsfonds angeschaut, den „Fonds zur Armutsbekämpfung und Sozialen Innovation“. Ich finde das eh sehr toll, dass der eingerichtet wird, ich finde den recht klass, aber ich habe dann das Gesetz gelesen, und das finde ich schon sehr interessant. Woraus soll er nämlich gespeist werden, wie soll er sich finanzieren? – „Zuwendungen, Schenkungen, Erbschaften und Vermächtnisse“. Ja, „Zinsen und sonstige Erträgnisse des Fondsvermögens“. – Da fehlt irgendetwas. Da fehlen öffentliche Gelder für einen öffentlichen Fonds.
Jetzt habe ich mir gedacht, da wird euch ein Fehler passiert sein, das wird im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses vergessen worden sein. Dann lese ich weiter, die Wirkungsfolgenabschätzung, und was lese ich da? „Für den Fonds zur Armutsbekämpfung und Sozialen Innovation sollen keine über den Verwaltungsaufwand hinausgehenden Bundesmittel zum Einsatz kommen.“
Das heißt, da ist nicht einmal geplant, dass öffentliche Gelder reinkommen, dass öffentliche Mittel verwendet werden. Ich kenne nämlich überhaupt keinen öffentlichen Fonds – vielleicht kann mir das irgendjemand erklären –, in dem es überhaupt keine öffentlichen Mittel gibt, damit etwas finanziert wird. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass Erbschaften, dass Schenkungen, dass Zuwendungen von irgendwem in das Sozialministerium fließen werden, zu Millionen und Abermillionen, damit der Fonds gespeist wird.
Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich stelle mir gerade vor: Wenn unser Sozialminister Johannes Rauch einen Wohn- und Energieschirm eingerichtet und hier herinnen verkündet hätte: Den finanzieren wir aus Schenkungen, aus Erbschaften und Zuwendungen von Gönnern!, wäre er zerrissen worden. Der wäre durch Sonne, Mond und Sterne geschossen worden, gerade aus diesem Sektor! Und Sie bieten uns jetzt genau diesen Fonds als Lösung sozialer Probleme an. – Sorry, das geht sich nicht aus. (Beifall bei den Grünen.)
16.56
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiona Fiedler. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 6 Minuten ein, Frau Kollegin.