RN/255

9.17

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, liebe Kollegen und Kolleginnen! Kollegin Jachs hat gerade gesagt, die Familien bekommen eh mehr Geld. – Ich meine, sorry, das Gegenteil ist der Fall: Während das Leben immer teurer wird, wird genau dort gekürzt, wo es am meisten wehtut, und das ist bei den Familien.

Schauen wir uns aber an, was die Analysen dazu sagen. Das Momentum-Institut schreibt: „Etliche Familienleistungen sollen in den kommenden zwei Jahren nicht mehr an die Teuerung angepasst werden. Das trifft die Gruppe der Alleinerziehenden besonders [...]. Statt im Rahmen der Budgetsanierung ‚oben‘ [...] anzusetzen [...], belastet die Regierung jene, die ohnehin schon kämpfen müssen.“

Die Arbeiterkammer bestätigt: Die Aussetzung der Valorisierung erhöht für Haushalte mit geringem Einkommen das Armutsrisiko. Davon sind vor allem Frauen betroffen: 85 Prozent der Beziehenden der Familienbeihilfe sind Frauen. Die vereinbarte Kindergrundsicherung wäre in einer umfassenden Form dringend notwendig.

Die Analysen haben also bewiesen, was wir davor schon gesagt haben: Das ist deppertes Kürzen statt sinnvolles Sparen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema Kindergrundsicherung: Kinderarmut ist in Österreich unsichtbar. Es gibt in Österreich Kinder, die wichtige Anlässe wie den eigenen Geburtstag nicht feiern können, die keine Freunde zu sich nach Hause einladen können, weil der Platz einfach nicht vorhanden ist. Zum Teil müssen sie auf eine warme Mahlzeit verzichten. Sie spüren jeden Tag: Ich gehöre nicht dazu. – Das macht nicht nur traurig, das macht krank.

Genau deshalb haben wir Grüne während unserer Regierungsbeteiligung erste Schritte gesetzt: mit dem großen Kinderarmutspaket, mit der Valorisierung aller Sozial- und Familienleistungen. Wir haben mit den Stakeholdern ein fertiges Konzept für eine echte Kindergrundsicherung ausgearbeitet – das liegt auf dem Tisch, das könnte man hernehmen und umsetzen. 

Was aber passiert stattdessen? – Es wird der Rotstift angesetzt, auf dem Rücken der Kinder. (Abg. Lindinger [ÖVP]: Das stimmt ja nicht!) Das ist nicht nur sozial bedenklich, sondern das ist auch ökonomisch sinnbefreit, denn Kinderarmut kostet uns jährlich – jährlich! – 17 Milliarden Euro. Wer also glaubt, wir können uns Investitionen in Familien nicht leisten, der hat nicht verstanden, was es dieses Land kostet, wenn wir es nicht tun.

Ich frage mich ehrlich – an die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ –: Wo sind die breiten Schultern? Wo sind die breiten Schultern, gibt es eine vermögensbezogene Steuer? – Fehlanzeige, gekürzt wird bei den Familien. Wo ist die Politik mit Herz? – Gekürzt wir bei jenen, die es ohnehin schon nicht einfach haben. Dann stellt sich die Sozialministerin – beispielsweise auch gestern – heraus und sagt auf gut Deutsch: Ja, die Grünen haben es versemmelt! – Sorry, geht’s noch? (Beifall bei den Grünen.) Haben wir den Finanzminister gestellt? – Kein Jahr, keinen Monat, keine einzige Woche, keinen einzigen Tag!

Alle teuren Maßnahmen im sozialpolitischen Bereich, die übrigens dringend notwendig waren (Abg. Oberhofer [NEOS]: ... aussig’schmissn!), aber ja so beklagt wurden, wurden auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen. Sich jetzt herauszustellen und den Grünen die Schuld zu geben, nur weil man keine vermögensbezogene langfristige Steuer durchsetzen konnte und weil man nicht verhindern konnte, dass bei den Ärmsten gekürzt wird, ist weder richtig noch fair. Also bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben Sie bei der Wahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Zu meiner Vorrednerin, die quasi sagt: Ja, okay, wir kürzen, aber wir bauen ja die Sachleistungen so massiv aus! – Wie schaut es mit dem Babler-Versprechen aus, dass jedes Kind eine warme Mahlzeit bekommt? – Übrig geblieben ist eine gesunde Jause, veranschlagt mit 20 Millionen Euro. Das sind umgerechnet 35 Cent pro Kind – 35 Cent! Dafür gibt es vielleicht einen Apfel, wenn er gerade im Sonderangebot ist, aber da geht sich nicht einmal ein Burgermenü à la Ex-Kanzler aus. Das, liebe Kollegen und Kolleginnen, ist keine Reform, das ist Mickymaus-Politik, das wissen Sie. Sie können das besser, bitte machen Sie es auch besser! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

9.21

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Herzog. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.