RN/304
12.50
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleg:innen! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Bundesregierung will das Verteidigungsbudget bis 2032 auf 2 Prozent des BIPs verdoppeln, auch aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Europa. Wir haben dazu ja auch ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz ausgearbeitet.
Ich finde es auch wichtig und richtig, dass wir auch in die Landesverteidigung investieren, aber es fließen halt die Milliarden in neue Jets, in Fahrzeuge, in die Luftabwehr, in neue Drohnen, und für Sky Shield sind es 5 Milliarden Euro – beziehungsweise haben Sie 4,6 Milliarden Euro in einem Vorbelastungsgesetz angekündigt. Das ist in der letzten Bundesregierung an uns gescheitert, weil wir gesagt haben: Ein Vorbelastungsgesetz machen wir für Tunnelbau und für Schienen. – Da ging es ja um grundsätzliche Sachen und Probleme. Darum geht es mir jetzt gar nicht, das können wir uns dann im Detail anschauen – weil viele neue Fähigkeiten dazukommen.
In Wirklichkeit ist halt noch immer das Problem da, dass wir beim Kern des Problems noch nicht angekommen sind, nämlich beim notwendigen Personal. Das ist ja der Problempunkt, bei dem wir beim Bundesheer gerade sind: das Personal. Ich war vor ein paar Wochen mit Kolleginnen und Kollegen in einer Kaserne in Niederösterreich, nämlich in Zwölfaxing, und das ist nur eine von denen, über die ich berichten kann. Was ich dort gesehen habe, müssen Sie sich vorstellen! Ich erzähle es Ihnen.
Grundwehrdiener, Chargen, Personal berichten mir, es rinnt das Wasser hinein, es gibt Schimmel in den Unterkünften. Bei den Grundwehrdienern gibt es Ungeziefer, Mäuse (Zwischenruf des Abg. Seemayer [SPÖ]), Ratten, dort, wo sie schlafen. Die Fenster konnten nicht mehr geöffnet werden, weil sie undicht waren und deshalb niedergespaxt worden sind, weil sie gar nicht mehr aufgemacht werden dürfen, sonst wären sie herausgefallen. Grundwehrdiener hatten Hautausschläge nach dem Duschen, weil die Duschen so verrostet waren. (Zwischenruf des Abg. Oxonitsch [SPÖ].) Ihnen wurde empfohlen, dass sie das Wasser 2 Minuten lang laufen lassen, damit sie das Wasser trinken können.
Ich will Ihnen das nur anschaulich machen. Dieses Problem herrscht jetzt schon seit 35 Jahren; 35 Jahre lang wurde halt einfach nichts ins Bundesheer investiert. Ich will Ihnen (in Richtung Bundesministerin Tanner) nicht einmal die alleinige Schuld geben – absolut nicht! –, darum geht es mir nicht.
Das ist der Kern des Problems: Wir haben einfach in der Bausubstanz, in den Strukturen riesengroße Probleme. Dort gehört investiert, weil dass der Grundwehrdienst - - (Abg. Köllner [SPÖ]: Wieso hast du es nicht gemacht? Du hast ja fünf Jahre Zeit gehabt!) – Ja, fünf Jahre lang wurde mit der Frau Ministerin investiert. Da brauchst du nicht herauszuschreien, Kollege Köllner. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Und jetzt geht es weiter!) Du hast ja keine Ahnung. (Abg. Köllner [SPÖ]: Ah! Aber du hast sie, die moralische Instanz ...! Du bist die moralische Instanz!)
Das Problem ist, dass die Ressourcen dort hineingesteckt werden müssen, und zwar sehr, sehr dringend, sehr, sehr schnell und umfassend. Das ist das Problem, denn das ist die Visitenkarte. Welcher junge Soldat bleibt denn beim Bundesheer, wenn er in so eine Unterkunft kommt? Welcher Soldat bleibt denn da? Schauen Sie sich doch die Statistik an! Junge Soldaten, die einen Tauglichkeitsgrad 9 haben, wohin gehen die? Schauen Sie sich die Statistik an! Die gehen nicht zum Bundesheer, sondern die werden Zivildiener. (Ruf bei der ÖVP: Du warst ja auch ...!) Warum denn? – Weil das Bundesheer noch diesen schlechten Ruf hat. Die Prioritätensetzung ist genau der Punkt, den wir brauchen. Sie können schon hereinschreien, es ist halt einfach so. Da können Sie noch so viel wegwischen, es ist ja Ihr Versagen! Sie (in Richtung ÖVP) sind seit über 37 Jahren in der Regierung, nicht wir. Sie sind es! (Abg. Kassegger [FPÖ]: ... Zivildienst! – Zwischenruf des Abg. Petschnig [FPÖ].) Seit 37 Jahren haben Sie einfach nichts investiert – Ihre Schuld, Punkt, das ist einfach Faktum! (Beifall bei den Grünen.)
Zum Assistenzeinsatz: Seit mehreren Jahrzehnten wird er vom Bundesheer bezahlt. 272 Millionen Euro hat er bis jetzt gekostet. Den Assistenzeinsatz im Burgenland könnten wir abschaffen. Wir haben einen Antrag eingebracht: nichts, wieder vertagt. – Was bedeutet das? – Das Bundesheer muss noch einmal draufzahlen. (Zwischenruf des Abg. Zarits [ÖVP].) Fünf Jahre lang hat das BMI die Kosten für den Assistenzeinsatz übernommen. Jetzt sind SPÖ und NEOS in der Regierung: Jetzt ist das auf einmal weg, und das Bundesheer muss alle Kosten übernehmen.
Das ist doch genau der Punkt: Das Bundesheer ist keine billige Polizei. Die Verfassungsrechtskonformität gehört wiederhergestellt: Inneneinsatz Polizei, Außeneinsatz Bundesheer. – Genau das ist ja das Problem an der Kernsache: Die Kosten werden auf das Bundesheer abgewälzt, das BMI lehnt sich zurück und macht eine billige Polizei daraus – das Bundesheer wird das beim Objektschutz und beim Grenzeinsatz schon übernehmen –, und genau das ist der Punkt, Frau Ministerin.
Ich unterstütze Sie, wenn Sie diese Punkte vorantreiben wollen – ich weiß, dass der Assistenzeinsatz auch in Ihrem Interesse ist –, aber der Punkt ist: Wir brauchen eine Verteidigungspolitik, die eine klare Strategie hat, die den Menschen und den Soldaten in den Mittelpunkt stellt, und auch eine demokratische Kontrolle. Das ist ja der Punkt, warum es bei diesen großen Rüstungsgeschäften auch Probleme gibt. Dafür habe ich jetzt aber leider keine Zeit mehr – das haben wir schon ausdiskutiert. Das Wichtigste ist: Stellen Sie die Soldatinnen und Soldaten in den Mittelpunkt! (Beifall bei den Grünen.)
12.55
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Robert Laimer. – 3 Minuten habe ich eingestellt, Herr Abgeordneter.