RN/311

13.25

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und Grünen.) Kollege Hammer von der ÖVP zeichnet sich sehr oft durch besonders wohlfeil formulierte seriöse Wortmeldungen in unsere Richtung aus. Gerade vorhin hat er uns als Absurde bezeichnet und als Unseriöse et cetera. 

Jetzt im Zusammenhang mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz und Ihrem Nebensatz: Damals wart ihr noch seriös und seid mitgegangen! – Ja, das stimmt, wir sind damals mitgegangen. Den zweiten Teil dieses Halbsatzes oder dieses ganzen Sachverhaltes haben Sie aber weggelassen, nämlich jenen, dass wir damals, um eine seriöse, langfristig sichergestellte Finanzierung für das österreichische Bundesheer sicherzustellen, dieses Gesetz im Verfassungsrang haben wollten und dem Zugriff von Regierungen mit einfacher Mehrheit entziehen wollten. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Reifenberger [FPÖ]: Hört, hört!) 

Jetzt frage ich Sie: Wer war denn damals dagegen, Herr Kollege Hammer? – Die ÖVP war dagegen. Das ist Ihr Zugang zur Seriosität. Sie waren wahrscheinlich dann seriös dagegen. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... Verfassungsrang! – Zwischenrufe der Abgeordneten Hanger [ÖVP] und Sieber [ÖVP].)

Im Übrigen: Ihr Einleitungssatz, dass Sie als Regierungspartei, als Partei, die den Bundeskanzler stellt, jetzt im Rahmen dieses Budgets konsolidieren, sanieren und reformieren, hat auch einen relativ überschaubaren Grad an Seriosität, weil Sie nicht konsolidieren – Sie machen 82 Milliarden Euro neue Schulden und reden irgendetwas von konsolidieren und sanieren – und auch nicht reformieren. Sie beharren auf den Beständen dieser Republik, ich habe es vorgestern schon gesagt, des 20. Jahrhunderts. Das mag jetzt für Sie und Ihre Kammern vielleicht angenehm sein, für die Republik ist das alles andere als angenehm und ist das alles andere als eine Zukunftsperspektive für die nächsten Jahre, die die österreichische Bevölkerung positiv stimmen würde. Das sind die Fakten. (Beifall bei der FPÖ.)

Und weil ich schon beim Thema bin: Das Wort Verantwortung ist ein großes Wort. Es kommt ja auch immer von Ihrer Seite: Wir übernehmen Verantwortung im Gegensatz zu den unseriösen (Abg. Hanger [ÖVP]: Das kennts ihr nicht, das Wort!) – ich werde es dir gleich erklären – Freiheitlichen, die keine Verantwortung übernehmen! – Da lassen Sie ja auch wieder den zweiten Halbsatz weg. Was heißt das? – Was Sie übernehmen, sind einmal Posten, Ministerposten et cetera. – Erster Punkt. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: So schaut’s aus!)

Zweiter Punkt: Das Übernehmen von Verantwortung – wofür? Für einen Auftrag? Sie haben ja einen Auftrag zu erfüllen. Sie haben Zustände herzustellen. Sie haben Organisationen zu entwickeln. (Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer [NEOS] und Michael Hammer [ÖVP].) Sie haben den Wirtschaftsstandort fit zu machen et cetera, et cetera. (Zwischenruf des Abg. Lausch [FPÖ].) So, das ist der Auftrag. Wenn Sie an dieser Auftragserfüllung scheitern, dann ist das Reden von Verantwortung nur mehr leeres Gerede. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin! Ich habe auch im Ausschuss das eine oder andere Zitat von Ihnen mitgeschrieben, das durchaus richtig ist, aber ich würde es hier auch einmal unter dem Aspekt der Verantwortung betrachten. Zum Beispiel: Wir haben einen 30-jährigen Investitionsrückstau. – Vollkommen richtig erkannt, einen 30-jährigen Investitionsrückstau. (Abg. Lausch [FPÖ]: 30 Jahre ÖVP!)

Jetzt frage ich Sie: Wer ist für diese 30-jährige offensichtliche Misspolitik verantwortlich? (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Scheibner! Kunasek!) – Doch zu einem erheblichen Teil wiederum Sie von der Österreichischen Volkspartei (Ruf bei der ÖVP: Scheibner, Kunasek! Ihr wart ja nie dabei!), die ja im Wesentlichen die Finanzminister in diesen Perioden gestellt hat, und das ist ja relevant, denn der hat das Geld (Zwischenruf des Abg. Fürtbauer [FPÖ]); und ohne Geld wird das Verteidigungsministerium gar nichts machen. (Abg. Mölzer [FPÖ]: Ihr seids 40 Jahre in der Verantwortung!) Sie haben ja nicht einmal die Personalhoheit im Verteidigungsministerium (Ruf bei der ÖVP: Redet sich ein wenig in einen Wirbel rein ...!); die hat jetzt das Bundeskanzleramt. Also da liegt die Verantwortung beim Finanzminister; Sie sind dafür verantwortlich. Die Analyse ist ja durchaus richtig: Wir haben einen 30-jährigen Investitionsrückstau.

Weiteres Zitat: Wir holen die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte auf. – Sie geben sogar selbst zu, dass Sie als Volkspartei für die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sehr, sehr wesentlich verantwortlich waren. Über die Art und Weise des Aufholens reden wir gleich, nämlich jetzt: Sind diese finanziellen Mittel, die durchaus – das stimmt – höher sind als die Mittel zuvor, was die Quantität, das Ausmaß betrifft, ausreichend, um diesen Zustand eines 30-jährigen Rückstaus zu sanieren, um die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte aufzuholen? – Meine Antwort: Nein, bei Weitem nicht. Da können Sie jetzt sagen: Da haben wir 300 Millionen Euro oder 400 Millionen Euro mehr!, was auch immer. (Zwischenruf des Abg. Hofinger [ÖVP].) – Bei Weitem nicht, nämlich auch was die Quantität – die Mengen – betrifft. 

Da bin ich jetzt wieder bei der Schweiz – nur um das zu vergleichen; das ist ja durchaus ein vergleichbares Land. Ich habe gestern schon erwähnt, was die Schweiz von Österreich unterscheidet: im Wesentlichen nicht die Menschen, die sind sowohl in der Schweiz als auch in Österreich fleißig, tüchtig, verlässlich, was auch immer; gut, tadellos. Der Unterschied sind die jeweiligen Regierungen, die diese Länder haben, und in der Schweiz ist eines noch wesentlich stärker ausgeprägt: Die Schweiz hört auf das Volk – direkte Demokratie, Volksabstimmungen –, während Sie von der Österreichischen Volkspartei im Wesentlichen daran interessiert sind, in der internationalen, globalen Gemeinschaft verlässlich zu sein. (Beifall bei der FPÖ.) Da haben wir einen Riesenunterschied: Wir Freiheitliche wollen lieber verlässlich sein gegenüber der eigenen Bevölkerung. (Ruf bei der ÖVP: Die Schweiz ist nicht verlässlich ...?!)

Also das Ausmaß ist zwar recht schön: 4 Milliarden Euro; Sie haben ja das Aufbauziel: 2 Prozent. – Das geht sich alles nicht aus, und – da ist Herr Prof. Taschner – ein bisschen etwas verstehe ich auch von Mathematik. Das geht sich alles nicht aus. Und wie stark Ihr Commitment – sagt der Engländer – ist, wie stark Sie das wollen, sieht man ja. Kollege Reifenberger hat den Bundesfinanzrahmen schon erwähnt: Das geht ja wieder runter! Das geht runter, das geht unter 1 Prozent runter – und Sie erzählen uns jetzt: Ja, aber bis 2032 erreichen wir die 2 Prozent! Wer soll das glauben? – Ich glaube es Ihnen nicht. Die Wahrheit werden wir dann eh bei den nächsten Budgetbesprechungen sehen. Sie haben die Verantwortung. 

Die Schweiz hat im Übrigen ein Jahresbudget von 6,3 Milliarden Euro; wir haben 4 Milliarden Euro – das ist das Eineinhalbfache. (Abg. Erasim [SPÖ]: Die Schweiz ist eine Bank und kein Land!)  Wie bitte? In der Schweiz ist aber auch die Wurstsemmel viel teurer, da haben Sie schon recht. 6,3 Milliarden Euro! Die Schweizer schaffen 36 hochmoderne F-35A-Kampfjets an. (Schweizer Dialekt nachahmend:) Um 6 Milliarden Franken, das können wir zahlen und da müssen wir gar keinen Kredit aufnehmen! (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das ist die Schweiz. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Eder [ÖVP].) Wir haben ein paar Hubschrauber, die wir sozusagen auf Pump besorgen. (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].) 

Die Schweiz hat auch ein sehr gut funktionierendes Milizsystem, was das Personal betrifft. Und da sind wir beim nächsten Thema: Das Personal ist ja schon mehrmals angesprochen worden; das ist ja das wirkliche strukturelle Problem. Noch einmal: Verantwortung zu übernehmen, heißt auch, entsprechende Aufträge zu erfüllen, Zustände herzustellen, Organisationen zu entwickeln, in dem Fall: das Bundesheer in die Lage zu versetzen, den verfassungsmäßigen Auftrag der militärischen Landesverteidigung – und das ist nicht die Bewachung von irgendwelchen Botschaften, sondern militärische Landesverteidigung – zu erfüllen, auf Grundlage eines Milizsystems. Das ist der Auftrag. 

Von diesem Zustand sind wir weit weg. Da sind wir weit weg, da helfen jetzt auch ein paar Hundert Millionen Euro mehr nichts. Da sind wir weit weg! Und: Wer ist denn dafür verantwortlich, dass wir weit weg sind? (Abg. Wurm [FPÖ]: Der Platter!) – Wiederum Sie als Österreichische Volkspartei im Wesentlichen. Man kann das Ganze jetzt schönreden, das wird nichts bringen, das wird nichts nützen, denn – ich habe es vorhin schon gesagt – wenn diese Aufträge im Rahmen der Verantwortung nicht erfüllt werden, dann bleibt dieses Reden von Verantwortung leeres Gerede. Tut mir leid, mehr ist es nicht!

Personal: Sie haben keine Personalhoheit. Da haben wir den Zustand, dass wir mittlerweile 8 000 Zivilisten im BMLV – im Bundesministerium für Landesverteidigung – haben und 14 000 Uniformträger. Wir haben da Zustände, dass Soldaten sozusagen rittern müssen, Bittsteller sein müssen, um Planstellen rittern müssen, wo sie weiterhin Uniform tragen müssen. Das ist doch kein guter Zustand.

Die Miliz ist in einem sehr schlechten Zustand. Kollege Schandor hat es schon gesagt: Da haben wir eine verfassungsmäßige Verpflichtung. – Das wird offensichtlich ignoriert. Papier ist geduldig, aber so einfach kann man es sich doch nicht machen! Das ist eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, wie im Übrigen auch die Verpflichtung zur immerwährenden Neutralität, die selbstverständlich auch in einem Zusammenhang mit der militärischen Landesverteidigung steht, denn die immerwährende Neutralität ist ja auch eine Verpflichtung, sicherzustellen, selbige im Anlassfall verteidigen zu können. (Beifall bei der FPÖ.) Also das ist ja nicht eine Mickymausangelegenheit, sondern das sind ganz wesentliche Dinge. 

Kollege Stögmüller hat es auch schon erwähnt: die Stellung. Wir haben im Übrigen ganz dramatische Zahlen an Untauglichen – da sind wir bei der gesamten Gesellschaft; da müssten wir uns auch einmal ein bisschen anschauen, warum das so ist –, sehr viele im Übrigen aus psychologischen Gründen. Besonders schmerzhaft ist: Das kann ja nur daran liegen, dass das Bundesheer als Organisation sich mittlerweile zu einer solchen entwickelt hat, die vollkommen unattraktiv ist. Für wen? – Für junge Leute, die gesund sind, die fit sind. Das sind nämlich Leute mit den höchsten Tauglichkeitsstufen: 7, 8, 9. Wo gehen denn die hin? (Ruf: Zivildienst!) – Zum Zivildienst, richtig! Das mag jetzt Kollegen Stögmüller von den Grünen freuen (Abg. Stögmüller [Grüne]: Wieso soll mich das freuen?), dass Sie als Österreichische Volkspartei mit Ihrer Politik Effekte verursachen – zur Freude der Grünen –, dass wir noch mehr Zivildiener haben. Ich sage Ihnen: Die Freiheitliche Partei freut das überhaupt nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gehe jetzt gar nicht auf die Berichte der Beschwerdekommission ein, was den Zustand der Kasernen betrifft – das hat Kollege Stögmüller schon gemacht –: Das ist doch eine Schande.

Sie haben das Bundesheer in den letzten 30 Jahren – und da liegt die Verantwortung mit Masse bei Ihnen als Österreichischer Volkspartei – in einen Zustand versetzt, in dem es nicht mehr in der Lage ist, seiner verfassungsmäßigen Verpflichtung zur militärischen Landesverteidigung im ausreichenden Maß nachzukommen, in dem es nicht mehr in der Lage ist, eine Organisation zu sein, die für junge Burschen mit höchster Tauglichkeitsstufe – das sind die, die noch fit sind, die noch in der Lage dazu sind – attraktiv ist; die gehen alle zum Zivildienst. Das Bundesheer ist auch weit weg davon, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wir haben es im Ausschuss besprochen: Da gibt es Fluchtbewegungen Richtung Polizei, Richtung Privatwirtschaft et cetera. Also dafür tragen Sie die Verantwortung. 

Wenn ich mir jetzt das Budget anschaue und die Zahlen für den Bundesfinanzrahmen bis 2028 beziehungsweise 2029, dann tragen Sie in weiterer Folge auch die Verantwortung dafür, dass sich an diesem Gesamtzustand im Wesentlichen nichts ändern wird; Sie werden vielleicht ein paar kleine – ich sage einmal – kosmetische Korrekturen machen. Warum? – Weil selbst diese 4 Milliarden Euro nicht ausreichen, und zwar bei Weitem nicht ausreichen, um diesen Gesamtzustand in eine gute Richtung zu bringen. Dafür tragen wiederum Sie die Verantwortung. (Beifall bei der FPÖ.)

13.38

Präsident Peter Haubner: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Köllner. Eingemeldete Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.