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Aktuelle Stunde

„Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Muchitsch. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt.

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9.08

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Das Thema dieser Aktuellen Stunde ist „Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“. Ich bin schon gefragt worden: Warum dieses Thema?, und ich sage Ihnen ganz offen, die SPÖ hat dieses Thema bewusst gewählt, weil diese Bundesregierung, diese Regierungsparteien in den ersten 130 Tagen der Verantwortung bereits vieles zum Vorteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umgesetzt haben. Konkretes dazu später, aber lassen Sie mich zuerst auf die Ausgangssituation dieser Regierungsbildung eingehen.

Die SPÖ war sieben Jahre nicht in der Regierung. Was wurde in diesen sieben Jahren alles unterlassen, verändert, verbockt – auf Steirisch – oder verschlechtert? – Ein kleiner Auszug daraus: Es gab keine verbesserten Maßnahmen bei der Integration. Es gab keine Maßnahmen für den Ausbau von Kindergärten und Nachmittagsbetreuung. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Na geh! Kindergartenmilliarde!) Die Inflation ist durchgerauscht. Wir hatten in Österreich die höchste Teuerung – eine Rekordteuerung – in Europa. Bei leistbarem Wohnen wurde nichts gemacht. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Deutschförderklassen! Deutschkurse! – Abg. Belakowitsch [FPÖ] – in Richtung Abg. Bogner-Strauß [ÖVP] –: In Wien auch?) Wir erinnern uns, die Wohnbauinvestitionsbank wurde 2017 verhindert. Die Chance auf eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe wurde nicht genutzt. Es gab keine Industriestrategie zur Absicherung unseres Wirtschaftsstandortes und unserer Arbeitsplätze.

Die Sozialversicherung wurde parteipolitisch umgefärbt – mit fatalen Folgen für die Menschen wie immer längeren Wartezeiten bei Arztbesuchen oder auch bei geplanten Operationen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Unser Gesundheitssystem wurde finanziell geschwächt. Die Sozialversicherungsreform 2018: Wir erinnern uns – der Rechnungshof hat das bestätigt –, anstatt den Versicherten 1 Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen, hat das die Versicherten 1 Milliarde Euro an Sozialversicherungsbeiträgen gekostet. (Ruf bei der FPÖ: Blödsinn!) O-Ton FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein – das Geständnis im Untersuchungsausschuss –: Ja, es war ein Marketinggag! (Abg. Deimek [FPÖ]: ... leisten, wirst schon wieder vergessen haben!)

Wir erinnern uns hinsichtlich Arbeitszeiten an den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche oder auch an die Maßnahmen von ÖVP und Grünen bei Sozialbetrug: Durch die Abschaffung des Kumulationsprinzips wurden auch die Strafen herabgesenkt. Eine Mindeststrafe ab 0 Euro wurde festgelegt. – Das darf es nicht geben, meine sehr geehrten Damen und Herren, Betrug darf sich nicht rechnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben nun das größte Budgetdefizit der Zweiten Republik. Wir sind im dritten Jahr der Rezession und hoffen alle, dass wir da rauskommen. Was aber hätte den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gedroht, wenn die SPÖ nicht in die Regierung gekommen wäre? – Den Medienberichten zu den Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP war klar zu entnehmen, es wäre ein Eingriff ins Pensionskonto gekommen, dies war auch bei der Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters auf 67 Thema. Allen Wirtschaftsvertretern, die immer noch fordern, dieses gesetzliche Pensionsantrittsalter anzuheben, muss man ganz klar sagen: Beschäftigen wir vorab wirklich einmal ältere Menschen und schaffen wir gesunde Arbeitsplätze! Das ist nämlich das wirkliche Rezept für eine Pensionsreform. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben auch mit Mehrwertsteuererhöhungen geliebäugelt, aber das haben wir verhindert. Verhindert haben wir es nur deshalb, weil die Sozialdemokratie ganz klar gesagt hat: Wir sind bereit, Mitverantwortung zu übernehmen, wenn es darum geht, dieses Budget zu sanieren, mit Sparmaßnahmen, die wehtun, die auch stattfinden, aber auch mit neuen Einnahmen – mit neuen Einnahmen durch Beiträge von Banken, Energiekonzernen, Stiftungen und vielem mehr!

Wir als SPÖ sind bereit, das aufzuarbeiten, was andere angerichtet und verschuldet haben. Die SPÖ übernimmt Verantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es darum geht, Österreich wieder auf Kurs zu bringen, mit einem engagierten Arbeitsprogramm und erstmals in einer Dreierkoalition. Diese drei Parteien – SPÖ, ÖVP und NEOS – streiten nicht, sie arbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Diese Regierung hat mit den Abgeordneten ihrer Parteien in den ersten 130 Tagen 44 konkrete Maßnahmen umgesetzt beziehungsweise beschlossen. (Abg. Wurm [FPÖ]: Das spüren die Menschen, ja!) Das ist um ein Drittel mehr im Vergleich zur Vorgängerregierung von ÖVP und Grünen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Schlägt sich aber in den Umfragen auch nieder! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Danke!) und um zwei Drittel mehr als bei der Regierung von FPÖ und ÖVP, meine sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Wurm [FPÖ]: Alle begeistert, Beppo! – Abg. Steiner [FPÖ]: Qualität, nicht Quantität! Qualität, Herr Kollege!) Das zeugt wirklich von einem hohen Arbeitspensum, das natürlich auch viele Maßnahmen gebracht hat. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Bitte weitermachen! – Abg. Steiner [FPÖ]: Schwach! Schwach!)

Ein Auszug aus den bisherigen Maßnahmen, um die Frage des Warum dieser Aktuellen Stunde zu beantworten: 

Wir haben trotz leerer Kassen und notwendigem Sparkurs bereits jetzt schon – in diesen ersten 130 Tagen – einen Medikamentenkostendeckel umgesetzt, damit Medikamente leistbar bleiben. Zudem gibt es keine Eingriffe in bestehende Pensionen, das heißt keinen Eingriff ins Pensionskonto (Abg. Wurm [FPÖ]: Stimmt nicht!), keinen Eingriff oder keine Minderung in der Pensionsanpassung, keine - - (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Rede mit deinen Leuten!) – Wisst ihr, was das Problem ist? – Ihr könnt nicht Äpfel mit Birnen vergleichen! Ihr könnt das nicht vergleichen (Zwischenrufe bei der FPÖ), Pensionen haben nichts mit der Krankenversicherung zu tun – das ist euer größtes Problem. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber unterm Strich bleibt weniger übrig!)

Keine Pensionskürzung bei zukünftigen Pensionen – nicht so, wie es die FPÖ damals im Jahr 2002 gemacht hat (Abg. Schartel [FPÖ]: Das ist ja die größte Lüge!); keine Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 67; Pflege- und Gesundheitsberufe ab 2026 in der Schwerarbeitsregelung. Neu, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass Arbeitszeiten bei der Anmeldung zur Sozialversicherung gemeldet werden müssen. Das ist ein Riesenschritt, ein wichtiger erster Schritt, wenn es darum geht, Arbeitszeiten fair aufzuzeichnen. Steuerfreiheit bei Mitarbeiterprämien bis 1 000 Euro; 2025 Mietpreisstopp und Mietpreisbremse ab 2026 – eine Entlastung für die Bewohner von mehr als 1 Million Wohnungen in Österreich.

Ich möchte Ihnen jetzt auch noch sagen, was gerade in Verhandlung ist und laut dem Regierungsprogramm noch umgesetzt werden soll, und das wollen wir auch wirklich umsetzen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wie lang macht ihr das? Bis wann?) – Herr Kollege, 130 Tage in der Regierung und eine Abarbeitung sondergleichen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn Sie zuhören, Herr Kollege Hafenecker, sage ich Ihnen, was wir jetzt noch über die Sommermonate vorhaben, um das im Herbst umzusetzen. 

Weiterbildungsgeld, also ein Nachfolgemodell der Bildungskarenz: Anstatt die Bildungskarenz abzuschaffen, machen wir eines, wir verhandeln ein neues Modell für die Menschen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Also habt ihr es nicht abgeschafft? – Abg. Wurm [FPÖ]: Aber jetzt ist es abgeschafft? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Jetzt ist es abgeschafft, oder?), die sich weiterbilden wollen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was macht ihr, wenn ihr mal in der Regierung seid?) 

Evaluierung Trinkgeldpauschale: Auch das ist immer wieder ein Thema. Das wurde in den letzten Tagen in den Medien sehr hochgespielt, und die Leute glauben, es ist etwas Neues. Wir müssen den Menschen draußen sagen, das ist nichts Neues, denn die Trinkgeldpauschale gibt es seit Jahrzehnten. Was wir jetzt machen müssen, ist, die Trinkgeldpauschale zu evaluieren, so wie es im Koalitionspaket vereinbart ist. (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr nehmt den Ärmsten was weg, Beppo!)

Was sind die drei wichtigsten Botschaften bei der Trinkgeldpauschale? Was wollen wir als die drei Regierungsparteien umsetzen? – Wir wollen Rechtssicherheit für Dienstgeber schaffen. Wir wollen Rechtssicherheit für Dienstnehmer schaffen. Wir wollen, dass sie höhere Dienstnehmeransprüche (Abg. Belakowitsch [FPÖ] – erheitert – Das ist Satire!) für Arbeitslosigkeit, für Krankheit und für Pensionen erwerben. (Abg. Wurm [FPÖ]: Aber die brauchen mehr Geld, Beppo! Das braucht der Kellner!) Wir wollen eine Neuregelung, die entbürokratisiert und den Vollzug vereinfacht. Wir wollen eine Regelung (Ruf bei der FPÖ: Taten statt Worte!), Abgeordneter Wurm, mit der die Menschen auch bei Arbeitslosigkeit, bei Krankheit und in der Pension mehr Geld haben. Das wollen wir, das ist unser Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wollen wir noch umsetzen? – Wir wollen eine Hitzeschutzverordnung, die Menschen schützt und die diesen Namen verdient, eine Hitzeschutzverordnung, die wirklich das macht und umsetzt, was wir schon in der vorigen Legislaturperiode probiert, aber nicht geschafft haben. Jetzt wird eine Hitzeschutzverordnung kommen. Ich glaube, wir sind in der Zielgeraden.

Was wir weiters umsetzen wollen: freie Dienstnehmer in Kollektivverträge. Das ist unser nächstes Ziel. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Lieferando darf sich nicht wiederholen! Arbeitnehmer zuerst kündigen, dann Dienstverträge mit billiger Abspeisung anbieten: Das darf es nicht sein! Auch das wollen wir verhindern, das wollen wir lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen das Älterenbeschäftigungspaket umsetzen. Wir wollen ausbauen und sichern, anstatt das gesetzliche Pensionsantrittsalter anzuheben. Ich grüße alle Arbeitgebervertreter und Industrievertreter in diesem Land, die sich da in den Medienberichten matchen: Wer bietet mehr? 67, 68, 70! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Euer Regierungskoalitionspartner!) Sehr geschätzte Höchstbieter in der Wirtschaft, die ihr das anheben wollt, schreibt euch das in euer Stammbuch: Diese Bundesregierung hat vereinbart, Pensionsausgaben zu senken und tatsächlich das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben. Das ist die Pensionsreform für diese Legislaturperiode – kein Jahr mehr dazu! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... Nachhaltigkeitsmechanismus!)

Wir wollen auch das Gesundheitssystem langfristig finanzieren und nicht den privaten Anbietern ausliefern. 

Das alles wollen wir über den Sommer angehen. Auch über den Sommer wollen wir diese Gespräche fortsetzen, um den Herbst vorzubereiten – zu dritt, offen und ehrlich, in konstruktivem Austausch wie bisher.

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Josef Muchitsch (fortsetzend): Ich danke all jenen, die bereit sind, in diesen schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren – Schlusssatz –, wir werden Österreich wieder auf Kurs bringen, auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

9.19

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann. Ich erteile es ihr. – Auch Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. Bitte, Frau Bundesminister.

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9.19

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte den Titel der Aktuellen Stunde „Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ dafür nützen, auf einige wesentliche Akzente, die wir im politischen Handeln gesetzt haben, hinzuweisen.

In der letzten Zeit haben wir uns häufig mit großen Problemstellungen herumschlagen müssen, und wir werden auch weiterhin viele Probleme lösen müssen, auch angesichts des Budgets, aber trotz schwierigster Bedingungen ist uns zum Wohl der Arbeitnehmer:innen in diesem Land einiges gelungen. 

Ich darf vorab sagen, wir haben ein stabiles, von Interessenausgleich geprägtes Arbeitsrecht, und darauf sind wir in Österreich ganz besonders stolz. Österreich zählt im internationalen Vergleich zu jenen Ländern mit den wenigsten Streiktagen, und das ist diesem Interessenausgleich geschuldet. Jahr für Jahr verhandeln Gewerkschaften mit den Arbeitgebervertretern auf Augenhöhe rund 450 Kollektivverträge für ein faires und existenzsicherndes Einkommen für die Beschäftigten. Die Politik sorgt dabei für den gesetzlichen Rahmen, der sich wie die Arbeitswelt stetig weiterentwickeln muss. 

Die Arbeitswelt befindet sich in einem dynamischen und stetigen Wandel, und dieser bringt auf der einen Seite Chancen, aber auf der anderen Seite natürlich auch Gefahren. Wir haben uns als Regierung dieser Realität in den vergangenen Wochen gestellt und im Einklang mit dem Regierungsprogramm die folgenden Punkte auf den Weg gebracht. Ich glaube, es ist ganz wichtig, diese in geballter Form einmal aufzuzeigen, und das soll der Inhalt dieser Aktuellen Stunde sein.

Lassen Sie mich mit der Meldung der Arbeitszeit bei der Anmeldung zur Sozialversicherung beginnen – ein ganz, ganz wichtiger Schritt –: Kaum ein Thema rund um die Arbeitszeit ist so viel diskutiert worden (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ]) wie die Frage Teilzeit/Vollzeit. Wir haben aber keine ordentliche Datenlage. Das ist Fakt. Wir wissen auch, zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses keinen schriftlichen Arbeitsvertrag in der Hand. Das heißt, sie wissen nicht, zu welchem Stundenausmaß sie angestellt sind. Sie wissen nicht, ob die Arbeitsstunden, die sie leisten, Normalarbeitszeit, Mehrarbeitszeit oder Überstunden sind. Das ist ein Zustand, den wir verändern wollen und verändern werden. 

Nicht selten wird Arbeitnehmer:innen, die sagen: Ich arbeite jetzt mehr Stunden!, gesagt: Nein, nein, das ist schon in deiner Normalarbeitszeit drinnen!, und das ist etwas, das nicht fair und nicht transparent ist. Wir wissen, die Statistik Austria hat im Vorjahr 42 Millionen Überstunden gemeldet, die unbezahlt von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erbracht wurden. Jede vierte Überstunde wurde weder in Zeit noch in Geld abgegolten – ein Zustand, den wir nicht fair finden und bei dem wir jetzt ansetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir ändern das jetzt – ein wichtiger Schritt –: Ab 1.1.2026 müssen Arbeitgeber:innen bei der Anmeldung ihrer Beschäftigten zur Sozialversicherung verpflichtend die vereinbarte Normalarbeitszeit angeben. Das heißt, wir haben zukünftig fürs politische Handeln eine valide Datenlage – das ist das, was wir brauchen – und es gibt endlich die notwendige Transparenz für die Betroffenen, indem sie wissen, in welchem Ausmaß sie angestellt sind. Es hilft all jenen Unternehmen – und das ist ganz, ganz wichtig –, die sich vorbildlich an alle Vorgaben halten und mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fair umgehen, und es wird jene treffen, die schwarze Schafe sind und nicht faire Arbeitsbedingungen für die Menschen schaffen. Das ist ganz, ganz wichtig und es ist ein ganz enorm wichtiger Schritt im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping – also eine wichtige Handlung, die wir im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzt haben. (Beifall bei der SPÖ.) 

Weiters: Wir reparieren die Kündigungsfristen. Es gab in der Angleichung von Arbeitern und Angestellten ja einige Problemstellungen mit Gerichtsurteilen. Das wird jetzt repariert – auch ein wesentlicher Schritt.

Wir sichern den Sozialfonds im Reinigungsgewerbe und im Bewachungsgewerbe ab – auch das ist ganz wesentlich. In den Kollektivverträgen des Reinigungsgewerbes und des Bewachungsgewerbes gibt es diesen Sozialfonds schon, aber es war nie ganz sicher: Wie muss man einzahlen? Wer zahlt ein? Das wird jetzt zum Wohle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geklärt, denn sie bekommen aus diesem Fonds die Unterstützung erstens zur Weiterbildung und zweitens bei Jobverlust und in Härtefällen. Auch das wurde finalisiert, und das ist ein wichtiger Schritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Und jetzt zu einem Punkt, den man wirklich als Meilenstein im Arbeitnehmer:innenschutz sehen kann: Es ist gelungen, in den Verhandlungen die Hitzeschutzverordnung auf den Weg zu bringen. Das ist wirklich ein Meilenstein. Es gibt wahrscheinlich keinen einzigen Wirtschaftszweig mehr, der nicht von zunehmenden Extremwetterereignissen und immer länger währenden Hitzeperioden betroffen ist. Arbeitsplätze im Inneren waren schon durch die Arbeitsstättenverordnung geschützt – da sind klare Vorschriften festgelegt –, aber Arbeitsplätze im Freien sind von diesem Schutz gänzlich ausgenommen. Es gibt eben keine Schutzverordnung für das Arbeiten im Freien – aber das endet jetzt, und ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich darüber freue. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bisher konnten sich Arbeitnehmer:innen selbst bei tropischer Hitze auf keine treffsicheren Schutzmaßnahmen bei ihrer Arbeit im Freien verlassen. Arbeitgeber:innen wussten oft nicht: Was ist jetzt geregelt? Was muss ich zur Verfügung stellen? Wie muss ich handeln? Gerade in den letzten Wochen gab es durch die starke Hitze eine wirklich große Betroffenheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Auch da ist die Zeit des Wegschauens vorbei, gesundes und sicheres Arbeiten liegt im Interesse dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun im Konkreten: Die neue Hitzeschutzverordnung soll fürs Arbeiten im Freien gelten, das habe ich bereits gesagt, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor den gesundheitsgefährdenden Auswirkungen von Hitze, aber auch von UV-Bestrahlung zu schützen. Die Verordnung soll Arbeitgeber:innen verpflichten, ein Maßnahmenprogramm zum Hitze- und UV-Schutz umzusetzen, wenn Geosphere Austria eine Hitzewarnung mindestens der Stufe zwei, das ist jene der Hitzewarnung bei 30 Grad bis 34 Grad, ausweist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].

Dazu kommt eine verpflichtende Ausstattung von Krankabinen und selbstfahrenden Arbeitsmitteln mit einer Kühlung beziehungsweise Klimatisierung. Dazu wird es Übergangsfristen für die Nachrüstung geben. 50 Grad sind in einer Krankabine gemessen worden: Das sind Bedingungen, die können und wollen wir nicht haben. Wir müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei diesen Maßnahmen ist es ganz wichtig, dass im Vordergrund die Gefahrenvermeidung steht, wie zum Beispiel durch die Verlagerung der Arbeitszeit, die Reduzierung der Arbeitsschwere. Wenn das nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, müssen technische Maßnahmen wie Beschattung des Arbeitsplatzes, Wasservernebelung, organisatorische Maßnahmen wie zum Beispiel Wechsel der Tätigkeit, Verlagerung der Tätigkeit in den Schatten getroffen werden. 

Wenn das auch nur eingeschränkt durchführbar ist, müssen persönliche Maßnahmen getroffen werden: leichtere Kleidung, Kopfschutz, Nackenschutz, Sonnenbrillen, Sonnenschutzcreme, natürlich das Bereitstellen von Wasser oder alkoholfreien Getränken. Dazu kommen Notfallmaßnahmen für die Erste Hilfe bei Symptomen einer hitzebedingten Gesundheitsbeeinträchtigung wie Hitzekrämpfen, Schwindel, Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen und am Ende Kollaps. 

Dieser Hitzeschutzplan muss in Arbeitsstätten und auf Baustellen und an auswärtigen Arbeitsstellen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer elektronisch oder in Papierform einsehbar sein. Diese Verordnung wird es der Arbeitsinspektion – auch das ist ganz, ganz wesentlich – erleichtern, Mängel konkret festzustellen und Arbeitgeber zielgerichtet zu beraten, damit sie konkrete Maßnahmen setzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ab 1.1.2026 wird es diese Hitzeschutzverordnung für das Arbeiten im Freien geben, und ich kann wirklich nur sagen, es ist ein großer, großer Meilenstein im Arbeitnehmer:innenschutz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich noch einige Punkte erwähnen: Morgen wird es ja die Debatte über das Pensionspaket geben und auch, um das schon vorwegzunehmen, über die Frage der Teilpension, die ja eine wirkliche Chance für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, länger in der Erwerbstätigkeit bleiben zu können. Auch da haben wir genau hingeschaut: Wie können wir noch besser abfedern und schützen? – Und zwar: Jene, die die Teilpension in Anspruch nehmen, haben die Möglichkeit, Überstunden abzulehnen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt und etwas, das auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützt. Und: Es wird bei Kündigung keine Nachteile im Ausmaß der Abfertigung geben.

Auch das sind wichtige Punkte. Es sind kleine Punkte, aber es sind Punkte, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen, und ich bin sehr stolz darauf, dass wir so genau hinschauen und jene Maßnahmen setzen, die Menschen wirklich helfen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Von den anderen Meilensteinen wie der Aufnahme der Pflege in die Schwerarbeitsregelung wurde ja bereits berichtet.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas sagen, weil das auch Thema meines Hauses ist und ich glaube, es ist wichtig, dass es erwähnt wird, weil mir das in diesem unserem Gedenkjahr so besonders am Herzen liegt. Sie wissen, 80 Jahre Befreiung vom nationalsozialistischen Faschismus lassen uns besonders der Verantwortung bewusst werden, die wir gegenüber jenen haben, die die Gräuel und Schrecken dieser finsteren Zeit überlebt haben. Ich darf sagen, sie bekommen angesichts des Gedenkjahres 2025 aus den Mitteln unseres Hauses eine Sonderzuwendung von je 1 000 Euro, die wir als Republik symbolisch und auch in Übernahme unserer Verantwortung leisten. Ich glaube, es ist wichtig, das gerade hier im Parlament zu erwähnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Nun zurück zum Thema der Aktuellen Stunde: Der Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist für mich kein Lippenbekenntnis. Nach etwas mehr als vier Monaten in Verantwortung setzen wir Schritt für Schritt Maßnahmen, die das Leben der Menschen in Österreich unmittelbar verbessern, vor allen Dingen mit den Punkten, die ich hier erwähnen durfte, das Leben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Ich darf die Gelegenheit noch nützen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses meinen größten Dank für ihre großartige Leistung in den letzten Monaten auszusprechen. Es war wirklich eine große, große Belastung, denn es musste vieles auf den Weg gebracht werden, und sie haben mit größter Anstrengung und größtem Engagement diese Aufgaben erledigt. Dafür darf ich einen großen Dank aussprechen.

Danke auch an die Sozialpartner:innen, die vielen Expertinnen und Experten und natürlich vor allen Dingen an die Koalitionspartner:innen für die gute, konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit in diesen intensiven letzten Wochen. Soziale Sicherheit braucht Rechtssicherheit, und wir schaffen diese, wo sie notwendig ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

9.32

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Frau Bundesministerin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. Ich erteile es ihr.

RN/8

9.32

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren hier herinnen und daheim vor den Fernsehgeräten! Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, als ich diesen Titel gelesen habe, habe ich mir gedacht, das kann sich ja nur um Satire handeln. Und als ich jetzt die Reden von Kollegen Muchitsch und auch von Ihnen, Frau Bundesminister, gehört habe: Da ist jetzt für jedermann klar, die SPÖ ist nicht mehr die Partei der Arbeiter, die SPÖ ist nur noch die Partei der nicht arbeitenden Muslime. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, wenn Ihnen ein Arbeiter, der zufällig gerade Urlaub hat und daheim sitzt, aber möglicherweise die ganze letzte Woche, als es wirklich heiß war, in der Künette gesessen ist, jetzt zugehört hat, dann weiß er: Sie sind nicht mehr seine Vertretung, denn Sie haben überhaupt keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Sie reden von einem Ausbau der Absicherung der Arbeitnehmer, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Sicherheit der Arbeitnehmer wird unter dieser Bundesregierung abgebaut. Alles verschlechtert sich für die Bürgerinnen und Bürger. Da rede ich jetzt noch gar nicht von der Besteuerung des Trinkgelds. Das heißt, Sie greifen weiter in die Taschen der Arbeitnehmer. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gehen wir die soziale Absicherung einmal durch: Das beginnt im Pensionssystem. Da sind kurzfristige Eingriffe geplant, aber Sie stellen sich hierher und sagen, wie grandios das nicht alles sei. Die Teilpension ist in Wahrheit ja nichts anderes als ein Zugriff aufs Pensionskonto. Das heißt, wenn die Personen dann tatsächlich in die Alterspension gehen, weil sie eben ganz aufhören, zu arbeiten, weil sie in den wohlverdienten Ruhestand gehen, dann ist das Pensionskonto schon zusammengeschrumpft. (Abg. Gasser [NEOS]: Das stimmt doch gar nicht!) Wissen Sie, die Rahmenbedingungen müssen doch vom Staat stabil gehalten werden, denn die Bürger verdienen doch Verlässlichkeit! All das haben sie aber nicht.

Pensionsversicherungsanstalt: Meine Damen und Herren, ich kriege fast täglich – fast täglich! – von Menschen E-Mails zur Pensionsversicherungsanstalt, weil Leute verzweifelt sind, weil sie falsche Bescheide bekommen, weil sie keine Antworten bekommen, weil die PVA ihnen irgendetwas nicht gewährt oder Sonstiges, weil sie über Monate keine Antworten bekommen. Es gibt keine Schlichtungsstelle: Wenn der Bescheid falsch ist, muss man zum Arbeits- und Sozialgericht gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wissen Sie, wie schlimm das für alte Frauen ist, wenn sie falsche Bescheide bekommen, nachdem sie beispielsweise eine Witwenpension beantragt haben? 70-Jährige sagen schon: Ich muss jetzt zum Gericht gehen! Auch wenn es das Arbeits- und Sozialgericht ist, erstens dauert es ewig lange und zweitens haben die Leute eine Hemmschwelle. Es braucht da Schlichtungsstellen, dass das alles rasch geht. – Nichts davon ist umgesetzt. Das wäre eine Servicierung, das wäre ein Ausbau der Absicherung. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Gebietskrankenkasse: Wir haben es ja schon gehört, was Sie jetzt erzählen: Alles ist zerschlagen worden! (Zwischenruf der Abg. Oberrauner [SPÖ].) – Sie können es ja rückgängig machen, wenn Sie glauben, dass wirklich alles so zerschlagen worden ist. Das war ja so nicht der Fall, denn warum hat die Reform nicht stattgefunden? – Weil der Verwaltungsrat, und dieser war oder ist ja mit Ihren Parteigängern besetzt, alles blockiert hat, was im betreffenden Gesetz gestanden ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Was passiert jetzt, meine Damen und Herren? – Die Krankenkassen erhöhen die Gebühren für die E-Karte, es werden natürlich die Rezeptgebühren weiter erhöht, und jetzt kommt dann auch noch ein neuer Selbstbehalt hinzu, während Sie Sozialministerin sind, nämlich der Selbstbehalt für Krankentransporte. Das trifft wieder jene, die schwach sind, die krank sind, die darauf angewiesen sind, die kein eigenes Auto haben, die sich kein Taxi leisten können. Die müssen jetzt bezahlen. Es sind also wieder die sozial Schwächeren, die Sie da weiterhin massivst belasten, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine weitere soziale Absicherung wäre das AMS, das Arbeitsmarktservice. Schauen Sie sich doch die Zahlen an, Frau Bundesministerin! Die Arbeitslosigkeit steigt massiv an, es ist eine Verwaltung von Arbeitslosen. Sprechen Sie doch mit Menschen, die dort sind, die vielleicht schon länger beim AMS sind, denen dann die Mitarbeiter sagen: Ja, suchen Sie sich endlich etwas, wir haben eh nichts für Sie! – Das ist doch keine Servicestelle, das ist doch keine Absicherung, Frau Bundesministerin. Es ist doch alles noch schlechter geworden, aber Sie fahren jetzt auch noch mit dem Rasenmäher rein.

Die Bundesregierung gönnt sich 21 Mitglieder. Die Bundesregierung baut in den Ministerien aus: eine Deregulierungsabteilung, was weiß ich, was noch alles. Autos gibt es zuhauf, Dienstwägen gibt es zuhauf, Frau Bundesministerin. (Abg. Egger [ÖVP]: Ja, der Stocker hat einen Friseur! – Zwischenruf der Abg. Oberrauner [SPÖ].) Gespart im System? – Nein. Neuverschuldung: 82 Milliarden Euro; und Einsparungen werden auf dem Rücken der Arbeitnehmer gemacht, wobei es überhaupt keine wirtschaftliche Impulssetzung gibt – gar nichts davon.

Einsparung bei den Familien: Das trifft die Arbeitnehmer natürlich auch. Da wird nicht erhöht, da wird nicht valorisiert und dann sagen Sie immer: Ja, es ist ja nur die Valorisierung, die ausgesetzt wird. – Ja schon, aber die Inflation – und zwar gar nicht so gering – galoppiert weiter durch das Land. Eingespart wird auch bei den bald in Pension Gehenden und bei den Pensionisten. 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Frau Bundesministerin, der Ausbau der Absicherung wäre ein frommer Wunsch gewesen, die Wahrheit ist aber: Abbau passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

9.37

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brandweiner. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

RN/9

9.38

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, meine Vorrednerin hat die Aktuelle Stunde wohl mit einer blauen Märchenstunde verwechselt. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Gasser [NEOS]. – Abg. Oberrauner [SPÖ]: Bravo!) Gerade wenn es um Dienstwägen geht: Reden wir darüber, wer den teuersten Dienstwagen in dieser Republik fährt! Reden wird darüber, was die großen Arbeitnehmervertreter der FPÖ (Abg. Wurm [FPÖ]: Ja, bitte!) neben ihrer Tätigkeit im Hohen Haus verdienen – das können wir alles machen – und womit sie sich beschäftigen: mit der Glatze unseres Bundeskanzlers und damit, was er beim Friseur so ausgibt und ob er sich das bezahlen lässt. (Abg. Wurm [FPÖ]: Redets über Sozialpolitik! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Im Gegensatz zu Ihnen, haben wir ...! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Gut, das habe ich eh vergessen! Ich habe keine Zeit mehr gehabt! Gut, dass Sie es noch sagen!)

Also, liebe Damen und Herren von der FPÖ, ich glaube, wir reden lieber über Arbeitnehmerthemen, denn gerade in den vergangenen Wochen und Monaten ist da wirklich viel passiert. Auch in der letzten Regierungsperiode haben wir vieles umgesetzt und eine klare christlich-soziale Handschrift hinterlassen. Lassen Sie mich also auch einen kurzen Blick in den Rückspiegel machen: Beispielsweise nenne ich die Abschaffung der kalten Progression. Das ist ein sperriger Begriff, schwer zu erklären. Was bedeutet das? – Mittlerweile ist die Steuerfreigrenze von 11 000 auf 13 308 Euro gewachsen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Und die Inflation?) und auch die anderen Bemessungsgrundlagen sind positiv mitgewachsen. Das bedeutet, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen weniger Steuern und haben mehr Geld im Börsl. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch der Familienbonus Plus, den wir von 1 500 auf 2 000 Euro pro Kind pro Jahr erhöht haben, ist eine konkrete Entlastung vor allem für die arbeitenden Menschen mit Familien. Auch die restlichen Familienleistungen haben wir in den letzten Jahren deutlich erhöht und können daher heute stolz sagen, dass wir Europameister bei den Familienleistungen sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine weitere wichtige Maßnahme für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Wir haben in der letzten Periode auch das Kilometergeld auf 50 Cent erhöht und die Pendlerpauschale abgesichert. Also auch hier haben wir Meilensteine und wichtige Maßnahmen vor allem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den ländlichen Regionen gesetzt. 

Doch wir machen nicht nur Politik in der Vergangenheit und für die Gegenwart, wir müssen auch nach vorne schauen, Verantwortung für die kommenden Generationen übernehmen. Daher lautet das Motto der aktuellen Bundesregierung auch: Sanieren, Reformieren und Wachsen. Denn eines ist klar: Ein zukunftsfähiger Sozialstaat ist kein Selbstläufer, er muss weiterentwickelt werden, und das Ganze fair, verlässlich und auch finanzierbar. 

Genau da setzt auch die aktuelle Pensionsreform an. Ich danke hier an dieser Stelle auch ausdrücklich unseren Koalitionspartnern für die konstruktive Zusammenarbeit, denn gerade in der Sozialpolitik braucht es keine Schlagzeilen, sondern echte Lösungen – und mit der Teilpension schaffen wir solche Lösungen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, soll selbst entscheiden können, wie der Übergang in den Ruhestand aussieht – mit reduzierter Arbeitszeit: 25 Prozent, 50 Prozent, 75 Prozent. Gerade in körperlich fordernden Berufen wie in der Pflege, am Bau oder im Handel bedeutet das mehr Lebensqualität und weniger Druck. (Beifall bei der ÖVP.)

Gleichzeitig setzen wir mit dem Nachhaltigkeitsmechanismus ein starkes Zeichen für Generationengerechtigkeit. Wir handeln heute, damit sich auch kommende Generationen auf ein stabiles Pensionssystem verlassen können, denn eines ist klar: Der demografische Wandel ist keine Zukunftsfrage, er ist längst Realität. 

Wir belassen es aber nicht nur bei Reformen auf dem Papier. Die Bundesregierung investiert gezielt in gesunde, altersgerechte Arbeit, wir schaffen neue Perspektiven für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch mehr Qualifizierung, durch den Ausbau präventiver Gesundheitsmaßnahmen und durch gezielte Unterstützung beim Berufsumstieg. Darüber hinaus arbeiten wir an einem fairen Besteuerungsmodell für das Arbeiten im Alter, denn: Wer länger arbeitet, darf nicht doppelt zur Kasse gebeten werden. Leistung muss sich lohnen – und das auch im Ruhestand für jene, die über das Pensionsalter hinaus, das heißt länger, arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Politik heißt nicht verwalten, was heute ist, sondern gestalten, was morgen ist. Ich danke hier an dieser Stelle auch all jenen, die sich in der Arbeitnehmervertretung engagieren, besonders meinen Funktionärinnen und Funktionären des Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes, der FCG, meiner Kollegin Romana Deckenbacher, der FCG-Vorsitzenden – sie wird auch sprechen –, vielen Dank für die gute Zusammenarbeit, auch an meinen ÖAAB-Bundesobmann August Wöginger. Wir werden auch in Zukunft gemeinsam für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, für alle fleißigen Menschen, die einen Beitrag zur Gesellschaft leisten, arbeiten und uns einsetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.43

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Herr. – Bitte, Frau Abgeordnete. 

RN/10

9.43

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich beginne meine Rede mit ein paar Zahlen, die ich rausgesucht habe, nämlich – wir haben jetzt hier eine Aktuelle Stunde – ganz aktuelle Zahlen von der letzten Woche: Innsbruck und Graz über 34 Grad, in Wien war die Höchsttemperatur 36,4 Grad, in Villach waren wir schon bei 37,9 Grad und in Feistritz bei über 38 Grad. (Abg. Wurm [FPÖ]: Heute 18 Grad!) – Was rufen Sie da raus? Ich weiß nicht, ob Sie das überhaupt ernst nehmen. Es ist unglaublich, was diese Hitze vielen Menschen in der letzten Woche an Substanz gekostet hat. Und da sind wir mit den Zahlen noch nicht einmal im Juli und im August, das waren alles Zahlen aus dem Juni. Kurzum: Es war sehr heiß. (Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) – Sie rufen hier schon wieder heraus – vielleicht hört man es zu Hause nicht –: Die Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ tun dieses Thema immer ab.

Das ist auch keine Verschwörungstheorie oder sonst etwas, das ist einfach nur Mathematik. Wir haben nämlich schon seit Jahrzehnten Temperaturaufzeichnungen, und schauen wir uns an, wie viele Hitzetage es in den Fünfziger-, in den Sechzigerjahren gegeben hat (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da gab es viel mehr!): In Wien beispielsweise waren das fünf im Schnitt – aktuell sind wir bei 30 Hitzetagen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: In Wien! Aber in Graz, schauen Sie sich das einmal an!) Das ist auch kein Zufall, sondern es wird strukturell heißer, und das trifft manche Personengruppen besonders hart. Und wir wären nicht die Sozialdemokratie, wenn wir uns nicht anschauen würden, für wen die Hitze ein besonderes Problem ist (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber was wollen Sie denn machen?): für Kinder, für schwangere Frauen, für ältere Personen, für Kranke, aber eben auch für alle, die bei dieser prallen Sonne im Freien arbeiten müssen. Diese Gruppe wird sehr oft vergessen. Vielen Dank, Frau Ministerin, dass wir sie endlich auch ins Zentrum stellen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Sie von der FPÖ schreien da jetzt raus – ja, Sie können eh so tun, als wäre das kein Problem, aber ich glaube, jeder Bauarbeiter, der bei 35 Grad auf der Baustelle arbeitet, wird Ihnen sagen können, dass die Hitze sehr wohl ein Problem ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eh, aber was sollen wir denn machen?) Das ist ein gesundheitliches Problem, da geht es um Kreislaufprobleme, um die UV-Strahlung, um Hautkrankheiten, die bei dieser starken Hitze zunehmen. Das sind alles reale Probleme – und da sind wir nicht nur bei den Bauarbeitern und Bauarbeiterinnen, da sind wir auch bei den Dachdeckern, da sind wir bei den Gärtnern, Gärtnerinnen beispielsweise. Es gibt so viele Berufsgruppen, die in der prallen Sonne schwerste Arbeit verrichten. Und ich glaube, es hat auch etwas mit Respekt zu tun, sich dieses Themas endlich anzunehmen und zu sagen: In der Klimapolitik rücken wir arbeitende Menschen endlich wieder in den Fokus. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Es gibt ganz viele Unternehmer, die tun das bereits, die schauen auch auf ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die überlegen sich: Was kann ich bei den Bekleidungsvorschriften tun? Was kann ich bei der Arbeitszeit tun? Vielleicht ist es besser, wenn man in den frühen Morgenstunden die schwere körperliche Arbeit verrichtet und dann zu Mittag die Pause macht. Es gibt viele, die überlegen sich das. Es gibt aber auch ganz viele, die sich nichts dazu überlegt haben, und bisher war das auch nicht verbindlich notwendig. Es hat für Arbeitsstätten im Inneren eine Verordnung gegeben, die klar geregelt hat, was man tun kann und was man nicht tun kann. In Bezug auf das Arbeiten im Freien gab es da einfach eine Lücke, und ich bin sehr froh, dass wir nach 130 Tagen Regierungsarbeit diese Lücke jetzt schließen können (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr seid spitze!) und endlich klare Vorgaben machen können, was den Schutz der arbeitenden Menschen im Freien betrifft (Abg. Maurer [Grüne]: Wo ist es denn?), klare Regeln für alle. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) 

Worum geht es da beispielsweise? – Dass man wirklich darauf schaut, Gefahrenvermeidung in den Vordergrund zu stellen, dass man schaut, ob man bei der Arbeitszeit etwas tun kann, dass man schaut: Gibt es Möglichkeiten für Beschattung? Gibt es Möglichkeiten für Kühlung? Das wäre natürlich der allererste Schritt; und wenn das nicht möglich ist, dass man persönliche Maßnahmen ergreift, wie zum Beispiel Bekleidungsvorschriften oder das Bereitstellen von Sonnenschutz beispielsweise oder auch von etwas, bei dem sich jeder denkt, das sollte selbstverständlich sein, nämlich Wasser. Wenn Sie mit arbeitenden Menschen sprechen, erfahren Sie, nicht für alle auf der Baustelle hat es bei solchen Hitzetemperaturen Wasser zu trinken gegeben. (Abg. Wurm [FPÖ]: Wo leben Sie, Frau Kollegin? Wo haben Sie denn das her?) Es ist wichtig, dass man das jetzt endlich angeht, nämlich mit einer Hitzeschutzverordnung, die jetzt in Begutachtung geht. Vielen Dank, Frau Ministerin! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum Schluss und möchte Ihnen sagen, weil Sie hier so besonders zynisch sind: Es hat in den letzten Jahren keinen einzigen Sommer mehr gegeben, in dem es nicht Tote auf einer Baustelle gegeben hat – um die Ernsthaftigkeit dieses Themas jetzt mitzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) In der Kabine eines Kranführers hat es 50 Grad – die Ministerin hat es ausgeführt –, das ist lebensgefährlich! Es gibt mittlerweile jeden Sommer Tote in ganz Europa, ich habe dazu eine Zahl für Sie herausgesucht: Allein heuer im Juni wird laut einer Studie aus London mit 2 300 Toten durch Hitze in europäischen Großstädten gerechnet. Das ist also ein reales Problem! Wir gehen das jetzt an, auch indem jetzt beispielsweise die Situation der Kranführer geregelt wird. Vielen Dank. Ich denke, das ist ein Meilenstein. Klimaschutz bedeutet auch, die Sicherheit der arbeitenden Menschen auszubauen, das ist sozial gerechter Klimaschutz. Vielen, vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.48

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Gasser. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

RN/11

9.49

Abgeordneter Johannes Gasser, BA Bakk. MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Sozialministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Bei dem gewählten Thema der SPÖ, „Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, gibt es natürlich sehr viel Interpretationsspielraum, über welche Themen wir heute diskutieren und sprechen können, weil Sicherheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine sehr vielfältige Sache ist. Es geht um die Frage: Was gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sicherheit?, und vor allem: Welche dieser Sicherheiten gehören auch weiter ausgebaut? 

Die Kolleg:innen, die schon vor mir gesprochen haben, gerade jene von den Regierungsparteien, und auch Sie, Frau Sozialministerin, haben schon ein bisschen ausgeführt, was wir in den letzten Tagen in diesem Bereich schon alles auf den Weg gebracht haben, wenn es um Rechtssicherheit im Arbeitsrecht geht, wenn es um Arbeitnehmerschutz geht, wenn es beispielsweise auch um die Hitzeschutzverordnung geht, aber auch um andere Anpassungen, die im Arbeitsrecht aufgrund geänderter wirtschaftlicher, gesellschaftlicher Rahmenbedingungen einfach notwendig sind. 

Das sind alles Projekte, die wir im Regierungsprogramm festgelegt haben. Wir freuen uns, wenn wir das alles in die Umsetzung bekommen und natürlich auch bei vielen weiteren Themen, die auch uns wichtig sind, weiter gut miteinander verhandeln und auch diese in die Umsetzung bekommen.

Ich möchte auch ein bisschen darüber sprechen, dass wir in diesen Debatten aufpassen müssen, dass wir nicht Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen auseinanderdividieren, sondern dass uns allen bewusst ist, dass es kein Die-gegen-uns, kein Die-in-der-Wirtschaft-gegen-die-Arbeitnehmer ist, sondern dass wir alle in einem Boot sitzen und aufeinander angewiesen sind, denn so ein Auseinanderdividieren birgt die Gefahr, dass man eben nicht zu Lösungen kommt oder dass gute Lösungen verhindert werden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Eine Sicherheit, die wir alle wollen, egal ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, ist die Sicherheit, dass wir Arbeitsplätze haben, dass diese Arbeitsplätze auch entsprechend abgesichert und in Zukunft vorhanden sind. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine der größten Herausforderungen in diesem Bereich sind natürlich die hohen Lohnkosten in Österreich; das muss man ganz ehrlich sagen. Wir haben inzwischen Lohnstückkosten, die sogar höher als in der Schweiz sind. Das ist nicht irgendein Wert, sondern das zeigt einfach, dass wir es im internationalen Wettbewerb schwerer haben, Jobs zu schaffen, aber vor allem auch Jobs zu halten. Man muss auch die Realität betrachten, dass nämlich die meisten neuen Jobs in den letzten Jahren im öffentlichen Bereich entstanden sind und nicht unbedingt in der produzierenden Wirtschaft, in der Realwirtschaft. Aber genau auf diese produktiven Jobs in der Wirtschaft sind wir angewiesen, um langfristig unseren Wohlstand, aber auch unseren Sozialstaat absichern zu können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Auch dafür haben wir im Regierungsprogramm einiges vorgesehen. Wir haben ja auch ins Auge gefasst, die Lohnnebenkosten ab 2027 entsprechend zu senken – nicht nur, weil es aus der Standortperspektive wichtig ist, sondern weil es auch wichtig ist, Arbeitsplätze abzusichern und vor allem dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Ende des Tages mehr Netto vom Brutto haben. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Schroll [SPÖ].) 

Dafür – und das ist ganz klar – braucht es auch die notwendigen Reformen. Der Kollege von der ÖVP hat es schon angesprochen: Die Strukturen in der Sozialversicherung müssen wir ins Auge fassen, Pensionsreformen sind unbedingt umzusetzen, auch eine bessere und effizientere, effektivere Arbeitsmarktpolitik ist notwendig.

Wenn ich darüber spreche, dass wir beim Auseinanderdividieren von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufpassen müssen, geht es auch darum, dass wir verstehen, dass jeder Österreicher, jede Österreicherin, jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin Teil der Wirtschaft sind und aus unserer Sicht auch Teil der Wirtschaft sein sollen und davon profitieren können sollen. 

Ich habe noch zwei konkrete Beispiele aus dem Regierungsprogramm mitgebracht, die uns auch wichtig sind, die wir gerne in die Umsetzung bekommen würden, um sicherzustellen, dass jeder und jede auch an den Erfolgen des Kapitalmarkts beispielsweise, des Wirtschaftslebens teilhaben kann.

Wenn wir über die finanzielle Absicherung im Alter sprechen, dann reden wir immer sehr viel über die erste Säule. Ja, da gehen wir jetzt die notwendigen Reformen an. Aus unserer Sicht – und es ist auch schön, dass dieses Bekenntnis und diese Perspektive im Regierungsprogramm vorhanden sind – sind natürlich auch die Stärkung und der Ausbau der zweiten und dann hoffentlich auch der dritten Säule wichtig, wenn es um die betriebliche und private Vorsorge geht, weil wir damit auch sicherstellen, dass jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin mit einem Generalpensionskassenvertrag an den positiven Entwicklungen, die es zweifelsohne auch am Finanzmarkt gibt, teilhaben kann.

Ein zweites Thema, das in diesem Zusammenhang, glaube ich, ganz wichtig ist, ist, dass wir auch in den Unternehmen Win-win-Situationen durch die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schaffen, wenn es beispielsweise um Mitarbeiterbeteiligungsmodelle geht. Das Bekenntnis, diese weiter zu stärken, haben wir auch im Regierungsprogramm drinnen. Ich freue mich, wenn wir das in die Umsetzung bekommen. 

Wir haben jetzt gehört, was wir in den letzten 140 Tagen gemeinsam in der Bundesregierung in diesem Bereich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon umgesetzt haben. Ich freue mich, wenn wir mit genau derselben Vehemenz die Themen, die ich jetzt angesprochen habe und die uns NEOS auch wichtig sind, in den nächsten Monaten umsetzen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) 

9.54

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

RN/12

9.54

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Jetzt haben wir ein bisschen eine eigenartige Aktuelle Stunde, denn eigentlich – so sage ich einmal oder denke ich – hätte heute darüber diskutiert werden sollen, wie diese Hitzeschutzverordnung ausschaut, dass diese Hitzeschutzverordnung jetzt da ist und ein großer Erfolg ist. So interpretiere ich auch die Reden des Kollegen Muchitsch und der Kollegin Herr, dass es sehr gerne so hätte sein sollen, wenn man sich genau darauf bezieht, aber diese Hitzeschutzverordnung ist komischerweise nicht da. Das heißt, wir wissen noch gar nicht, worüber wir diskutieren. Ich freue mich sehr, wenn sie kommt. Ich finde es sehr toll, dass sie kommt. Ich finde auch die Punkte, die angeschnitten worden sind, und das, was drinnen stehen soll, ganz, ganz wichtig, aber: Sie fehlt halt.

Eigentlich fehlt damit auch das Thema für die heutige Aktuelle Stunde. Was macht man da? – Man formuliert halt irgendwie um und denkt sich: Was erzählen wir? Reden wir halt irgendetwas daher! Alle, die hier stehen, erzählen gerade das, was ihnen zum Thema Arbeitnehmer:innenrechte einfällt. Kollege Brandweiner grüßt die halbe Bevölkerung in Österreich, die Verwandtschaft und den Klub, alle anderen sprechen irgendwelche Vorhaben und Pläne an. (Abg. Brandweiner [ÖVP]: Es ist wichtig, Danke zu sagen! ...!) Ist eh in Ordnung, ja, aber dafür brauchen wir nicht unbedingt eine Aktuelle Stunde, sage ich ganz ehrlich. (Beifall bei den Grünen.) Es fehlt ein bisschen das Konkrete daran. 

Das andere ist die Heldenerzählung des Kollegen Muchitsch, was alles verhindert worden ist und wie furchtbar nicht die vorige Regierung war, was Arbeitnehmer:innenrechte betrifft. Ich möchte schon an eines erinnern: Es hat 130 Tage neue Regierung gebraucht, bis die geringfügige Beschäftigung, der geringfügige Zuverdienst in der Arbeitslosigkeit abgeschafft worden ist. Wir haben das fünf Jahre lang verhindert, in dieser Regierungskonstellation kommt das jetzt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Zarits [ÖVP].) 

Wir haben fünf Jahre hindurch verhindert, dass die Bildungskarenz abgeschafft wird. 130 Tage neue Regierung: Jetzt wird sie abgeschafft, sie ist weg. Der Ersatz für die Bildungskarenz, das entsprechende Modell, ist immer noch nicht da. Und morgen? – Morgen wird eine Verschärfung der Altersteilzeit beschlossen. Auch das haben wir fünf Jahre lang verhindert, morgen kommt diese Verschärfung. Wenn man weiß, dass zu zwei Dritteln Frauen Altersteilzeit beanspruchen, dann weiß man genau, wen es treffen wird: vor allem die Frauen. Also so stolz ist die Erfolgsbilanz der ersten 130 Tage SPÖ in der Regierung für die Arbeitnehmer:innen jetzt ehrlich gesagt nicht. (Beifall bei den Grünen.) 

Aber lasst mich zu einem Problem kommen: Das Thema heute ist die Absicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Da gibt es ein ganz konkretes Problem, Kollege Muchitsch hat es bereits angesprochen, ich möchte noch einmal daran erinnern: Wo wir wirklich ein ganz großes Problem haben, ist bei der sozial- und arbeitsrechtlichen Absicherung von prekär und atypisch Beschäftigten, sehr oft freie Dienstnehmer:innen, deren Zahl leider wieder mehr wird. Immer mehr Menschen werden wieder in die atypische Beschäftigung, in die prekäre Beschäftigung gedrängt. Das heißt kein 13. und 14. Monatsgehalt, das heißt kein Kollektivvertrag, das heißt keine bezahlten Überstundenzuschläge, das heißt keine bezahlten Zuschläge an Wochenenden und keine Entgeltfortzahlung im Krankenstand. Ihr wisst genau, worum es geht. Es geht um den Fall Lieferando. Es geht um den Fall, dass Menschen, die in einer Plattformökonomie arbeiten, zusehends in die Prekarität gedrängt werden oder ohnehin schon prekär arbeiten. 

Das ist leider in der ganzen Branche weit verbreitet. In dieser Branche findet ein systematisches Lohn- und Sozialdumping und ein Unterlaufen von Arbeitnehmer:innenrechten statt. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir beenden – so rasch wie möglich! (Beifall bei den Grünen.) 

Wir haben dafür auch den Hebel. Der Hebel heißt EU-Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Plattformarbeiter:innen. Diese ist bis spätestens 2. Dezember 2026 umzusetzen. Aber ich kann mich erinnern, dass am 1. April dieses Jahres, als die Demonstration der betroffenen Beschäftigten von Lieferando mit dem Betriebsrat gemeinsam stattgefunden hat, versprochen worden ist, dass man sich möglichst rasch daran macht, diese Plattformarbeitsrichtlinie umzusetzen. Ja, die müssen wir möglichst rasch umsetzen, der 2. Dezember 2026 ist der spätestmögliche Zeitpunkt, je früher, desto besser, weil die Beschäftigten in diesem Bereich jetzt die Sicherheit brauchen, weil die Beschäftigten in diesem Bereich jetzt faire Arbeitsbedingungen brauchen. 

Da hat es mich im Sozialausschuss ehrlich gesagt schon ein bisschen stutzig gemacht, dass eine Kollegin von der ÖVP sagte: Wir haben eh noch bis 2. Dezember Zeit!, obwohl mehr oder weniger versprochen worden ist, zugesagt worden ist, dass man versucht, das möglichst rasch zu erledigen. 

Darum, sehr geehrte Frau Ministerin – ich weiß, es ist mit dem Koalitionspartner wirklich alles andere als immer ganz leicht –: Setzen Sie so rasch wie möglich die Plattformarbeitsrichtlinie um! Sorgen Sie für Fairness, sorgen Sie für Gerechtigkeit in der Plattformökonomie, für die Beschäftigten! Diese haben sich das schon lange verdient. Unsere Unterstützung haben Sie dabei auf jeden Fall. – Danke. (Beifall bei den Grünen.) 

9.59

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

RN/13

9.59

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Wenn ich da in die spärlich besetzten Reihen der Sozialdemokratie schaue, dann sehe ich ein schlechtes Gewissen. (Zwischenruf der Abg. Greiner [SPÖ].) Das wird wahrscheinlich der Hauptgrund für diese Aktuelle Stunde sein. Ihr habt im Rahmen der Regierungsverhandlungen bei der Sozialpolitik schlichtweg versagt. Das sieht man an ganz, ganz vielen Dingen. 

Ich darf euch nur noch einmal daran erinnern: Es gab letzte Woche eine Sitzung des Sozialausschusses hier im Parlament. Ihr habt alle Maßnahmen, die für die Menschen draußen wirklich Verbesserungen gebracht hätten, abgelehnt, schubladisiert. Über die wollt ihr nicht sprechen. Jetzt macht ihr eine Aktuelle Stunde, in der ihr quasi Versprechungen macht, was alles passieren soll, aber das kommt natürlich bei den Arbeitnehmern in Österreich nicht an. (Beifall bei der FPÖ.) 

Ich darf noch einmal kurz erwähnen: Ihr wollt die abschlagsfreie Hacklerregelung nicht umsetzen. „45 Jahre sind genug“, das war jahrelang ein Versprechen von euch. Da seid ihr umgefallen, deshalb diskutieren wir es auch nicht, beschließen wir es auch nicht.

Bei allen anderen Dingen, die den Arbeitnehmern helfen würden, wie zum Beispiel bei der Abschaffung der Bildungskarenz (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Ah, ah!), da versprecht ihr eine neue Regelung, es ist aber keine da. Also die Bildungskarenz ist abgeschafft, und ganz, ganz viele Dinge, die vor allem wir in diesen Ausschuss eingebracht haben, habt ihr alle schubladisiert, und dann kommt ihr mit irgendwelchen Versprechungen daher.

Frau Kollegin Herr, eure Reden heute: Sonnenbrillen und Wasserflaschen für alle – das ist jetzt eure Lösung? Also bitte schön, wenn ihr mal auf einer Baustelle gewesen wärt, 2025, in Österreich (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Warum weiß die FPÖ ...?), dann hättet ihr festgestellt, dass das ja alles schon Geschichte ist: Jeder kriegt Wasser, jeder hat Sonnenschutz, Kappen, was auch immer. Ich weiß nicht, wo ihr lebt, aber bitte schön, wenn das eure Ansage ist (Ruf bei der SPÖ: Wo leben Sie?) – Sonnenbrillen für alle in einer Verordnung, die irgendwann kommt –, dann habt ihr in der Sozialpolitik einfach komplett versagt. (Beifall bei der FPÖ.)

RN/13.1

Das, was ihr jetzt macht, noch einmal – ich habe es eh mit, es war heute in der „Kronen Zeitung“ (eine Kopie des „Kronen Zeitung“-Artikels „Kellner sollen Zeche zahlen“ in die Höhe haltend) –: Ihr greift jetzt den Menschen beim Trinkgeld in die Tasche (Ruf bei der ÖVP: Ihr habt ja sowieso den Aluhut aufgezogen!), und zwar nicht nur in der Gastronomie, sondern flächendeckend. Das ist eure Ansage, liebe Sozialdemokratie, und das trifft alle vom Friseur und Taxifahrer über den Handwerker bis hin zur Gastronomie. Das heißt, ihr macht jetzt einen Raub an den einfachsten Arbeitnehmern. Da müsst ihr euch ja in Grund und Boden genieren, bitte schön. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Na bitte!)

Alle, die es betrifft, die bisher Trinkgeld bekommen haben, in welcher Branche auch immer: Diese Regierung führt jetzt eine Pauschale von 95 Euro im Monat ein, und egal, ob Sie in der Realität Trinkgeld bekommen oder nicht, zahlen Sie jetzt dafür Abgaben, Sozialversicherung. Das heißt, das macht im Monat 17 Euro aus, die jeder bezahlt, ob er Trinkgeld bekommt oder nicht. So, Sie finanzieren mit dem Trinkgeld, das Sie vielleicht gar nicht haben, die Sozialversicherung, damit dann irgendwelche Asylanten eine gratis Krankenversicherung kriegen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das finanzieren Sie mit dem Trinkgeld mit. (Beifall bei der FPÖ.)

Von fleißig arbeitenden Menschen, die ein Trinkgeld als Belohnung bekommen, finanziert ihr die Sozialversicherung, damit es die Weltklasseversorgung gratis für alle gibt. So, das ist die Realität. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP].) Jetzt muss man sich vorstellen: Das wird auch noch jedes Jahr valorisiert, also es wird immer wieder mehr.

Warum ist das Ganze so ein Thema geworden? – Das hängt zusammen: Wir wollten immer, dass das Bargeld die Zahlungsform ist und abgesichert ist. Jetzt haben wir die Entwicklung, dass immer mehr digital bezahlt wird, die Leute halten einfach ihr Handy hin, die Kreditkarte hin. Was ist also die Realität? Wenn ihr bei den Arbeitnehmern wärt, liebe Sozialdemokratie, dann wüsstet ihr: Da gibt es kein Trinkgeld mehr. Das ist die erste Geschichte. Das heißt, Trinkgeld wird immer weniger. Die Leute halten hin, und früher hat es geheißen: Ja passt schon!, und dann ist schon ein Trinkgeld dabei. Das findet teilweise gar nicht mehr statt. Es gibt gar kein Trinkgeld mehr, und dort, wo es extra ausgewiesen wird, zahlen die Leute jetzt dafür. (Abg. Brandweiner [ÖVP]: Also, die blaue Märchenstunde geht weiter! Mein Lieber!) Ihr bestraft die Arbeitnehmer in der vollen Breite, und dass die Sozialdemokratie da zuschaut (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Nonstop Nonsens!), Frau Minister, und da mitspielt, ist einfach eine Bankrotterklärung, und ich muss sagen, ich geniere mich dafür. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass die NEOS da mittun, wundert mich ja sowieso, weil das auch für die Arbeitgeber ein Bürokratiemonster ist, die müssen das ja dann abrechnen. Wenn Sie einen Mitarbeiter in der Gastronomie haben – der hat 60 Prozent oder 40 Prozent –, dann müssen Sie die Pauschale aliquot anrechnen. Also da explodiert ja die Bürokratie für einen Dreimannbetrieb in der Gastronomie. Das heißt, ihr schröpft die Arbeitnehmer, die Bürokratie nimmt zu, und alle schauen zu. Das ist diese Regierung. Bitte zurücktreten, so schnell wie möglich! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Jetzt kriegst ein Minus! Neuwahl hättest auch noch sagen müssen! – Ruf bei der FPÖ: Wo ist der Sepp, wenn wir ihn brauchen?)

10.04

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte, Frau Abgeordnete. 

RN/14

10.04

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Leistung muss sich lohnen, und wir sagen ehrlich: Das ist keine Floskel, das ist ein Grundsatz, und das ist das Erfolgsprinzip, auf dem unser Land aufgebaut ist. Wir alle kennen die Herausforderungen, die wir auf der einen Seite weltweit, in Europa, aber auch in Österreich stemmen müssen. Seit vier Monaten arbeitet diese Bundesregierung mit voller Kraft für die Menschen in unserem Land und für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und ja, das braucht auch mutige Schritte – das ist genau der Mut, der offensichtlich die Kolleginnen und Kollegen in der FPÖ verlassen hat –, denn das heißt auch Verantwortung übernehmen, vor allem in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Diese Bundesregierung tut das und hat bereits zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht beziehungsweise befinden sich auch noch viele in Umsetzung, auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie zum Beispiel die steuerfreie Mitarbeiterprämie bis zu 1 000 Euro oder die Verdreifachung des Pendlereuros von 2 auf 6 Euro.

Ja, die Bildungskarenz soll durch das Instrument der Weiterbildungszeit ersetzt werden. Genau diese neue Form soll vor allem qualitativ oder gering qualifizierte Beschäftigte unterstützen und ihnen eine bessere Chance am Arbeitsmarkt geben.

Die Pflege soll als Schwerarbeit eingestuft werden, und dazu braucht es eine Objektivierung der bisherigen Kriterien (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wann führen Sie wieder Mann und Frau ein?), wobei auch psychische Belastungen und Mehrfachbelastungen berücksichtigt werden und in die Bewertung einfließen sollen.

Ja, es ist erfreulich, dass es heute in der Nacht auch noch gelungen ist, die Hitzeschutzverordnung in Begutachtung zu bringen, ein ganz wichtiger und wesentlicher Schritt, vor allem für Menschen, die unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssen.

Wir sind ein Land, in dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch ein funktionierendes Sozialversicherungssystem, durch Kranken- und Unfallversicherung, Lohnfortzahlung, Urlaubsanspruch und Kollektivverträge abgesichert sind. Der Anteil der unselbstständig Beschäftigten, die durch Kollektivverträge abgesichert werden, liegt in Österreich bei 98 Prozent. Das ist weltweit eine der höchsten Zahlen und eine, auf die wir auch stolz sein können – und das, weil wir eine gelebte Sozialpartnerschaft hier in Österreich haben. Sie ist der Garant für den sozialen Frieden in unserem Land. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Auch eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2024 zeigt, dass es kein EU-Land gibt, das Familien so umfassend unterstützt wie Österreich. Ja, wir sind Europameister (Abg. Wurm [FPÖ]: Wo? Wo?), leider nicht im Fußball (Abg. Wurm [FPÖ]: Wo?), sondern bei den Familienleistungen. (Abg. Deimek [FPÖ]: Bei den Steuern sind wir Europameister!) Und in den nächsten Jahren wird mit einer großen Kinderbetreuungsoffensive in unsere Zukunft investiert, die auch die Zukunft für unsere Kinder sichern soll. (Abg. Wurm [FPÖ]: Wir sind nirgends mehr Europameister!)

Aber dieser gesellschaftliche Wohlstand, diese Leistungen müssen wir langfristig absichern. Das braucht natürlich aufgrund der demografischen Entwicklung Reformen, und das betrifft natürlich vor allem auch das Pensionssystem. Die Einführung der Teilpension ist dabei ein ganz zentrales Element und ein wesentlicher Schritt in Richtung nachhaltige Generationengerechtigkeit. Dadurch wird ein fließender Übergang in die Pension bei reduzierter Arbeitszeit ermöglicht.

Ja, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, soziale Absicherung kann nur durch ein ganz klares Bekenntnis zu Leistung und Verantwortung gelingen, denn es ist nicht akzeptabel, wenn jemand, der täglich arbeitet, am Monatsende weniger übrig hat als jemand, der – und das sage ich ganz bewusst – es sich dauerhaft in der sozialen Hängematte eingerichtet hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Da geht es nicht um Neid, da geht es ganz klar darum: Wer arbeitet, darf in unserem Land nicht der Dumme sein. Wer in die Sozialversicherung einzahlt, muss sich im Ernstfall auf sie verlassen können. Wer Unterstützung braucht, soll sie auch bekommen, aber immer mit dem Ziel, dass er auch in die Beschäftigung zurückkommen kann.

Es braucht weiter politische Maßnahmen für unsere Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. Das sind ungefähr 5 Millionen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die mit ihrer täglichen Arbeit und ihrem Beitrag das Fundament unseres Sozialsystems sichern. Ich sage auch ganz ehrlich: Ja, es ist nicht alles perfekt, und ja, die Teuerung spüren wir, und ja, es gibt noch viel zu tun, aber nein, wir lassen uns unsere Arbeit von niemandem schlechtreden und schon gar nicht von jenen, die ständig schwarzmalen oder Angst schüren. Wir als ÖVP lassen niemanden zurück. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Arbeitswelt verändert sich, aber unsere Verantwortung, diese auch abzusichern, bleibt. Wir geben Leistung wieder einen Wert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.09

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Teiber. – Bitte, Frau Abgeordnete. 

RN/15

10.10

Abgeordnete Barbara Teiber, MA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich möchte nur ganz kurz auf die Vorredner von der FPÖ, auf Frau Belakowitsch und Herrn Wurm, eingehen, aber gar nicht auf die hier dargestellten Unwahrheiten, was das Trinkgeld betrifft (Abg. Wurm [FPÖ]: Was war jetzt unwahr? Was war unwahr, Frau Kollegin? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was war unwahr?) – warten Sie einmal ab, was wirklich kommt! (Abg. Wurm [FPÖ]: Was war unwahr? – Abg. Deimek [FPÖ]: Jetzt kommt wieder ... bei der Gebietskrankenkasse neun Modelle, neun IT-Systeme und neun Landesdirektionen! Und das muss so sein, weil da alle ... ihre Jobs drinnen haben!) Wir klären da in Wahrheit, dass die Trinkgelder steuerbefreit werden, aber zu höheren Pensionen und zu höherem Arbeitslosengeld für die Beschäftigten in der Branche führen. Auch das, was Sie zur Teilpension gesagt haben, stimmt nicht. Zum Thema Gesundheit würde ich mich überhaupt zurückhalten: Sie haben in der PVA und in der ÖGK dafür gesorgt, dass die Arbeitgeber das Sagen haben und nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Versicherten. (Beifall bei der SPÖ.)

Was mich aber besonders ärgert – und das möchte ich schon ansprechen –, sind Ihr Murren und Ihre Aussagen, als unsere Abgeordnete Julia Herr hier gestanden ist und von der Wichtigkeit der Hitzeverordnung gesprochen hat, dass da etwas weitergeht, weil es immer heißer wird. Das ist wirklich entlarvend. (Abg. Deimek [FPÖ]: Das heißt, im Juli und August gibt’s keine Straßenbaustellen mehr?! Das wird lustig!) Wir sitzen hier als Abgeordnete in einem gekühlten Parlament, aber draußen schwitzen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf den Baustellen. Die erwarten sich Handlungen von der Politik, und dass Sie das da so lächerlich machen, ist wirklich schwer daneben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek [FPÖ]: Wenn ihr einen Tag in der freien Wirtschaft gearbeitet hättet und nicht nur im Gewerkschaftsbüro gesessen wärt!)

Ich komme zum Thema unserer Aktuellen Stunde: Die Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist ganz, ganz wichtig. Warum? – Der Standort Österreich lebt nicht, wie manch andere Länder, von großartigen Rohstoffvorkommen. Das Kapital unseres Standorts, unseres Österreich sind gut qualifizierte, gut ausgebildete Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Abg. Deimek [FPÖ]: Ein Mal draußen arbeiten und nicht in einem Gewerkschaftsbüro!) und die Produkte und Dienstleistungen, die sie herstellen und erbringen, die sich durch besonders hohe Qualität auszeichnen. Es wäre ein Fehler, zu glauben, dass ein Land wie Österreich jemals mit Billiglohnländern auf Ebene der Preise konkurrieren können wird. Das sollten wir auch nicht wollen. Unser USP ist es, dass es eine hohe Fachkenntnis, eine Schaffenskraft der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und natürlich auch von innovativen Unternehmen gibt. Darum braucht es eben gescheite Arbeitsplätze und auch eine Berufswelt, in der sozusagen die hohe Leistung erbracht werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Darum braucht es eben eine Absicherung, die ich dreiteilig sehe: 

Erstens – Kollegin Deckenbacher hat es schon angesprochen – haben wir eben die Sozialpartnerschaft, die ja die Lohn- und Gehaltsfindung im Fokus hat. Wir haben damit wirklich ein tolles Modell, um das uns die ganze Welt beneidet, das auf die einzelnen Branchen Rücksicht nimmt und eine hohe Absicherung schafft, was die Kollektivverträge betrifft, mit einer hohen Abdeckung, für fast 98 Prozent der Beschäftigten. Da freut es mich als Abgeordnete der Sozialdemokratie besonders, dass jetzt noch die Möglichkeit der Anwendung von Kollektivverträgen auch für arbeitnehmerähnliche Personen geschaffen werden soll, Abgeordneter Koza hat es angesprochen. Ganz wichtig ist auch die Verschärfung der Gesetze gegen Lohn- und Sozialdumping, die im Regierungsprogramm verankert ist. Die Sozialpartner können noch so gute Kollektivverträge ausverhandeln, wenn diese durch gesetzliche Schlupflöcher umgangen werden können. Wir wollen diese Schlupflöcher schließen. Das ist wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Deckenbacher [ÖVP].)

Zweitens: Es braucht einen starken Sozialstaat, auf den sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verlassen können. Da hat unsere Ministerin wirklich ganz viel angesprochen, was jetzt schon beschlossen worden ist, was noch kommen soll. Ich möchte das Älterenbeschäftigungspaket herausstreichen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass man auch länger im Berufsleben bleiben kann, dass man längeres, gesundes Arbeiten ermöglicht. Im Zuge dessen ist es auch ein wichtiger Beitrag, dass wir das AMS-Budget stabilisieren konnten. Das ist in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit ganz, ganz wichtig, denn die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wollen einen Beitrag leisten, aber dazu muss man ihnen dann auch Arbeitsplätze bieten.

Die dritte Form der Absicherung ist eine demokratische. 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte zum Schlusssatz kommen!

Abgeordnete Barbara Teiber, MA (fortsetzend): Nur Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellt sicher, dass auch Politik in ihrem Sinne gemacht wird. Ich glaube, da könnte man sich noch mehr überlegen, was die betriebliche Mitbestimmung betrifft, aber man muss ja auch noch einiges für die Zukunft vorhaben.

Abschließend: Im Zentrum des Programms der Regierungsparteien stehen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, ihre Sicherheit. Ein letzter Satz: Was wir aktuell nicht brauchen, auch in Zeiten der Krisen, sind Industriellenvertreter, die permanent Beschäftigte mit Ansagen in Bezug auf die Pension verunsichern. Das brauchen wir nicht. Wir brauchen Sicherheit für die Kollegen und Kolleginnen in unserem Land. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.15

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

RN/16

10.16

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir sprechen über die stärkere Absicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Ich möchte aber zu Beginn auch darauf eingehen, was Kollege Wurm von den Freiheitlichen gesagt hat, denn wie so oft, wenn die Freiheitlichen hier heraußen viel Radau machen, ist der Wahrheitsgehalt recht minimal. 

Wir sprechen bei der Trinkgeldabgabe, zu der es jetzt eine sozialpartnerschaftliche Einigung gibt, von einer Einigung zwischen der Gewerkschaft und der Wirtschaftskammer. In vielen Bereichen ist diese Einigung – sie hat ja weit mehr als die Trinkgeldpauschale betroffen – sehr sinnvoll, sowohl für die Betriebe als auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Was es aber noch nicht gibt – und das ist wiederum der Teil, lieber Kollege Wurm, wo du in die Fake News abgerutscht bist –, ist eine Einigung innerhalb der Bundesregierung, also kann ja hierzu dem Parlament noch gar nichts vorgelegt werden. Es gab jetzt diese Gespräche zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaft. (Abg. Wurm [FPÖ]: Stimmt das alles? Stimmen meine Zahlen? Meine Zahlen stimmen?!) Es gibt jetzt Gespräche in der Bundesregierung, und dann wird es eine Einigung geben. (Abg. Deimek [FPÖ]: Ihr werdet ja nicht glauben, dass ihr die Sozialpartner aushebelt?! Da habts ihr ein bissl zu wenig ...! Da seid ihr zu schwach, die sind stärker als ihr!) Wohin die geht, werden die nächsten Tage zeigen. Deine Zahlen stimmen, soweit ich weiß, nicht (Abg. Wurm [FPÖ]: Die stimmen!), denn du sprichst jetzt davon, dass die Gewerkschaft oder die Sozialdemokratie in irgendeiner Form etwas eingeführt hätte. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na, du weißt ja nichts! 17 Prozent, oder?!) Die Trinkgeldpauschale gibt es ja schon sehr lange. Das ist jetzt nichts Neues. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Stimmen die 17 Prozent?!) Die Frage ist: Wie macht man das Thema zukunftsfit? Dass mit der Trinkgeldpauschale irgendwelche Geflüchteten finanziert werden, ist auch ein vollkommener Holler. Also das, was ihr da auf den Weg bringt, ist tatsächlich falsch. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wurm [FPÖ]: Weil? Weil? Warum? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Hat Geld ein Mascherl?)

Es geht um die Frage, wie wir den Wirtschaftsstandort zukunftsfit machen – für die Betriebe, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Jetzt bin ich auch beim Thema, denn mehr Zeit, glaube ich, braucht die Freiheitliche Partei nicht. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Also mehr Gelder einheben, ja genau!) Es geht darum: Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzusichern, bedarf es ja auch eines Arbeitsplatzes. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Jetzt sind Sie ein bissl geschwommen, Herr Kollege!) Wenn wir jetzt über die Frage diskutieren, wie es unserer Wirtschaft geht, damit überhaupt die Kraft da ist, um zusätzliche Absicherungen zu machen, dann sehen wir, dass wir derzeit sehr schlecht dastehen.

Ich möchte hier im Raum nur ein paar Zahlen teilen (Abg. Deimek [FPÖ]: Noch mehr Steuern, oder wie?!), weil sie wirklich wichtig sind: Wir haben vorhin über Arbeit im Freien gesprochen. Das hat natürlich auch viel mit Arbeit im Bereich Industrie oder in produzierenden Unternehmen zu tun, im Umfeld der Zulieferer beispielsweise. Wir haben zwischen 2023 und 2024 fast 40 000 Arbeitsplätze in der österreichischen Industrie verloren. Wir haben, was die Bereiche der Dienstleistung und der Bauwirtschaft betrifft, im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 um 23 Prozent mehr Insolvenzen gehabt. Das sind sechseinhalb Tausend Unternehmen, die schließen mussten. (Abg. Deimek [FPÖ]: Das ist eine Erfolgsgeschichte für die NEOS offenbar!)

Die Ursachen für diesen Rückgang bei den Arbeitsplätzen, die Ursachen für die steigenden Insolvenzen liegen in vier Bereichen, die alle hier herinnen kennen: Es sind die hohen Lohnnebenkosten, diese hohen Lohnstückkosten, die Gesamtkosten der Arbeit, die im europäischen Vergleich mittlerweile die höchsten sind – da gibt es also niemanden mehr, dem wir in irgendeiner Form im Wettbewerb unterliegen würden; das ist dramatisch –; es sind die Energiekosten, die im Vergleich zu anderen Staaten, die ähnlich aufgestellt sind wie wir, überdurchschnittlich hoch sind; es sind der hohe bürokratische Aufwand und der Fachkräftemangel.

Wenn wir jetzt über die Absicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sprechen, dann geht es da ja um zwei Bereiche: Es gibt entweder die Möglichkeit, dass wir dafür mehr Steuergeld brauchen, oder es gibt die Möglichkeit, dass wir aufseiten der Betriebe Regelungen schaffen, die beispielsweise wiederum die Produktivität senken, die dort höhere Kosten verursachen. Das kann man alles diskutieren. Wenn man es diskutiert, muss man aber in der Balance bleiben. 

Daher auch der klare Aufruf: Wenn wir mehr Absicherung schaffen – wofür wir ja sind; mein Kollege Johannes Gasser hat das ja auch sehr deutlich gesagt –, dann müssen wir schauen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gleich bleibt oder im besten Falle steigt, denn ohne eine starke Wirtschaft kann es auch keine gute Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Deimek [FPÖ]: Und was heißt das für die Industrie? Also hat der Wurm doch recht gehabt?!)

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind ja nicht nur bei Betrieben mit Tausenden von Mitarbeitern abgesichert, sondern wir reden ja oft von kleinen und mittelständischen Betrieben, und wir sprechen auch von Start-ups. Wenn man darüber spricht, wie denn in Österreich die Situation im Bereich der Neugründungen ist: Da gibt es einen Index, den Ease-of-Doing-Business-Index, da wird beurteilt, wie attraktiv Österreich für Gründungen ist. Wir sind auf Platz 127 in der Kategorie Starting a Business. (Abg. Deimek [FPÖ]: Genau wie bei der Industrie!) Wenn wir jetzt hergehen und über weitere Regelungen sprechen, auch zur Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wünschen wir uns von allen Parteien hier im Nationalrat, aber insbesondere natürlich von den drei Regierungsfraktionen, dass wir uns mit gleich viel Aufmerksamkeit der Frage widmen: Wie können wir die Unternehmen zukunftsfit machen, wettbewerbsfähig machen, für günstigere Kosten und leichtere Regelungen sorgen, damit ausreichend Ressourcen und auch ausreichend Energie dafür bleibt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gut abzusichern. 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Schlusssatz!

Abgeordneter Michael Bernhard (fortsetzend): Da sind wir als NEOS ein starker Partner und freuen uns auch auf die Debatte über alle anderen Bereiche, die die Wettbewerbsfähigkeit in Österreich stärken. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.21

 Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

RN/17

10.21

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, Kollege Koza hat es heute schon einmal gesagt: Diese Aktuelle Stunde wirkt ein bisschen so: Wir wollten über etwas reden, haben das, worüber wir reden können, jetzt nicht da, aber weil wir eben darüber reden wollen, reden wir halt darüber! Die SPÖ hat offensichtlich ihren Markenkern wieder entdeckt, was, wie ich meine, verständlich ist angesichts dessen, wie die letzten Wochen und Monate so verlaufen sind: Man musste hier herinnen ständig ein schwarz-blaues Budget verteidigen, Maßnahmen, Kürzungsmaßnahmen, die insbesondere die Schwächsten in unserer Gesellschaft treffen, die wegnehmen – ja eben: Kürzen auf Kosten der sozial Schwächsten. Das hat man verteidigen müssen, jetzt hebt man halt wieder den Markenkern ein bisschen hervor, um sich hier herinnen sozusagen wieder ein wenig so zu gerieren und zu sagen: Na ja, ist eh alles nicht so schlimm, mit uns wird alles wieder besser!

Um es auf den Punkt zu bringen, dass das Ganze schon sehr doppelbödig und auch nicht wirklich ganz ehrlich ist, was ihr da macht, nehmen wir als Beispiel die persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen. Die SPÖ spricht ja heute in der Aktuellen Stunde von einem „Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, stellt aber gleichzeitig das Pilotprojekt zur Harmonisierung der persönlichen Assistenz ein. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, das ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die auf persönliche Assistenz angewiesen sind. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Das sind Arbeitnehmerinnen, das sind Arbeitnehmer, die davon abhängig sind, dass sie in der Früh aus dem Bett kommen, dass sie eben persönliche Assistenz an ihrem Arbeitsplatz haben – und ihr stellt dieses Harmonisierungsprojekt ein. Zusätzlich macht ihr aus einer Win-win-Situation, die wir mit diesem Pilotprojekt auf den Weg gebracht haben, eine Lose-lose-Situation: Viele der Assistentinnen und Assistenten sind selbst in durchaus prekären Beschäftigungsverhältnissen, und mit dem Abschaffen beziehungsweise Auslaufenlassen des Pilotprojektes, mit dem Nichtverlängern des Pilotprojektes fallen genau sie um die Chance um, aus diesen prekären Verhältnissen herauszukommen. Das muss man halt einfach einmal so benennen. 

Die Chuzpe an der ganzen Geschichte: Wenn man der Anfragebeantwortung der Ministerin Glauben schenken darf – und das tue ich natürlich –, dann sind Ende dieses Jahres im Rahmen dieses Pilotprojektes immer noch mehr als 80 Millionen Euro übrig – Geld, das aber nicht für die Fortführung dieses Pilotprojektes verwendet wird, das nicht dafür genutzt wird, dass eben alle Menschen, die es brauchen, alle Menschen mit Behinderungen in Österreich, die diese persönliche Assistenz brauchen, dementsprechend unterstützt werden, sondern das man halt zum Löcherstopfen woandershin verschiebt. Das muss man halt auch einmal so sagen. Das ist nicht die Art und Weise, wie man mit den Betroffenen umgeht, wie ich finde. (Beifall bei den Grünen.)

Ein anderes Beispiel: Sie haben heuer bereits eine Schwerarbeitsregelung für Pflegekräfte angekündigt. Wir haben Ihre Aussagen hinterfragt, insbesondere bei der Pressekonferenz, mit einer eigenen Anfrage. Es stellt sich heraus, dass das Ganze – Stand heute – eine Luftnummer ist. Das muss man einfach einmal so sagen, wie es ist. Ich habe erst letzte Woche, am Freitag, eine betroffene Pflegerin getroffen, habe mit ihr längere Zeit gesprochen, und sie hat dann auch zu mir gesagt: Na ja, okay, für mich wird das nichts! Es gibt ganz, ganz viele Pfleger:innen und Pflegekräfte in Österreich, die von einer Aufnahme in die Schwerarbeitsregelung ohne entsprechende Adaptierungen nichts haben werden. Gleichzeitig haben wir eine Anfrage gestellt und wollten wissen, auf welcher Datenbasis Ihre Aussagen beruhen, etwa: Die Hälfte wird davon profitieren, es wird 40 Millionen Euro kosten!, und so weiter. Gekommen ist: keine Antwort, weil man genau diese Datenlage im Endeffekt nicht einmal hat, sondern – das ist offenkundig – eine schöne Überschrift produzieren wollte; dementsprechend hat man halt dann einmal irgendetwas gesagt, so nach dem Prinzip: Na, das wird schon irgendwie passen! 

Wir können aber gerne über Absicherung sprechen, nämlich beispielsweise über die Absicherung der von uns in drei großen Pflegepaketen beschlossenen Verbesserungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege – Verbesserungen, die leider Gottes von den Ländern, die ja für die Pflege verantwortlich sind, durchaus auch immer wieder infrage gestellt werden. Da braucht es jetzt eine kämpferische Ministerin, da braucht es jetzt eine Sozialdemokratie, die aufsteht und auch mit den eigenen Länderverantwortlichen kämpft und ringt und streitet, im besten Sinne, um eben dafür zu sorgen, dass Pflegekräfte auch weiterhin die Chance haben, in ihrem Job überhaupt in die Nähe einer Pension zu kommen, denn daran scheitert es ja momentan. Ganz, ganz viele gehen aus dem Job ausgebrannt heraus, weil eben die Arbeitsbedingungen nicht passen, weil ihre Qualifikationen nicht anerkannt werden. Da braucht es jetzt uns alle gemeinsam – uns alle hier herinnen, und das ist auch unser Angebot –: Kämpfen wir dafür! Kämpfen wir dafür, dass eben genau diese Absicherung, diese Ausweitung stattfindet! Unser Angebot steht. 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (fortsetzend): Frau Ministerin, dann braucht es aber auch ein konkretes Aufstehen, ein konkretes Kämpfen, ein konkretes Miteinander. Unser Angebot steht, machen wir das bitte gemeinsam! (Beifall bei den Grünen.)

10.26

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.