RN/10

9.43

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich beginne meine Rede mit ein paar Zahlen, die ich rausgesucht habe, nämlich – wir haben jetzt hier eine Aktuelle Stunde – ganz aktuelle Zahlen von der letzten Woche: Innsbruck und Graz über 34 Grad, in Wien war die Höchsttemperatur 36,4 Grad, in Villach waren wir schon bei 37,9 Grad und in Feistritz bei über 38 Grad. (Abg. Wurm [FPÖ]: Heute 18 Grad!) – Was rufen Sie da raus? Ich weiß nicht, ob Sie das überhaupt ernst nehmen. Es ist unglaublich, was diese Hitze vielen Menschen in der letzten Woche an Substanz gekostet hat. Und da sind wir mit den Zahlen noch nicht einmal im Juli und im August, das waren alles Zahlen aus dem Juni. Kurzum: Es war sehr heiß. (Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) – Sie rufen hier schon wieder heraus – vielleicht hört man es zu Hause nicht –: Die Kollegen und Kolleginnen der FPÖ tun dieses Thema immer ab.

Das ist auch keine Verschwörungstheorie oder sonst etwas, das ist einfach nur Mathematik. Wir haben nämlich schon seit Jahrzehnten Temperaturaufzeichnungen, und schauen wir uns an, wie viele Hitzetage es in den Fünfziger-, in den Sechzigerjahren gegeben hat (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da gab es viel mehr!): In Wien beispielsweise waren das fünf im Schnitt – aktuell sind wir bei 30 Hitzetagen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: In Wien! Aber in Graz, schauen Sie sich das einmal an!) Das ist auch kein Zufall, sondern es wird strukturell heißer, und das trifft manche Personengruppen besonders hart. Und wir wären nicht die Sozialdemokratie, wenn wir uns nicht anschauen würden, für wen die Hitze ein besonderes Problem ist (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber was wollen Sie denn machen?): für Kinder, für schwangere Frauen, für ältere Personen, für Kranke, aber eben auch für alle, die bei dieser prallen Sonne im Freien arbeiten müssen. Diese Gruppe wird sehr oft vergessen. Vielen Dank, Frau Ministerin, dass wir sie endlich auch ins Zentrum stellen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Sie von der FPÖ schreien da jetzt raus – ja, Sie können eh so tun, als wäre das kein Problem, aber ich glaube, jeder Bauarbeiter, der bei 35 Grad auf der Baustelle arbeitet, wird Ihnen sagen können, dass die Hitze sehr wohl ein Problem ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eh, aber was sollen wir denn machen?) Das ist ein gesundheitliches Problem, da geht es um Kreislaufprobleme, um die UV-Strahlung, um Hautkrankheiten, die bei dieser starken Hitze zunehmen. Das sind alles reale Probleme – und da sind wir nicht nur bei den Bauarbeitern und Bauarbeiterinnen, da sind wir auch bei den Dachdeckern, da sind wir bei den Gärtnern, Gärtnerinnen beispielsweise. Es gibt so viele Berufsgruppen, die in der prallen Sonne schwerste Arbeit verrichten. Und ich glaube, es hat auch etwas mit Respekt zu tun, sich diesem Thema endlich anzunehmen und zu sagen: In der Klimapolitik rücken wir arbeitende Menschen endlich wieder in den Fokus. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Es gibt ganz viele Unternehmer, die tun das bereits, die schauen auch auf ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die überlegen sich: Was kann ich bei den Bekleidungsvorschriften tun? Was kann ich bei der Arbeitszeit tun? Vielleicht ist es besser, wenn man in den frühen Morgenstunden die schwere körperliche Arbeit verrichtet und dann zu Mittag die Pause macht. Es gibt viele, die überlegen sich das. Es gibt aber auch ganz viele, die sich nichts dazu überlegt haben, und bisher war das auch nicht verbindlich notwendig. Es hat für Arbeitsstätten im Inneren eine Verordnung gegeben, die klar geregelt hat, was man tun kann und was man nicht tun kann. In Bezug auf das Arbeiten im Freien gab es da einfach eine Lücke, und ich bin sehr froh, dass wir nach 130 Tagen Regierungsarbeit diese Lücke jetzt schließen können (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr seid spitze!) und endlich klare Vorgaben machen können, was den Schutz der arbeitenden Menschen im Freien betrifft (Abg. Maurer [Grüne]: Wo ist es denn?), klare Regeln für alle. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) 

Worum geht es da beispielsweise? – Dass man wirklich schaut, Gefahrenvermeidung in den Vordergrund zu stellen, dass man schaut, ob man bei der Arbeitszeit etwas tun kann, dass man schaut: Gibt es Möglichkeiten für Beschattung? Gibt es Möglichkeiten für Kühlung? Das wäre natürlich der allererste Schritt; und wenn das nicht möglich ist, dass man persönliche Maßnahmen ergreift, wie zum Beispiel die Lockerung von Bekleidungsvorschriften oder das Bereitstellen von Sonnenschutz beispielsweise oder auch von etwas, bei dem sich jeder denkt, das sollte selbstverständlich sein, nämlich Wasser. Wenn Sie mit arbeitenden Menschen sprechen, erfahren Sie, nicht für alle auf der Baustelle hat es bei solchen Hitzetemperaturen Wasser zu trinken gegeben. (Abg. Wurm [FPÖ]: Wo leben Sie, Frau Kollegin? Wo haben Sie denn das her?) Es ist wichtig, dass man das jetzt endlich angeht, nämlich mit einer Hitzeschutzverordnung, die jetzt in Begutachtung geht. Vielen Dank, Frau Ministerin! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum Schluss und möchte Ihnen sagen, weil Sie hier so besonders zynisch sind: Es hat in den letzten Jahren keinen einzigen Sommer mehr gegeben, in dem es nicht Tote auf einer Baustelle gegeben hat – um die Ernsthaftigkeit dieses Themas jetzt mitzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) In der Kabine eines Kranführers hat es 50 Grad – die Ministerin hat es ausgeführt –, das ist lebensgefährlich! Es gibt mittlerweile jeden Sommer Tote in ganz Europa, ich habe dazu eine Zahl für Sie herausgesucht: Allein heuer im Juni wird laut einer Studie aus London mit 2 300 Toten durch Hitze in europäischen Großstädten gerechnet. Das ist also ein reales Problem! Wir gehen das jetzt an, auch indem jetzt beispielsweise die Situation der Kranführer geregelt wird. Vielen Dank. Ich denke, das ist ein Meilenstein. Klimaschutz bedeutet auch, die Sicherheit der arbeitenden Menschen auszubauen, das ist sozial gerechter Klimaschutz. Vielen, vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.48

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Gasser. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.