RN/17
10.21
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, Kollege Koza hat es heute schon einmal gesagt: Diese Aktuelle Stunde wirkt ein bisschen so: Wir wollten über etwas reden, haben das, über das wir reden können, jetzt nicht da, aber weil wir eben darüber reden wollen, reden wir halt darüber! Die SPÖ hat offensichtlich ihren Markenkern wieder entdeckt, was, wie ich meine, verständlich ist angesichts dessen, wie die letzten Wochen und Monate so verlaufen sind: Man musste hier herinnen ständig ein schwarz-blaues Budget verteidigen, Maßnahmen, Kürzungsmaßnahmen, die insbesondere die Schwächsten in unserer Gesellschaft treffen, die wegnehmen; ja eben: Kürzen auf Kosten der sozial Schwächsten. Das hat man verteidigen müssen, jetzt hebt man halt wieder den Markenkern ein bisschen hervor, um sich hier herinnen sozusagen wieder ein wenig so zu gerieren und zu sagen: Na ja, ist eh alles nicht so schlimm, mit uns wird alles wieder besser!
Um es auf den Punkt zu bringen, dass das Ganze schon sehr doppelbödig und auch nicht wirklich ganz ehrlich ist, was ihr da macht, nehmen wir als Beispiel die persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen. Die SPÖ spricht ja heute in der Aktuellen Stunde von einem „Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, stellt aber gleichzeitig das Pilotprojekt zur Harmonisierung der persönlichen Assistenz ein. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, das ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die auf persönliche Assistenz angewiesen sind. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Das sind Arbeitnehmerinnen, das sind Arbeitnehmer, die davon abhängig sind, dass sie in der Früh aus dem Bett kommen, dass sie eben persönliche Assistenz an ihrem Arbeitsplatz haben – und ihr stellt dieses Harmonisierungsprojekt ein. Zusätzlich macht ihr aus einer Win-win-Situation, die wir mit diesem Pilotprojekt auf den Weg gebracht haben, eine Lose-lose-Situation: Viele der Assistentinnen und Assistenten sind selbst in durchaus prekären Beschäftigungsverhältnissen, und mit dem Abschaffen beziehungsweise Auslaufenlassen des Pilotprojektes, mit dem Nichtverlängern des Pilotprojektes fallen genau sie um die Chance um, aus diesen prekären Verhältnissen herauszukommen. Das muss man halt einfach einmal so benennen.
Die Chuzpe an der ganzen Geschichte: Wenn man der Anfragebeantwortung der Ministerin Glauben schenken darf – und das tue ich natürlich –, dann sind Ende dieses Jahres im Rahmen dieses Pilotprojektes immer noch mehr als 80 Millionen Euro übrig – Geld, das aber nicht für die Fortführung dieses Pilotprojektes verwendet wird, das nicht dafür genutzt wird, dass eben alle Menschen, die es brauchen, alle Menschen mit Behinderungen in Österreich, die diese persönliche Assistenz brauchen, dementsprechend unterstützt werden; man verschiebt das halt zum Löcherstopfen woanders hin. Das muss man halt auch einmal so sagen. Das ist nicht die Art und Weise, wie man mit den Betroffenen umgeht, wie ich finde. (Beifall bei den Grünen.)
Ein anderes Beispiel: Sie haben heuer bereits eine Schwerarbeitsregelung für Pflegekräfte angekündigt. Wir haben Ihre Aussagen hinterfragt, insbesondere bei der Pressekonferenz, mit einer eigenen Anfrage. Es stellt sich heraus, dass das Ganze – Stand heute – eine Luftnummer ist. Das muss man einfach einmal so sagen, wie es ist. Ich habe erst letzte Woche, am Freitag, eine betroffene Pflegerin getroffen, habe mit ihr längere Zeit gesprochen, und sie hat dann auch zu mir gesagt: Na ja, okay, für mich wird das nichts! Es gibt ganz, ganz viele Pfleger:innen und Pflegekräfte in Österreich, die von einer Aufnahme in die Schwerarbeitsregelung ohne entsprechende Adaptierungen nichts haben werden. Gleichzeitig haben wir eine Anfrage gestellt und wollten wissen, auf welcher Datenbasis Ihre Aussagen beruhen, etwa: Die Hälfte wird davon profitieren, es wird 40 Millionen Euro kosten!, und so weiter. Gekommen ist: keine Antwort, weil man genau diese Datenlage im Endeffekt nicht einmal hat, sondern – das ist offenkundig – eine schöne Überschrift produzieren wollte; dementsprechend hat man halt dann einmal irgendetwas gesagt, so nach dem Prinzip: Na, das wird schon irgendwie passen!
Wir können aber gerne über Absicherung sprechen, nämlich beispielsweise über die Absicherung der von uns in drei großen Pflegepaketen beschlossenen Verbesserungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege – Verbesserungen, die leider Gottes von den Ländern, die ja für die Pflege verantwortlich sind, durchaus auch immer wieder infrage gestellt werden. Da braucht es jetzt eine kämpferische Ministerin, da braucht es jetzt eine Sozialdemokratie, die aufsteht und auch mit den eigenen Länderverantwortlichen kämpft und ringt und streitet, im besten Sinne, um eben dafür zu sorgen, dass Pflegekräfte auch weiterhin die Chance haben, in ihrem Job überhaupt in die Nähe einer Pension zu kommen, denn daran scheitert es ja momentan. Ganz, ganz viele gehen aus dem Job ausgebrannt heraus, weil eben die Arbeitsbedingungen nicht passen, weil ihre Qualifikationen nicht anerkannt werden. Da braucht es jetzt uns alle gemeinsam – uns alle hier herinnen, und das ist auch unser Angebot –: Kämpfen wir dafür! Kämpfen wir dafür, dass eben genau diese Absicherung, diese Ausweitung stattfindet. Unser Angebot steht.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Schlusssatz bitte!
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (fortsetzend): Frau Ministerin, dann braucht es aber auch ein konkretes Aufstehen, ein konkretes Kämpfen, ein konkretes Miteinander. Unser Angebot steht, machen wir das bitte gemeinsam. (Beifall bei den Grünen.)
10.26
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.