RN/48
12.48
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere darf ich auch die Besucher der Zukunftsschmiede Salzburg ganz herzlich in unseren Reihen begrüßen! (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS sowie der Abg. Prammer [Grüne].)
Der Herr Innenminister und auch die Vorredner von den Regierungsparteien erzählen uns die Geschichte der Einführung der Messengerüberwachung so: Sie sei international bewährt, es sei eine moderne, zeitgemäße Terrorabwehr. Die Polizei sei nun auf Augenhöhe mit den Terroristen, denn diese schreiben keine Briefe, telefonieren nicht auf Festnetz, sondern tauschen sich über Messenger aus. Es gehe um unsere Sicherheit (Abg. Köllner [SPÖ]: Geht’s auch!), betroffen seien nur ganz wenige. Es gebe einen Rechtsschutz, und das alles sei sehr, sehr gut für uns.
Nun, was für ein Humbug! Was wird da wirklich beschlossen? – Der Staat Österreich finanziert und installiert eine Spähsoftware auf einem Smartphone. Das ist nur bei Vorhandensein einer Sicherheitslücke möglich, die aber nicht nur auf dem einen Gerät oder auf den 30 ist, sondern auf allen baugleichen I-Phones, das heißt auf Hunderttausenden.
Entdeckt werden die Sicherheitslücken von Hackern – oder solchen Nerds. Wenn sie anständig sind, melden sie dem Hersteller die Lücke, melden diese an Apple oder Google. Diese zahlen auch etwas dafür und schließen die Lücke. Dann haben wir alle ein Update, und das Ganze ist erledigt. Wenn der Hacker nicht ganz so anständig ist, schmeißt er die Lücke auf den Schwarzmarkt. Dort wird sie von der Überwachungsindustrie, von Schwerkriminellen, die wesentlich besser zahlen als die Hersteller, erstanden. Mit solch dubiosen Quellen arbeitet nun unsere Bundesregierung zusammen (Beifall bei der FPÖ), um die Lücke auszunutzen und die Spähsoftware auf ein I-Phone zu spielen, ohne dass man eben das Gerät in Händen hat; und darum geht es. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Da steckt sicher die WHO dahinter!)
Es gibt dann zwei Ebenen der Nutzung – eine verschweigen Sie uns –: Die eine ist die Nutzung durch das BMI, durch die Sicherheitsbehörden. Da haben wir diese Beschränkung mit 30 Personen, mit Rechtsschutz, mit allem, was Sie uns da an Romanen erzählen.
Erstens ist schon einmal der Begriff Messengerüberwachung irreführend, denn es ist eine Totalüberwachung. Sie sagen, man muss den Beamten vertrauen. – Das tun wir. Das Misstrauen ist anderen gegenüber: Die Beamten sind ja an Politiker weisungsgebunden, und wenn man sich Innenminister Karner und auch die Vorgänger von der ÖVP anschaut, dann ist da sehr großes Misstrauen angebracht. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich erinnere an die extensive Auslegung des Gefährderbegriffs, den Sie auch bei der Überwachung verwenden, die sich in den letzten Jahren leider eingebürgert hat. Einer Ihrer Vorgänger, Innenminister Nehammer, sprach von Lebensgefährdern. Die Coronamaßnahmenkritiker – Hunderttausende – sind solche Gefährder, und die müssen jetzt überwacht werden. Wer sich der Neutralität verpflichtet fühlt: Russlandspion, überwachen! – Wer die Regierung zu scharf kritisiert: Staatsfeind, Verfassungsfeind, überwachen! (Abg. Sieber [ÖVP]: Geh bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie haben zwar im Ausschuss zugestanden, dass nicht jeder Regierungskritiker ein Verfassungsfeind ist (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Wer liest, ist im Vorteil! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Die meisten! Nicht jeder, aber die meisten!), was ich sehr großzügig finde, aber da sieht man schon, wie der Begriff ausgelegt werden kann. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: ... nicht verstanden hat!)
Das ist das eine, aber das Zweite – was Sie uns komplett verschweigen – ist: Selbst wenn sich das Innenministerium, der Verfassungsschutz, die Sicherheitsbehörden, alle vollkommen in Ordnung verhalten, vollkommen rechtskonform vorgehen, so besteht ja – was Sie uns aber verschweigen – die Lücke auf allen Handys, und Sie lassen sie offen – absichtlich – für Kriminelle, für die organisierte Kriminalität, für Betrüger, für die Hersteller von Cyberwaffen.
Sie lassen sie offen, und diese verwenden die Lücke parallel zur Nutzung durch das Innenministerium und die Sicherheitsbehörden. Die scheren sich nicht um den Rechtsschutz oder die Begrenzung auf 30. Das heißt, entgegen Ihrem Argument: Wir müssen die Menschen vor Terrorismus schützen!, machen sie alle Handys auf, gerade auch für die Kriminellen und Terroristen, für die finanziellen Hacker und für alle, die zum Beispiel auch Ihre Regierungskoordination, sofern sie so interessant ist, ausspionieren wollen, auch für jene, die die Kommunikation der Polizei aufmachen wollen.
Sie erwähnen die große Gefahr durch die Russen. Es gibt die Chinesen, die Amerikaner, die Iraner – alle haben ausgefuchste Spionagesysteme. (Abg. Hanger [ÖVP]: Moskau!) Sie machen alle unsere Handys für diese Form der Überwachung auf, und davon sprechen Sie nicht.
Das heißt, wenn es um den Schutz der Bevölkerung geht, müssten Sie die Lücke für uns alle schließen. Wenn Sie sagen, es geht um Leib und Leben: ja, bei Terrorakten! Fast alle der Terroristen waren schon auf offenen Kanälen unterwegs und auffällig. Da müssten wir die Kapazitäten und die vielen Millionen, die Sie da jetzt investieren, hinlenken. Die Radikalisierung geschieht nicht auf Whatsapp, sondern auf offenen Kanälen, die überwacht und geschlossen werden sollten. Auch die meisten Warnungen aus dem Ausland stammten von offenen Kanälen.
Wenn Sie sagen, international bewährt: Ja, bei der Überwachung von Journalisten, von der Opposition. Auch der eigene Ministerpräsident ist schon einmal überwacht worden. In den Ländern, die dieses System haben, finden leider trotzdem noch Terroranschläge statt. Auf Augenhöhe sind Sie mit den Terroristen nicht, diese verabreden sich nicht auf Whatsapp, sondern die sind schon ganz woanders (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Auf euren Kanälen, oder was?), nämlich auf ihren eigenen Betriebssystemen und gehärteten Handys.
Zum Schluss – weil Sie sagen, wir sind doch für die Polizei, für mehr Sicherheit –: absolut, aber dann streichen Sie nicht die Überstunden der Polizei! Machen Sie die Grenzen zu und schieben Sie breitenwirksam ab, nicht nur einen, nicht nur 30, sondern Zigtausende! (Beifall bei der FPÖ.)
12.55
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Melanie Erasim. – Ich habe die Zeit auf 4 Minuten eingestellt, Frau Abgeordnete.