RN/73
14.50
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Was wir jetzt hier in der Debatte gehört haben, war, wie ein Redner versuchte, sich mit dem anderen darin zu übertrumpfen, wie grauslich man zu Menschen sein kann, die vor Verfolgung und Vertreibung geflohen sind.
Was ich noch nicht gehört habe, ist, wie Österreich Geas umsetzen wird, das Gemeinsame Europäische Asylsystem. Es gibt noch keinen Vorschlag, wie man da arbeitet, obwohl das ein System ist, das Österreich sicher entlasten würde. Österreich hat eine große Last getragen und trägt bisher eine große Last, und genau dieses System würde zu einer Entlastung führen. Wir setzen es nur einfach nicht um! Stattdessen übertrumpfen wir uns darin, wie man zu Menschen grauslich sein kann. – Danke.
Ich gebe Ihnen aber jetzt eine Chance, etwas Gutes zu tun. Ich gebe Ihnen eine Chance, einen Fehler gutzumachen.
Per 30. Juni ist die Verordnung ausgelaufen, mit der Vertriebene aus der Ukraine in die Krankenversicherung aufgenommen worden waren, und zwar für alle, für ausnahmslos alle Menschen, unabhängig davon, ob sie aus irgendeinem anderen Grund eine Krankenversicherung haben können. Und das ist das große Problem: Sie haben nicht an Menschen gedacht, die durch alle auch noch so eng geknüpften Netze durchrutschen. Sie haben keine Auffangregelung für Menschen, die nirgends anders unterkommen.
Das ist ein großer Fehler, denn das bedeutet, dass es in Österreich Menschen gibt, die keinen Krankenversicherungsschutz haben. Sie haben das sehenden Auges getan und Sie wissen das, denn auch Sie bekommen Informationen und Schreiben von Menschen, denen dieser Versicherungsschutz fehlt; Schreiben wie dieses von einer Mutter, die zwei Kinder hat, die an einer schweren Form von Autismus leiden, einer alleinerziehenden Mutter, die 2022 mit diesen zwei minderjährigen Kindern nach Österreich gekommen ist.
Beide Kinder leiden wie gesagt an einer schweren Form von Autismus, und die Familie war bis März 2025 auch in Grundversorgung, aber dann ist etwas passiert, was die Mutter dazu veranlasst hat, kurz in ihre Heimat zurückzukehren. Danach hat das BFA, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, eine Neuprüfung ihres Grundversorgungsanspruches gemacht und ist auf etwas draufgekommen, was auch die ganze Zeit vorher schon bestanden hat: dass diese Mutter für die beiden schwer an Autismus erkrankten Kinder Pflegegeld der Stufe 5 und 6 bekommt – alleine daraus lässt sich ableiten, dass es diesen beiden Kindern sehr schlecht geht und dass ein sehr hoher Pflegebedarf für diese Kinder besteht.
Sie ist deshalb – auch das ist ein prinzipieller Fehler im System – aus der Grundversorgung geflogen, weil das BFA sagt, sie ist nicht mehr hilfsbedürftig, weil sie Pflegegeld für ihre beiden Kinder bekommt, die dieses Pflegegeld aber brauchen, um ihre Krankheit behandeln lassen zu können – das Pflegegeld bekommt man, weil man Pflegeleistungen braucht. Sie kann kaum arbeiten, weil sie diese Pflegeleistungen zu erbringen hat, das heißt, sie hat keine Chance, in ein Arbeitsverhältnis zu kommen. Sie ist nicht vom AMS vermittelbar und hat somit keine Chance, in eine Krankenversicherung zu kommen, und somit auch ihre beiden minderjährigen, pflegebedürftigen, schwer kranken Kinder nicht.
Sie haben in Ihrer Regelung nichts, aber auch gar nichts vorgesehen, um Menschen wie diesen zu helfen, die vor Krieg, vor Bomben, vor Tod zu uns her geflohen sind, um bei uns Schutz zu suchen. Das ist erbärmlich und das ist Österreichs nicht würdig, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Das dürfen wir nicht zulassen! (Beifall bei den Grünen.)
Ich stelle daher einen Antrag, und Sie haben die Möglichkeit, diesem Antrag zuzustimmen. Sie haben auch noch eine weitere Möglichkeit, ich sage Ihnen, Sie haben auch morgen noch eine Möglichkeit. Wenn Sie meinem Antrag nicht zustimmen möchten, wenn Sie sagen, Sie stimmen dem Antrag, den die Grünen hier eingebracht haben, nicht zu, das wollen Sie nicht, Sie können es besser, Sie können es selbst machen, dann machen Sie es! Morgen wird über das ASVG abgestimmt, morgen ist das ASVG, wie man so schön sagt, offen. Setzen Sie sich zusammen, finden Sie eine Lösung! Unsere Zustimmung und Unterstützung haben Sie. Sie müssen nicht meinem Antrag zustimmen, aber Sie haben die Möglichkeit, da etwas Gutes zu tun. Bitte tun Sie es!
Der Antrag lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auslaufen der Krankenversicherung für ukrainische Kriegsvertriebene am 12. Juli“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Hauptausschuss des Nationalrates eine Verordnung nach § 9 ASVG vorzulegen, die aus der Ukraine geflüchteten Personen wieder einen schnellen, unkomplizierten und vor allem lückenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglicht, zumindest aber Härtefälle abfedert.“
Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
14.55
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/73.1
Auslaufen der Krankenversicherung für ukrainische Kriegsvertriebene am 12. Juli (96/UEA)
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Michael Schilchegger.