RN/86
15.51
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen und hier im Haus auf der Galerie! (Der Redner stellt ein Stoffmurmeltier auf die rechte Seite des Redner:innenpults. – Abg. Wurm [FPÖ]: Was macht denn der Hase da? Was macht denn der Hase da?) – Das ist kein Hase, das ist ein Murmeltier, Herr Kollege (Abg. Wurm [FPÖ]: Ach so!) – das solltest du als Tiroler ja erkennen –, denn täglich grüßt das Murmeltier. Die FPÖ inszeniert sich heute wieder als letzte Bastion der Freiheit. Wir erleben wieder einmal das altbekannte Schauspiel: Falschbehauptungen, Panikmache, gezieltes Schüren von Misstrauen gegen alles, was nach Wissenschaft, Kooperation, Verantwortung klingt. Es ist ein Déjà-vu: die immer gleichen Mythen, die immer gleichen Scheinargumente, alles längst widerlegt.
Worum geht es? – Es geht um die Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO, Kollege Wurm, wir haben es ja eh gerade noch einmal gehört. Das ist ein völkerrechtliches Regelwerk, wie Staaten bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren zusammenarbeiten sollen. Es geht um Schutz, um Frühwarnung, um die Stärkung unserer Gesundheitssysteme, um internationale Solidarität in Krisenzeiten.
Es geht ausdrücklich nicht um die Aufgabe nationaler Souveränität. Es geht nicht um eine angebliche Gesundheitsdiktatur. Es geht auch nicht darum, die persönliche Freiheit von Ihnen allen zu Hause oder hier im Haus einzuschränken. (Abg. Wurm [FPÖ]: Nein! Nein! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: So wie bei Corona auch!) Das wissen alle Fraktionen hier in diesem Haus bis auf eine, nämlich bis auf die FPÖ, weil die sich weigert, in der Realität anzukommen. So schaut es nämlich aus. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Sie (in Richtung FPÖ), Sie da drüben leben von Angst, von Verschwörungsnarrativen, vom Schattenboxen gegen Feinde, die Sie selbst erfinden.
Aber schauen wir uns an, wie die FPÖ in den letzten Jahren hier in diesem Haus und auch draußen auf den Straßen agiert hat: Ivermectin als Wundermittel empfohlen, obwohl selbst der Hersteller und sämtliche Gesundheitsbehörden davor gewarnt haben. Was war das Ergebnis? – Wir wissen es: Gefährdung der Gesundheit der Menschen bis hin zu Todesfällen. Das ist – nur, um politisches Kleingeld zu wechseln – Ihre Politik gewesen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist unfassbar! Wie viel haben denn die genommen?) Es wurden Tausende Impfopfer auch von Ihnen erfunden, Frau Kollegin. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein, die sind nicht erfunden ...! Die braucht man nicht erfinden! Bis zum heutigen Tage! Aber ihr schweigt sie ja lieber tot!) Die hat es nie gegeben. Sie haben sich bis heute nicht dafür entschuldigt, ja. (Beifall bei den Grünen.)
Was ist die Realität? – Die Covid-Impfstoffe haben Millionen Menschenleben gerettet. Das ist das Gegenteil der FPÖ-Behauptungen, das sind nämlich mit Studien belegte Zahlen.
Aber es gab falsche Zahlen zu Geimpften auf den Intensivstationen – das haben wir auch erst gehört –, wider besseres Wissen und entgegen allen verfügbaren Daten. Das Ziel war Verunsicherung und Spaltung – genau Ihre Politik, Ihr Programm. (Abg. Kaniak [FPÖ] – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Robert-Koch-Institut!)
Die Belastungen des Gesundheitspersonals sind auch von Ihnen heruntergespielt worden, als wäre das alles nur eine Erfindung. Wer mit Pflegerinnen und Pflegern, mit Ärztinnen und Ärzten heute spricht, weiß, wie zynisch diese Verharmlosung ist und war.
Wissenschaftliche Erkenntnisse sind von Ihnen systematisch untergraben worden. Das Vertrauen in Demokratie und Institutionen wird von Ihnen gezielt attackiert. In parlamentarischen Anfragen – Kollege Wurm, von Ihnen beispielsweise – wurden Studien zitiert, die es nie gegeben hat. Sie haben eine Scheingegenöffentlichkeit inszeniert, die eben faktisch nicht existiert hat und die es bis heute nicht gibt, die bis heute nicht vorhanden ist. Das mit dieser Scheingegenöffentlichkeit machen Sie jetzt auch immer noch. Immer noch irgendwelche Studien zitieren, irgendetwas erfinden, irgendetwas in den Raum werfen, irgendwelche Dinge behaupten: Das ist Ihr Programm, das machen Sie bis heute so.
Und heute? Was passiert heute? – Heute werden erneut längst widerlegte Behauptungen von Ihnen recycelt. Die FPÖ behauptet beispielsweise, die WHO könne künftig die absolute Deutungshoheit übernehmen, Maßnahmen erzwingen, nationale Parlamente entmachten. – Das ist schlicht und ergreifend faktisch falsch.
Die WHO kann lediglich Empfehlungen aussprechen. Die Umsetzung bleibt natürlich in nationaler Hand, kein Staat verliert seine Souveränität. Der Generaldirektor der WHO kann auch nicht nach Gutdünken einen Notstand ausrufen, ein Notstand wird nur auf Basis klarer Kriterien nach Beratung unabhängiger Expertengremien ausgerufen. Es gibt Kontrollmechanismen. Die Internationalen Gesundheitsvorschriften führen auch nicht zu einer Gesundheitsdiktatur, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern sind ein Instrument internationaler Zusammenarbeit, „internationaler Solidarität“, wie das erst so schön bezeichnet wurde. Die Entscheidungshoheit bleibt bei den Staaten. Die Novelle ist demokratisch und transparent zustande gekommen. Der Prozess war nachvollziehbar, die Dokumente waren öffentlich. Das Konsensverfahren ist internationaler Standard. Staaten müssen auch nicht alle WHO-Vorgaben umsetzen. Die Empfehlungen der WHO sind nicht bindend, die Staaten entscheiden selbst über deren Umsetzung.
Aber was ist das Ziel dieser ständigen Wiederholung von Falschbehauptungen seitens der FPÖ? – Es ist nicht der Schutz der Bevölkerung, es ist nicht der Einsatz für die Souveränität unseres Landes. Es ist schlicht und ergreifend nichts anderes, als gezielt Angst, Misstrauen, Unsicherheit zu schüren und daraus dementsprechendes politisches Kapital zu schlagen.
Die FPÖ hat sich während der Pandemie nicht um die Sorgen der Menschen gekümmert, sondern diese einfach nur instrumentalisiert. Sie hat aktiv Unwahrheiten verbreitet, und sie hat das Vertrauen in Wissenschaft, Medizin und Demokratie untergraben. Sie hat die gesellschaftliche Spaltung befeuert, und sie tut es heute auch wieder.
Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause und auch hier auf der Galerie, glauben Sie nicht einer Partei, der jedes Mittel recht ist, um unsere liberale Demokratie zu unterminieren! Die FPÖ lebt in einer Paralleldimension aus Angst, Mythen und gezielter Falschbehauptung. Die Fakten liegen auf dem Tisch, sie sprechen eine klare Sprache. Wer sich lieber an Gespenster, so wie die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, festklammert, als Verantwortung zu übernehmen, ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Wir stehen für faktenbasierte Politik, für internationale Zusammenarbeit, für den Schutz der Menschen und gegen die permanente Inszenierung von Bedrohungen, die es nicht gibt. Grün hält an den Fakten fest. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Brandstötter [NEOS].)
15.57
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Giuliani-Sterrer. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.