RN/178

21.35

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Es ist schon sehr interessant, dass sich die FPÖ persönlich angegriffen fühlt von einem Sektenbericht – von einem Sektenbericht! (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Wie entlarvend kann man hier heraußen stehen? (Abg. Kaniak [FPÖ]: Hast du die Grafik nicht gesehen, wo wir groß abgebildet sind?)

Geschätzte Kollegen, Kolleginnen, zum Bericht: Auf Social Media wird vor allem eines gerade gefeiert: die Selbstoptimierung – was man anhat, wie man aussieht, wie man trainiert, wie man sich selbst weiter optimiert, umso schneller, höher desto besser. Und klar ist auch, Selbstoptimierung per se ist ja nichts Schlechtes. Aber genau dieser Wunsch, noch erfolgreicher zu sein, noch erfolgreicher zu sein, wird heute gnadenlos ausgenutzt. 

Der Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen zeigt, immer mehr fragwürdige und gefährliche Onlinecoaches machen ihr Geld damit. Da geht es nicht um irgendwelche harmlosen Motivationsgeschichten, sondern es geht um das Geschäft mit der Angst. Und diese Angst lässt sich besser denn je verkaufen. Menschen geben Unsummen – Unsummen! – dafür aus, in der Hoffnung, dass sie ihr Leben ein Stück verbessern können. 

Was besonders schockiert: Hinter der ganzen Coachingfassade verstecken sich oft Kontrolle, Macht und Gewalt. Kollege Weinzierl, das hat überhaupt nichts mit konservativen Werten zu tun, da geht es explizit um Gewalt. Unter dem Schlagwort Männlichkeit zurückerobern (Abg. Weinzierl [FPÖ]: Was ist mit der Antifa, die ist nicht gewalttätig?) werden junge Menschen, junge Männer vor allem, in Echokammern gezogen, und sie landen bei Typen wie dem österreichischen Influencer Markus Streinz, ein sogenannter Transformationscoach, der aktiv dafür wirbt, Gewalt gegen Frauen einzusetzen, und der sie bis zur Bewusstlosigkeit würgt – und er verkauft das Ganze als persönliche Entwicklung. Das ist völlig irre! 

Das, was heute oft als Selbstoptimierung daherkommt, ist oft getarnt – als Frauenhass, emotionale Abhängigkeit, psychische und physische Gewalt. Und solch grindige Typen haben zum Teil Tausende Follower. Und darum ist es, glaube ich, auch wichtig, hier heraußen klarzustellen, dass wahre Stärke niemals mit Dominanz zu tun hat und niemals mit Gewalt zu tun hat, sondern mit Empathie, Selbstreflexion und mit dem Mut, man selbst zu sein. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.) 

Ein weiterer Punkt aus dem Bericht, der mich zutiefst beunruhigt – er wurde schon angesprochen –, der betrifft uns vor allem jetzt: Jetzt sind Ferien. Das bedeutet für Eltern Hochsaison. Das heißt: Kinderbetreuung organisieren, Ausflüge, Feriencamps, und da ist es natürlich wichtig, dass die Kinder gut betreut sind, dass sie eine schöne Zeit haben und dass sie vor allem sicher sind. Und da wird es gefährlich, denn immer mehr sogenannte weltanschauliche Camps – liebe FPÖ, da geht es nicht nur um den Islam, sondern es geht um, unter Anführungszeichen, „weltanschauliche“ Camps, vermeintlich günstige und harmlose Sommercamps für Kinder, die angeboten werden. Doch was oft nach Abenteuer klingt, kann religiöse Manipulation sein. 

Der Sektenbericht dokumentiert Fälle, in denen Kindern untersagt wird, dass sie Kontakt zu ihren Eltern haben. Es gibt Hinweise auf psychische und physische Gewalt und Missbrauch. Kinder müssen den Glauben lernen, unter Androhung von Strafen, und anstatt zu spielen lernen sie, wie sie andere Kinder weiter missionieren. Also Eltern wird ein harmloses Freizeitangebot versprochen, doch was manche Kinder erleben, ist Manipulation und Abschottung mit gravierenden Folgen. Und das darf uns ganz sicher nicht egal sein und da brauchen wir klare Regeln, denn jedes Feuerwehrfest hat einfach mehr Auflagen, als wenn jemand eine Kinderbetreuung in den Ferien veranstaltet. Und darum brauchen wir, ja, verpflichtende Kinderschutzkonzepte. (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS.) 

Aus diesem Grund, damit wir sofort handeln können, bringe ich einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verpflichtende Kinderschutzkonzepte für private Sommercamp-Anbieter:innen“

Der Nationalrat wolle beschließen: 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Europa, Integration und Familie im Bundeskanzleramt wird zur Einführung verpflichtender Kinderschutzkonzepte für private Anbieter:innen von Sommercamps, inklusive einheitlicher Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung, sowie Schulungen und Qualifizierungen für Betreuungspersonal, aufgefordert.“


Sorgen wir dafür, dass Eltern ihre Kinder in Sicherheit wissen, liebe Kollegen und Kolleginnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) 

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/178.1

verpflichtende Kinderschutzkonzepte für private Sommercamp-Anbieter:innen (98/UEA)

21.40

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung. 

Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin, die ich an dieser Stelle auch sehr herzlich in unserer Mitte begrüße. – Bitte, Frau Bundesministerin. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.