RN/179

21.40

Bundesministerin für Europa, Integration und Familie im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete im Hohen Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher im Hohen Haus, aber natürlich auch vor den Bildschirmen und Fernsehgeräten! Wir behandeln heute im Plenum den Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen.

Die Freiheit, den eigenen Glauben zu leben und persönliche Überzeugungen zu vertreten, ist eines der zentralen Grundrechte unserer Demokratie. Gleichzeitig ist es aber auch die Aufgabe des Staates, dort wachsam zu sein, wo Menschen in ihrer eigenen Selbstbestimmung eingeschränkt werden, wo Menschen psychisch unter Druck gesetzt oder finanziell ausgebeutet werden. Genau hier leistet die Bundesstelle für Sektenfragen seit vielen Jahren sehr wertvolle Arbeit: mit Fachwissen, mit wissenschaftlicher Forschung, mit Sensibilität und auch mit dem klaren Blick für die Abgrenzung zwischen Religionsausübung und potenziell gefährlichen Gruppierungen. 

Liebe Abgeordnete der FPÖ, ich weiß, Sie haben ein großes Problem damit, aber ich treffe gerne meine politischen Entscheidungen fundiert anhand wissenschaftlicher Fakten, und genau dazu gehört auch dieser Tätigkeitsbericht, der wissenschaftlich in hoher Qualität ausgearbeitet wurde, der kein politischer Bericht ist. (Zwischenruf des Abg. Weinzierl [FPÖ].)

Die politische Interpretation steht Ihnen selbstverständlich frei, aber ich finde, von Qualität zeugt es auch, wenn wir Entscheidungen hier im Hohen Haus danach treffen, was an Fakten am Tisch liegt, was die Wissenschaft liefert. Mir ist selbstverständlich bekannt, dass Sie damit ein Problem haben. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Weinzierl [FPÖ].)

Durch die wachsende gesellschaftliche Verunsicherung, durch die vorherrschenden Krisen, die wir an kriegerischen Auseinandersetzungen auch auf unserem Kontinent und insbesondere im Nahen Osten erleben, durch die zunehmende Radikalisierung im Internet, auf Social Media, erleben wir, dass Menschen leichter von problematischen Angeboten angezogen werden. Deshalb ist es enorm wichtig, eine kompetente Anlaufstelle anbieten zu können: für Betroffene, für Angehörige, für Fachstellen und Behörden.

Ich betone: Diese Fachstelle ist auch für Angehörige. Ich finde, es ist ein gutes Zeichen, dass sich eben auch ein Großteil an Angehörigen an die Bundesstelle wendet, wenn sie Fragen haben, wenn sie problematische Entwicklungen im familiären Umfeld, im Freundeskreis wahrnehmen. Ich finde, das ist auch ein Zeichen der Zivilcourage, und damit liefert die Bundesstelle ein gutes Angebot, damit eben auch da geholfen werden kann, wo vielleicht der Blick schon etwas getrübt ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Der vorliegende Bericht zeigt vielfältige Herausforderungen – von der Gefährdung von Kindern über Verschwörungserzählungen bis zu problematischen weltanschaulichen Tendenzen. Oft treten diese Probleme dort auf, wo wir sie auf den ersten Blick nicht vermuten.

Gerade in Zeiten wachsender Desinformation, in Zeiten wachsender Polarisierung und Radikalisierung im Netz zeigt sich auch, wie wichtig Aufklärung ist, wie wichtig Beratung und Analyse sind. Wir beobachten zunehmend, dass auch weltanschauliche Gruppierungen auf allen Kanälen bewusst mit Desinformation arbeiten, etwa wenn Verschwörungstheorien gezielt zur Abschottung oder zur Untergrabung des Vertrauens in staatliche Institutionen eingesetzt werden; oder wenn wirtschaftliche Notlagen ausgenützt werden, um einen Menschen zu einer Handlung zu zwingen.

Keine Toleranz gibt es für die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen. Egal ob restriktive Glaubenspraktiken der Eltern oder gezieltes Fernhalten von medizinischer Versorgung: Der Schutz von Kindern ist für uns alle oberste Priorität. 

Da es den nächsten Tagesordnungspunkt betrifft, möchte ich mich ganz kurz noch in diesem Redebeitrag dazu äußern. Es ist wichtig, dass wir aus diesem wissenschaftlichen Bericht konkrete Maßnahmen ableiten können, dass wir Betroffenen entsprechende Hilfe bieten können.

Wohin wenden sich Kinder und Jugendliche, wenn sie Probleme haben? – 70 Prozent suchen bei psychischen und mentalen Problemen Hilfe bei Freunden, ein Viertel bei Psychotherapeuten und 6 Prozent bei Hotlines. Gerade gleichaltrige Freunde und auch Eltern haben da eine ganz wichtige Funktion. Natürlich kann man sich auch als Elternteil, als Mitschüler, als Freundin, als Freund an die Schulpsychologie, an Schulsozialarbeiter und an Hotlines wenden; man kann sich Rat holen, wenn man selbst Hilfe braucht oder wenn man sieht, dass jemand anderer Hilfe braucht und man ihn bestmöglich unterstützen möchte.

Ich möchte ganz einfach hier den Appell an alle richten, aufmerksam zu sein, den Appell, dass man sich Hilfe holt, dass man niemals allein damit fertig werden muss, wenn einen etwas belastet. Es gibt immer jemanden zum Zuhören, es gibt immer jemanden, der auch zurückschreibt, egal ob das 147 – Rat auf Draht ist, ob das die Kummernummer ist, ob das unzählige Telefonseelsorger in ganz Österreich sind, wo in jeder einzelnen Einrichtung und Organisation großartige Arbeit geleistet wird. Wir haben ein starkes Netz, und wir stärken dieses Netz an Hilfsangeboten auch durch zusätzliche Maßnahmen. 

Zurückkommend zur Bundesstelle für Sektenfragen: Diese ist kein Randangebot, sondern ein ganz wichtiger Baustein gegen Manipulation und Radikalisierung, sie unterstützt unsere Behörden und ist gleichzeitig ein Warnsystem für neue gesellschaftliche Entwicklungen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

21.46

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Frau Bundesminister. 

Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Schuh. 2 Minuten eingemeldete Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.