RN/21
10.22
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wenn man jetzt hier in dieser Runde oder auch die Menschen vor den Bildschirmen zu Hause fragen würde: Finden Sie das in Ordnung, wenn man Lebensmittel, die eigentlich noch genießbar sind, die eigentlich wertvoll sind, einfach wegwirft?, würden wir wahrscheinlich alle hier gemeinsam, glaube ich, sagen: Nein, das ist nicht in Ordnung!, und das wird auch die Meinung zu Hause sein. Dennoch werden in Österreich jährlich 600 000 Tonnen noch genießbare Lebensmittel weggeworfen.
Jetzt kann man sagen, das ist einerseits eine moralische Frage: Will man etwas wegwerfen, das eigentlich noch gut ist?, aber es ist andererseits vor allem auch eine soziale Frage. Es werden auf der einen Seite wertvolle Lebensmittel weggeworfen, obwohl es auf der anderen Seite Menschen gibt, die am Ende des Monats gerade bei Lebensmitteln sparen müssen, bei denen es dann nicht mehr fürs frische Obst oder fürs Gemüse reicht, auch bei Familien mit kleinen Kindern.
Ich werde nie vergessen – ich habe das hier schon einmal erzählt, aber es berührt mich so –, dass mir einmal eine junge Mutter geschrieben hat, ihre Kinder nennen das Ende des Monats immer die Toastbrotzeit. Weil es dann nicht mehr fürs frische Brot reicht, kauft man Toastbrot, weil das ein bisschen billiger ist. Die Kinder sagen dann immer: Jetzt beginnt die Toastbrotzeit!
Auf der einen Seite gibt es solche Familien und auf der anderen Seite werfen wir 600 000 Tonnen noch genießbare Lebensmittel weg. Das ist eine soziale Frage, und das muss einfach auch enden – das muss enden! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Voglauer [Grüne].)
Deshalb freut es mich sehr, dass wir alle gemeinsam heute einstimmig einen Antrag beschließen werden.
Es ist nicht nur eine soziale Frage, es ist auch eine ökologische Frage. Für jede Scheibe Brot, die weggeworfen wird, für jedes Packerl Milch, das weggeworfen wird, für jeden Paprika sind ja wertvolle Ressourcen in Anspruch genommen worden. Unser Boden ist wertvoll, unser Wasser, das da hineinfließt, ist wertvoll.
Bei jeder Produktion von einem einzelnen Lebensmittel wird auch CO2 emittiert, weil natürlich auch Energie notwendig ist, um Lebensmittel zu erzeugen. Wasser, Böden, Energie: All das sind wertvolle Ressourcen, von denen wir nicht unendlich haben. Auch da wird alles verschwendet, wenn wir wertvolle Lebensmittel einfach wegwerfen.
Deshalb sagen wir, da müssen wir genau hinschauen, und zwar entlang der gesamten Lieferkette. Das beginnt in der Landwirtschaft, das geht weiter beim Handel, das ist auch in den öffentlichen Kantinen oder in der Gastronomie der Fall und auch bei den privaten Haushalten. Entlang der gesamten Kette entsteht Abfall, der vermeidbar wäre, und überall wollen wir ansetzen.
Ich freue mich sehr, dass wir heute einen Antrag beschließen, mittels dessen wir einerseits als öffentliche Hand vorangehen wollen, andererseits auch evaluieren wollen: Reicht das schon, was wir bisher tun? – vermutlich können wir noch nachschärfen –, und mit dem wir uns allen gemeinsam dieser Verantwortung bewusst sein wollen: Lebensmittel sind wertvoll!
Ich darf mich meiner Vorrednerin anschließen: Es geht auch ein bisschen um die Frage des Respekts, denn für jedes Lebensmittel wird wertvolle Arbeitszeit aufgewendet. Bäuerinnen und Bauern investieren viel Arbeitszeit, um wertvolle Lebensmittel zu produzieren – und dann wirft man sie weg. Das ist, auch aus Sicht der Sozialdemokratie, problematisch, und wir sollten das nicht einfach so hinnehmen: Respekt vor der Arbeit! Respekt vor unseren Ressourcen! Ganz wichtig ist auch, endlich das Soziale in den Mittelpunkt zu stellen.
Ich schließe mit einer weiteren Mail ab, die mir geschickt worden ist, nämlich von der Geschäftsführerin der Tafel Österreich. Wer diese Initiative nicht kennt: Der Verein hat 2024 insgesamt 1 578 Tonnen Lebensmittel gerettet und damit kostenfrei 75 000 armutsbetroffene Menschen in insgesamt 160 sozialen Einrichtungen österreichweit versorgt. Das ist eine unglaublich große Leistung.
Die Geschäftsführerin hat in dieser Mail geschrieben – ich hoffe, das ist okay, sie hier zu zitieren –: „Generell müssen Ökologisches und Soziales viel stärker in der Politik ganzheitlich betrachtet werden, denn es muss beides gleichzeitig möglich sein. Dass Essen nicht im Müll landet, ist wichtig, aber wenn etwas übrig bleibt, dann muss es an armutsbetroffene Menschen umverteilt werden.“
Ich glaube, genau das ist notwendig. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
10.26
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Holzegger. – Ihre eingemeldete Redezeit: 3 Minuten. Bitte.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.