RN/68
13.12
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Der heutige Tag, an dem wir das Pensionspaket beschließen – übrigens nur vier Monate nach Antritt dieser Regierung –, ist ein historischer Tag. Mit dem heutigen Tag stellen wir den Reformkurs im Pensionsbereich scharf.
Ich sage, der Tag ist historisch, nicht, weil wir alles erreicht haben – nicht, dass Sie mich da falsch verstehen –, im Gegenteil, das ist nur der Anfang und nicht das Ende der Reformen im Pensionsbereich (Beifall bei den NEOS – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ah ...! Der Anfang! – Abg. Wurm [FPÖ] – in Richtung Abg. Kucher –: Aha! Philip, der Anfang!); dieser Tag ist deswegen historisch, weil mit Eintritt von NEOS in die Bundesregierung das erste Mal seit 20 Jahren der Kurswechsel im Pensionssystem eingeleitet wurde. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Gratulation, Sozialdemokratie! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Wir sind in diesem System mit 140 km/h in Richtung Wand gefahren. Was wir jetzt tun, ist, das Lenkrad noch einmal herumzureißen, um die Notausfahrt zu nehmen. Das tun wir mit dem, was wir heute beschließen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne].)
Ich sage Ihnen, das sind gute Nachrichten: gute Nachrichten für Österreich, gute Nachrichten fürs Budget (Abg. Lausch [FPÖ]: Wer zahlt’s ...?), und insbesondere gute Nachrichten nicht nur für die jungen Menschen, sondern für alle, die noch vor ihrer Pension stehen und auch eine sichere und gute Pension haben wollen. (Ruf: Wo ist der Loacker, bitte?!)
Sie wissen, es war eines der NEOS-Gründungsthemen, Reformen im Pensionsbereich zustande zu bekommen, und mich fragen regelmäßig Menschen: Warum haben denn die NEOS überhaupt so ein Problem mit dem aktuellen Pensionssystem? Ich sage Ihnen auch: Unsere Kritik am Pensionssystem ist kein Selbstzweck, das machen wir nicht aus Jux und Tollerei. Ich möchte Ihnen erklären, worin unsere Kritik an diesem System besteht.
In Österreich – vor allem für die Zuseherinnen und Zuseher, die sich vielleicht nicht so intensiv mit diesem Thema beschäftigen – haben wir ein sogenanntes Umlageverfahren. Das schaut vereinfacht gesagt so aus, dass jene Menschen, die derzeit arbeiten, in das System einzahlen, damit aus diesen Beiträgen die Pensionen derer, die gerade in Pension sind, finanziert werden können. Wenn diese Zahlungen und die Auszahlungen eine Lücke ergeben, dann müssen wir diese Lücke aus dem Gesamtbudget, also mit den Steuern der arbeitenden Menschen, decken, aus dem Budget zuzahlen. Das war einmal ein gutes System. Das Problem dabei ist, dass es eins zu eins an der demografischen Entwicklung hängt.
RN/68.1
Ich möchte Ihnen kurz illustrieren, was das Grundproblem dabei ist: In den Achtzigerjahren, in der Nachkriegszeit, da hat die demografische Entwicklung vereinfacht gesagt so ausgesehen (eine Tafel in die Höhe haltend, die ein Dreieck zeigt): Es gab viele junge Menschen, zahlende Menschen und relativ wenige Menschen, die in Pension waren und diese Zahlungen bezogen haben. Das Problem ist aber, dass sich die Situation nicht geändert, sondern verkehrt hat. (Der Redner dreht die Tafel um, sodass das Dreieck auf der Spitze steht.) Wir haben jetzt die Situation, dass immer weniger junge Menschen die Pensionen immer mehr älterer Menschen finanzieren müssen. Wer nicht sieht, dass das ein Problem ist, der ist blind oder will es nicht verstehen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Weil sich diese Pyramide verkehrt hat, schießen wir – und ich möchte Ihnen das wirklich so illustrieren – ein Viertel aus dem Gesamtbudget, das wir zur Verfügung haben, über 30 Milliarden Euro derzeit, zu, damit das Pensionssystem funktionieren kann und damit die Pensionen derer, die in Pension sind, ausgezahlt werden können. Dieses Geld fehlt für die Bildung, dieses Geld fehlt für die Integration, dieses Geld fehlt für den Klimaschutz, dieses Geld fehlt für Innovationen, und zwar nicht, weil die Pensionisten, die Pensionistinnen die Bösen sind, sondern weil dieses System kaputt ist, und deswegen müssen wir es dringend reparieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das zweite Problem ist, dass nicht nur die demografische Entwicklung systemisch an diesem Problem schuld ist, sondern dass zusätzlich in den letzten 20 Jahren – und diese Kritik müssen sich alle Parteien gefallen lassen – alle immer mitgemacht haben, vor Wahlen Wahlzuckerln verteilt haben, die das noch einmal verschärft haben und dieses Kuchenstück, diesen Teil des Budgets immer größer gemacht haben. Auch damit ist Schluss, das wird es in dieser Regierungsperiode nicht geben.
Heute ist ein historischer Tag, nicht deswegen, weil wir alles erreicht haben, sondern weil wir für dieses unverantwortliche Handeln die Stopptaste gedrückt haben. Es wird endlich einen Paradigmenwechsel im Pensionssystem geben, und das insbesondere – darauf möchte ich jetzt noch eingehen – mit dem sogenannten Nachhaltigkeitsmechanismus.
Das ist ein kompliziertes Wort, er hat ein einfaches Ziel, nämlich die Zuzahlungen aus dem Budget, diese über 30 Milliarden Euro, runterzubringen, damit wir mehr Geld für Integration, für Bildung, für Klimaschutz und für alle anderen Dinge, die uns allen hier herinnen wichtig sind, haben. Der Nachhaltigkeitsmechanismus erfolgt in drei Schritten: Erstens, es gibt erstmals einen absoluten Ausgabendeckel für Zuzahlungen aus dem Budget ins Pensionssystem – und ich sage Ihnen: Da fährt auch die Eisenbahn drüber, über diesen absoluten Ausgabendeckel. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm [FPÖ]: Ah! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aha! – Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr müsst klatschen, Sozialdemokratie! Ist euer Regierungspartner!)
Zweitens, ab sofort wird die Bundesministerin für Soziales – das sieht das Gesetz vor – jedes Jahr dem Parlament einen sogenannten Bericht zur nachhaltigen Absicherung des Pensionssystems zuleiten. Das ist kein Bla-bla-Bericht, sondern da drinnen werden harte Fakten stehen, nämlich ob der Budgetpfad, den wir abgebildet haben – das ist der Pfad, der vorsieht, dass die Pensionsausgaben sinken müssen –, gehalten wird oder nicht. (Abg. Koza [Grüne]: Die müssen nicht sinken!) Das heißt, wir werden das jedes Jahr im Parlament vorliegen haben und wissen: Hält der Pfad oder hält er nicht? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].)
Drittens – und das ist jetzt der Nachhaltigkeitsmechanismus –, wenn der Pfad überschritten wird, ist die nächste Regierung ab 2030 gesetzlich dazu verpflichtet, harte Maßnahmen zu ergreifen, um das Pensionssystem zu sichern (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was heißt denn das?), insbesondere auch – neben den schon erwähnten – eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. (Die Abgeordneten Wurm [FPÖ] und Belakowitsch [FPÖ]: Ah!) Ich sage Ihnen: Das ist auch wichtig und richtig so. (Beifall bei den NEOS. –Abg. Wurm [FPÖ]: Sozialdemokratie, was ist los? Hört ihr das? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Frau Bundesminister, haben Sie das eh gehört? Jetzt haben wir es! – Abg. Wurm [FPÖ]: Einer, der die Wahrheit spricht!)
Mir ist wichtig, abschließend zu betonen: Diese Pensionsreform ist keine Pensionskürzung, sondern diese Pensionsreform ist eine absolut notwendige Kurskorrektur. Ich möchte noch einmal das Bild vom Anfang meiner Rede bedienen: Wir waren mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Frontalcrash unterwegs. Was wir gemacht haben, ist, dass wir die Notausfahrt genommen haben, insbesondere mit dem Nachhaltigkeitsmechanismus. Und – ich habe es schon gesagt – das heute ist nicht das Ende des Reformkurses, es ist der Anfang, und ich freue mich, dass wir ihn heute beschreiten. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm [FPÖ]: Also wer hat jetzt recht, Frau Schumann? Was stimmt jetzt? Wer lügt jetzt da? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was passiert jetzt?)
13.18
Präsidentin Doris Bures: Nun hat Frau Bundesministerin Korinna Schumann das Wort. – Bitte, Frau Ministerin.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.