RN/99

15.15

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Ich habe durchaus Verständnis für diesen Dringlichen Antrag, der heute eingebracht wurde. Warum? – Weil ich vor allem Verständnis habe für die Ungeduld, die manche in sich tragen, gerade in dieser Frage. 

Ich war vorgestern im Bezirk Graz-Umgebung unterwegs. Dort wurde die Polizeiinspektion Feldkirchen eröffnet, und in der Gemeinde Gratwein-Straßengel, das ist nördlich von Graz, wurden 72 dienstführende Polizisten ausgemustert.

Da kommt man mit sehr vielen ins Gespräch, am Stadtrand von Graz, mit Polizistinnen und Polizisten, von denen viele im Einsatz waren, und auch mit der Bevölkerung. Und natürlich kommen da Fragen auf: Was wird geändert? Warum wird das geändert? Wie wird etwas geändert? Welche Maßnahmen werden gesetzt? – Ja, in diesen Gesprächen spürt man zum Teil auch die Ungeduld, aber gleichzeitig auch, und das war auch Teil dieser Gespräche, das Verständnis dafür, dass nicht alles gleich machbar und umsetzbar ist.

Daher möchte ich noch einmal einen kurzen Rückblick geben über diese so intensiven letzten vier Wochen, etwas mehr als vier Wochen: Der 10. Juni 2025, der Dienstag nach Pfingsten, wird immer ein tragischer Markstein in der Geschichte unseres Landes sein. Unser Bundeskanzler Christian Stocker hat es als „nationale Tragödie“ formuliert. Neun Söhne und Töchter sowie eine Mutter und Ehefrau wurden von einem Amokläufer an diesem Tag ermordet, hingerichtet. 

Neben Trauer, Wut und Zorn haben wir in diesen Stunden, in diesen Tagen – und wir haben es selber ja miterlebt in diesem Haus – aber auch eine unglaubliche Geschlossenheit, einen unglaublichen Zusammenhalt in diesem Land gespürt. Für die Regierung war auch sehr rasch klar – und wir hatten drei Tage Staatstrauer –, dass man nach so einem Wahnsinn nicht zur Tagesordnung übergehen kann. 

Ich habe ihn schon einmal zitiert, ich tue es heute noch einmal, nämlich den Schulsprecher Ennio Resnik, der gesagt hat, am Sonntag am Hauptplatz in Graz, also wenige Tage nach dem Amoklauf: „Bitte, liebe Regierung, ändern Sie was!“ – Ennio Resnik, Schulsprecher des BORG Dreierschützengasse.

Einen Tag danach, am Montag, dem 16. Juni, gab es hier in diesem Haus eine Regierungserklärung mit Reden aller Parlamentsparteien, des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers und der Außenministerin, mit dem klaren Bekenntnis, mit dem klaren politischen Willen, genau das zu tun, nämlich etwas zu ändern.

Wiederum zwei Tage später, am 18. Juni 2025, also vor drei Wochen und einem Tag, war die Ministerratssitzung mit klaren Beschlüssen in diesem Ministerrat, mit klaren Vorstellungen, mit ganz konkreten Maßnahmen, die nach diesem Amoklauf auch umgesetzt werden sollen.

Ich darf jetzt, um das auch ganz konkret anzusprechen, aus diesem Ministerratsvortrag noch einmal wiederholen: „Ziel muss es sein, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen verantwortungsvollem Waffenbesitz und öffentlicher Sicherheit zu gewährleisten. Durch gezielte Nachbesserungen kann das Risiko von Missbrauch reduziert werden, ohne dass verantwortungsvolle Waffenbesitzer pauschal eingeschränkt werden.“ – Das bedeutet strengere Voraussetzungen, präzisere Kontrollen und eine intensivere Zusammenarbeit der zuständigen Behörden.

Einige Beispiele an konkreten Maßnahmen aus diesem Ministerratsvortrag: Zuverlässigkeit und Eignung werden zur zentralen Bedingung für jeden Waffenerwerb. „Der Erwerb von Schusswaffen darf nur nach Überprüfung der Zuverlässigkeit möglich sein.“ Bestehen Zweifel aufgrund psychologischer Auffälligkeiten, besteht die Möglichkeit, ein Waffenverbot von bis zu zehn Jahren zu verhängen. Die psychologischen Anforderungen werden deutlich verschärft. Wir setzen auf verpflichtende mehrstufige Anamnesegespräche. Pauschale Kombipakete, die rasch zur Ausstellung einer Waffenbesitzkarte führen, werden verboten. Der Datenaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert, muss deutlich verbessert werden. Der private Waffenkauf wird strenger reguliert. Ein höheres Mindestalter für den Waffenerwerb ist ebenfalls in diesem Ministerratsvortrag angekündigt, weiters die Verlängerung der Abkühlphase beim Ersterwerb, und neu ausgestellte Waffenbesitzkarten werden befristet. Und ein wesentlicher Punkt in diesem Ministerratsvortrag ist die Evaluierung, die Evaluierung der Waffenkategorisierung. – Das sind also viele ganz konkrete Maßnahmen und ein ganz konkreter politischer Wille wenige Tage danach und jetzt – im Zeitraffer zurück, vor etwas mehr als drei Wochen. 

Gestern wurde in diesem Haus dann auch ein Initiativantrag mit den ersten ganz konkreten Umsetzungen dieser Maßnahmen eingebracht. Mit diesem Initiativantrag sollen nämlich zwei wesentliche dringliche Problemstellungen, die gerade bei diesem Amoklauf zu sehen waren, verändert werden: dass die Daten der Stellungskommission der Waffenbehörde selbstverständlich zur Verfügung stehen und dass die Abkühlphase von drei Werktagen auf vier Wochen erhöht wird. Das sind also ganz konkret Dinge, die angekündigt worden sind und die auch umgesetzt werden (Zwischenruf des Abg. Kogler [Grüne]), die Schritt für Schritt und auch Punkt für Punkt abgearbeitet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber – und das möchte ich an dieser Stelle auch ganz klar sagen – eine umfassende Waffengesetznovelle – eine umfassende Waffengesetznovelle! –, für die man nach drei Wochen einen umfangreichen Begutachtungsentwurf vorlegen soll – und ich habe viele Beispiele aus dem Ministerratsentwurf, nein, -beschluss auch präsentiert (Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne]) –, ist unmöglich. Die besten Legisten der Welt – und wir haben die besten Legisten der Welt – können das nicht leisten, nämlich innerhalb von drei Wochen hier eine konkrete Gesetzesvorlage auf den Tisch zu legen. (Abg. Prammer [Grüne]: Ihr habt nicht einmal gesagt, dass ihr es tun wollt!) Das sollten vor allem jene – und diese Bemerkung sei mir erlaubt – ganz genau wissen, die noch vor Kurzem Regierungsverantwortung getragen haben. Das ist kein seriöser Zugang (Abg. Gewessler [Grüne]: Wollt ihr es? Das ist die Frage! Wollt ihr?), das ist kein seriöser Vorgang, wie man Reformen, wie man Notwendigkeiten umsetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Warum?)

Und weil Sie einen Vergleich angesprochen haben, Frau Bundesminister außer Dienst und Klubobfrau: Die Gefährderüberwachung damit zu vergleichen und das Tempo dahin gehend, das ist abenteuerlich. Sechs Jahre haben wir darüber diskutiert und darum gekämpft, bis Sie das Paket zur Gefährderüberwachung beschlossen haben. Das war gestern der Fall. Wir werden keinesfalls – das kommt für uns nicht infrage, Frau Klubobfrau – sechs Jahre für eine Novelle des Waffengesetzes brauchen. Das wird rascher gehen, das wird besser gehen und das wird Punkt für Punkt ganz konkret auch umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend: Bei allem Verständnis – ich komme noch einmal auf das zurück, was ich zu Beginn gesagt habe – für Emotion, bei allem Verständnis für Ungeduld: Es ist unsere politische Verantwortung, es ist Regierungsverantwortung, bei notwendigen Änderungen – und das wissen Sie als ehemaliges Regierungsmitglied – ordentlich, korrekt, nachhaltig, aber natürlich mit der entsprechenden Konsequenz vorzugehen. Und das werden wir tun, ganz, ganz bestimmt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung keine Rednerin und kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kogler. Ich erteile es ihm. Seine eingemeldete Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.