RN/104

15.55

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Staatssekretäre! Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Debatten, bei denen wir einfach aus Prinzip nicht streiten sollten, und es gibt Themen, da sollten wir auch nicht reflexartig in unsere ideologischen Lager zerfallen. Das hier ist so ein Thema: Es geht um den Schutz von Menschenleben, und ich möchte hier auch die Perspektive von betroffenen Frauen einbringen.

Es geht nämlich auch um den Schutz von Frauen vor tödlicher Gewalt, darum, Femizide zu verhindern – das sind Morde an Frauen durch ihre Partner oder Ex-Partner. Das machen sie aus Besitzdenken, aus verletztem Stolz, aus patriarchaler Kontrolle – und ganz oft auch mit einer Waffe, die sie ganz legal besitzen. Im Durchschnitt werden in Österreich pro Monat zwei Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet.

Wenn wir uns die Details dieser Taten ansehen, dann sehen wir auch, dass ein erheblicher Teil dieser Morde mit Schusswaffen verübt wird, und das sind oft Schusswaffen, die ganz legal besessen werden. Da stehen wir als Gesetzgeber in der Verantwortung, tätig zu werden – nicht, weil wir glauben, dass ein Waffenverbot patriarchale Gewalt einfach so aus der Welt schafft, das wird nicht passieren, aber, weil wir wissen: Wenn es schwerer ist, an Tatwaffen zu kommen, dann wird es auch weniger tödliche Eskalationen und Morde geben. Das ist keine Meinung, das ist evidenzbasiert, das zeigen Studien aus mehreren Ländern: Strengere Waffengesetze senken die Zahl an Femiziden, insbesondere an jenen, die mit Schusswaffen verübt werden. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) 

Deshalb werden wir aktiv, meine Damen und Herren. Die Regierung arbeitet mit Hochdruck an einer Verschärfung des Waffenrechts. Wie ist hier der Stand der Dinge? – Der Innenausschuss wurde permanent gestellt, damit den ganzen Sommer über über ein neues Waffengesetz verhandelt werden kann. Dieses soll auch schon mit Schulanfang, Anfang September, in Kraft treten.

Der gestrige Initiativantrag gibt hier auch ganz klar die Richtung vor: Wir verschränken die Daten der Stellungskommissionen mit denen der Waffenbehörde, um sicherzustellen, dass niemand mehr bei staatlich bekannter psychologischer Kontraindikation legal eine Waffe erhalten und erwerben kann. Die dreitägige Abkühlphase, die es aktuell gibt, soll auf vier Wochen verlängert werden. Niemand soll mehr aus einem Affekt heraus, aus einer Wut heraus ganz schnell eine Waffe zur Verfügung haben. Das ist ein wichtiger Schritt, insbesondere um Femizide zu verhindern beziehungsweise deren Anzahl zu verringern. 

Es wird aber nicht bei diesen Maßnahmen bleiben, es wird an vielen weiteren Maßnahmen gearbeitet. Der Ministerratsvortrag zu den Folgen des Attentats in Graz gibt hier auch den weiteren Weg vor: Es wird eine noch engere Kooperation und einen Datenaustausch zwischen den Behörden geben, um sicherzustellen, dass nur jene Personen eine Waffe bekommen, von denen tatsächlich keine Gefahr ausgeht. Es wird eine Ausweitung und Verschärfung von waffenpsychologischen Gutachten geben. In diesen Gutachten soll auch dargelegt werden, warum die jeweilige Person eine Waffe braucht. Es wird wiederkehrende Überprüfungen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit geben, das soll noch strenger vollzogen werden, und so weiter und so fort. 

Gleichzeitig müssen wir aber auch mitdenken: Waffenbesitz ist in Österreich unter ganz klaren Auflagen rechtlich erlaubt, und viele nutzen die Waffe auch sehr verantwortungsbewusst, das sind Jägerinnen und Jäger, oder für den Sport. Diese Realität dürfen wir nicht ausblenden, und deshalb brauchen wir auch keinen reflexartigen Kulturkampf, nicht bei einem so wichtigen Thema, sondern eine vernünftige Debatte, in der Schutzrechte nicht gegen Freiheitsrechte ausgespielt werden, in der man beides im Blick hat. Das ist möglich, denn eine liberale Perspektive heißt auch in diesem Fall: Ja zu Freiheit, Ja zu Eigenverantwortung, aber auch ein ganz klares Ja zum Schutz vor Gewalt, insbesondere da, wo der Staat Verantwortung trägt. (Beifall bei den NEOS.)

Eines ist klar: Wer Frauen mit dem Tod bedroht, der sollte definitiv keine Waffe besitzen, unabhängig davon, ob er im Schützenverein tätig ist, ob er Jäger ist oder aus anderen Gründen eine Waffe zur Verfügung hat. Die Grenze muss genau da verlaufen, wo die Gefahr beginnt, und das ist nicht erst beim ersten Schuss.

Wir reden hier nicht über Symbolpolitik, sondern wir reden über ganz konkrete Schutzmaßnahmen. Die braucht man auch nicht kleinzureden, liebe FPÖ. Wir reden auch darüber, dass jede Frau das Recht hat, frei von Angst zu leben, frei von Gewalt zu leben, auch dann, wenn man sich trennt, auch dann, wenn diese Trennung vom Ex-Partner nicht akzeptiert wird. Die Anzahl der Femizide in Österreich ist erschreckend hoch. Das ist aber kein Naturgesetz, das muss nicht so bleiben, und deshalb ist ein wichtiger Teil der Verschärfung des Waffenrechtes eben auch, das Leben von Frauen und Mädchen in Österreich sicherer zu machen.

Dass wir so lange gebraucht haben, um da tätig zu werden, macht mich persönlich als Frauensprecherin auch betroffen – dass es ein Attentat braucht, damit wir da besser werden. Ich glaube, dass das eine gute Erinnerung daran sein sollte, dass wir auch dann hinschauen, wenn es immer nur um Einzelfälle geht, denn jede Frau, jedes Mädchen in Österreich hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.01 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Zadić. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.