RN/115
17.01
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident. – Puh, es ist fast schwierig, überhaupt darauf zu reagieren. Vielleicht sage ich es einmal so: Ihre eigene Wählerschaft hat schon verstanden, warum das Thema wichtig ist. Die Mehrheit der FPÖ-Wähler wünscht sich ein strengeres Waffengesetz. (Beifall bei SPÖ und Grünen.) Nur Sie haben es nicht verstanden. Und bei diesen ganzen Reden – nur für den Fall, dass Sie es nicht gesehen haben –, haben nicht einmal mehr die Leute in den eigenen Reihen geklatscht (Abg. Erasim [SPÖ]: Aber die Spender wollen es nicht!), so viel Vollholler ist da jetzt gekommen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na Moment! Ein bisschen eine andere Ausdrucksweise, Frau Kollegin!)
Aber ich gehe zurück zu dem, worum es geht: Wir alle wollen in Sicherheit leben. Wir wollen vor allem, dass unsere Kinder in Sicherheit leben, wir wollen, dass unsere Kinder in Sicherheit den Kindergarten und die Schule aufsuchen können. (Abg. Lausch [FPÖ]: Sichern Sie die Schulen! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Schützen Sie die Grenzen!) Und bei allen Differenzen bin ich davon überzeugt, dass uns das zumindest vereint. (Präsident Haubner übernimmt den Vorsitz.)
Was uns aber auch vereinen sollte, ist die Verantwortung, alles zu tun, dass das für unsere Kinder auch möglich ist, denn sonst brauchen wir unseren eigenen Kindern gar nicht mehr in die Augen zu schauen. Ich weiß schon – und das wurde heute sehr oft gesagt –: Wir werden nie – nie! – zu 100 Prozent verhindern können, dass sich solch schreckliche Ereignisse wie in Graz zutragen – leider; könnten wir das, dann würden wir es ja tun –, aber was wir schon können, ist, alles, was in unserer Macht steht, zu tun, dass es zumindest erschwert wird. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) Natürlich gehört da auch dazu, dass man den Zugang zu Waffen endlich strenger kontrolliert. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Ich verstehe nicht, warum ein 18-Jähriger leichter an eine Schrotflinte kommt als ein 10-Jähriger an einen Fahrradführerschein. Ich habe es auch noch nie verstanden. (Ruf bei der FPÖ: Sie haben vieles nicht verstanden, Frau Kollegin! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist bekannt, dass Sie nichts verstehen!) Natürlich ist es legitim, die Frage zu stellen: Warum braucht ein 18-Jähriger überhaupt eine Schrotflinte?
Liebe Zuschauer:innen zu Hause! Seit 2015, in den letzten zehn Jahren, hat sich die Zahl der Waffen in Österreich fast verdoppelt, mittlerweile sind laut Innenministerium 1,5 Millionen legale Waffen in Umlauf, Schätzungen gehen sogar von 2,5 Millionen legalen und illegalen Waffen in Österreich aus. Damit sind wir eines der Länder mit den meisten Waffen pro Kopf, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt. Das ist die Realität, die sich aktuell zuträgt.
Wir sehen ganz genau, was in Ländern, in denen immer mehr und mehr Waffen in Umlauf sind, passiert. Das schlimmste Beispiel sind wohl die USA – und diese sind von der FPÖ heute auch noch als Positivbeispiel erwähnt worden –, dort gibt es mehr Schusswaffen als Einwohner und Einwohnerinnen. Wozu das führt, wissen wir: dass dort nicht ein Mal, sondern jede Woche Schüsse in Schulen fallen – jede Woche fallen dort Schüsse! (Zwischenruf des Abg. Lausch [FPÖ].)
Ich weiß, in Ihren Reihen gibt es einige, die finden Donald Trump bewundernswert, und offensichtlich wollen Sie ihm da jetzt nacheifern, weil Sie sich so vehement dagegen wehren, dass man bei den Waffen genauer hinschaut. Aber Sie sind da wirklich am falschen Dampfer. Sicherheit ist keine Frage des Kalibers. Wir brauchen ein Waffengesetz, das die Bevölkerung vor Waffen schützt, und nicht ein Waffengesetz, das Waffen schützt. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Genau das passiert jetzt auch. Und das sage ich wirklich mit Nachdruck: Die SPÖ hat in der Bundesregierung die größte Verschärfung des Waffengesetzes durchgesetzt, seit es das Waffengesetz gibt. Liebe Kolleg:innen auch der Grünen, das sage ich mit größter Klarheit (Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne]): In Zukunft wird über jene, die vom Gericht als gefährlich oder unzuverlässig eingestuft werden, auch ein Waffenverbot verhängt werden. Es ist vollkommen absurd, dass das bisher noch nicht so war, dass Menschen, die wirklich als unzuverlässig eingestuft wurden, weiterhin Waffen besessen haben.
Die privaten Waffenverkäufe werden künftig nur mehr über registrierte Händler abgewickelt werden. (Zwischenruf des Abg. Reifenberger [FPÖ].) Es werden strenge Zuverlässigkeitsprüfungen kommen, vor jeder Waffenerlaubnis. Bei den psychologischen Gutachten werden wir nachschärfen. Es wird einen besseren Datenaustausch mit den Behörden geben. Wenn künftig jemand bei der Stellung als untauglich eingestuft wird, dann wird man ihm nicht mehr so leicht eine Waffe anvertrauen. Die Alterslimits werden nach oben gesetzt. Es gibt eine verlängerte Abkühlphase, die etabliert werden soll. Die Waffenbesitzkarten sind in Zukunft nur mehr für acht Jahre ausgestellt und auch bei der Verlängerung wird strenger geprüft, denn nur deshalb, weil jemand einmal tauglich ist, eine Waffe zu besitzen, muss er das ja nicht seine gesamte Lebenszeit lang sein. Es werden auch Waffenverbotszonen rund um Schulen und Kindergärten geprüft. Also das ist – und ich sage das mit voller Klarheit – die größte Reform des Waffenrechts, seit es das Waffenrecht gibt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Da werden wir auch nicht lockerlassen, sondern wir werden über den Sommer weiter mit Hochdruck daran arbeiten, dass bereits im September Gesetzesvorschläge vorliegen.
Ich sage auch dazu: Da geht es nicht nur darum, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen schützen, sondern da geht es auch darum, dass wir Frauen schützen. Die Femizide in den letzten Jahren wurden mehrheitlich mit Schusswaffen getätigt. Wenn wir hier beim Waffengesetz endlich nachschärfen, ist das hoffentlich auch ein Beitrag, dass weniger dieser grausamen Femizide passieren. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Shetty [NEOS] und Kogler [Grüne].)
Zur FPÖ: Sie schreien immer: Sicherheit! Sicherheit! Sicherheit! – Ja, wir alle brauchen Sicherheit. Aber genau jetzt, wenn es darum geht, wirklich zu beweisen, dass man auch dafür steht, tun Sie das nicht. Sie sagen, es geht um illegale Waffen. Ja, natürlich, auch die illegalen Waffen sind ein Problem. Und was tun Sie dagegen, was sind da Ihre Vorschläge?
Ich sage Ihnen, was man sich zum Beispiel anschauen könnte: Machen wir alle hier herinnen einmal ein Gedankenexperiment: Stellen wir uns vor, es gibt extremistische Gruppen in Österreich (Zwischenruf bei der FPÖ), hinsichtlich derer auch die Behörden sagen, von diesen geht Gewalt aus. Und dann stellen wir uns vor, bei denen zu Hause werden ein paar Waffenlager gefunden, noch und nöcher (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer [Grüne]): Pistolen, Waffen, Granaten, Sprengstoff, militärische Ausrüstung, Rohrbomben. Stellen wir uns vor, das ist nicht nur einmalig, sondern immer wieder werden in Österreich mitten unter uns bei extremistischen Gruppen Waffen gefunden (Zwischenrufe bei der FPÖ), mehr und mehr, und die Behörden warnen sogar davor, dass da offensichtlich eine Aufrüstung stattfindet. Stellen wir uns vor, das passiert in Österreich! Was, glauben Sie, wird dann die FPÖ dazu sagen? (Abg. Erasim [SPÖ]: Gar nichts!) – Das ist gar kein Gedankenexperiment, das ist nämlich die Realität – und Sie sagen gar nichts dazu!
Im Dezember 2021: Neonazifunde: 1 200 Kilo Munition; im Juni 2023: Munition für über 10 000 Schüsse, da haben Sie gar nichts dazu gesagt; im Februar 2025 in Niederösterreich: Waffenfunde noch und nöcher, das sind alles Neonazigruppen, die zu Hause Waffen lagern. Was sagen Sie dazu? Haben Sie dazu schon jemals ein Wort verloren? Hat Herbert Kickl dazu schon jemals etwas gesagt? (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)
Entschuldigung, stellen wir uns vor, das wären islamistische Extremisten: Da würden Sie die Hütte anzünden – zu Recht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty [NEOS].) Aber wenn es um Rechtsextreme und um Neonazis geht, dann sagen Sie nichts? (Ruf bei der FPÖ: ... von der RAF! RAF! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wissen Sie, das ist diese Doppelmoral, dass es immer nur ein Problem ist, wenn es um die Gruppe geht, die man gerade nutzen will, um die Gesellschaft zu spalten.
Wir sagen das ganz klar: Wir sind dagegen, dass auch nur eine extremistische Gruppe Waffen besitzt! Das ist ein Sicherheitsrisiko für Österreich; wurscht, ob politisch motiviert, wurscht, ob religiös motiviert. Keine extremistische Gruppe in Österreich soll Waffen besitzen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)
Können Sie das auch von sich sagen? Kein einziges Wort haben Sie gesagt seit 2019. Wissen Sie, wie viele Waffenfunde es bei Neonazis und bei Rechtsextremen gegeben hat? (Abg. Herbert [FPÖ]: Illegale Waffen, Kollegin! Illegale Waffen!) – Illegale, genau. Wissen Sie, wie viele? (Abg. Herbert [FPÖ]: Aber Sie behandeln ja die legalen Waffenbesitzer ...!) – Über 50, zu keinem einzigen haben Sie etwas gesagt (Ruf bei der FPÖ: Wollen Sie ... illegalen verbieten, Kollegin?), sondern Sie haben geschwiegen. Diese Doppelmoral stinkt wirklich zum Himmel. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Bei allen Waffen, legalen, illegalen Waffen, müssen wir genauer hinschauen (Abg. Darmann [FPÖ]: Also die SPÖ wird jetzt illegale Waffen verbieten! Gratulation!), denn natürlich sind sie ein Sicherheitsrisiko. Wir wollen wirklich Sicherheit für die Bevölkerung in diesem Land. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Bravo!)
17.09
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.