RN/157

19.23

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute eine Regierungsvorlage, mit der das Strafgesetzbuch geändert werden soll und ein neuer Straftatbestand des Cyberflashings geschaffen werden soll. 

Cyberflashing – was ist das? –: Personen erhalten unaufgefordert und absichtlich Bildaufnahmen von entblößten Genitalbereichen mittels Informations- und Kommunikationstechnik. Mir ist es wichtig, an dieser Stelle vorab einmal zu betonen, dass das nicht in Ordnung ist und dass das sozial inadäquates Verhalten ist, das auch von unserer Seite in keiner Art und Weise toleriert wird und auch entsprechend gesetzlich sanktioniert gehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Frage ist hier nur, auf welche Art und Weise und ob das hier mit dieser Vorlage richtig umgesetzt wird. Was ist die Zielsetzung des neuen Straftatbestandes? Ist der Kernbereich des Strafrechts im konkreten Fall wirklich das geeignete Instrument und ist der Tatbestand in der vorliegenden Form auch treffsicher genug? – Aus meiner Sicht, aus unserer Sicht ist das nicht der Fall. Die Regierungsvorlage weicht offenbar bewusst von der EU-Richtlinie ab, die die Europäische Union letztes Jahr verabschiedet hat, nämlich die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. 

In dieser Richtlinie ist eine Bestrafung von Cyberflashing nur dann vorgesehen, wenn diese Handlungen wahrscheinlich auch dazu führen, dass die Person einen schweren psychischen Schaden erleidet und auch entsprechend darunter leidet. Ein einmaliges Verschicken eines solchen Bildes soll nach den europarechtlichen Vorgaben gar nicht strafbar sein. Der Empfänger hat die Möglichkeit, den Absender zu blockieren und dadurch auch den weiteren Kontakt entsprechend zu vermeiden. Es ist hier also europarechtlich eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle vorgesehen – einmal, muss man sagen, von der Union etwas Vertretbares, das man auch so umsetzen könnte. 

Umso verwunderlicher, dass von dieser Erheblichkeitsschwelle in diesem Fall überhaupt kein Gebrauch gemacht worden ist und der Entwurf, der hier vorliegt, davon einfach abgeht. Und warum? – Weil es offenbar schwerer beweisbar ist, und deswegen machen wir es nicht. Also die Tatbestände werden jetzt offenbar nach Beweisbarkeit zusammenkonzipiert und erstellt und nicht nach der Frage, wie das tatsächliche Bedrohungsbild ist. Das ist das, was mich hier im Konkreten schon sehr verwundert. (Beifall bei der FPÖ.)

Mein Eindruck ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass es hier in Wahrheit um den Kampf gegen die toxische Männlichkeit geht (Abg. Brandstötter [NEOS]: Ja!) – und wohl auch gegen die toxische Weiblichkeit, denn der Tatbestand ist geschlechtsneutral formuliert, Frau Kollegin. (Abg. Brandstötter [NEOS]: Aber die Erfahrung ...!) Also es geht in beide Richtungen, und Sie werden ja auch hoffentlich zugestehen, dass das hier kein Paragraf ist, der sich gegen die Männlichkeit richtet – und für einen Kampf der Geschlechter sind wir an dieser Stelle nicht zu haben, das sage ich auch in ganz klarer Deutlichkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Tatbestand – und das ist für mich eigentlich auch ein erheblicher Punkt, warum wir nicht zustimmen können – belastet vor allen Dingen junge Menschen. Wir sind der Meinung, es macht schon einen erheblichen Unterschied, ob ein junger Mensch mitten in der Pubertät zwischen 14 und 18 einer Schulkollegin einmal in einer blöden Aktion unüberlegt ein obszönes Bild schickt oder ob das ein volljähriger erwachsener Mensch macht (Zwischenruf der Abg. Feichtinger [SPÖ]), Frau oder Mann. Das macht einen Riesenunterschied, und zu bedenken ist, dass gerade in dieser Altersgruppe der Gebrauch von neuen Medien auch besonders intensiv ausgelebt wird. Dadurch wird vor allem die Jugendgerichtsbarkeit belastet, Minderjährige werden hier kriminalisiert, vor die Strafrichter gestellt und zu guter Letzt natürlich auch verurteilt. 

Aus meiner Sicht geht es um eine erzieherische Maßnahme, die in Form eines Strafgesetzes Eingang in das StGB finden soll, dort gehört das allerdings nicht hin. Es setzt Jugendliche tatsächlich einem sehr hohen strafrechtlichen Risiko aus, und diese Meinung teilen ja auch Jugendschutzorganisationen mit uns, die ganz genau wie wir auch kritisch angemerkt haben, dass dieser Tatbestand in der vorliegenden Form durchaus nicht positiv ist und dass man sich das überlegen sollte. (Beifall bei der FPÖ.) 

Junge Menschen in diesem Alter sind noch in Entwicklung, das heißt, sie sind nicht toxisch, sondern sie sind in diesen Fällen unreif. Das macht einen ganz erheblichen Unterschied, Frau Ministerin, aber das ist hier in diesem Vorschlag einfach nicht bedacht worden. Der Einsatz des Strafrechts ist hier ganz einfach nicht gerechtfertigt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Jugendlichen nicht für dumme Aktionen, die tatsächlich dumm sind, kriminalisiert werden, und das ist gut und richtig so. (Beifall bei der FPÖ.)

Der richtige Sanktionsmechanismus – einen solchen braucht es schon in diesem Fall – wäre das Verwaltungsstrafrecht. Es wäre mit Geldstrafen, mit Schulungen, mit Aufklärung und Wertekursen entsprechend vorzugehen. Deswegen auch abschließend mein Appell an Sie: Überlegen Sie sich diesen Gesetzentwurf noch einmal, denken Sie sich durch, was das vor allen Dingen für die jungen Menschen bedeutet, die unüberlegt eine Handlung setzen, die sie dann im Endeffekt mit einer Vorstrafe bezahlen müssen. Ziehen Sie diese Regierungsvorlage zurück – und dann bauen wir gemeinsam ein treffsicheres Gesetz, das wirklich effektiv ist. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.28

Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße auch Frau Bundesministerin Eva-Maria Holzleitner im Hohen Haus.

Frau Abgeordnete Selma Yildirim, Sie gelangen zu Wort. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.