RN/174
20.19
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich liebt seine romantischen Kaiserinnengeschichten: Romy Schneider, weiße Pferdekutschen, Walzerseligkeit und mittendrin Sisi, die schöne Kaiserin, für manche die Rebellin. Franz Joseph, 23 Jahre alt, entschied sich für Elisabeth, für Sisi, seine erst 15 Jahre alte Cousine. Zwei Tage später war die Verlobung, ein Jahr später die Hochzeit, ein Jahrhundert später ein wunderschöner, kitschiger Märchenfilm, der relativ wenig mit der Realität zu tun hat, denn was bleibt, wenn man genauer hinschaut? – Eine Minderjährige, die verheiratet ist mit einem Erwachsenen aus der eigenen Familie. Heute würde das Ganze wahrscheinlich niemand mehr als romantisch bezeichnen, völlig zu Recht, und trotzdem ist genau das 170 Jahre später in Österreich noch möglich: dass man mit 16 Jahren mit Zustimmung der Eltern heiraten kann, auch Cousinen oder Cousins.
Dieses gesetzliche Relikt, es wurde schon angesprochen, setzt natürlich junge Menschen massiv unter Druck, gerade junge Frauen, wenn es einen familiären Druck oder einen gesellschaftlichen Druck gibt. Wenn junge Menschen zur Ehe gedrängt werden, dann ist das natürlich ein tiefer Einschnitt in das eigene Leben. Und das Traurige ist: Das passiert hier, nicht irgendwo, das passiert hier in Österreich.
Die Frau Ministerin hat es schon angesprochen: Frühe Ehen bedeuten oft frühe Schwangerschaften, bedeuten Bildungsabbrüche und finanzielle Abhängigkeit. Genau das wollen wir für junge Mädchen, für Frauen selbstverständlich nicht. Das wollen wir verhindern.
Ja, wir hätten da schon weiter sein können, denn dieses Gesetz wurde unter Grün-Schwarz ausverhandelt. Wir wollten das natürlich im letzten Sommer, wie meine Kollegin schon gesagt hat, beschließen. Leider wurde das aus parteipolitischen Gründen blockiert.
Generell, muss man dazusagen, waren es in der letzten Periode wir Grüne, die beim Thema Kinderschutz trotz mancher Widerstände geliefert haben, und zwar von der Kindeswohlkommission über das große Kinderschutzpaket bis hin zur ersten bundesweiten Kinderschutzkampagne. (Beifall bei den Grünen.)
Heute holen wir nach, was man schon längst hätte umsetzen können. In Zukunft darf in Österreich nur noch heiraten, wer wirklich volljährig ist, ohne Ausnahmen. Sisi und Franz: ein Kapitel österreichischer Kitschromantik. Diese Ehen kommen zukünftig nur mehr in die Museen, sicher nicht ins Standesamt, und das ist auch gut so. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jachs [ÖVP].)
20.21
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.
Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.