RN/198
21.41
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Die mittlerweile wieder Kollegin im Nationalrat Gewessler, vormalige Ministerin, hat in ihrer Wortmeldung gesagt: Es wird heute über das Elektrizitätswirtschaftsgesetz abgestimmt. Das würde ich so nicht sehen, das möchte ich richtigstellen: Worüber abgestimmt wird, ist offensichtlich ein Entschließungsantrag der Grünen, und offensichtlich stellen Sie hier einen alten Gesetzesentwurf, von dem Sie ja gesagt haben, dass er in der alten GP gescheitert ist, zur Wahl. (Abg. Darmann [FPÖ]: Schlechte Vorbereitung!)
Ich möchte jetzt den Menschen erklären, wie so ein Gesetzgebungsprozess bei uns im Parlament wirklich läuft: Was jetzt vorliegt – das ist jetzt aber nicht Gegenstand dieser Debatte –, ist ein sogenannter Begutachtungsentwurf, der sich offensichtlich – das werden wir uns genauer anschauen – doch hoffentlich um einiges unterscheidet von dem Begutachtungsentwurf aus dem Jänner 2024, von dem Sie gesprochen haben. Dieser Begutachtungsentwurf ist datiert mit 4. Juli 2025. Da sind wir noch weit weg vom Gesetz. Ich erkläre es deshalb, weil das eine Zweidrittelmaterie ist und wir hier als Freiheitliche auch in der Lage sind, zumindest gefragt zu werden, zumindest auch in die Verhandlungen eingebunden zu werden – genauso wie Sie von den Grünen –, weil die Regierung eine der beiden Oppositionsparteien braucht, sonst wird das nichts mit dem Gesetz.
Dann gibt es eine Begutachtungsfrist über diesen Begutachtungsentwurf, die ist angesetzt bis 1. August, das ist meines Erachtens etwas sehr kurz, weil es doch eine größere Materie ist. Ich teile jetzt nicht die möglicherweise doch von erheblichen Marketingkomponenten geprägte Aussage des Herrn Minister Hattmannsdorfer, dass das jetzt der größte und wichtigste Entwurf der letzten 20 Jahre ist. Ich teile da eher Ihre Einschätzung, um Sie zu zitieren: Das ist das „Betriebssystem“, das wir für eine entsprechende Energiewirtschaft im weitesten Sinne brauchen. – Da sind wir schon bei dem Thema, bei dem wir uns diametral von Ihnen als Grüne unterscheiden: Wenn es um das Energiewirtschaftssystem geht, haben wir Freiheitliche doch vollkommen andere Zugänge – ich komme darauf später noch zurück.
Wenn die Begutachtungsfrist abgelaufen ist, werden eventuell oder auch nicht die Stellungnahmen der Beteiligten – der sogenannten Stakeholder der Branche sozusagen – eingearbeitet, dann gibt es möglicherweise einen Ministerratsbeschluss über eine Regierungsvorlage, dann wird diese Regierungsvorlage in einer Nationalratssitzung dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen, dann tagt der Wirtschaftsausschuss und dann wird es im Idealfall wieder dem Plenum im Nationalrat zugewiesen. Da reden wir aber jetzt von einer Zeitachse frühestens im Oktober. (Abg. Gewessler [Grüne]: Da sind wir jetzt!) Also, heute wird da gar kein Gesetz beschlossen (Abg. Gewessler [Grüne]: Das ist ein 200-Seiten-Initiativantrag!), da wird gar nichts beschlossen, und das ist auch gut so, weil wir die Zeit natürlich für die entsprechenden Beratungen brauchen.
Was steht jetzt in diesem Begutachtungsentwurf drinnen? – Da möchte ich schon anmerken, dass nicht alles schlecht ist, was in diesem Begutachtungsentwurf steht. Ich möchte aber auch anmerken: Es ist das Betriebssystem, das wir brauchen, das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, da ist die Rede von einer Strompreis-runter-Garantie, also der Pflicht der Weitergabe der Energieversorgungsunternehmen von niedrigeren Preisen an die Kunden. Das klingt sehr gut, wir sind uns noch nicht sicher, ob das eine Schmähpackung, eine Mogelpackung, ist oder nicht, weil da noch so viele Dinge ungeklärt sind: welcher Preis, welche Börse, Fristen et cetera. Das muss man sich genauer anschauen. Die flexiblen Netzentgelte, bei denen sozusagen netzdienliches Verhalten belohnt wird und netzschädliches Verhalten bestraft wird, klingen auch gut.
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Das heißt: Warum haben wir überhaupt diese Situation? – Und da sind wir jetzt bei Ihrer grünen Energiepolitik, die ja nicht beachtet, was ich seit Jahren predige, nämlich das energiepolitische Dreieck. (Abg. Hammer [Grüne] hält ein zu einem Dreieck gefaltetes Papier in die Höhe.) – Genau, danke Lukas. Es wird mittlerweile auch schon von der SPÖ kopiert, das energiepolitische Dreieck. Man muss doch Ziele, die grundsätzlich das Potenzial haben, sich zu widersprechen, ausgewogen verfolgen. Natürlich haben wir das Ziel Ausbau der Erneuerbaren, aber da gibt es auch andere Ziele, und die lassen Sie vollkommen außer Acht, nämlich das zweite Ziel, die Versorgungssicherheit, die Netzstabilität, und das dritte Ziel – da sind wir beim Wirtschaftsstandort, da sind wir bei der Industrie, da sind wir bei den Arbeitsplätzen und da sind wir beim Wohlstand –, nämlich die Wirtschaftlichkeit, das muss ja leistbar sein. Energie aus einem Windrad zu astronomischen Preisen in der Herstellung nützt ja nichts. Und offensichtlich ist es so, sonst müssten wir das nicht mit Hunderten Millionen und Milliarden fördern, also vollkommen unausgewogen. (Beifall bei der FPÖ.)
Das führt dann genau zu solch absurden Situationen, dass wir jetzt ein Netz haben, das nicht für diese hochvolatile Energie mit diesen großen Schwankungen ausgelegt ist. Windräder und Fotovoltaik produzieren halt leider oft zu Zeiten Energie, zu denen man sie nicht braucht, zu denen sowieso schon zu viel vorhanden ist und die Netze halten das nicht mehr aus. Das führt dann zu so ökonomischen Absurditäten, wie wir sie hier auch im Gesetz drinnen haben – Sie wissen das, Stichwort Spitzenkappung –, dass bei zu viel Energieproduktion durch PV-Anlagen diese dann abgeschaltet werden müssen, das läuft dann leer durch. Das erinnert mich an die Windräder in der Nordsee, die um teures Geld hergestellt worden sind und die sie dann vom Netz genommen haben und die leer durchlaufen, weil in dem Fall die Deutschen nicht in der Lage waren, rechtzeitig – nämlich ausgewogen nach dem Dreieck – parallel auch einen entsprechenden Netzausbau zu machen. (Abg. Gewessler [Grüne]: Die Antwort ist der Netzausbau!) Also das sind die Folgen Ihrer Energiepolitik. Wir reden jetzt über das Betriebssystem, wie gesagt, da sind einige Punkte drinnen, die sehr gut und vernünftig sind, das ist das Betriebssystem. (Abg. Gewessler [Grüne]: Das regelt eben ein Netzausbau!) Im Übrigen muss man Ihnen, der schwarz-grünen Vorgängerregierung, schon den Vorwurf machen – Sie haben es schon gesagt –: Sie haben de facto nichts zusammengebracht. (Beifall bei der FPÖ.)
Und Sie wissen, wir haben die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019, Sie haben es auch in Ihrem Antrag. Es ist ja allerhöchste Zeit. Sie haben es auch gesagt: Rechtssicherheit, Klarheit für die Branche – absolut richtig, das unterschreibe ich, aber gleichzeitig haben Sie fünf Jahre nichts zusammengebracht, Faktum. (Abg. Hanger [ÖVP] – in Richtung FPÖ –: Jetzt Applaus!) Wer da jetzt schuld ist, ist der Branche relativ egal. Schauen wir einmal, ob die neue Regierung, bei der ja auch wieder die ÖVP dabei ist, entsprechend etwas zusammenbringt.
Natürlich, wenn man systemisch denkt: Wir werden offen sein für entsprechende Gespräche, wir möchten aber nicht nur über das Betriebssystem sprechen, sondern wir möchten auch über grundsätzliche Fehlentwicklungen in der Energiepolitik sprechen. Und da bin ich beim Antrag von Kollegin Gewessler betreffend „Unterstützung des EU-Klimaziels 2040 der EU-Kommission“, also Klimaneutralität, den wir natürlich ablehnen, weil wir das für vollkommen überschießend halten. Im Übrigen haben wir das zum Beispiel im Regierungsprogramm in den Verhandlungen mit der ÖVP drinnen gehabt, dass wir das 2050-Ziel nicht Gold-platen, Sie haben es jetzt leider wieder drinnen. Also, das ist schon ein Punkt, der uns wichtig ist, weil dieses Gold-platen Eile ohne Not ist. Wir haben nicht alle Zeit der Welt, aber wir haben genug Zeit. Sie wissen ja auch, dass dieser überstürzte Netzausbau wahnsinnige Liquiditäts- und Finanzierungs- und auch Kostensteigerungen mit sich bringt. Das ist einfach nicht vernünftig, nicht ausgewogen und auch nicht erreichbar. Das habe ich damals, 2017, schon Elli Köstinger gesagt. Das Ziel, das klingt alles gut, 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren, abgesehen davon mit dem verschmitzten Zusatz „national bilanziell“.
Was heißt das? – Das heißt ja nicht, dass wir 100 Prozent über das Jahr aus Erneuerbaren produzieren, sondern nur eben national bilanziell. (Abg. Gewessler [Grüne]: Wir sind bei 95 Prozent!) Wir wissen ja mittlerweile, dass wir aus Erneuerbaren im Sommer viel, viel mehr produzieren und im Winter Strom importieren müssen. (Abg. Gewessler [Grüne]: Deswegen Windräder ausbauen in Oberösterreich!) Und von wo kommt der Strom her? – Aus tschechischen - - (Ruf: Windräder!) – Nicht von Windrädern – Dunkelflaute, leider, da haben wir Pech. Sie kennen die Mengen bei den Windrädern, da liegen wir eine Zehnerpotenz daneben. (Abg. Gewessler [Grüne]: Da sind Sie mit der Wirtschaftskammer auseinander in Oberösterreich!) Ich kann es Ihnen sagen: Der Strom kommt aus tschechischen Atomkraftwerken, aus französischen Atomkraftwerken oder aus polnischen Kohlekraftwerken. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gewessler [Grüne]: Wir haben Strom exportiert, Herr Kassegger!)
Also dieses ganze Ziel ist überschießend – wollen wir nicht.
Dann müssen wir auch über die enormen Kostenbelastungen für die Haushalte und die Unternehmen reden. Der Strompreis auf der Rechnung setzt sich ja zusammen aus dem Energiepreis, den Netzgebühren – die im Übrigen auch extrem steigen werden – und den Steuern und Abgaben. Bei den Steuern und Abgaben haben wir das ganze Erneuerbarenregime dabei. Da wird dann massiv mit Hunderten Millionen der Ausbau hoch volatiler Energieerzeugungsquellen, sprich Windräder und Fotovoltaikanlagen, gefördert. Das kostet natürlich Hunderte Millionen, da sind wir im Bereich der Erneuerbarenförderpauschale, des Erneuerbarenförderbeitrags et cetera. Das muss ja irgendwer zahlen. Das zahlen die Haushalte, aber auch die Unternehmen.
Wir haben in den letzten Jahren eine Aussetzung dieser Kostenbelastungen für die Endkunden gehabt. Darüber würden wir auch gerne diskutieren oder verhandeln oder wie auch immer, ebenso über das ganze Thema – da sind wir wieder bei einer Energiepolitik, die wir für völlig verfehlt halten – CO2-Bepreisung, Zertifikatehandel.
Bitte, wir sind doch als Europäer im globalen Wettbewerb mit den Chinesen, mit den Amerikanern und anderen, und die Energiepreise sind dort günstiger. Verlässliche Energieversorgung ist ein zentraler Wirtschaftsstandortfaktor. Da kann ich nicht so tun, als ob das keine Rolle spielen würde. Und im Vergleich zu den Amerikanern schauen wir da ganz, ganz alt aus. Wie wollen Sie die europäische Wirtschaft erhalten? Wir sind ja mittlerweile in einer Defensivstrategie – da geht es ja gar nicht mehr ums Ausbauen, sondern nur mehr ums Erhalten – mit Energiepreisen, die ein Vielfaches dessen betragen, was in Amerika zu zahlen ist. Das geht sich nicht aus, das kann man mit Produktivitätsvorteilen gegenüber den Amerikanern ja gar nicht mehr kompensieren. (Abg. Gewessler [Grüne]: Windkraftausbau senkt Energiepreise!) Das heißt in weiterer Folge: Die Wirtschaft leidet darunter – wir sehen es ja jetzt –, wird zerstört, Arbeitsplätze werden zerstört, Wohlstand wird zerstört. Das alles wollen wir nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Ein kleiner Baustein ist diese CO2-Bepreisung, die das Ganze natürlich noch weiter verteuert, mit dem hehren Ziel, das Klima der Welt zu retten. Im Übrigen besteht gar keine Korrelation zwischen dieser Maßnahme und dem Effekt auf das Weltklima. Wir haben es heute schon gehört. Dem Weltklima ist das relativ egal. Den Chinesen, die jetzt ich weiß nicht wie viele Hundert Kohlekraftwerke bauen, ist das relativ egal. Unserer Wirtschaft ist das nicht egal, denn die wird in die Knie gehen, denn die CO2-Preise steigen ja immer weiter. Die wird in die Knie gehen. Deswegen sollten wir über dieses Thema auch reden.
Das heißt, wir reden sehr gerne über das Elektrizitätswirtschaftsgesetz als Betriebssystem, aber wir reden auch sehr gerne über das dem zugrunde liegende Gesamtenergiesystem. (Beifall bei der FPÖ.)
21.53
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Graf. Eingemeldete Redezeit: 4 Minuten.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.