RN/5

Anfrage 34/M

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Wunderschönen guten Morgen, Frau Außenminister! Sie sind ja erst vor einigen Tagen von einer ganz besonderen Reise in einer hochsensiblen Zeit zurückgekommen. Sie haben zum ersten Mal den Nahen Osten besucht und da, glaube ich, auch sehr viele Stationen absolviert. Sie haben ja Ramat Gan besucht, wo es einen iranischen Raketenangriff gegeben hat, Sie haben den Hostage Square besucht, sind aber auch in den palästinensischen Gebieten gewesen und haben auch dort Regierungsvertreter getroffen. 

Können Sie vielleicht nur in ein paar Punkten das Ziel Ihrer Reise beschreiben beziehungsweise was Ihre Message dort war? 

Die schriftlich eingebrachte Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„Sie waren im Juni erstmals im Nahen Osten: Welche Stationen haben Sie bereist und was war Ihre Hauptbotschaft in der Region?“

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Ministerin.

Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Danke für die Frage. 

Sie haben wahrscheinlich die Diskussionen in den vergangenen Wochen verfolgt: einerseits die militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran, andererseits natürlich der fortlaufende Kampf gegen die Hamas um die Freilassung der Geiseln und vor allem für ein Ende des Terrors gegen die israelische Bevölkerung, auch in Israel. Sie haben vielleicht auch verfolgt, dass auf europäischer Ebene sehr lebhaft über mögliche Sanktionen oder sonst etwas diskutiert wurde. 

Ich glaube, und das ist auch die Haltung der österreichischen Bundesregierung, dass wir in all diesen wirklich schwierigen Fragen wieder der Diplomatie den Weg ebnen sollten. Es gibt keine Alternative zum persönlichen Gespräch. So bin ich zunächst nach Zypern gefahren, weil das natürlich eine besonders exponierte Lage ist – dort war auch Migration ein Thema, aber natürlich auch die Frage der Versorgung des Gazastreifens, etwa über den Seeweg, mit Lebensmitteln, mit Hilfsgütern –, dann nach Ägypten und Jordanien, weil diese beiden arabischen Länder sehr konstruktive Rollen in der Frage eines politischen Prozesses in Richtung eines Friedens, gerade auch in den palästinensischen Gebieten, gerade auch im Gazastreifen, einnehmen.

Ich bin dann nach Israel gefahren und habe dort mit meinen Kollegen ein sehr freundschaftliches, aber auch sehr ernstes Gespräch darüber geführt, dass die humanitäre Situation in Gaza unerträglich geworden ist. (Ruf bei der FPÖ: Das war sicher super ernst!) Es freut mich sehr, dass der israelische Außenminister Gideon Sa’ar meiner Einladung, nach Österreich zu kommen, dann sehr rasch gefolgt ist und gestern ja auch bekannt gegeben hat, dass es letztes Wochenende in Israel einen Kabinettsbeschluss gegeben hat, der klarmacht, dass jetzt die Hilfslieferungen deutlich ausgeweitet werden, dass zum ersten Mal seit der Blockade auch wieder Benzin nach Gaza geliefert wird. 

Ich sehe derzeit tatsächlich ein kleines Fenster, wenn Sie so wollen, der Hoffnung, der Optionen, dass es Frieden geben kann. Da ist natürlich auch die Trump-Administration sehr maßgeblich daran beteiligt, Katar, Ägypten habe ich schon gesagt. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Hamas sich bereit erklärt hat, zehn weitere Geiseln freizulassen. Alle Geiseln müssen befreit werden. Gaza muss palästinensisch bleiben, aber es darf keine Zukunft der Hamas dort geben, ich meine – meine Zeit rinnt mir davon –, es gibt da auch sehr viel zum arabischen Plan zu sagen, den wir unterstützen; aber es zeigt, dass Diplomatie wirkt. 

Ein Letztes noch: Betreffend die gesamte Region gilt aus unserer Sicht – und das ist unser ureigenstes Interesse –: Wir müssen zusammenarbeiten, um sie zu stabilisieren. Warum? – Weil wir so am effektivsten Fluchtrouten schließen. Wenn die Region Syrien, Libanon, die palästinensischen Gebiete, Ägypten, natürlich auch der Sudan destabilisiert wird, dann bedeutet das für Europa Migrationsströme. Das ist der Grund, warum ich mich als Außenministerin auch so aktiv für Frieden und Stabilität in der Region einsetze: weil es letztlich darum geht, diese illegalen Fluchtrouten zu schließen.

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?

RN/5.1

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Vielen Dank, Frau Außenminister, für Ihr großes Engagement für den Frieden. 

Hier gleich anschließend meine Zusatzfrage: Es finden in Doha gerade die Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern statt, gestern war bereits der fünfte Tag. Ich glaube, es tut sich da einiges, aber: Wie sehen Sie abseits davon die Abraham Accords? Welche Zukunft, welche Möglichkeiten bieten sich da, was tut sich da auf? 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Frau Bundesminister. 

Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Wir haben diese Annäherung zwischen Israel und den Abraham Accords, also einigen arabischen Staaten, von Anbeginn unterstützt, weil es eben darum geht, den Frieden in der Region zu sichern, Partnerschaften zu etablieren und letztlich auch wirtschaftlichen Austausch zu ermöglichen, um eben für Stabilisierung zu sorgen. 

Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass natürlich der 7. Oktober 2023, dieses Massaker an Jüdinnen und Juden, und dann die militärische Reaktion Israels für massive Belastungen gesorgt haben, aber keiner der Staaten hat die Beziehungen zu Israel aufgekündigt. Ich war eben auch in Ägypten und Jordanien, das sind ja zwei Länder, die sozusagen zu den Normalisierern gehören, die ja schon Friedensverträge geschlossen haben. Das ist jetzt genau dieses Fenster, von dem ich gesprochen habe. Ich glaube, dass in einem Hamas-Deal, in einer Freilassung der Geiseln, in einem politischen Prozess zur Zukunft von Gaza der Schlüssel für eine Ausweitung der Abraham Accords, für eine Ausweitung der Möglichkeiten für Friedensverträge zwischen Israel etwa und dem Libanon, zwischen Israel und Syrien und selbstverständlich auch zwischen Israel und Saudi-Arabien verankert ist. 

Man sollte natürlich immer einen realistischen Blick darauf haben. Einfach ist nie etwas, aber da ist jetzt schon die Chance auf eine Stabilisierung einer Region, die jahrzehntelang destabilisiert war, gegeben, und damit auch die Chance für Frieden auf der einen Seite, aber auch für wirtschaftliche Prosperität auf der anderen Seite. Und wir werden das als österreichische Bundesregierung nach Leibeskräften weiter unterstützen. 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Schwaighofer. – Bitte. 

RN/5.2

Abgeordneter Sebastian Schwaighofer (FPÖ): Geschätzte Frau Außenministerin! Im Zuge Ihrer Nahostreisen ist meiner Wahrnehmung nach kein Halt in den Herkunftsländern der größten Asylströme nach Österreich, Syrien, Afghanistan oder eventuell auch der nordafrikanische Raum, geplant. Jetzt ist es ja so: Ihr Engagement für die Völker der Welt in Ehren, aber Sie hätten auch in Österreich eine eigene Bevölkerung, die sich etwas wünschen würde, und zwar, dass es endlich Rückführungsabkommen in diese Länder gibt, weil einfach der Migrationsdruck so groß geworden ist. Die Rückführungsabkommen wären ja eher in Ihrem Ressort als in einem anderen angesiedelt, zumindest die diplomatische Vorarbeit dafür. Deswegen die Frage: Was ist da konkret geplant? Gibt es Ihrerseits Planungen, in diese Herkunftsländer zu reisen? Gibt es Pläne, hier oder dort auch Rückführungsabkommen abzuschließen? 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesminister. 

Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zwei Punkte dazu: Zum einen: Ich wiederhole gerne, was ich vorhin gesagt habe, was auch unser Interesse an der Reise war, und das gilt natürlich genau der Frage des Schließens von Fluchtrouten; zu den Rückführungsabkommen komme ich gleich. 

Das Zweite ist: Selbstverständlich plane ich, in Zukunft auch nach Syrien zu reisen, mir die Lage dort anzuschauen. Ich plane auch, mich noch mehr mit dem Sudan zu beschäftigen. Ich war in Ägypten. Ägypten hat derzeit bereits eine Million Flüchtlinge aus dem Sudan aufgenommen. Ich glaube, man kann mir nicht mangelnden Fleiß vorwerfen in Bezug auf das, was in den vergangenen Wochen an Reisen passiert ist.

Schauen Sie, wenn ich zum Beispiel Ägypten hernehme: Wir sind derzeit auch aktiv am Verhandeln eines Migrationsabkommens. Es geht auf der einen Seite darum, immer die Möglichkeit zu schaffen, legale Möglichkeiten für gut ausgebildete Kräfte, die wir ja auch in Österreich brauchen können, herzustellen, aber selbstverständlich geht es auf der anderen Seite auch darum, die Möglichkeit zu schaffen, Asylwerber oder Flüchtlinge, die keinen Asylgrund haben, rückzuführen. Österreich hat mit einer Reihe von Ländern diese Abkommen geschlossen, das sind auch teilweise Memoranden of Understanding, die eben auch eine legale Option ermöglichen, weil wir auch in der Vergangenheit gelernt haben, dass diese gut funktionieren, paktfähig sind und auch halten. Das ist etwas, was wir selbstverständlich vorantreiben. 

Gerade aus Ihrer Fraktion kommt immer wieder Kritik an der Frage, warum wir Syrien bei dieser Transition nach dem Fall des Assad-Regimes unterstützen. Wir setzen uns dafür ein, einerseits die Sanktionen gegen Syrien zu lockern, und andererseits mit humanitärer Hilfe die humanitäre Lage in Syrien, aber übrigens auch in Jordanien, wo syrische Flüchtlinge in Flüchtlingslagern leben, zu verbessern. Genau darum geht es, sehr geehrter Herr Abgeordneter, wir wollen keine illegale Migration mehr. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ehrlich? Abg. Leinfellner [FPÖ]: Aber legal macht es nicht besser! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ihr legalisiert die illegale Migration!) Daher ist es mein Job, diese Fluchtrouten effektiv zu schließen und vor Ort, dort, wo die Flucht entsteht, dafür Sorge zu tragen, dass das nicht passiert. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Freiheitliche Partei hier konstruktiv genau diesen sehr erfolgreichen Weg unterstützen würde. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wenn er erfolgreich wäre!) – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur Anfrage 37/M, jene der Frau Abgeordneten Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.