RN/7
Abgeordneter Dominik Oberhofer (NEOS): Sehr geehrte Frau Außenministerin! Im Februar 2022 hat Russland in einem brutalen Angriffskrieg die Ukraine überfallen. Seitdem sind mehr als 8 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet, mehr als eine halbe Million Opfer gibt es auf beiden Seiten zu beklagen, darunter zivile Opfer, Tausende Kinder, die entführt worden sind, die verfolgt worden sind und bei diesem Angriffskrieg leider auch getötet wurden.
In dieser Situation kam Präsident Selenskyj am 16. Juni erstmals seit Beginn dieses brutalen russischen Angriffskrieges nach Österreich, und daraus ergibt sich meine Frage an Sie, Frau Außenministerin:
„Was war Hauptziel und Zweck des Österreich-Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im vergangenen Juni?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Vielen Dank für die Frage. Also zunächst: Ja, ich gebe Ihnen völlig recht, dieser Krieg tobt gerade auch in den letzten Wochen in ungeahnter Vehemenz und Brutalität, und es ist wichtig, dass nicht aus dem Fokus gerät, was dort passiert.
Nacht für Nacht werden mit Raketen, mit Drohnen, mit teils den massivsten Angriffen seit Beginn des Krieges brutal Zivilisten getötet, und das Ganze, Wochen nachdem die Ukraine sich zu einem umfassenden Waffenstillstand und ernsthaften Friedensverhandlungen bereit erklärt hat; Wochen nachdem Donald Trump meines Erachtens einen guten Weg für Wladimir Putin aufgezeigt hätte, wie dieser Krieg zu beenden wäre. Putin hat das alles vom Tisch gewischt. Er ist nicht an Frieden interessiert. Ihm geht es ausschließlich um Krieg und darum, seine Maximalziele zu erreichen, und hier müssen wir in unserem ureigensten Interesse dagegenhalten, und das tun wir auch.
Im März bei meiner ersten Reise in die Ukraine hatte ich schon die Gelegenheit, Präsident Selenskyj in Kiew zu sehen. Wir haben danach als Bundesregierung den Sonderkoordinator für den Wiederaufbau Wolfgang Anzengruber bestellt. Warum jetzt schon? – Weil ganz viele Aktivitäten des Wiederaufbaus jetzt schon stattfinden, weil es ja auch Millionen an Binnenvertriebenen in der Ukraine gibt, weil es darum geht, Energieinfrastruktur, Infrastruktur im Allgemeinen, Wohnungen, Häuser, Krankenanstalten et cetera zu bauen und Österreich zu Beginn des Krieges der sechstgrößte Investor in der Ukraine war und immer noch mit über 200 Unternehmen in der Ukraine vertreten ist.
Ich habe mich sehr gefreut, dass Präsident Selenskyj zum ersten Mal nach Ausbruch des Krieges nach Österreich gekommen ist, und es waren gute politische Gespräche. Was haben wir gemacht? – Wir haben insgesamt sechs gemeinsame Vereinbarungen unterzeichnet: eine Vereinbarung meines Hauses mit dem ukrainischen Außenministerium über eine Absichtserklärung zur politischen Zusammenarbeit sowie Kooperation beim Wiederaufbau; ein gemeinsames Kommuniqué zur Sicherheit und Rückkehr von Kindern aus Russland – das ist auch etwas, wofür sich Österreich massiv einsetzt, auch als Mediator –; ein Übereinkommen, ein Memorandum zur Zusammenarbeit zwischen dem österreichischen Landwirtschaftsministerium und dem Landwirtschaftsministerium der Ukraine; eine politische Absichtserklärung des österreichischen Wirtschafts- und Energieministeriums mit dem ukrainischen Wirtschaftsministerium zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit; darüber hinaus eine Kooperation, ein Memorandum zur Zusammenarbeit des Österreichischen Gemeindebundes mit dem ukrainischen Kongress und lokaler und regionaler Gebietskörperschaften. Und letztlich hat auch das Land Oberösterreich mit der Region Odessa ein Memorandum zur Partnerschaft abgeschlossen.
Lassen Sie mich schließen damit: Wir haben natürlich auch wieder Wien als Ort der Verhandlungen angeboten, aber meine Einschätzung ist, dass es Druck auf Russland braucht, um wirklich endlich bereit zu sein, Friedensverhandlungen zu führen. Die ukrainische Seite ist es – Russland überzieht Nacht für Nacht die Ukraine mit den brutalsten Angriffen. Ich kann nicht untertags von Frieden reden und in der Nacht Zivilisten töten. Das ist nicht mehr glaubwürdig, und jeder auf der ganzen Welt kann das sehen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/7.1
Abgeordneter Dominik Oberhofer (NEOS): Sehr geehrte Frau Außenministerin! Das sind natürlich unfassbare Nachrichten, die uns da tagtäglich aus der Ukraine erreichen. Jeder und jede wünscht sich Frieden, und letztendlich geht es ja nicht nur um die Freiheit der Ukraine, sondern es geht um viel, viel mehr: Es geht um die Zukunft Europas, und da würde mich jetzt persönlich interessieren, Frau Außenministerin: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang unsere österreichischen Interessen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Danke für die Frage, weil sie mir auch Gelegenheit dazu gibt, ganz unmissverständlich klarzumachen, dass wir nicht nur aus moralischen Gründen die Ukraine unterstützen.
Ich glaube, es ist völlig klar, dass es einen Aggressor gibt, der völlig gegen jedes Völkerrecht einen brutalen Angriffskrieg führt und wieder versucht, mit Raketen, mit Panzern, mit Drohnen, mit der brutalen Ermordung und Verschleppung von Zivilisten, von Kindern politische Interessen durchzusetzen und Grenzen zu verschieben.
Es geht aber auch um unsere Interessen. Einerseits darf ein derartiger Völkerrechtsbruch nicht Schule machen. Wenn wir alle beklagen, dass wir in einer Welt leben, die nicht mehr regelbasiert ist, in der die regelbasierte Friedensordnung mit Füßen getreten wird, so teile ich diese Sorge, gerade als kleines oder mittelgroßes Land wie Österreich, aber dann haben wir ein Interesse daran, dass das nicht Schule macht, dass sich Putin nicht durchsetzt, dass man nicht glaubt, man könne politische Grenzen am Schlachtfeld einfach wieder verschieben.
Das zweite Thema ist aber auch ein ureigenstes Sicherheitsinteresse. Die Ukraine ist ein großes Land, ein mittlerweile militärisch auch sehr potentes Land, weil es lernen musste, sich gegen einen solchen Aggressor zu verteidigen, und befindet sich, wenn Sie so wollen, auch in einer regionalen Pufferlage gegenüber einem Russland unter Wladimir Putin, das ganz offensichtlich nicht an einer Normalisierung der Beziehungen zu Europa interessiert ist.
Im russischen Fernsehen wird schon davon fantasiert, in Berlin einzumarschieren, und das ginge ja leicht, denn zuerst würde man Berlin mittels Atomwaffen dem Erdboden gleichmachen. Also daran sieht man ja, dass Russland weit weg davon ist, ein verlässlicher Partner zu sein, sondern vielmehr eigentlich eine Bedrohung für uns davon ausgeht.
Der dritte Grund ist natürlich auch ein wirtschaftlicher. Die Ukraine ist die Kornkammer, die unter anderem Nordafrika, aber auch den Nahen Osten versorgt. Dafür ist – auch für andere Handelsfragen – der Zugang zum Schwarzen Meer sehr wichtig. Natürlich verfolgt Putin knallharte Wirtschaftsinteressen. Die Gebiete, die Russland annektieren will, besetzen will, militärisch unterwerfen will, sind jene Gebiete, die für die Energieversorgungssicherheit der Ukraine ungemein wichtig sind, jene, in denen die wichtigen Rohstoffe vorkommen – übrigens auch für uns in Europa; wir haben auch diesbezüglich ein Abkommen geschlossen –, und es geht natürlich um den Zugang zum Schwarzen Meer.
Wer den Zugang zum Schwarzen Meer und zum Weizen in der Ukraine kontrolliert, der kontrolliert Hunger im Nahen Osten und in Afrika und der kontrolliert Migrationsströme. Das ist eine ganz üble Politik, die Russland seit vielen Jahren gegen Europa einsetzt, nämlich ganz gezielt Migrationsströme zu lenken, um uns zu schwächen. Das heißt, es ist in unserem ureigensten Interesse, dass wir sicherstellen, dass die Ukraine in Freiheit und Frieden leben kann und auch weiterhin der Zugang zum Weizen über das Schwarze Meer in den Nahen Osten und auch nach Nordafrika besteht. Wir unterstützen das auch im Rahmen unserer humanitären Hilfen. (Abg. Oberhofer [NEOS]: Vielen Dank, Frau Außenministerin!)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Eine Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte schön.
RN/7.2
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Danke schön. – Sehr geehrte Frau Außenministerin! Dass wir heute die Situation in der Ukraine besprechen, ist deshalb auch sehr wichtig und gut, weil wir im Laufe des Tages ja eine Gruppe von Kindern und deren Mütter hier im Parlament begrüßen dürfen. Danke an das Nationalratspräsidium für die entsprechende Unterstützung, auch in diesem Rahmen! Es ist aber natürlich auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil – es ist ja schon darauf hingewiesen worden, auch Ihrerseits – das Völkerrecht etwas ganz Wesentliches für uns ist.
In diesem Zusammenhang haben kürzlich erst der Europarat und die Ukraine ein Abkommen zur Errichtung eines Sondergerichtshofes für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine unterzeichnet.
Meine Frage: Was wird der österreichische Beitrag sein? Wann ist mit einer entsprechenden Ratifizierung hier in Österreich zu rechnen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Vielen Dank für Ihre Frage. Ich darf ganz kurz ein bisschen aus meiner Rolle heraustreten. Ich finde es eine hervorragende Initiative von Ihnen, die Kinder und deren Mütter hier zu begrüßen, weil ich glaube, in Zeiten des Krieges ist ein gewisses Maß an Normalität auch etwas ganz Wichtiges. Das zeigt auch, welch großes Herz wir haben, und dafür danke ich. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Die Einrichtung eines Sondergerichtshofes für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine ist Österreich ein großes Anliegen. Wir haben alle Vorarbeiten am Weg dorthin sehr tatkräftig unterstützt und auch ein Mal Verhandlungen, Gespräche hier in Wien gehostet, wie man so schön sagt. Das Abkommen zwischen dem Europarat und der Ukraine ist aber ein rein bilaterales Abkommen. Eine Ratifikation durch andere Staaten ist nicht vorgesehen.
Die Einbindung anderer Staaten erfolgt jetzt über ein sogenanntes erweitertes Teilabkommen des Europarates. Dieses Teilabkommen soll dann die Bestimmungen über die Finanzierung und auch die wichtigen Bestimmungen über das Management dieses Sondertribunals enthalten. Mein Wissensstand ist, dass derzeit in einer Arbeitsgruppe die letzten offenen Fragen zu diesem erweiterten Teilabkommen geklärt werden, also eben zum Beispiel die Frage der Anzahl der notwendigen Teilnehmerstaaten und natürlich – immer wichtig – Budgetfragen.
Wir rechnen mit einer Finalisierung des erweiterten Teilabkommens im Herbst. Dann erst sind die konkreten Rahmenbedingungen da, und dann erst wissen wir auch, wie hoch die Kosten einer Teilnahme sind. Das heißt, die Frage der Teilnahme Österreichs können wir erst nach Klärung dieser budgetären Fragen stellen. Aber es ist uns ein Anliegen, dass es dieses Sondertribunal gibt, weil wir davon überzeugt sind, dass Kriegsverbrecher auch zur Rechenschaft gezogen werden müssen. (Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Danke!)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Thau. – Bitte.
RN/7.3
Abgeordneter Ing. Harald Thau (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! In der letzten Gesetzgebungsperiode wurden in etwa 88 Milliarden Euro Schulden gemacht. Jetzt ist geplant, bis 2029 82 Milliarden Euro neue Schulden zu machen. Wir sprechen im Endeffekt vom größten Budgetloch der Zweiten Republik. Sie kürzen auf der einen Seite Pensionen, treiben hart arbeitende Österreicher in den Ruin, und auf der anderen Seite wurden bereits mehrere Hundert Millionen Euro an Hilfen für die Ukraine ausbezahlt.
Deswegen meine Frage: Welche direkten oder indirekten Mittel wurden beim Besuch von Präsident Selenskyj geplant, auszubezahlen, besprochen, auszubezahlen oder auch nur in Aussicht gestellt oder sogar auch direkt zugesagt?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich bin nicht die Finanzministerin, aber ich gebe Ihnen völlig recht: Das Budgetloch, das wir bei unseren Verhandlungen vorgefunden haben, hat uns in dieser Dimension überrascht und mich persönlich auch verärgert. Ich glaube, es liegt halt auch an den Budgetbeschlüssen, die hier im Haus getroffen wurden, und ich würde die freiheitliche Fraktion bitten, durchaus auch auf die Beschlüsse zu schauen, die Sie sehr aktiv mitgetragen haben, bei denen Sie in der vergangenen Periode zum Teil noch mehr gefordert haben, denn das sind letztlich die Beschlüsse, die uns diese Budgetmisere auch eingebrockt haben. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Die Frage ist nach hinten losgegangen! – Ruf bei der FPÖ: Unfassbar, eigentlich! Die Frau ist Ministerin, ja Wahnsinn!)
Ja, wir sind nicht dafür verantwortlich, aber wir biegen das wieder gerade. Wir biegen das wieder gerade, weil wir überzeugt davon sind, dass wir Verantwortung für die Zukunft übernehmen müssen. Verantwortung für die Zukunft bedeutet auch, die Verantwortung dafür zu tragen, dass es eine Verlässlichkeit, eine Nachhaltigkeit der Sicherung von sozialen Systemen über die nächsten Generationen gibt. Es ist unser Anspruch, dieser Verantwortung, die eine staatspolitische Verantwortung und eine generationenübergreifende Verantwortung ist, auch nachzukommen. Und ich würde mich auch freuen, wenn wir hier einen stärkeren konstruktiven Dialog mit der Freiheitlichen Partei führen könnten.
Ich finde es ein bisschen schäbig, das eine gegen das andere auszuspielen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Das heißt, wir sind schäbig, oder was?!), also quasi humanitäre Hilfe auf der einen Seite, Ausgaben auf der anderen Seite, weil natürlich die Dimensionen nicht vergleichbar sind, in keiner Weise. Mittlerweile sind im österreichischen Haushalt über ein Drittel – 35 Milliarden Euro der 132 Milliarden Euro des Budgets – Ausgaben für Pensionen. Und das zeigt natürlich die Dimension.
Wie ich vorhin schon ausgeführt habe: Wir haben schmerzhafte Einschnitte bei der Entwicklungshilfe und bei den Mitteln für den AKF vornehmen müssen – das ist nicht gut –, aber wir machen das aus Verantwortung. Warum ist das nicht gut? – Weil es darum geht, auch unsere Interessen zu verfolgen. Das ist nicht nur ein Altruismus. Es geht vor allem auch darum, die Interessen zu verfolgen, dass wir Fluchtursachen bekämpfen, Migrationsströme damit eindämmen, wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärken. Das ist der Grund, warum wir auf humanitäre Hilfe setzen.
Zu Ihrer konkreten Frage: Ja, beim Besuch von Wolodymyr Selenskyj haben wir angekündigt, 3 Millionen Euro für den Bau und die Ausstattung von Schutzräumen in Schulen und Kindergärten der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Das ist die sogenannte Shelter-Coalition, auch mit Finnland. Ich habe übrigens auch in Israel gesehen, wie wichtig die Existenz solcher Schutzräume ist, damit Kinder, wenn sie in Schulen sitzen, in Kindergärten sitzen, wenn sie von Angriffen durch Raketen und Drohnen bedroht sind, auch Räume haben, in die sie sich zurückziehen können und geschützt sind. Israel hat seit der zweiten Intifada eigentlich in jedem Haus, in jeder Wohnung einen solchen Schutzraum eingerichtet. Die Ukraine hat das nicht. Es ist wirklich eine hohe Zahl von zivilen Opfern zu beklagen, Nacht für Nacht für Nacht. Und ich glaube, es ist ein guter Beitrag, den Österreich da leistet, gerade für Kinder in der Zukunft für diese Schutzräume zu sorgen – und das tun wir. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Minnich. – Bitte schön.
RN/7.4
Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Vor einigen Wochen ist eine österreichische Wirtschaftsdelegation unter der Leitung der Industrieellenvereinigung, der Wirtschaftskammer und der Landeshauptfrau von Niederösterreich Johanna Mikl-Leitner in die Ukraine gereist, um auch wirtschaftliche Aufträge und Arbeitsplätze für Österreich beim Wiederaufbau in der Ukraine zu sichern.
Was ist da Ihre Richtschnur? Wie können Sie mit dem Außenministerium da auch unterstützen, dass wir in diesem Bereich Aufträge an Land ziehen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Sie haben völlig recht, Herr Abgeordneter: Der Wiederaufbau ist ein großes Projekt, ein teures Projekt. Es braucht ausländische Investitionen. Ohne privates Kapitel wird es nicht gehen. Die öffentliche Hand kann nicht ewig in einer Geberposition sein. Der Wiederaufbau ist für österreichische Unternehmen auch eine Riesenchance. Es ist ein Businesscase, wenn ich das so nüchtern sagen darf.
Unsere Unternehmen sind quasi Pioniere. Auch aufgrund unserer geschichtlichen Verbundenheit mit der Ukraine waren wir der sechstgrößte Investor zu Beginn des Krieges. Ich bin davon überzeugt, dass es ein enormes Potenzial für österreichische Unternehmen mit ihrem Know-how und auch mit ihrer Verlässlichkeit in der Ukraine gibt. Nach wie vor sind 200 Unternehmen dort, sie schaffen 25 000 Arbeitsplätze; sie sind nach wie vor aktiv, auch in Kriegszeiten.
Ich habe bei dieser Wirtschaftsdelegation, die Sie erwähnt haben, auch aber nach der Bestellung des Wiederaufbaukoordinators Wolfgang Anzengruber, bei dem sich wirklich Woche für Woche Unternehmen melden – er ist jetzt gerade dieser Tage bei der Wiederaufbaukonferenz in Rom –, gesehen, wie viel Interesse vonseiten österreichischer Unternehmen daran besteht, da auch eine aktive Rolle zu spielen. Also man kann das wirklich auch als eine Win-win-Situation sehen.
Was ist denn das Angebot, das wir machen können? – Zu Energiefragen, Infrastrukturfragen, also auch zum Beispiel zur österreichischen Bahn, zu Fragen der Energieeffizienz – für uns sehr interessant ist die Ukraine natürlich auch beim Ausbau von Wasserstoffkorridoren –, zu Fragen in Sachen Hausbau, modularem Hausbau, wie ich vorhin gesagt habe, zur Frage der technischen Unterstützung von Spitälern: Zu all diesen Fragen haben wir sehr viele Unternehmen mit hervorragendem Know-how, die verlässlich sind und auch großes Interesse daran haben, in der Ukraine tätig zu sein.
Mit dem Wiederaufbaukoordinator haben wir auch im BMEIA, also in meinem Haus, einen National Point of Contact geschaffen, damit wir wirklich alle Aktivitäten bündeln können, damit wir koordiniert vorgehen und so auch das Größte, das Meiste für die österreichischen Unternehmen rausholen können.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur Anfrage 40/M der Frau Abgeordneten Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete.