RN/141

18.27

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! „You Can’t Pray the Gay Away“: Das ist keine provokante Parole, sondern das ist eine Parole, mit der die bittere Realität formuliert wird, das Leid von zahllosen jungen Menschen, denen eingeredet wurde, sie müssten geheilt werden – geheilt von etwas, das keine Krankheit ist.

Vor einem Monat marschierten 300 000 Menschen vereint in einer Sache über die Ringstraße: lesbische, schwule, transidente, intergeschlechtliche, nicht binäre Menschen, Heteros, Allies, Freundinnen und Freunde, Zigtausende solidarische Unterstützerinnen und Unterstützer der Parade, der Regenbogenparade. Das ist auch ein Bekenntnis, nämlich zu Vielfalt, zu Freiheit, zu den Menschenrechten. Und dieses Bekenntnis muss hier im Parlament auch endlich Gesetz werden. Denn was wir heute diskutieren, ist keine wirkliche Glaubensfrage, es ist eine Frage der Menschenwürde. Es ist eine Frage von Schutz, es ist eine Frage der Verantwortung gegenüber jenen, die besonderes verletzlich sind. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner [SPÖ].)

Bei jungen Menschen, Kindern, jungen Erwachsenen, Menschen in Abhängigkeitsverhältnissen: Konversionstherapien sind Menschenrechtsverletzungen. Was als Konversionstherapien – und ich möchte heute hier in der ersten Lesung auch erklären, worum es uns geht – bezeichnet wird, sind in Wahrheit gezielte Versuche, Menschen umzupolen, ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu verändert. Diese Praktiken sind nicht irgendwie therapeutisch, sondern zerstörerisch. Sie sind nicht wissenschaftlich, sondern ideologisch oder religiös motiviert. 

Ich kann mir nicht meine Schwulheit umpolen lassen – nein, das geht nicht.

Das betrifft nicht nur ein paar Leute, nicht nur ein paar Menschen, sondern laut einer europäischen Studie in Österreich 30 Prozent der LGBTIQ-Menschen. Von den Menschen, die quasi unter diesen Regenbogen passen, haben es 30 Prozent in Österreich bereits selbst erlebt – 30 Prozent: jeder dritte Schwule, jede dritte Lesbe, jeder dritte Jugendliche, der unter diesem Bogen ist. Das ist keine Studie, die in Österreich gemacht worden ist, sondern es ist eine europäische Studie.

Die internationalen Menschenrechtsgremien, vom UN-Ausschuss gegen Folter bis zum Europarat, haben auch klar festgestellt: Diese Praktiken verletzten Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, das Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlungen. Sie untergraben auch das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 und sind nach Artikel 14 diskriminierend. 

Mit diesem Antrag, der jetzt auch im Ausschuss liegt, ob im Justizausschuss oder im Gleichbehandlungsausschuss, möchten wir eines verbieten: dass Konversionsmaßnahmen an Minderjährigen und jungen Erwachsenen unter 21 – also an Minderjährigen unter 18 und an Menschen unter 21 – unter Zwangslagen, an Menschen mit eingeschränktem Urteilsvermögen und in autoritären Abhängigkeitsverhältnissen durchgeführt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, das wäre notwendig und es wäre endlich an der Zeit – wir haben ja schon sehr oft darüber geredet. Wer solche Maßnahmen durchführt, begeht eine Straftat. Es ist einfach wichtig, das einmal in ein Gesetz zu schreiben. Es ist nicht erlaubt, es muss verboten werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte heute auch ein paar Mythen und ein paar Dinge aufklären, weil es mir einfach wichtig ist. Was nicht verboten wird, sind ergebnisoffene medizinische oder psychologisch indizierte Beratungen und Behandlungen. Es wird immer so dargestellt, als würden wir irgendwie in das Gesetz schreiben, dass medizinische Behandlungen oder irgendwelche Ergebnisse bereits im Vorfeld vorgenommen werden. Nein, das ist nicht der Fall. Ich finde es auch ganz wichtig, das noch einmal zu betonen.

Ich habe die letzten Tage hier im Plenum auch genutzt, um Gespräche zu führen, und ich möchte mich auch bei der FPÖ bedanken, weil wirklich jemand zu mir gekommen ist und gefragt hat: Wie schaut das aus, was wollt ihr? – Ich möchte das betonen, weil es mir wichtig ist. Dieses Thema soll uns nämlich nicht trennen, sondern eher vereinen. Wir sollten schauen, bei welchen Themen wir Gemeinsamkeiten finden können. Ich verstehe schon, allen ihre Ideologie, aber ich glaube, man findet auch den einen oder anderen Überschneidungspunkt, wenn wir wirklich wollen, dass wir das verhindern können. Es geht dabei um junge Leute und man kann das nicht wegbeten oder irgendwie wegverändern; und das ist der Punkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Punkt betreffend die offene psychologisch indizierte Beratung: Das ist mir wichtig und wir haben das auch besprochen. Ich glaube, es ist auch notwendig, dass es mehr psychologische Beratung für junge Menschen gibt, die sich ihrer Identität nicht sicher sind, die nicht wissen, ob sie schwul, lesbisch oder in einem anderen Geschlecht sind. Diese brauchen ganz dringend enge psychologische Betreuung, und das soll uns alle verbinden. Die brauchen nicht weniger, die brauchen nicht irgendwen, der sagt: Was seid ihr?, sondern die brauchen psychologische Betreuung. Bitte unterstützen wir das! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieses Gesetz schützt auch die Freiheit der Psychotherapie, aber es schützt auch vor deren Missbrauch. Der Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen hat festgestellt, dass Konversionstherapien und unwissenschaftliche Praktiken, die auf eine Veränderung der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität abzielen, nicht therapeutisch sind. Das sind keine Therapien, sondern das ist unwissenschaftlich und gefährlich – das sagen die Psychologinnen und Psychologen selber. 

Ich möchte auch noch einmal eines feststellen: Diese Therapieformen sind ohnehin im Berufsgesetz verboten. Das heißt, dieses Gesetz zielt nicht auf Psychologinnen und Psychologen, auf Psychotherapeuten ab, sondern auf die vielen Vereine, auf all die Organisationen, die das in ihren privaten Räumen und Organisationen abbilden – und nicht auf die Psychologen! Das muss man auch einmal festhalten. Es ist auch eine Pseudosache, die uns immer wieder vorgehalten wird. Wir wollen mehr Psychologen haben für junge Menschen, die sich nicht sicher fühlen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum zweiten Punkt, der auch immer als Argument kommt – wir haben auch darüber diskutiert und ich möchte es hier noch einmal klarstellen –: Es wird immer mit Transidentität gleichgestellt, dass man junge Menschen irgendwie unterstützen möchte, die unter 18 Jahren irgendwelche geschlechtsanpassenden Operationen haben möchten. – Nein, das wollen wir nicht, das ist in Österreich verboten! Wir wollen das nicht! Ich glaube, viel wichtiger wäre eine psychologische Betreuung, Hilfe bis 18, und dann ist man auch geeignet dafür, selber zu entscheiden, in welchem Körper man ist. 

Ich möchte das heute noch einmal festhalten: Wir wollen – und das ist auch in Österreich klar festgestellt – keine Operationen an Jugendlichen mit irgendeinem Gesetz oder sonst irgendetwas fördern, nein! Was wir wollen, ist psychologische Betreuung, Verbot von diesen Pseudoheilern, Verbot von dieser Umpolungsfaszination. Heilung durch Gebet, Exorzismen, die uns das aufzwingen wollen – das hat im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr. Das möchte ich hier auch einmal beschreiben und einmal sagen, weil es mir einfach wichtig ist, und das soll auch festgehalten werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Peter Haubner: Die Redezeit Ihrer Fraktion ist verbraucht.

Abgeordneter David Stögmüller (fortsetzend): Abschlusssatz noch? – Gut. Dann sage ich: Das Kindeswohl steht über allem! Das Recht auf freie Religionsausübung endet dort, wo die Rechte anderer Menschen beginnen. Und ich sage: Machen wir gemeinsam ein Gesetz, das junge Menschen wirklich schützt! Machen wir es gemeinsam als gutes Zeichen! Ich glaube, das wäre es auch wert. You cannot pray away the gay. – Thank you. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.35 

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Marie-Christine Giuliani-Sterrer. Die Redezeit stelle ich auf 4 Minuten ein. – Frau Abgeordnete.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.