RN/9

9.13

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Hand aufs Herz – wer von Ihnen erinnert sich an die eigene Schulzeit und denkt sich: Das war eine ausschließlich tolle Zeit, ich bin richtig gerne in die Schule gegangen!? (Abg. Kickl [FPÖ]: Zeig auf!) Wer von Ihnen ist Mutter, Vater, Oma oder Opa und denkt sich: Das, was ich da aus den Klassenzimmern höre, das kann doch eigentlich nicht wirklich wahr sein!? Wer von Ihnen kennt vielleicht Lehrerinnen und Lehrer, die von Zuständen in Schulen berichten, die Ihnen die Sprache verschlagen? Es geht um Kinder, die keinen Satz auf Deutsch herausbringen, Kinder, die dringend Unterstützung bräuchten, aber durchs Netz fallen, Kinder, deren Start ins Leben dadurch schon erschwert wird.

Wir alle kennen aber auch die andere Seite – ich zumindest –: diese eine Lehrerin, diesen einen Lehrer, der oder die einen richtigen Unterschied gemacht hat, die dafür gesorgt haben, dass ein Kind nicht aufgegeben wird, sondern aufblüht, die dafür gesorgt haben, dass das Kind nicht alleine gelassen wird in einem System, das sie nicht unterstützt. Diese Geschichte kennen wir, glaube ich, alle. Ich glaube, da kann ich für uns alle sprechen.

Meine Damen und Herren, wir als Politik sind aber nicht da, um immer wieder diese Geschichten neu zu erzählen, sondern um zu ermöglichen, dass sie auch neu geschrieben werden. Das tun wir NEOS in unserer ersten Regierungsbeteiligung. Wir stellen Bildung über alles andere, lösen damit ein Kernversprechen unserer Partei seit unserer Gründung ein – mit den größten Reformen im Bildungssystem, die es seit der Ära Kreisky gegeben hat. (Beifall bei den NEOS.)

Wir sind der tiefen Überzeugung, was im Kindergarten und in der Schule versäumt wird, das lässt sich später nicht einfach so mit simplen Maßnahmen reparieren. In der Schule und im Kindergarten werden die Weichen für Freiheit, für Selbstbestimmung und für Zukunftschancen gestellt. Deswegen ist für uns NEOS das Bildungskapitel nicht irgendein Kapitel im Regierungsprogramm, es ist das wesentliche Kapitel im Regierungsprogramm. Es ist unser Gründungsversprechen, deswegen wurde NEOS gegründet, weil wir glauben, dass Bildung der größte Hebel ist, um unsere Gesellschaft gerechter, um unsere Gesellschaft freier und um unsere Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

Während frühere Regierungen beim Thema Bildung dem Parteihickhack verfallen sind, indem man sich in Stellungskämpfe begeben hat und dabei die Auseinandersetzung war: entweder nur die Gesamtschule oder das Gymnasium muss um jeden Preis erhalten werden!, krempeln wir jetzt die Ärmel hoch und gehen die Reformen im Bildungssystem an (Abg. Wurm [FPÖ]: Wo genau?), die so lange auf der Strecke geblieben sind.

Wir sagen seit Beginn der Regierungsbeteiligung ganz glasklar: Wer soziale Gerechtigkeit will, der muss in Bildung investieren. Wer die Probleme bei der Integration, im Zusammenleben beseitigen will, der muss in Bildung investieren. Wer für die Wirtschaft mehr Wohlstand will, wer Innovation fördern will, wer Wissenschaft und Wachstum fördern will, der muss in die Bildung investieren. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)

Seit März trägt mit Bildungsminister Christoph Wiederkehr das erste Mal in der Geschichte der Zweiten Republik ein Liberaler Verantwortung im Bildungsressort, und ich glaube, das ist eine gute Nachricht für Österreich. Es gibt nämlich eine starke pinke Handschrift im Regierungsprogramm in der Bildungspolitik. Schon jetzt spürt man, wenn man mit Lehrerinnen und Lehrern spricht, wenn man in die Kindergärten geht und mit den Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen spricht: Der Stillstand in den Schulen und Kindergärten ist vorbei. Es weht ein Wind der Veränderung (Abg. Wurm [FPÖ]: Total!) in unseren Bildungseinrichtungen, und das ist gut so. (Beifall bei den NEOS.)

Dies – und das sei schon dazugesagt – trotz einer der härtesten Budgetkrisen seit Jahren und Jahrzehnten. Wir haben gesagt, es gibt einen Bereich, in dem auf keinen Fall gespart und gekürzt werden darf. Wir sparen nicht blind, sondern wir investieren dort, wo es notwendig ist. Trotz dieses extremen Budgetchaos, das wir von der letzten Regierung übernommen haben und in dem wir uns befunden haben, haben wir eine Rekordsumme in die Bildung investiert, weil wir der Meinung sind: Wer an der Bildung spart, spart an der Zukunft. Es ist gut, dass wir in der Bildung die Ressourcen sichergestellt haben, die notwendig sind, um die Reformen auch anzugehen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte jetzt konkret werden und ausführen, was wir ganz konkret im Bildungssystem machen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, unser Eindruck ist, dass das Bildungssystem – die Gesetze, die Verordnungen – von der Mentalität her noch in der Kaiserzeit verhaftet ist; also gebaut, um Untertanen zu formen, nicht um Kinder und Jugendliche zu freien, zu selbstbestimmten Bürgerinnen und Bürgern zu ermächtigen. Deswegen wird es mit ein paar kosmetischen Korrekturen im Bildungssystem nicht getan sein. Wir müssen das Fundament erneuern, und vor allem muss man es tun und nicht nur darüber sprechen.

Wir reden nicht länger nur darüber, dass Deutsch der Schlüssel zur Integration ist, wir tun. Wir verdoppeln die Ressourcen – 108 Millionen Euro jährlich stehen ab sofort für die Deutschförderung zur Verfügung. So viel stand noch nie für diesen wichtigen Bereich zur Verfügung. Die Deutschförderung ist der Treibstoff für die Aufholjagd in der Integration und in der Bildung. (Beifall bei den NEOS.)

Wir reden nicht nur länger darüber, dass Kinder individuelle Unterstützung brauchen, wir tun. Wir schaffen es zum Beispiel mit einem Dutzend mehr neuen Planstellen für psychosoziale Unterstützung, und es gibt einen Fahrplan für den weiteren Ausbau. Das ist mir persönlich ein Herzensanliegen, weil wir das in der Opposition immer gefordert haben. Wir haben immer gesagt: Eine gebrochene Seele darf nicht weniger wert sein als ein gebrochener Haxen, und wir lösen auch dieses Wahlversprechen ein, indem wir die Schulpsychologie deutlich ausbauen. Oder: mehr Sozialarbeit endlich auch an Bundesschulen – das war bisher nicht möglich –, wir haben die Anzahl an Unterstützungspersonal beispielsweise verdreifacht.

Wir reden auch nicht länger nur darüber, dass wir Schulen vom Ballast dieses unsäglichen Bürokratismus befreien müssen, wir streichen jetzt schon 80 Prozent der Rundschreiben in den Schulen. Wir killen damit den Bürokratismus in den Schulen, denn er killt den Arbeitsalltag der Lehrerinnen und Lehrer. Auch das ist eine Maßnahme, die der Bildungsminister jetzt schon gesetzt hat. Ich möchte damit klarmachen, dass der Unterschied ist, dass wir nicht nur über ein besseres Bildungssystem reden – da können wir uns immer alle einig sein: wir müssen im Bildungssystem etwas tun, wir müssen in den Schulen etwas tun –, sondern wir tun etwas, und ich glaube, der Track-Record in den ersten Monaten beweist, dass wir es damit ernst meinen.

Und ja, ich glaube, das ist bitter notwendig, weil in Österreich die Wahrheit immer noch ist, dass das Elternhaus darüber entscheidet, welche Bildungschancen ich habe, und das darf nicht so bleiben. Es wird auch nicht so bleiben, wenn wir Erfolg haben werden. Dafür brauchen wir aber auch Sie, auch die Oppositionsparteien, die Grünen und die FPÖ, bei diesem Thema brauchen wir einen Schulterschluss; es müssen alle an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, die Chancen für die Kinder größer zu machen und nicht kleiner. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt viele Beispiele dafür, wo wir Ihre Unterstützung schon bräuchten. Bei den Maßnahmen, die wir jetzt aktuell auf den Weg bringen, denke ich zum Beispiel an den Chancenbonus. Chancenbonus bedeutet Unterstützung für jene Schulen, die dringend Unterstützung brauchen. Das haben wir von dem, was die letzte Regierung gemacht hat – 100 Schulen –, jetzt innerhalb von sechs Monaten auf 400 Schulen ausgebaut; wir haben das vervierfacht, und das trotz dieser budgetären Lage. Da würde ich Sie auch um Unterstützung bitten, damit wir bei einem Thema, das so wichtig ist – Unterstützung für jene Schulen, die Unterstützung brauchen; mehr Deutschkräfte, mehr Unterstützungspersonal –, auch an einem Strang ziehen. 

Thema Sommerschule: Wir werden das umsetzen, das gilt ab dem nächsten Jahr. Das bedeutet für alle außerordentlichen Schüler, also für jene, die dem Schulbetrieb nicht gescheit folgen können, weil sie die deutsche Sprache nicht beherrschen, dass sie im Sommer auch in die Schule kommen. Wir werden das verpflichtend machen. Das ist eine Maßnahme, die wir jahrelang gefordert haben, und jetzt, sechs Monate nach Beginn dieser Regierungsbeteiligung, werden wir das auf den Weg bringen. Ab dem nächsten Sommer wird die Sommerschule in Österreich für außerordentliche Schüler Pflicht sein. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte auch noch ein paar allgemeine Worte zum Thema Integration verlieren, denn Integration und Bildung gehen Hand in Hand – ohne Bildung keine gelungene Integration. Ich bin schon etwas verdutzt, wenn ich mir anschaue, was die FPÖ zum Beispiel zu unseren Vorschlägen, die ich hier gerade erwähnt habe, gesagt hat. Ich habe die Pressekonferenz von Herrn Generalsekretär Hafenecker nachgelesen – ich habe das nachgelesen, denn anschauen ist ein bisschen schwierig, der Herr Generalsekretär braucht immer 1 Stunde, bis er zum Punkt kommt – und dort hat die FPÖ gesagt, ihr Vorschlag für die Integration wäre, die Deutschförderung zu streichen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ].) Ich meine, es wird doch auch Ihren Wählerinnen und Wählern, selbst Ihren Abgeordneten klar sein (Abg. Fürst [FPÖ]: Eigenverantwortung!), dass eine Streichung der Deutschförderung doch der Rückwärtsgang in der Integration ist! Das beweist einmal mehr, dass die FPÖ ein Interesse daran hat, die Probleme groß zu machen, wenn es aber darum geht, die Lösungen groß zu machen, dann ist sie nie Verbündeter, sondern immer Gegner. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl [FPÖ]: Wer hat uns die Probleme ins Land gebracht?)

Im Bereich der Integration setzen wir viele Maßnahmen, auch im Schulbereich, zum Beispiel auch bei den Elternpflichten. Wir sagen, Eltern haben eine Verantwortung für ihre Kinder, und wenn Eltern nicht kooperieren, wenn Eltern nicht mitmachen und wenn sie sich nicht an den Prozessen mit den Schulen, mit den Direktoren beteiligen, dann wird es auch Sanktionen für die Eltern geben. 

Eine weitere Maßnahme, die Integration auch fördern wird, ist, dass wir jungen Frauen, Mädchen unter 14 einen religionsfreien Raum geben werden, indem wir das Kinderkopftuch aus der Schule verbannen. Auch das ist ein Thema, bei dem ich mir eine aktive Mitarbeit der FPÖ statt einer pauschalen Ablehnung von allem, nur weil es von der Regierung kommt, wünschen würde. 

Was ich also sagen möchte – ich komme zum Schluss, Herr Präsident, denn ich glaube, meine Redezeit ist zu Ende –, ist: Bildung hat endlich wieder Priorität. Nach vielen Jahrzehnten des Stillstandes gibt es eine Regierung, vor allem einen Bildungsminister, die Bildung ernst nimmt, und das ist eine gute Nachricht für die Österreicherinnen und Österreicher, insbesondere für die Schülerinnen und Schüler. Ich freue mich, dass wir heute so prominent zu Beginn dieser Sitzung darüber sprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.24

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.