RN/10
9.24
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zukunft unserer Gesellschaft in Österreich entscheidet sich in den Kindergärten und Schulen, denn dort wird Zukunft gestaltet. Eine gute Bildungspolitik ist die Voraussetzung für einen guten Wirtschaftsstandort, für gute Integration, für eine gute Umweltpolitik. Deshalb finde ich es extrem wichtig, dass sich die heutige Aktuelle Stunde hier im Hohen Haus dem Thema Bildung und insbesondere der Frage, wie wir die Bildung in Österreich verbessern können, widmet.
Eine Aufholjagd in der österreichischen Bildung ist dringend notwendig. Warum ist diese Aufholjagd notwendig? – Die letzten Jahre haben die Bildung, die Schulen sowohl in Österreich als auch in eigentlich allen westlichen Demokratien massiv unter Druck gesetzt – einerseits, weil sich die Gesellschaft so schnell verändert wie noch nie und das Schulsystem, das Bildungssystem dem etwas hinterherhinkt, andererseits kommen darüber hinaus die vielen internationalen Krisen auch in den Klassenzimmern, in den Familien an und üben damit einen besonderen Druck auf die Schulen, auf die Kindergärten aus.
Bildungseinrichtungen sind Kristallisationspunkte von gesellschaftlichen Konflikten, und das erleben wir. Das müssen wir ernst nehmen und wir werden entschlossen gegensteuern, um die beste Bildung für alle Kinder und Jugendlichen in unserem Land zu ermöglichen, denn das ist das Ziel. Alle Kinder sollen gerne in die Schule gehen, alle Kinder und Jugendlichen sollen die besten Bildungschancen in unserem Land bekommen, denn dadurch wird ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Ich sehe, dass es Hoffnung, dass es Zuversicht im Bereich der Bildung gibt, und diese Zuversicht wird größer und größer. Das ist auch notwendig und wichtig, denn die Herausforderungen sind groß. Wo sehe ich als Minister Zuversicht? – Ich sehe sie beispielsweise an der Frage, wie viele Menschen in Österreich gerne Lehrerinnen und Lehrer werden wollen. Wir haben Jahre eines massiven Lehrermangels hinter uns, wir hatten viel zu wenige Lehrkräfte; und ja, es gibt noch punktuellen Lehrkräftemangel. Wir sehen aber insgesamt, dass wieder mehr in diesen Beruf gehen wollen, mehr das Studium beginnen und auch mehr Personen als Quereinsteiger in die Schulen wechseln wollen. Es ist ein gutes Zeichen, dass wir heuer bei 6 500 freien Stellen, die österreichweit ausgeschrieben waren, 16 000 Bewerberinnen und Bewerber hatten. Wir sehen, es gibt eine Renaissance des Lehrerberufs, und das ist ein wichtiges Zeichen für die gesamte Gesellschaft. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Zuversichtlich stimmt mich auch, wie sehr Lehrkräfte Veränderung wollen und sich selber beteiligen, selber aktiv sind. Ich habe als Minister eine Umfrage unter Lehrkräften gestartet, was sie gerne ändern wollen. Es gab 19 000 Personen, die sich gemeldet haben, die ihre Ideen eingereicht haben und die auch bereit sind, mitzudenken und Veränderung mitzugestalten. Es ist eine große Ressource innerhalb des Freiraums Schule, dass wir mit den Lehrkräften an einem besseren Bildungssystem arbeiten – mit der Prämisse, weniger Bürokratie zu haben, mehr Freiräume, mehr Autonomie zu ermöglichen und damit bessere Leistungen zu erbringen.
Das Ziel dieser Reformen, das Ziel dieser Aufholjagd sind zwei Themen: erstens bessere Leistungen der Kinder und Jugendlichen und zweitens mehr Chancengerechtigkeit zu ermöglichen, denn in diesem Land soll nicht zählen, aus welcher Familie man stammt, sondern es soll zählen, was man selber leisten möchte, was man selber leisten kann. Deshalb sind faire Bildungschancen für alle die oberste Priorität und das Versprechen, das wir in einer liberalen Demokratie auch geben müssen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Dafür benötigen wir eine Stärkung des Fundaments: Das ist sowohl die elementare Bildung als auch die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen. Wir sehen da, wir sind nicht gut genug, es können zu viele Kinder nicht sinnerfassend lesen und zu viele Kinder brechen die Schule ab, es gibt zu viele Jugendliche, die nach der Schulpflicht nicht ausreichend über Grundkompetenzen verfügen. Dementsprechend wird die Aufholjagd sich auf diese Grundkompetenzen fokussieren, beispielsweise wird es eine Verdoppelung der Deutschförderung geben, aber genauso eine Weiterentwicklung des Bildungssystems in Richtung Kompetenzorientierung. Es ist wichtig, dass die Jugendlichen mitbekommen, was Kritikfähigkeit bedeutet, was Kooperationsfähigkeit bedeutet, es ist wichtig, dass sie Kreativität mitbekommen und damit auf die moderne Welt, auf das Leben im 21. Jahrhundert vorbereitet werden. Wirtschaftskompetenz oder Medienkompetenz sind beispielsweise Themen, die wir schon verstärkt haben und noch weiter verstärken werden.
Gleichzeitig geht es um das Thema digitale Kompetenz. Wir dürfen nicht blind sein und sagen: Wir geben jedem Kind ein Tablet in die Hand und damit sind wir top in der Digitalisierung. – Das wird nicht der Weg sein, sondern wir müssen es schaffen, die digitalen Möglichkeiten als Chance zu begreifen, aber die jungen Menschen auch zu begleiten, sie in dem Bereich zu bilden und zu stärken, beispielsweise dahin gehend, wie man künstliche Intelligenz verwendet.
Ein abschließendes Thema, das ich herausgreifen möchte, ist das Thema der psychischen Gesundheit. Wir sehen aufgrund von Befragungen von Lehrern, Eltern und Schülern, dass das größte Thema der Belastung aktuell tatsächlich das der psychischen Gesundheit ist und darin ein Punkt, nämlich die Sucht nach dem Handy, als das größte Problem angegeben wird. Das heißt, wir müssen die psychische Gesundheit im Umfeld der Schulen stärken, und das werden wir tun, nicht nur durch eine Aufstockung, eine Verdoppelung der Schulpsychologie, sondern über eine ganz wichtige Maßnahme, nämlich dass in Zukunft externe Experten, Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen, beispielsweise über die Mental Health Days, stärker an die Schulen kommen, um in den Schulen offen über psychische Gesundheit zu reden, Aufklärung zu betreiben und auch Information zu geben, wo man sich Hilfe holen kann, denn es gibt Hilfsmittel, es gibt Einrichtungen, die unterstützen. Mir ist es wichtig, das Thema der psychischen Gesundheit zu enttabuisieren. Wir müssen darüber reden, und es muss auch klar sein: Sich Unterstützung zu holen, das ist kein Zeichen der Schwäche, sondern ein Zeichen der Stärke! (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Die Aufholjagd hat begonnen, vieles steht auf der Agenda, vieles wird Thema sein, auch in den nächsten Nationalratssitzungen. Darauf freue ich mich, wir sind es nämlich den Kindern und Jugendlichen in unserem Land schuldig, die beste Bildung für alle zu ermöglichen. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
9.31
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Herr Bundesminister.
Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.