RN/15

9.53

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es gibt sehr viele Baustellen an unseren Schulen: Wir sehen Erstklässler, die keinen ordentlichen Unterricht bekommen, weil sie im Kindergarten nicht ausreichend Deutsch gelernt haben; Jugendliche werden mit ihren Problemen alleingelassen, weil es an ihrer Schule keine Psychologin gibt; und das Lehrpersonal geht am Zahnfleisch, weil es an allen Ecken und Enden an Personal fehlt.

Und ja, eine Aufholjagd bei der Bildung, für die sich die NEOS heute hier abfeiern, wäre dringend notwendig. Allein: Ich kann diese Aufholjagd nicht erkennen. Viel mehr gilt, eine Ankündigung jagt die nächste. Eines muss man Ihnen in dieser Regierung lassen: Sie sind wahre Ankündigungsweltmeister. Sie haben den Schülerinnen und Schülern, dem Lehrpersonal und den Eltern das Blaue vom Himmel versprochen. Wenn man aber jeden einzelnen Punkt, den auch Kollegin Künsberg Sarre jetzt gerade hier vorgetragen hat, analysiert und einem Realitätscheck unterzieht, dann sieht man, es ist Ankündigung, ganz viel Trickserei und wenig, das tatsächlich in den Klassen ankommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Es ist immer gefährlich, wenn die Grünen einen Realitätscheck machen!)

Schauen wir uns doch die lange Liste der Ankündigungen an: Sie haben einen massiven Ausbau der Deutschförderung versprochen, 750 neue Deutschförderkräfte. Was sagt der Minister in seiner eigenen Anfragebeantwortung dazu, wie viele es tatsächlich sind? – 285. Das ist gerade einmal ein Drittel von jener Zahl, von der Sie behauptet haben, dass Sie sie bereitstellen. Der Rest setzt sich aus bereits vorhandenem Personal zusammen oder wird aus angeblich zusätzlichem Geld finanziert, was aber in Wahrheit nur eine Ummaschelung von bereits vorhandenen Ukrainehilfen ist. Das ist kein massiver Ausbau, das ist die Shrinkflation in der Deutschförderung, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Shetty [NEOS]: ... eh auch die Shrinkflation!)

Auch bei der psychologischen Betreuung reden Sie von einer massiven Aufstockung. Der Check zeigt: Von massiv ist keine Rede. 70 neue Psycholog:innen und 30 neue Sozialarbeiter:innen soll es pro Jahr an den Bundesschulen geben. Das gab es bis jetzt nicht, das ist ein erster Schritt. Eine einzige Sozialarbeiterin betreut dann aber 13 000 Jugendliche – 13 000! (Abg. von Künsberg Sarre [NEOS]: Ja, weil ihr nichts gemacht habt in den letzten fünf Jahren! – Abg. Shetty [NEOS]: Und was ist in den letzten fünf Jahren passiert?) So viele Menschen leben in Vöcklabruck. (Abg. Shetty [NEOS]: Und was war die letzten fünf Jahre? Totalamnesie!) 

Derzeit teilen sich 6 200 Kinder und Jugendliche eine einzige Schulpsychologin. (Abg. von Künsberg Sarre [NEOS]: Ja, ihr habts nicht gemacht! Schade ...!) Selbst im Idealfall, Frau Kollegin Künsberg Sarre, den Sie jetzt hier gerade vorgetragen haben, bedeutet Ihr Endausbau einen Betreuungsschlüssel von 1 : 3 500 Menschen. (Abg. Shetty [NEOS]: Die letzten fünf Jahre waren nicht der Idealfall!) Das ist meilenweit davon entfernt, was international empfohlen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Unter dem Lehrkraftmangel leiden unsere Schulen tatsächlich massiv. Sie, Herr Minister, haben in der „ZIB 2“ gemeint, es gebe ausreichend Lehrer für gute Bildung. Haben Sie schon einmal mit den Lehrerinnen und Lehrern darüber gesprochen, wie es ihnen denn geht, wie es in Wahrheit zugeht? Überstunden sind die Regel, es muss dauernd fachfremd unterrichtet werden und junge Berufseinsteiger:innen, die noch studieren, werden in den Klassen im Dauerstress verheizt. (Abg. Shetty [NEOS]: Das ist eine Selbstanklage!) Damit das Lehrpersonal von zunehmendem Papierkram entlastet wird, haben wir während unserer Regierungsbeteiligung die Möglichkeit für administrative Unterstützungskräfte beschlossen, um diese an die Schulen zu bringen. 

Was macht diese Regierung? – Sie, Herr Wiederkehr, setzen ausgerechnet bei der administrativen Entlastung der Lehrer:innen den Sparstift an und verzögern die Umsetzung. Das ist natürlich ein massiver Rückschritt und eine weitere Belastung der Lehrerinnen und Lehrer, die ohnehin schon auf dem Zahnfleisch gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Eintrag in der endlosen Ankündigungsliste ist – von heute in der Früh – die verpflichtende Sommerschule. Das klingt gut – als Schlagzeile. Aber wie das benötigte Lehrpersonal aufgestellt werden soll, das sagen Sie nicht. Über Vorbildwirkung wird es nämlich nicht funktionieren, was wir auch an diesem einen Plenartag sehen, den wir heute hier nur haben. 

Für die Zuseherinnen und Zuseher: Normalerweise sind zwei Plenartage im September reserviert, weil man davon ausgeht, dass sich über den Sommer einiges an Gesetzesmaterien angestaut hat (Abg. Wurm [FPÖ]: Die machen nichts! Da sind wir einmal einer Meinung!), was man abarbeiten muss – nicht so in dieser Regierung. Es ist nur ein einziger Tag notwendig und da behandeln wir auch – ehrlicherweise – eher nur sehr viele Berichte von Rechnungshof und Co – alles gut, der Rechnungshof ist wichtig –, weil diese Regierung über den Sommer eben nicht gearbeitet hat – anders, als es diese in Zukunft von den Lehrerinnen und Lehrern verpflichtenderweise haben will. Diese sollen nämlich dazu verpflichtet werden, in den Sommerschulen zu unterrichten, weil Sie eben keinen Plan dafür haben, wer diese Arbeit leisten soll. (Beifall bei den Grünen.)

So ungern ich diese NEOS-Jubelveranstaltung störe, so deutlich muss ich sagen: Kommen Sie in die Gänge, Herr Bildungsminister, setzen Sie um, was Sie versprechen (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ]), und hören Sie mit dieser wirklich peinlichen Schönfärberei auf, mit der Sie uns leere Ankündigungen als massive Verbesserungen verkaufen wollen. Unsere Kinder, die Eltern und das engagierte Personal in den Schulen haben sich ehrliches Handeln verdient, denn das Erzählte reicht eben nicht, es reicht nur das Geschaffene. (Beifall bei den Grünen.)

9.58

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als nächster Redner zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Schandor. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.