RN/31
11.04
Mitglied des Europäischen Parlaments Lena Schilling (Grüne): Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich diese Rede ganz anders beginnen, denn es geht ja um was viel Größeres: Es geht um die Lebensgrundlage der nächsten Generationen, es geht um eine Frage der Zukunft. Stattdessen sehen wir aber etwas, das nicht nur mich enttäuscht, sondern all diesen Kindern gegenüber einfach wahnsinnig ist, nämlich irgendwelche Schuldzuweisungen und dass hier gesagt wird: Wir bekennen uns zum Klimaschutz und wir würden doch eh was tun!, während man gerade ein Klimaziel verschiebt.
Man greift hier Leonore Gewessler an, eine Frau, die mehr für die Umweltpolitik Europas gemacht hat als jede andere Person hier. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die hat die Klimapolitik an die Wand gefahren, Generationen mit Schulden belastet! Das hat die Frau Gewessler gemacht: eine Schuldenpolitik der Sonderklasse!)
Gleichzeitig reden wir schon wieder über den Lobautunnel, reden wir schon wieder über das teurere Klimaticket und die ÖVP, über ihr Lieblingsthema, über die Verschiebung des Verbrenneraus. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie hat Österreich an die Wand gefahren! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.)
Jetzt wäre es total schön, wenn es hier für das Thema und das Anliegen ein bisschen Respekt geben würde (Beifall bei den Grünen), denn diese Rede wollte ich eigentlich für die jungen Menschen, für die Kinder Österreichs halten.
Wie diese Debatte gerade läuft, dazu kann ich nichts anderes sagen als: Es tut mir leid, dass wir es gerade verscheißen. (Rufe bei FPÖ und ÖVP: Hallo! – MEP Lopatka [ÖVP]: Hallo! Gehen Sie aufs Klo! Gehen Sie aufs Klo!) Es tut mir leid, dass wir vor zehn Jahren das Versprechen gegeben haben - -
Präsident Peter Haubner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich bitte Sie, diesen Ausdruck zurückzunehmen.
Mitglied des Europäischen Parlaments Lena Schilling (fortsetzend): Ich nehme diesen Ausdruck zurück. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Untereinander könnt ihr eh so reden!)
Es tut mir leid, dass wir vor zehn Jahren versprochen haben, dass wir die Klimakrise ernst nehmen. Wir haben dem Pariser Klimaabkommen zugestimmt, auch die Personen hier im Haus, und heute stehen wir da und haben ein Versprechen gebrochen. Wir haben über Generationen unseren Kindern gesagt: Euch wird es einmal besser gehen. – Das ist dieses große Versprechen, das wir gegeben haben. Heute sagt das niemand mehr, heute verschieben wir Klimaziele – nicht wir, sondern Sie, Herr Totschnig, an der Seite von SPÖ und NEOS, die sich heute hier abputzen wollen, statt zu sagen, was Sache ist.
Wir können gerne über die verfahrenstechnischen Fragen reden; bei dem, was man mit dieser Verschiebung getan hat, ist aber eines ganz klar: Wir bewegen uns hier nicht im luftleeren Raum, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wissen Sie. Es gibt eine Klimakonferenz. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich hoffe, Sie sind heute mit dem Zug gekommen!) Genau da wäre es darum gegangen, zu zeigen, dass wir ambitioniert sind, dass wir uns - - (Ruf bei der ÖVP: Die ist eh erst im November!) – „Die ist eh erst im November“, sagen Sie, und damit haben Sie recht, denn wir werden bis November nicht fertig verhandelt haben. Es gibt einen Trialog, um Ihnen das zu erklären.
Aber zu dieser einen Frage, nämlich: Wie gestalten wir Klimapolitik in Zukunft?, habe ich heute sehr wenig gehört. Man legt die Klimaambition, von (in Richtung ÖVP) Ihrer Fraktion übrigens, im Parlament in die Hände der extrem Rechten und im Rat in die Hände von Viktor Orbán.
Jetzt könnten wir einfach einen Trick anwenden – und das tun Sie offenbar – und schauen einfach nicht mehr hin. Wir sagen, bis zur Klimakonferenz achten wir nicht mehr auf Klimapolitik. Es ist nur ein Trick, der nicht aufgeht.
Wir sehen es heute schon – und das ist so arg an dieser Debatte –: Wir mussten aufgrund des Sommers in Europa 43 Milliarden Euro für Klimaschäden ausgeben, 16 500 Menschen in Europa haben wegen des Sommers, wegen der Hitze ihr Leben verloren. Und hier passiert nichts anderes als ein Herumgeschreie und dass Sie so tun, als wäre es ein Spiel. (Abg. Schnabel [ÖVP]: Schreien tun nur Sie! Bis jetzt hat keiner geschrien! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)
Können wir einmal so tun, als würde es um unsere Lebensgrundlage gehen, und nicht, als wäre das ein Monopolyspiel, wo einer gewinnt und einer verliert? Und dann spielen wir noch eine Runde! Wenn wir das verlieren, dann verlieren wir die Lebensgrundlage für die nächsten Generationen. Dann verlieren wir (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Existenzgrundlage für Ihre Partei!) eine Zukunftsperspektive, die wir vor Jahren versprochen haben.
Deswegen möchte ich nicht nur um mehr Ernsthaftigkeit bitten, sondern vor allem um Verantwortung, um Verantwortung in einem Sinne, durch den klar ist: Man kann sich auf uns verlassen, auch international. Wir stehen heute vor dieser UN-Klimakonferenz mit einer vagen Spannweite von Zahlen, ohne ein klares Bekenntnis. Wir sagen doch seit Jahren schon, wir müssen alle zusammen Klimaschutz machen. Klimaschutz kriegen wir alleine nicht hin, nicht in Österreich und nicht in Europa. Wir brauchen die Weltgemeinschaft dafür.
Statt aber dann zu dieser Klimakonferenz zu gehen und ein klares Bekenntnis nach außen zu tragen, zu sagen: Ja, liebe Leute, auch 2025 übernehmen wir noch Verantwortung für die Zukunft!, gehen wir dorthin und geben eine Absichtserklärung ab.
Ich kann Ihnen sagen, vor zehn Jahren, als ich 14 Jahre alt war, ist mir das von den Regierungen versprochen worden. Es war eine Absichtserklärung. Und heute, genau heute – wir können den Tag messen – stehen wir hier im Parlament und hören von allen Seiten, wie wenig wichtig Klimaschutz ist oder wie wichtig Klimaschutz ist – und trotzdem wird er verschoben.
Jetzt gibt es eine Sache, die ich Ihnen gerne mitgeben möchte: Ich habe junge Leute befragt, was wir hier heute sagen sollen. Und das Einzige, das sich diese jungen Menschen in diesem Land wünschen, ist Verantwortung. Das Einzige, das sich die jungen Menschen in dem Land wünschen ist, dass wir diese Versprechen ernst nehmen. Wenn wir das nicht tun, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann werden wir Sie dafür verantwortlich machen, für das Versagen, das jetzt gerade passiert, wenn es dieses Klimaziel nicht geben wird.
Es ist eine Richtungsentscheidung. (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) Wenn es zu spät kommen wird, nach der Klimakonferenz, und deswegen die Klimakonferenz scheitern wird, dann werden wir Sie zur Verantwortung ziehen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ist das eine Drohung?)
Deswegen: Bitte, bitte, bitte reißen wir uns jetzt einmal alle zusammen und tun, was notwendig ist! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Die Greta hat auch gesagt, dass ...!)
11.10
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.