RN/96
15.44
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, Sie sitzen gerade im Flugzeug, auf dem Weg von einem wunderschönen Urlaub nach Hause, Sie freuen sich schon seit ein paar Stunden, dass Sie endlich nach Hause kommen, in den Garten, um ein bisschen zu relaxen, und plötzlich die Lautsprecherdurchsage im Flugzeug: Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden noch ein paar Kreise ziehen müssen, weil der Flugraum über Salzburg gesperrt worden ist. – Sie kreisen noch ein bisschen, und ein bisschen länger dauert es, bis Sie endlich in Salzburg ankommen.
Das Ganze passiert während einer Neueröffnung des Hangar-7 von Mateschitz von Red Bull. Die Bundesregierung lässt auf Wunsch der Frau Bundesministerin den Luftraum über Salzburg sperren. Der Betrieb am Flughafen Salzburg wird eingestellt, und das Bundesheer schickt seinen Eurofighter als Programmeinlage für diese tolle Veranstaltung.
Das ist keine öffentliche Veranstaltung. Wir reden nicht davon, dass das eine große Luftveranstaltung für Personen ist, die gerne Eurofighter anschauen. Nein, wir reden von einer privaten, von einer geschlossenen Feier von Red Bull mit Mateschitz, der ÖVP und sehr vielen VIPs. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden hier über Abfangjäger! Unsere Eurofighter sind keine Partyattraktion, sondern militärisches Gerät! (Beifall bei den Grünen.)
Was mich noch dazu ärgert: Wir sind in Zeiten, in denen wir alle – jede Bürgerin, jeder Bürger – sparen müssen, in denen wir alle den Gürtel ein bisschen enger schnallen müssen. Ich habe persönlich überhaupt nichts gegen Red Bull (Ruf bei der ÖVP: Na!), aber dass man in solchen Zeiten bei der Privatfeier des reichsten Österreichers Steuergeld rausschmeißt, das verstehe ich nicht. (Abg. Deimek [FPÖ]: Vermögensteuer!) Ich würde mir wünschen, dass Sie mir das erklären. Wie kann man für den reichsten Steuerzahler (Abg. Kassegger [FPÖ]: Reichsten Steuerzahler, ja!), den reichsten Menschen Österreichs denn überhaupt diese Privatfeier machen? (Zwischenruf der Abg. Schartel [FPÖ].) Können Sie sich auch einen Privatjet, einen Eurofighter, bei der Frau Ministerin mieten, weil Sie Lust darauf haben? Na ja, schauen wir uns das an!
Was ist das für ein Bild? Eurofighter fliegen für Steuergeld bei einer VIP-Party der Superreichen in Zeiten wie diesen, in denen wir überall sparen müssen: bei den Pensionen, beim Klimaschutz, bei der Entwicklungszusammenarbeit, bei den Lohnabschlüssen.
Es geht noch weiter: Während Europa im Krieg ist, während die Freiheit Europas angegriffen wird, machen wir große PR-Shows mit Steuergeld. Und die Frage ist: Ist das notwendig?
RN/96.1
Frau Minister, bei Ihnen wurde ja – und das muss ich jetzt auch erwähnen, ich habe extra etwas mitgenommen – auch schon eine Werbefläche gebucht. Heute haben Sie es ja nicht. Ich zeige es Ihnen. Hier ist es. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Redner:innenpult, auf der Bundesministerin Tanner abgebildet ist.) Man kann es ja hier ganz gut sehen: eine Werbefläche in lebender Person – ich habe es Ihnen auch vergrößert ausgedruckt. Moment, vielleicht sieht man es dann besser: die Red-Bull-Ohrringe. (Der Redner stellt ein Foto mit einem vergrößerten Ausschnitt desselben Fotos auf das Redner:innenpult, auf dem zu sehen ist, dass die Ministerin Red-Bull-Ohrringe trägt. – Abg. Zarits [ÖVP]: Wie peinlich bist du, Oida!) Red-Bull-Ohrringe hat sich die Frau Ministerin bei einer Pressekonferenz schön und groß aufstecken lassen. (Heiterkeit von Bundesministerin Tanner. – Ruf bei der ÖVP: Was soll denn das?!) Schön und groß Red Bull, und das ist schon etwas ganz Besonderes! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.) Korrigieren Sie mich! Red Bull-Ohrringe! Korrigieren Sie mich! (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Eine Ministerin als Werbefläche, ich habe das bis jetzt noch nicht erlebt. Ich weiß nicht, ob es die Kolleginnen und Kollegen erlebt haben. Ich bin seit zehn Jahren im Haus. (Bundesministerin Tanner deutet auf einen Bundesheeranstecker auf ihrem Revers.) –Ja, das ist ja hoffentlich ein öffentliches Abzeichen, aber Red Bull ist noch nicht verstaatlicht. Ich weiß es nicht. (Bundesministerin Tanner hält ihr Handy in die Höhe, auf dessen Schutzhülle das Bundesheerlogo prangt.) Ich weiß nicht, ob die schon verstaatlicht sind. Ich habe das aber noch nie gesehen. Vielleicht können sehr erfahrene Kolleginnen und Kollegen da ja widersprechen.
Ich würde gerne wissen: Hätten das andere Minister in diesem Haus gemacht – wenn wir das gemacht hätten, wenn Herr Kickl das dazumals gemacht hätte –, na wo wäre da der Aufschrei gewesen? (Der Redner nimmt die Tafel vom Redner:innenpult und hält sie in die Höhe.) Aber bei der Frau Ministerin ist mit Red Bull alles in Ordnung, das ist ja ein Kollege und Werbepartner. (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Tanner: Prost!) – Ja, Sie können schon Trost trinken, Sie können schon ein bissel Spaß machen; ich finde es ein bissel peinlich, Frau Ministerin! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich finde es ein bissel peinlich.
Vielleicht muss man Sie auch loben, dass Sie so transparent sind. Vielleicht ziehen Sie sich gleich in Ihren bekannten Uniformen – ich weiß nicht – Logos an und Logos irgendwo drüber. Dann können Sie sich – ich weiß nicht, der TSV Hartberg hat jetzt ein Problem – vielleicht bei denen anschauen, wie solche Logos ausschauen.
Aber: Was soll das? Was soll das ernsthaft? Eine Ministerin mit Logos von privaten Unternehmen, das geht sich in dieser Republik nicht aus! (Beifall bei den Grünen.)
In Ihrer Beantwortung sprechen Sie von Übungsflügen, gleichzeitig von einer gelebten Partnerschaft mit Red Bull. Das klingt nach einer ganz klaren Ausrede, die beides sein soll, nämlich Übung und Werbung. Da beginnt der gefährliche Spagat bei dieser gesamten Geschichte, denn entweder reden wir über sicherheitsrelevante Übungen, und wenn wir von sicherheitsrelevanten Übungen reden, dann dürfen sie nicht im Rahmen einer Privatveranstaltung gestellt werden, oder wir reden über PR-Kooperation, dann haben Eurofighter dort einfach nichts zu suchen. Das ist ganz einfach, Übungen ja, aber bitte dort, wo sie sinnvoll sind, nicht bei einem Sektempfang für Superreiche und VIPs. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Ich finde das nicht lustig. Ich finde es nicht lustig, dass die Ministerin da „Prost“ oder so etwas schreit. Wir sind in einer kritischen Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwischenruf des Abg. Ofenauer [ÖVP]), und ich finde das nicht lustig, dass hier im Parlament so etwas irgendwie als Spaß abgetan wird. Europa wird angegriffen, die Freiheit Europas wird tagtäglich angegriffen!
Man muss nur die Schlagzeilen lesen: Russische Drohnen und Flugzeuge dringen mehrfach in den Luftraum anderer EU-Länder ein, in Polen, in Estland, in Dänemark, auch in Norwegen – das sind ernsthafte Warnsignale. Ja, da können Sie schon so dreinschauen, Frau Ministerin – wenn Sie es nicht ernst nehmen, dann nehmen Sie es halt nicht ernst, aber das ist ein Anschlag auf unsere Freiheit! (Ruf bei der ÖVP: Was hat denn das damit zu tun?)
Wenn in Kopenhagen ein Drohnenangriff auf den Flughafen verhindert wird, wenn von Russland auch ganz konkrete Drohungen gegen Österreich kommen, und wir machen nur PR-Shows – na hawidere! Wenn Europa in der Luft bedroht wird, dann muss auch Österreich vorbereitet sein. Ja, wir sind neutral, aber das bedeutet nicht Naivität. Wir brauchen eine starke und verlässliche Luftraumüberwachung, die im Ernstfall sofort reagieren kann.
So, Frau Ministerin, die Sommerpause ist vorbei. Erst letzte Woche hat der Nationale Sicherheitsrat getagt, und die Regierung hat es bisher nicht geschafft, eine gemeinsame Erklärung zur Sicherheit Österreichs zu schaffen und umzusetzen. Es geht darum, eine klare Zielvorgabe für den Umgang mit Bedrohungen zu haben, Sie haben es nicht geschafft. Da hätten Sie einmal Ihre Energie investieren sollen! Warum schafft die Bundesregierung in der Sicherheitsstrategie nicht eine gemeinsame Lösung für den Umgang mit hybriden Bedrohungen? Was ist mit Sky Shield? Was ist mit der Österreichischen Sicherheitsstrategie? Frau Ministerin, was ist da los? Ich frage Sie das ernsthaft!
Im April hat die Regierung eine neue Sicherheitsstrategie angekündigt, und bis heute ist noch immer nichts da – sehen Sie nicht, wie ernst die Lage in Europa ist? Noch immer kein Plan, keine Strategie, keine Umsetzung. Wieder ist ein Sommer vorübergezogen, und es gibt Ankündigungen, aber leider nichts Konkretes.
Was ist mit den Eurofightern, was ist mit dem Primärsystem der österreichischen Luftraumüberwachung? Wir wissen schon lange, dass es für die Eurofighter eine neue Lösung braucht, da sie immer teurer werden und immer höhere Betriebskosten haben. Ich kann mich noch erinnern, als Sie letztes Jahr angekündigt haben, es gebe eine neue Strategie, eine Entscheidung wurde angekündigt. Doch anstatt Klarheit zu schaffen, verschiebt die Regierung diese Entscheidung wieder auf das nächste Jahr und auf das übernächste Jahr; wieder Ankündigungen, Ankündigungen, Ankündigungen. Wieder zieht ein Sommer ins Land, und wieder wird nichts entschieden. Gut, dann warten wir halt wieder einmal. Europa wird angegriffen – wir warten, bis die nächste Entscheidung getroffen wird. (Zwischenruf des Abg. Ofenauer [ÖVP].)
Gleichzeitig werden alle Trainingsjets, die Sie ja kaufen wollten, schnell beschafft. Ein Geschäft, das viele Fragen offen lässt: Warum dort so schnell und bei der anderen Entscheidung lassen Sie sich sehr viel Zeit? Das ist ja die nächste Frage, denn das wirkt ja planlos. Frau Ministerin, das wirkt planlos! Sie sagen auf der einen Seite immer noch, das Primärsystem - - (Bundesministerin Tanner: Sie tun mir so leid!) – Sie können ruhig Wehrsprecher anderer Fraktionen lächerlich machen, Frau Ministerin. Das tut mir nicht leid, Sie tun mir leid!
Sie fühlen sich wohl ein bisschen überfordert in Ihrer Position, denn anders kann man das schon nicht mehr erklären. Diese Planlosigkeit, diese Ankündigungen, die Sie ja machen, aber nichts daherbringen, sind schon ein bisschen ein Problem. (Abg. Shetty [NEOS]: Bisschen weniger Red Bull trinken vor der Rede!)
Kommen wir zum Thema Transparenz: Was ist denn mit dem Bericht der Beschaffungs-Prüfkommission? Alle hier haben gehört, die Frau Ministerin werde den vorlegen – der liegt bereits vor, seit Monaten, seit Anfang des Jahres liegt der vor –, sie werde den übermitteln. Sie haben angekündigt, nach dem Sommer würden Sie den Bericht ans Parlament liefern. Na wo ist dieser Bericht der Beschaffungs-Prüfkommission? Wo ist er? Der Sommer ist vorübergezogen, und es gibt wieder nur Ankündigungen. Sie übermitteln den Bericht nicht, schon wieder nicht, genau das ist das Problem: Sie veröffentlichen die Berichte nicht, Sie mauscheln irgendwie ein bisschen, Sie bringen uns nichts.
Frau Minister, wir brauchen in Österreich Sicherheit und klare Entscheidungen, nicht nur irgendwelche Ankündigungen, die Sie ständig machen. Wir brauchen ein Bundesheer, das ausschließlich für die Sicherheit unseres Landes da ist und nicht für irgendwelche Werbeaktionen. Machen wir weniger Showpolitik für Milliardäre, sondern machen wir Sicherheitspolitik für Österreich und für Europa, für unsere Sicherheit. In diesen Zeiten, da die Freiheit Europas tatsächlich von Russland angegriffen wird, brauchen wir nicht irgendwelche Ankündigungen, brauchen wir nicht irgendwelche Werbeflächen von Ihnen, Frau Ministerin, sondern eine tatsächliche Strategie, und die vermissen wir schon seit Monaten und Jahren. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
15.54
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß Geschäftsordnung 5 Minuten.
Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder Wortmeldungen von Staatssekretärinnen und Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.
Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. Ich erteile es ihr. – Bitte, Frau Bundesminister.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.