RN/118

17.23

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist zugegeben keine ganz einfache Debatte für mich, und irgendwie enttäuscht es mich, dass das jetzt auch so emotional abgelaufen ist und in ein klassisches parteipolitisches Hickhack ausgeartet ist, und ich möchte offen auch in dieser Runde sagen: Herr Präsident Rosenkranz, ich bin vielleicht nicht bekannt als jemand, der Sie sozusagen groß lobt, aber Sie haben nach dem Massaker in Graz hier in diesem Saal eine Rede gehalten, und ich habe oft an Ihre Worte denken müssen. Das ist mir persönlich auch nahegegangen. 

Sie haben von den Stimmen der Familien gesprochen, der Jugend, von Elternvertretern und vielen, vielen Menschen im Land, die zu Recht auch mit klaren Forderungen auch an uns herantreten und die von uns erwarten, dass wir in Zukunft ein derartiges Unglück verhindern. Und dann haben Sie gesagt, dass wir alle miteinander dieser Verantwortung gerecht werden müssen. Ich habe dann oft an Sie gedacht, nämlich an den Satz, als Sie gesagt habt, man soll nicht nur zum stillen Gedenken aufstehen, sondern dass wir alle uns selber dieser Verantwortung auch bewusst sind und uns auch selber in den Spiegel schauen können – so habe ich das für mich selbst gedeutet. Die Kollegen aus den Regierungsfraktionen können es bezeugen: Wir haben sehr, sehr lange auch miteinander dafür gekämpft, dass es Verschärfungen gibt, aber dieses Nachdenken, sich selbst in den Spiegel schauen können, war mir in der Frage ganz, ganz wichtig. 

Ich war beim ersten Ministerratsvortrag, das sage ich offen, nicht ganz zufrieden. Ich bin heute froh über das, was miteinander gelungen ist, weil wir nicht jedes Risiko in diesem Land, nicht jede Gefahr und auch nicht jeden Horror verhindern können, aber wir haben gemeinsam die Pflicht, diesbezüglich alles zu tun. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)

Was ich persönlich nicht verstehen kann, ist Folgendes: Mir hat eine Pensionistin in Klagenfurt so einen Satz gesagt, den man leider vielleicht öfter hört: Muss denn zuerst irgendetwas passieren? Muss zuerst einmal etwas passieren, bevor man etwas tut? (Abg. Disoski [Grüne]: 40 Frauenmorde ...!) Nach diesen zehn Todesopfern, nach diesen zehn ermordeten Menschen in Graz frage ich ganz ehrlich: Was muss denn noch passieren, dass wir alle einen Schritt zurück machen und uns miteinander überlegen, wie wir das Waffenrecht verschärfen können? 

Ich möchte jetzt nicht in diese parteipolitische Polemik hineinkippen, aber die FPÖ hätte es ganz, ganz ehrlich machen können und sagen können: Eigentlich wollen wir gar nichts ändern. Wir wollen gar nichts ändern. – Denn man hat der Reihe nach versucht, eine Kaskade aufzubauen, zu erklären, welche möglichen Gründe es gibt, damit man sozusagen nicht mitstimmen muss, hat Ausreden gefunden, hat einen Schmäh entwickelt, bis man gemerkt hat, der Schmäh zieht nicht mehr, dann hat man versucht, die nächste Geschichte zu erzählen. – Ich sage offen: So funktioniert das nicht miteinander. 

Der eine Punkt ist die Geschichte, dass man behauptet, die Freiheit sei bedroht – um Gottes willen, die Freiheit ist bedroht! –, wenn man vorher ein psychologisches Gutachten machen muss und wenn vorher die Polizei nachschaut, ob Gewalt im Spiel ist, ob der Mann zu Hause die Frau verdroschen hat, ob es vorher ein Risikobild gibt, ob es Vorstrafen gibt. Sich das vorher anzuschauen, das bedroht doch nicht die Freiheit! 

Mir persönlich geht es schon auch um die Freiheit, dass Kinder nach der Schule einfach wieder nach Hause kommen, auch die Freiheit, frei von Waffengewalt in Sicherheit leben zu können. Das ist in dem Fall die Freiheit der vielen, und ja, da müssen wir abwägen. Das ist ein Spannungsverhältnis von Sicherheit und Freiheit, das bedingt sich auch und schließt sich natürlich nicht aus, aber dieses Abwägen müssen wir miteinander schaffen. Also an der Freiheit kann es nicht liegen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)

Dann war der andere Punkt, dass es immer wieder geheißen hat: Mit den legalen Waffen haben wir in Österreich überhaupt keine Probleme, das funktioniert klass; das Problem sind nur die illegalen Waffen. – Ja, eh! Da haben wir ein Thema, das ist eine Kernaufgabe der Polizei. Dagegen kämpfen unsere Polizistinnen und Polizisten, der Staatsschutz. Die schauen natürlich, dass wir auch gegen den Schwarzmarkt vorgehen. 

Wir verschärfen natürlich hier wieder in diesem Gesetzespaket auch den Zugang zu illegalen Waffen. Das ist ja eigentlich ein Wahnsinn gewesen, dass man über das Internet Waffen bestellen kann; das schränken wir in Zukunft ein. Das ist eine richtige Maßnahme, und wir setzen weitere Maßnahmen. 

Aber wenn wir nur von den illegalen Waffen reden, dann stimmt das halt auch nicht: Der Täter in Graz hat seine Waffe völlig legal gekauft. Jetzt kann man über das psychologische Gutachten reden – es wäre super, wenn ihr da mit dabei seid; das wäre eh die Minimalvariante –, aber die Schrotflinte, die so schwere, tödliche Verletzungen verursacht hat, hat er sich völlig ohne Überprüfung kaufen können. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Die hätte er nie haben dürfen! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... das ist ein Behördenversagen!) Also so weit kann dieses Argument natürlich auch nicht greifen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.) Schließen wir das Thema hier; es ist passiert, aber wir müssen weitergehen, liebe Dagmar Belakowitsch.

Ich persönlich verstehe in der Frage auch die FPÖ nicht – wir alle kennen ja auch die unterschiedlichen Positionen –, dass man auf der einen Seite immer wieder ganz stark für Sicherheit eintritt und auf der anderen Seite dann wieder auf die Sicherheit pfeift. Wenn es nämlich gegen die sogenannten Ausländer geht, dann ist man für Sicherheit, und wenn es dann um den Schutz vor Schusswaffen geht, dann pfeift man auf die Sicherheit. Das passt nicht zusammen. Unsere Aufgabe muss es doch sein, dass wir miteinander – egal wer die Sicherheit in diesem Land bedroht (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das behauptet ...!) – auch Maßnahmen setzen, um Menschenleben zu schützen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist unglaublich!)

Ich darf wirklich noch einmal bitten: Das darf keine parteipolitische Frage sein! Und ich darf noch einmal an die Worte von Präsident Rosenkranz erinnern. Das heute ist nicht nur eine parteipolitische Frage, wo man abstimmen muss – und ich weiß, es gibt auch einen Klubzwang; Landeshauptmann Kunasek hat gesagt, dass er sich sozusagen auch weitere Schritte vorstellen kann. 

Ich darf gerade die Kolleginnen und Kollegen der FPÖ bitten: Bitte gebt euch einen Ruck! Ich weiß, wir werden nie alles verhindern können, aber es kann doch nicht euer Zugang sein, dass wir, nachdem zehn Menschen gestorben sind, sagen, wir tun gar nichts. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)

17.29

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Herr Abgeordneter. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.