RN/140
19.02
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler, schön, dass Sie es jetzt wenigstens zu dieser Debatte ins Parlament geschafft haben! (Abg. Schroll [SPÖ]: Schon wieder peinlich!) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren hier heute zwei kleine Änderungen im ORF-Gesetz, die wir beide für sinnvoll erachten: Wir entlasten kleine und mittlere Betriebe einerseits, und wir schaffen andererseits das Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung von ORF-Landesdirektionen ab; und ich stehe nicht an, an dieser Stelle anzuerkennen, dass es insbesondere der Sozialdemokratie und der ÖVP gelungen ist, ihre eigenen Landeshauptleute endlich davon zu überzeugen, dass dieses Anhörungsrecht fallen muss, einfach deswegen, weil es absolut unzeitgemäß und mit einem unabhängigen öffentlichen Rundfunk unvereinbar ist.
So erfreulich diese kleine Änderung auch ist, sosehr muss ich aber leider sagen: Bei den großen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem ORF stellen, bleibt diese Regierung weit hinter ihren eigenen Ankündigungen zurück. Im Regierungsprogramm sind zum ORF ganz viele große Reformen genannt, unter anderem auch eine echte Gremienreform unter breiter Einbindung, mit einer Stärkung der Unabhängigkeit der Gremien.
Jetzt überprüfen wir doch diese Ansage im Regierungsprogramm einmal mit der Realität. Denn was wurde aus dieser Ankündigung vom Vizekanzler der Superlative? – Genau: Es ist nicht nur das nicht passiert, was er angekündigt hat, es ist sogar das absolute Gegenteil davon passiert! Nicht nur hat diese Bundesregierung den politischen Einfluss auf den ORF einfach vom Stiftungsrat in den Publikumsrat verschoben, nein, sie hat sich auch noch die extreme Peinlichkeit geleistet, dass gleich vier nominierte Kandidat:innen für den Publikumsrat wieder zurückgezogen werden mussten. Und warum? – Weil diese vier Personen eine absolut eindeutige Parteizugehörigkeit hatten, die mit dem ORF-Gesetz nicht vereinbar ist.
Da muss ich Sie leider fragen, Herr Vizekanzler: Welches Chaos haben Sie in Ihrem Kabinett, dass ein derart schwerer Fehler nicht verhindert wird? Sie haben dann in irgendeinem Ausschuss gesagt: Ja, die haben halt irgendein Formular unterzeichnet, und wir haben das nicht überprüft! – Aber das kann doch bitte nicht der Anspruch eines Medienministers und Vizekanzlers in diesem Staat sein, dass man selber nicht überprüft, was in der eigenen Vollziehung passiert! (Beifall bei den Grünen.)
Doch damit nicht genug: Der neue Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, Heinz Lederer, ehemaliger SPÖ-Kommunikationschef und damit entsprechend eindeutig zuordenbar, hat uns via „Standard“ wissen lassen, wie er sich denn das mit der Bestellung des Generaldirektors oder der Generaldirektorin des ORF – steht ja bald wieder an – so vorstellt. Was sagt er da? – „Man wird einen Konsens suchen in der Koalition.“ – Das sagt Heinz Lederer, SPÖ-Stiftungsratsvorsitzender, zur Bestellung des Generaldirektors des ORF. (Abg. Gewessler [Grüne] – erheitert –: Im Ernst?) Von wegen politische Unabhängigkeit!
Sie, Herr Babler, haben hier in diesem Parlament – da waren Sie anwesend – am 27. März Folgendes von sich gegeben: „Und weil die Abgeordneten von den Grünen und oft auch von der FPÖ dazwischenrufen, sage ich jetzt schon etwas in Ihre Richtung: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie Derartiges, die Stärkung der Unabhängigkeit des ORF, auch nur ein einziges Mal in Ihrer eigenen jahrelangen Regierungsverantwortung zustande gebracht haben – das in aller Deutlichkeit!“
Das hat der zuständige Medienminister gesagt, der den politischen Einfluss auf den ORF nicht reduziert, sondern sogar verstärkt hat. Und an dieser Stelle möchte ich auch sagen, Kollege Kurt Egger hat es vorhin gerade genannt: Also ich bin schon der Überzeugung, dass die vergangene Regierung mit Susi Raab als Medienministerin extrem viel für die Stärkung des unabhängigen ORF getan hat. Sie hat nämlich seine Finanzierung nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auf stabile Beine gestellt, und das ist einmal die Basis dafür, dass der ORF überhaupt arbeiten kann. Das war gut so, und das war richtig so, und ich glaube, da haben Sie noch viel vor, um diese Leistung auch zu erbringen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Egger [ÖVP].)
Ich frage mich jetzt: Wo ist sie denn, die angebliche große Stärkung der Unabhängigkeit des ORF, wenn der eigene Stiftungsratsvorsitzende ohne jeden Genierer öffentlich ankündigt, gesetzeswidrig die Koalition, bestehend aus ÖVP, SPÖ und NEOS, über den nächsten Generaldirektor des ORF bestimmen zu lassen? Ich muss das leider so sagen: Herr Babler ist ein Weltmeister im Ankündigen, aber bei der Umsetzung spielt er maximal in der Regionalliga. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
19.07
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Muna Duzdar zu Wort. - Bitte.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.