RN/183
21.16
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundesrechnungsabschluss liegt vor, das ist quasi die Bilanz der Republik. Da sieht man den Zustand, den wir Ende 2024 hatten. Zunächst ein Dankeschön an die Frau Präsidentin des Rechnungshofes und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier immer sehr zeitgerecht und sehr transparent einfach die Zahlen auf den Tisch legen, uns ernüchtern. Und die Bilanz kann man sich nüchtern anschauen. Da gibt es viele Sachen, die alles andere als gut sind.
2024 war das zweite Jahr der Rezession, die längste seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Inflation in Österreich war in den letzten Jahren die höchste – mit den vergleichbaren Staaten. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, das Defizit ist auf unglaubliche 4,7 Prozent gestiegen.
Es gibt auch positive Seiten, die muss man halt auch sehen. Wir haben eine sehr starke, sehr gute Industrie. Wir haben tolle Betriebe, wir haben tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die haben wir in Österreich. Nicht, dass es da keine Probleme gibt, aber die jetzt krank zu jammern - - (Abg. Kassegger [FPÖ]: Gibt es aber auch Kennzahlen zur Industrie! Geht auch runter!) – Sie können gerne die Industrie und die Firmen in Österreich krank jammern, das werde ich nicht tun. Wir haben eine sehr innovative Wirtschaft, wir haben eine sehr hohe Investitionsquote, vor allem, was die öffentlichen Investitionen betrifft. Die ist nach wie vor hoch und die bleibt auch hoch. Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir nicht jene Fehler machen, die zum Beispiel Deutschland gemacht hat, die aufgehört haben, in die öffentliche Infrastruktur zu investieren. Man sieht das auch, wenn man jetzt in Deutschland ist, dass dort ein wahnsinniger Aufholbedarf ist. – Es ist nicht alles schlecht. Das darf man nicht vergessen.
Einen Punkt muss ich ansprechen, denn das ist man als Budgetpolitiker dem Hohen Haus schuldig, nämlich auch zu sagen: Wie kam es zu dieser Farce mit dem Defizit? Das war von Anfang an einfach eine Farce. Der Budgetprozess ist so, dass immer im August die Länder und Gemeinden und die Sozialversicherungsträger einmelden, wie hoch ihr Defizit circa sein wird. Im August 2023 haben die Länder und Gemeinden für 2024 gesagt: Unser Defizit wird circa 1,1 Prozent minus sein, im Verhältnis zum BIP. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Der Herr Kaiser hat das mit 0 angesetzt!) Die Bundesregierung hat dann hier dem Hohen Haus vorgestellt: Die machen bloß 0,1. – Und das ist bis heute nicht erklärbar, dieser Zaubertrick, aus minus 1,1 plus 0,1 zu machen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ist das ein Zaubertrick oder gelogen?) Dafür gibt es keine Grundlage und keine Rechtfertigung. (Beifall des Abg. Schiefer [FPÖ].)
Und das noch dazu, nachdem die Länder im Jahr davor minus 0,55 gemacht haben. Das darf man ja nicht vergessen. Das wurde dann einfach verheimlicht, und in Wahrheit wurde das Parlament getäuscht und wurde die Öffentlichkeit getäuscht. (Abg. Kassegger [FPÖ]: „Getäuscht“!) Und wir müssen alle, alle hier, nachdenken, wie wir verhindern, dass so etwas überhaupt passieren kann.
Ich muss hier ehrlicherweise sagen, dass alle drei Regierungsparteien gesagt haben: Wir machen das nicht. Auch Staatssekretärin Eibinger-Miedl hat ja sehr wohl betont, gerade im Ausschuss hat sie eigentlich fast wortwörtlich dasselbe wir Finanzminister Marterbauer gesagt – und auch, was die NEOS sagen –: dass diese Regierung angetreten ist, um mit Fakten und mit Transparenz zu arbeiten, einfach basierend auf wissenschaftlichen Fakten und in einer transparenten Art und Weise vorzugehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak [NEOS].)
Das ist auch wirklich notwendig. Wir müssen uns nicht einig sein über die Vergangenheit, über alles in der Vergangenheit – nein, müssen wir nicht –, aber wir müssen uns darüber einig sein, wo wir hinwollen. Dort, wo wir jetzt stehen, ist, dass wir als Österreich in vielen Bereichen gut dastehen, aber in einigen Bereichen sehr schlecht.
Wir sind beim Wirtschaftswachstum bei den schlechtesten, und wir wollen bei den besten fünf Ländern sein, nicht bei den schlechtesten fünf. Wir wollen, was die Defizitentwicklung betrifft, nicht bei den schlechtesten fünf Ländern sein, sondern bei den besten fünf Ländern. Wir wollen, was die Inflation betrifft, nicht bei den schlechtesten, sondern wir wollen bei den besten fünf Ländern sein.
Das ist nichts, was wir auf Knopfdruck hinkriegen werden. Das wird nicht morgen oder in zwei Monaten der Fall sein, sondern das ist eine knallharte Arbeit, und es wird ein, zwei Jahre dauern, bis man das überhaupt merkt, und in Wahrheit werden wir dann erst in drei oder vier Jahren die Früchte ernten können.
Wir alle werden sehr, sehr viel arbeiten müssen, um dort hinzukommen, und das werden wir nicht gegeneinander schaffen, sondern nur miteinander. Ich weiß, dass hier drei Parteien, auch wenn sie sehr unterschiedliche Zugänge haben, daran arbeiten, dass wir diese Ziele erreichen. Es sind eigentlich alle fünf Parteien eingeladen und gefordert, das zu machen.
Ein Punkt stimmt: Es geht hier um eine gesamtstaatliche Sicht – das ist nicht nur die Bundesebene, sondern es geht auch wirklich um jede Stadt, um jede Gemeinde und um jedes Bundesland –, dass wir gemeinsam daran arbeiten, dass wir statt dieser Bilanz, die wir jetzt sehen und die zwar stimmt, in fünf Jahren eine tolle Bilanz haben, auf die wir alle gemeinsam stolz sein können. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Diesner-Wais [ÖVP].)
21.21
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petschnig. Eingemeldete Redezeit: 3 Minuten. – Bitte schön.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.