RN/188
21.40
Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf die Gefahr hin, dass schon vieles gesagt wurde, möchte ich jetzt trotzdem, weil der Rechnungshof ja dafür zuständig ist, dem Hohen Haus den Bundesrechnungsabschluss vorzulegen, noch einmal kurz auch dem Plenum des Nationalrates die Ergebnisse des Jahres 2024 präsentieren.
Wir haben das im Budgetausschuss letzte Woche gemacht, es ist aber wichtig, dass ich hier die gesamten Daten für das Plenum noch einmal kurz wiederhole, denn es ist ja auch Ihre Aufgabe, den Bundesrechnungsabschluss jährlich in Form eines Gesetzes zu beschließen.
Der Bundesrechnungsabschluss für das vergangene Jahr ergibt folgendes Bild: Sowohl das Nettoergebnis als auch der Nettofinanzierungssaldo waren das fünfte Jahr in Folge hoch negativ. Das Nettoergebnis betrug minus 13,8 Milliarden Euro und der Nettofinanzierungssaldo belief sich auf minus 19,1 Milliarden Euro. Damit verschlechterte sich das Nettoergebnis um 3 Milliarden Euro gegenüber dem Jahr 2023 und der Nettofinanzierungssaldo verschlechterte sich um 11,1 Milliarden Euro.
Folglich vergrößerte sich daher auch das negative Nettovermögen der Republik auf minus 228,6 Milliarden Euro.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Finanzschulden des Bundes dominierten mit 299,3 Milliarden Euro die Passivseite der Vermögensrechnung und sie stiegen im Vergleich zum Jahr 2023 um 16 Milliarden Euro oder plus 5,6 Prozent an. Seit dem Jahr 2019 stiegen die bereinigten Finanzschulden des Bundes insgesamt um 90,484 Milliarden Euro an. Im Verhältnis zum BIP stiegen damit die Finanzschulden in diesem Zeitraum von 52,8 Prozent auf 62,1 Prozent. Das entspricht einem Anstieg von 9,3 Prozentpunkten.
Die Gründe dafür waren vielfältig. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, zur Abfederung der Teuerung sowie zur Stützung der Konjunktur erhöhten in den Jahren 2020 bis 2024 den Finanzierungsbedarf stark. Allein die Auszahlungen des Bundes für die Bewältigung der Pandemie betrugen 45,845 Milliarden Euro. Die Auszahlung von Entlastungsmaßnahmen infolge der Teuerung und für die Energiediversifizierung in den Jahren 2022 bis 2024 betrugen 16,252 Milliarden Euro.
Im Jahr 2022 stiegen auch die Auszahlungen für die Verzinsung der Finanzschulden deutlich an und sie blieben in den Jahren 2023 und 2024 auf hohem Niveau. Im Jahr 2024 betrugen die Zinsen für die Finanzschulden, die Auszahlungen, 6,922 Milliarden Euro; im Jahr 2021 lagen sie noch bei 3,27 Milliarden Euro.
Durch die hohen Teuerungsraten in den Jahren 2022 und 2023 hat sich zeitverzögert damit auch der Finanzierungsbedarf für den Personalaufwand der öffentlich Bediensteten und die Auszahlungen der Pensionen erhöht. Die Auszahlungen für die Pensionen stiegen von 2023 auf 2024 um 4,574 Milliarden Euro, die Auszahlungen für den Personalaufwand um gut 1 Milliarde Euro. Hinzu kamen budgetäre Schwerpunkte, insbesondere ab 2021, etwa in den Bereichen Klima, Umwelt, Mobilität und Energie.
Erwähnen möchte ich aber auch den neuen Finanzausgleich, der ab 2024 wirksam war. Die Mittel aus dem neu geschaffenen Zukunftsfonds der Länder erhöhten die Auszahlungen um 1,1 Milliarden Euro. Die Aussetzung des Erneuerbaren-Förderbeitrags und der Erneuerbaren-Förderpauschale kompensierte der Bund mit 908 Millionen Euro.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Stand der Haushaltsrücklagen belief sich Ende Dezember 2024 auf 28,7 Milliarden Euro. Das ist ein Höchststand seit Einführung der Haushaltsrechtsreform. Freilich ist dieser Betrag nicht finanziert, aber es zeigt den Reformbedarf im Haushaltsrecht.
Die Ergebnisse des Jahres 2024 sind vor dem Hintergrund der anhaltenden Rezession zu sehen – wir haben das schon gehört – und einer zunehmend schwierigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Erschwerend kam die im EU-Vergleich weiterhin hohe Inflation hinzu, und die heimische Wirtschaft schrumpfte real im Jahr 2024 um 1,2 Prozent mit Stand März 2025. Die Arbeitslosenquote betrug 7 Prozent und die Inflation betrug 2,9 Prozent.
Diese von Krisen geprägte, sich rasch ändernde Konjunkturentwicklung erschwerte eine präzise Prognose der Erträge und Aufwendungen, vor allem in jenen Untergliederungen, deren Haushalte besonders von volkswirtschaftlichen Parametern abhängen, wie etwa Abgaben, Arbeit oder Pensionsversicherung.
Was aber auch wahr ist: Die Einzahlungen konnten den dynamischen Anstieg der Auszahlungen, insbesondere der Transfers, nämlich plus 10,9 Milliarden Euro, nicht kompensieren. Das Auszahlungswachstum belief sich 2024 auf 10,4 Prozent, die Einzahlungen stagnierten hingegen mit einem Zuwachs von 0,3 Prozent.
Die Erträge stiegen zwar gegenüber 2023 im Ergebnishaushalt deutlich, plus 6,9 Milliarden Euro – das war auf höhere Steuereinnahmen infolge des gestiegenen Lohnniveaus und die Inflation zurückzuführen –, und auch Erträge aus Transfers stiegen um plus 3,2 Milliarden Euro an – das ergab sich zum Beispiel aus Zuschüssen der Europäischen Union aus der Aufbau- und Resilienzfazilität –, aber die Aufwendungen nahmen noch stärker zu, plus 9,9 Milliarden Euro. Den größten Anstieg verzeichnete der Transferaufwand, plus 9,3 Milliarden Euro, dabei insbesondere Transfers an private Haushalte für den Klimabonus, höhere Förderungen für erneuerbare Energieträger, Sanierungen im Gebäudebereich und die Transfers an die Sozial- und Pensionsversicherungsträger aufgrund höherer Bundesbeiträge.
Stark angestiegen sind, wie schon betont, die Transfers an die Länder aufgrund des Finanzausgleichs. Der Personalaufwand verzeichnete ebenfalls einen Anstieg. Inflationsbedingt fielen die Gehaltsabschlüsse im öffentlichen Dienst deutlich höher aus. Rückläufig war hingegen der betriebliche Sachaufwand, insbesondere weil die Maßnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie ausliefen.
Ich komme jetzt zum Maastricht-Defizit: Die Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung für das Jahr 2024 und auch 2025 wurden nach der Budgetierung im Herbst 2023 mehrmals markant revidiert. Gesamtstaatlich erzielte Österreich im Jahr 2024 schließlich ein öffentliches Defizit von minus 4,7 Prozent des BIP. Das ist eine Verschlechterung um 2 Prozentpunkte gegenüber den Annahmen.
Der gesamtstaatliche Schuldenstand – also alle Gebietskörperschaften plus Sozialversicherung – stieg durch die weiteren Schuldaufnahmen auf 394,1 Milliarden Euro an. Die Schuldenquote stieg von 78,5 Prozent des BIP im Jahr 2023 auf 81,8 Prozent des BIP im Jahr 2024, das ist ein Anstieg von 22,6 Milliarden Euro.
Im Juli wurde das Defizitverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet, weil die EU-Fiskalregeln im Jahr 2024 wieder in Kraft traten und Österreich jetzt das übermäßige Defizit durch Einhaltung eines strikten Nettoausgabenpfads abbauen muss. Ende März dieses Jahres lag die Schuldenquote schon bei 84,9 Prozent des BIP, der gesamtstaatliche Schuldenstand bei 412,6 Milliarden Euro.
Mit Blick auf diese Verschuldung weisen wir als Rechnungshof natürlich erneut – und wir haben das auch beschrieben – auf die Wichtigkeit einer nachhaltigen Budgetpolitik hin. Für die zukünftigen Ausgaben, die wir alle zu bewältigen haben, ist es notwendig, dass fiskalpolitische Spielräume geschaffen werden. Wir brauchen eine strikte Budget- und Ausgabendisziplin und zugleich den ernsthaften Willen, die Strukturen zukunftsfit aufzustellen.
Bei einer Staatsausgabenquote von 56,3 Prozent müssen wir auf einen nachhaltigen Ausgabenpfad zurückfinden, um die Kernaufgaben des Staates aus den laufenden Budgets finanzieren zu können. Das gilt für den Gesamtstaat, für alle Gebietskörperschaften und für die Sozialversicherung. Dafür müssen wir als Staat ein Zielbild für die Zukunft entwickeln, das wurde schon angesprochen, um nicht dauerhaft über unsere Verhältnisse zu leben; denn die steigenden Ausgaben sind natürlich leider nicht im gleichen Maß sozusagen von einer steigenden Leistungsfähigkeit in unserem Land gedeckt.
Die Finanzierungslücke des Bundes betrug im Jahr 2024 rund 19 Milliarden Euro. Auf Basis der geplanten Budgets liegen wir bei rund 18 Milliarden Euro Defizit. Daher ist es notwendig, neben der Budgetsanierung auch Reformen zu machen, strukturelle Reformen. Wir dürfen Reformen nicht weiter aufschieben, denn sonst verschärfen sich die Probleme noch weiter, und das würde sich in einer noch deutlicheren Schuldenentwicklung niederschlagen. (Beifall des Abg. Schiefer [FPÖ].)
Denken wir beispielsweise nur an die Ausgaben in jenen Bereichen, die die demografische Entwicklung nach sich zieht. Es ist wichtig, dass wir jetzt eine strukturelle Veränderung einleiten. Wir haben das im Rechnungsabschluss beschrieben. Es geht um die finanzierungsintensiven Ausgabenbereiche, Sie kennen sie alle, zum Beispiel Gesundheit. Wir brauchen Steuerungsmechanismen im Energiebereich, da ist die Regierung schon am Arbeiten, oder im Bereich Digitalisierung.
Es ist wichtig, dass wir die Förderungen auf Zweckmäßigkeit und Treffsicherheit überprüfen und das Niveau der jährlich steigenden Transferleistungen immer wieder hinterfragen.
Auch die Bereitschaft zu einer Föderalismusreform ist notwendig, denn es geht um eine Entflechtung der Finanzierungsströme in Österreich, es geht um einen effizienten Mitteleinsatz und es geht um eine klare Aufgabenzuordnung in dieser Republik, damit wir die öffentlichen Mittel zweckmäßig und zielgerichtet einsetzen.
Und natürlich müssen wir das Prinzip einhalten, dass zusätzliche fiskalpolitische Maßnahmen, wenn wir sie für notwendig erachten, eine nachvollziehbare Gegenfinanzierung aufweisen.
Es wurde heute schon betont, und ich bin auch fest davon überzeugt, dass die Konsolidierung der Staatsfinanzen nur gesamtstaatlich gelingen kann und nur gemeinsam gelingen kann. Daher sind alle Gebietskörperschaften und Selbstverwaltungskörper hier einzubeziehen.
Der Informationsaustausch ist wichtig, die Kenntnis der Finanzlage des Gegenübers, denn wir sind nicht gegenüber, sondern wir sind miteinander verantwortlich dafür, dass wir das Geld des einen Steuerzahlers und der einen Steuerzahlerin gut ausgeben.
Dafür brauchen wir einen innerstaatlichen Stabilitätspakt, der ein gesamtstaatliches Commitment zu einer nachhaltigen Budget- und Schuldenentwicklung bedeuten muss. Deshalb appelliere ich an alle Verantwortungsträger, auch an Regierung und Opposition, ernsthafte Konsolidierungsbemühungen zu unterstützen, zur Erhaltung von Stabilität und zur Generierung von Wachstum in Österreich. Ich glaube, nur in diesem Miteinander können wir den fiskalischen Turnaround in Österreich schaffen und die notwendigen Impulse für die Zukunft setzen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ, ÖVP, SPÖ und NEOS.)
21.53
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Schuh. Ihre eingemeldete Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.