RN/178

19.11

Abgeordneter Paul Stich (SPÖ): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Berichte von den Standorten der SOS-Kinderdörfer – und das kann ich, glaube ich, parteiübergreifend sagen – machen uns alle tief betroffen und schockieren uns in einem Ausmaß, das wir uns wahrscheinlich, wenn es nicht passiert, sehr, sehr schwer vorstellen können. Es ist die Betroffenheit angesichts der Tatsache, dass Kinder an einem Ort, an dem sie Schutz suchen, vieles erfahren, aber ganz sicher nicht den Schutz, den sie brauchen.

Es trifft auch mich persönlich ganz besonders. Ich habe die großartige, engagierte Arbeit, die auch an ganz vielen Standorten der Kinder- und Jugendhilfe von ganz vielen engagierten Pädagoginnen und Pädagogen geleistet wird – das soll in dieser Debatte nicht unter den Tisch fallen –, jahrelang nicht nur politisch beobachten dürfen, sondern auch über viele Monate an Standorten von SOS-Kinderdorf unterstützender Teil des pädagogischen Teams sein dürfen. Gerade in diesen Monaten, die auch für mich persönlich sehr prägend waren, habe ich mir den politischen Grundsatz, nach dem wir auch heute noch handeln, verinnerlicht, nämlich dass jedes Kind ein Aufwachsen in Sicherheit verdient. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

Das ist die Leitlinie, an der wir uns orientieren. Das äußert sich tatsächlich in sehr, sehr vielen Bereichen – schon weit bevor es überhaupt zu Notfallsituationen kommt, und nicht nur für Kinder, die unter Obhut der Kinder- und Jugendhilfe stehen, sondern für alle Kinder in diesem Land. Aufwachsen in Sicherheit bedeutet sichere Wohnverhältnisse, bedeutet eine Familienpolitik, die Stabilität garantiert, bedeutet aber auch – ja! – ein sicheres Auffangnetz, wenn es in der Familie mit den leiblichen Eltern eben einmal nicht mehr funktioniert. Auch und gerade diese Kinder müssen sich darauf verlassen können, dass dieses sichere Auffangnetz keine Höllenfahrt wird. Dafür tragen wir die politische Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass das in einigen Fällen offenbar nicht passiert ist, schmerzt. Es ist auch für uns ein Handlungsauftrag dahin gehend, dass wir uns politisch in den Spiegel schauen müssen, weil wie immer gilt: Wir werden solche Fälle nie zu 100 Prozent verhindern können. Auch in Zukunft werden wir bei der besten Gesetzeslage nicht garantieren können, dass es nicht mehr zu Missbrauchsfällen kommt. Wir können aber die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Risiko so weit wie möglich minimiert wird, dass Betroffene einen direkten Draht haben, um sich mit möglichen Missbrauchsfällen direkt an Stellen zu wenden, die sich eben nicht wegducken, die nicht wegschauen, sondern tatsächlich handeln, aber auch, dass die Kette an externen Aufsichts- und Berichtspflichten ganz einfach funktioniert.

Es ist beispielsweise sehr schwer, zu verstehen, warum es in den Bundesländern jeweils verschiedene Regelungen dahin gehend gibt, wann private Träger bei möglichen Missbrauchsfällen, also dann, wenn diese Verdachtsfälle auftreten, die Kinder- und Jugendhilfe der Länder entsprechend einschalten müssen. Das hat den Anschein, dass Vertuschung möglich ist. Diese Tür, die Vertuschung zu einem gewissen Grad ermöglicht, gilt es ohne Wenn und Aber, ohne Diskussionen und ohne Ausreden zu schließen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

Es ist bei all den wichtigen Diskussionen über die Verländerung auch ganz wichtig, zu erwähnen, dass wir daraus kein politisches Kleingeld schlagen. Diese Missbrauchsfälle, die auch von Ihnen, Kollegin Neßler, angesprochen worden sind, beginnen, bevor die Verländerung überhaupt stattfindet. Ich glaube, sich hier auf die reine Bund-Länder-Kompetenz zu beschränken, zielt gänzlich an der Debatte vorbei.

Uns eint das Ziel – was wir mit diesem Antrag quer über alle Fraktionen ganz klar sagen –, dass jedes Kind ein Aufwachsen in Sicherheit verdient. Es gibt erste Schritte, die wir da einleiten, eine offene Debatte, die wir in dieser Hinsicht führen, damit diejenigen, die die Weichenstellungen brauchen, eben auch den Schutz und die Sicherheit bekommen, die sie verdienen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

19.15

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tina Angela Berger.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.