RN/181

19.21

Bundesministerin für Europa, Integration und Familie im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Vielen Dank, Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete zum Nationalrat! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Damen und Herren! Uns alle machen die aktuellen Berichte über Missbrauch und Zustände in den SOS-Kinderdörfern in Österreich zutiefst betroffen. Es ist entsetzlich, es macht wütend und traurig zugleich, wenn Kinder dort, wo sie eigentlich Schutz und Geborgenheit vorfinden müssten, genau das Gegenteil erleben, nämlich Gewalt und Missbrauch. Das ist ein schweres Versagen und dieses schwere Versagen darf sich niemals wiederholen. 

Auch ein Wegschauen darf es in diesem Zusammenhang niemals geben. Dort, wo Missstände über Jahre hinweg in der Schublade gelandet sind, dort braucht es klare Konsequenzen. Es braucht klare Konsequenzen personell, organisatorisch und – ja, wenn notwendig – auch strafrechtlich. Es ist daher wichtig und auch richtig, dass diese Fälle nun konsequent aufgearbeitet werden, hierfür müssen volle Transparenz und auch eine lückenlose Aufklärung sichergestellt sein, insbesondere deswegen, damit verloren gegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden kann, denn nur so können wir sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche in Österreich ohne Angst vor Gewalt und Ausbeutung aufwachsen können, nämlich genau die Kinder, die außerhalb der eigenen Familie aufwachsen, und genau bei diesen Kindern müssen wir das Recht auf Schutz mehr denn je auch unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.) 

Sie vertrauen darauf, dass jene Einrichtungen, die sie betreuen, sichere Orte sind. Und wenn dieses Vertrauen gebrochen wird, dann müssen wir alles daran setzen, die Strukturen so zu verbessern, dass so etwas nie wieder passieren kann, nie wieder vorkommen kann. 

Und genau aus diesem Grund begrüße ich es ausdrücklich, dass die Organisation selbst eine Reformkommission eingesetzt hat, dass sie hier volle Kooperation mit den zuständigen Behörden auch zugesichert hat. Und auch die zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger in den Bundesländern haben bereits entsprechende Prüfmaßnahmen angekündigt. Die Staatsanwaltschaften in den betroffenen Bundesländern haben Ermittlungsverfahren eingeleitet, um eben hier auch die strafrechtliche Relevanz der Vorfälle zu prüfen. 

Seit dem 1. Jänner 2020 liegt die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe bei den Ländern. Und ich möchte hier auch betonen, weil das zuvor oft gesagt worden ist: Nur deshalb, weil etwas in der Zuständigkeit der Bundesländer ist, sind es nicht automatisch Gesetze zweiter Klasse oder schlechtere Gesetze; mit solchen Aussagen müssen wir aufhören. (Zwischenruf der Abg. Neßler [Grüne].) Aber trotzdem ist auch klar, auf Bundesebene müssen wir auch unsere Verantwortung ernst nehmen und hier ein klares und starkes Zeichen setzen, ein Zeichen dafür, dass Kinderschutz weiterhin oberste Priorität hat und genießt und dass Gewalt, egal in welcher Form, keinen Platz in unserer Gesellschaft hat. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) 

Der geplante runde Tisch zu diesem Thema – gemeinsam mit den Bundesländern, gemeinsam mit der Arge Kinder- und Jugendhilfe – soll hier auch größtmögliche Harmonisierung, Transparenz und Weiterentwicklung der Qualitätsstandards bringen. 

Wir haben in den vergangenen Monaten und insbesondere in der letzten Legislaturperiode sehr, sehr viel weitergebracht, was im Bereich Kinderschutz auch an Aufgaben vor uns gelegen ist. Die Qualitätssicherungsstelle Kinderschutz hat erst vor wenigen Monaten ihre Arbeit aufgenommen. Die dort entwickelten Kinderschutzkonzepte dienen eben genau der Prävention gegen alle Formen von Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Sie helfen dabei, Risiken frühzeitig zu erkennen, klare Abläufe, einen klaren Fahrplan zu geben, wenn jemand, der tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, Zeichen, Symptome von Missbrauch oder eben auch Gewalt erkennt. Nur so können wir auch rechtzeitig einschreiten, wenn wir alle eben Augen und Ohren offen halten. 

Für den Aufbau und Betrieb der Qualitätssicherungsstelle Kinderschutz, die schon aus der vergangenen Legislaturperiode stammt, haben wir im Familienministerium ein Budget in Höhe von 720 000 Euro bis Ende 2027 sichergestellt. 

Aber es ist auch abseits dessen sehr, sehr viel weitergegangen: Wir haben die Strafen für Kinderschänder deutlich verschärft, verdoppelt, teilweise sogar verdreifacht. Die Lücke beim Berufs- und Tätigkeitsverbot wurde endlich geschlossen, damit jemand, der sich ein Mal an Kindern und Jugendlichen vergangen hat, nie mehr wieder in deren Nähe arbeiten darf. 

Wir haben ein eigenes Gütesiegel für Kinderschutz für Vereine und Organisationen etabliert, ein Musterkinderschutzkonzept ins Leben gerufen, das mehrere Zehntausend Mal in diesen wenigen Monaten bereits von Vereinen und Organisationen kostenlos heruntergeladen wurde, eine eigene Fachstelle für den digitalen Kinderschutz – ja, wir müssen uns auch da weiterentwickeln, denn Kinderschutz beginnt oftmals im digitalen Bereich, Missbrauch beginnt über Messengerdienste, und auch da müssen wir uns weiterentwickeln – eingerichtet, eine österreichweite Kinderschutzkampagne gemacht, weil es unser aller Verantwortung in der Gesellschaft ist, hier darauf aufmerksam zu machen und eben auch Zeichen zu erkennen. 

Warum war uns das alles so wichtig? – Weil das stärkste Mittel der Täter die Scham der Missbrauchten ist. Und das einzige Mittel, das es dagegen gibt, ist das Wissen der Betroffenen. Je besser Kinder und Jugendliche über ihre Rechte und auch über ihre Möglichkeiten Bescheid wissen, desto geringer ist die Macht der Täter. 

Kinderschutz ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir werden beim Kinderschutz auch weiterhin konsequent dranbleiben, haben dafür auch gemeinsam einige Maßnahmen und Weiterentwicklungen im Regierungsprogramm vorgesehen. Kinderschutz darf niemals eine Momentaufnahme sein, er muss immer eine dauerhafte Verpflichtung für uns alle bedeuten, denn nur so können wir gewährleisten, dass jedes Kind in Österreich in Sicherheit, in Würde und vor allem auch in Geborgenheit aufwachsen kann. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) 

19.28

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ricarda Berger zu Wort. – Bitte.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.