RN/4

Anfrage 41/M

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Ja, guten Morgen, Frau Bundesministerin! Frau Bundesministerin, Sie sind ja auch für die Sozialversicherungen zuständig, die sich sozusagen in einer Selbstverwaltung befinden. In den letzten Monaten – und das war auch in den Medien sehr, sehr deutlich zu hören – gab es immer mehr Kritik an willkürlichen Entscheidungen in den Sozialversicherungen, vor allem sehr häufig in der Pensionsversicherungsanstalt, von der sich Bürger wirklich schlecht behandelt gefühlt haben. Es ist nicht ganz neu: Wir kennen das Spiel, dass Personen zwischen dem AMS und der PVA oftmals wie Pingpongbälle hin- und hergespielt werden. Das ist vor allem für ältere, oftmals auch kranke, nicht mehr vermittelbare Personen ein sehr unwürdiges Spiel. Man hat den Eindruck, das geht einfach seinen Weg weiter und die Politik unternimmt da nichts. Sie haben ja die Oberaufsicht und Sie sind einfach zuständig dafür, dass dort auch eingegriffen wird. 

In dem Zusammenhang möchte ich Sie gerne einmal Folgendes fragen:

„Welche Maßnahmen werden Sie angesichts der zunehmenden Kritik an willkürlichen Entscheidungen der österreichischen Sozialversicherungsträger setzen?“

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesminister.

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vielen Dank für die Frage. Ich gehe aber davon aus, dass Sie mit der Frage alle Sozialversicherungsträger gemeint haben, also sowohl die ÖGK wie auch die SVS, die BVAEB und die PVA. Zu Beginn möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Beschäftigten der Sozialversicherungsträger für ihre intensive Arbeit im Interesse aller Versicherten zu bedanken.

Die österreichischen Sozialversicherungsträger sind – Sie haben es bereits erwähnt – als öffentlich-rechtliche Körperschaften nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung eingerichtet. Sie erfüllen die ihnen vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich weisungsfrei und eigenverantwortlich unter Bindung an die Gesetze. 

Behördenwillkür liegt dann vor, wenn sich eine Behörde bei ihren Entscheidungen von unsachlichen Erwägungen leiten lässt und bei ihrem Handeln rechtliche Vorgaben maßgeblich missachtet oder grob verkennt. 

Willkürhandlungen im Bereich der Sozialversicherungsträger sind mir nicht bekannt. Bei der Feststellung, ob ein Anspruch auf eine Leistung aus der Sozialversicherung besteht, ist die Erfüllung der rechtlichen Vorgaben wesentlich. Dazu kommt, dass den Versicherten im Fall einer vermeintlich rechtswidrigen oder willkürlichen Entscheidung der Sozialversicherungsträger die Beschreitung des Rechtswegs über die zuständigen Gerichte offensteht. Dazu möchte ich auch noch sagen, dass alle Sozialversicherungsträger Ombudsstellen eingerichtet haben, an die sich die Versicherten wenden können. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die Frage war: Was werden Sie machen?, und nicht: Was werden Sie nicht machen?)

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage? 

RN/4.1

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): War das jetzt die Beantwortung? (Bundesministerin Schumann: Das war die Beantwortung!) – Okay. Danke Frau Minister, für diese - -

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Zusatzfrage, bitte, ja. – Danke, Frau Minister, für die Nichtbeantwortung. Das kann jeder Versicherte für sich nachlesen. (Beifall bei der FPÖ.) Dazu bräuchte es jetzt nicht Sie, Frau Bundesminister. Sie haben jetzt einfach nur zitiert, was auf den Homepages der einzelnen Sozialversicherungsträger steht beziehungsweise was man halt auch in den Broschüren nachlesen kann. Das ist aber nicht die Antwort auf meine Frage. 

Frau Bundesministerin, nicht alle Sozialversicherungsträger haben eine Ombudsstelle. Bei der PVA ist das beispielsweise nicht der Fall, dort muss man bei einer Fehlentscheidung – da will ich jetzt noch gar nicht von Willkür reden, Fehler können gemacht werden – tatsächlich vor das Arbeits- und Sozialgericht gehen. Das ist gerade bei der Pensionsversicherung für meist doch betagte Menschen oftmals ein Hemmnis. Also da wäre es schon notwendig, dass die Selbstverwaltung endlich Reformen veranlasst. Offensichtlich hat die Selbstverwaltung aber weder Reformkraft noch einen Reformwillen, daher, glaube ich, wäre es jetzt notwendig, die Selbstverwaltung auch einmal gesetzlich auf neue Beine zu stellen. Ich weiß, dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Wir Freiheitlichen wären auch sehr gerne bereit, über eine Auflösung der Selbstverwaltung oder eine Neuausrichtung der Sozialversicherungen nachzudenken und würden da für Verhandlungen bereitstehen. 

In diesem Sinne meine Zusatzfrage: Frau Bundesminister, sind Sie bereit dazu und werden Sie in den nächsten Monaten eine grundlegende Reform der Sozialversicherung in Angriff nehmen, die auch darauf ausgerichtet ist, dass sich die Sozialversicherung tatsächlich zu den Versicherten wendet und auch wieder im Sinne der Versicherten arbeitet? 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesminister.

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Ich darf daran erinnern, dass bereits eine große Sozialversicherungsreform stattgefunden hat, die eine Verschiebung in den Mehrheiten innerhalb der Sozialversicherung hin zur Arbeitgeberseite ergeben hat. Ich darf darauf hinweisen, dass diese Verschiebung und diese Reform der Sozialversicherungsträger nicht in dem Sinne erfolgreich war, wie es angekündigt wurde. Es wurde gesagt, es gibt eine Patientenmilliarde – das Geld ist nie dagewesen. (Abg. Wurm [FPÖ] – erheitert –: Wo haben Sie denn das gelesen?) Das heißt, wir haben eher ein Defizit als eine Milliarde, wie gesagt wurde. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wollen Sie eine Antwort auf meine Fragen geben oder nicht?) Also wenn man Reformen angeht – und wir haben im Regierungsprogramm sehr wohl festgehalten, dass wir eine Evaluierung der Sozialversicherungsreform machen werden, das machen wir auf jeden Fall –, müssen sie gut gemacht werden und nicht zum Schaden der Versicherung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na, das war eine Antwort!)

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur Anfrage 46/M, das ist jene der Frau Abgeordneten Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.