RN/8

Anfrage 50/M

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Bevor ich zu meiner eigentlichen Frage komme, möchte ich Ihnen folgende Nachricht von einer jungen ME-Betroffenen aus Salzburg vorlesen:

„Seit einer Covid-Infektion plagen mich täglich Muskelschmerzen, Fieber und Halsschmerzen – wie eine starke Grippe, die nie endet.

30 Arzttermine bei verschiedenen FachärztInnen, großteils auf eigene Kosten, folgen – leider ohne Ergebnis. 

Die dabei empfohlene Trainingstherapie verschlechtert meine Beschwerden rapide. Bis der Zustand endlich einen Namen bekommt: ME/CFS. Endlich Klarheit! 

Trotz Bettlägrigkeit und Transportunfähigkeit hält der Richter an einem Transport zur Begutachtung fest. 

Bei einer OP klärte nicht der Anästhesist mich auf – ich musste ihn aufklären. Spezialwissen ist Fehlanzeige, da sogar Begrifflichkeiten unbekannt sind. Pflege? 24h durch die Familie. Kompetente Alternativen? Seit Februar 2025 ebenso Fehlanzeige!“ 

In Ihrer Beantwortung meiner Anfrage zur Versorgungslage von ME/CFS-Erkrankten und von postviralen Erkrankungen Betroffenen schreiben Sie, dass die Versorgungslage über Hausärztinnen und Hausärzte und bei Bedarf auch über Fachärztinnen und Fachärzte „flächendeckend sichergestellt“ sei.

„Wie erklären Sie Ihre Behauptung, dass die Versorgungslage von ME/CFS-Betroffenen ‚flächendeckend sichergestellt‘ sei, gegenüber unmittelbar Betroffenen, die von gänzlich anderen Erfahrungen berichten?“

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesminister.

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Vorausschickend möchte ich sagen, dass mir völlig bewusst ist, wie schwer die Situation für Menschen mit komplexen Erkrankungen und postviralen Syndromen ist. Das weiß ich, das ist mir klar: wie schwierig es für sie ist, auch für die Angehörigen. Das ist eine große Problemstellung, und deshalb arbeitet mein Ministerium intensiv daran, die medizinische Versorgung zu verbessern.

Die Anfragebeantwortung bezog sich auf die Grundversorgung. Ich gebe Ihnen völlig recht, in den Bereichen der schweren Erkrankungen müssen wir nachziehen, auch in der Diagnostik müssen wir nachziehen.

Lassen Sie mich vielleicht noch erklären, was postvirale Syndrome sind: Es handelt sich dabei um Krankheiten, bei denen nach einer Infektion Beschwerden weiterhin bestehen oder neu auftreten, zum Beispiel Probleme mit Nerven, Herz oder Immunsystem. Diese Beschwerden können Menschen jeden Alters treffen, unterschiedlich arg ausgeprägt sein und lange dauern. In schweren Fällen kann das zu starker Erschöpfung, Arbeitsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit führen.

Was wird getan? – Wir haben das nationale Referenzzentrum, und jenes sammelt und vermittelt aktuelles Wissen zu diesen Erkrankungen durch Schulungen, Veranstaltungen für Fachpersonal. Das Zentrum hilft auch dabei, internationale Erkenntnisse für die Praxis aufzubereiten.

Eine österreichische medizinische Leitlinie zu Long Covid und postviralen Syndromen unterstützt Ärztinnen und Ärzte dabei, die Symptome besser einzuordnen. Mein Ministerium hat diese über ein Onlinetool zugänglich gemacht.

Im Bereich der Behandlung: Wegen der vielen unterschiedlichen Symptome müssen oft verschiedene Fachärzt:innen – Neurologie, Kardiologie, Immunologie – eingebunden werden, Hausärzt:innen spielen jedenfalls eine wichtige Rolle als erste Anlaufstelle und zur Koordinierung der Behandlung. Die Rehaangebote, im Rahmen derer individuell auf die Symptome und Bedürfnisse der Patient:innen eingegangen wird, sind ein wichtiger Teil der Versorgung. 14 000 Rehaplätze wurden von der PVA von 2019 bis 2024 bewilligt.

Nun zum Aktionsplan Pais: Viele Vorarbeiten wurden bereits durch den Aktionsplan geleistet. Derzeit wird gemeinsam mit den zuständigen Stellen weiter daran gearbeitet, die Vorsorge zu verbessern und klare Zuständigkeiten zu schaffen.

Die nächsten Schritte: Es wird aktuell an einer einheitlichen Definition der Krankheit und an der Erhebung, wie viele Menschen in Österreich betroffen sind, gearbeitet. Dafür werden auch internationale Daten genutzt. Außerdem wird ein klarer Ablaufplan, ein Patient:innenpfad entwickelt, um die Behandlung in ganz Österreich besser und einheitlicher zu gestalten. Die ersten Ergebnisse werden Ende 2025, Anfang 2026 erwartet.

Zur Finanzierung: Der Bund stellt zusätzliches Geld bereit, den Ländern wurden über den Finanzausgleich jährlich 600 Millionen Euro für den Spitalsbereich und 300 Millionen Euro für den niedergelassenen Bereich zur Verfügung gestellt, wovon auch explizit Mittel für die Errichtung von spezialisierten Zentren für ME/CFS- und Pais-Betroffene verwendet werden sollen.

Mit all diesen Maßnahmen soll das Wissen über diese Krankheit verbessert und die Diagnose, Behandlung und Betreuung der Betroffenen gestärkt werden.

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?

RN/8.1

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Danke, dass Sie viele Dinge, die unter Johannes Rauch umgesetzt wurden, entsprechend erwähnt haben. Sie haben halt nur vergessen, ihn zu erwähnen. Aber reden wir über die Versorgung von Menschen mit postviralen Erkrankungen wie eben ME/CFS, denn genau das war ja eine zentrale Frage bei der Erstellung des Aktionsplans Pais. Sie haben es ja gerade selbst erwähnt. Bei diesem Aktionsplan sind ja die Betroffenen auf der einen Seite und andererseits alle relevanten Systempartner – angefangen von den Sozialversicherungen über die Bundesländer – am Tisch gesessen, und genau die beiden Letztgenannten blockieren momentan die Umsetzung – zumindest ist das das, was öffentlich am Tisch liegt.

Sie haben es selber gesagt: Das Geld ist da, der Finanzausgleich sieht die entsprechenden Mittel vor, und es sind alle Betroffenen, alle Systempartner am Tisch gesessen – und trotzdem wird nicht umgesetzt. Sie sprechen von Ende 2025, die GÖG spricht von Mitte 2026; das war jetzt auch der letzte Bericht, der über die APA gelaufen ist.

Daher meine Zusatzfrage: Wann haben Sie vor, sich endlich um eine umgehende Umsetzung des Aktionsplans ohne Abstriche und ohne Untergraben der Erkenntnisse durch Prioritätensetzung zu kümmern und im Zuge von Verhandlungen mit Sozialversicherungen und Bundesländern diese zur Wahrnehmung ihrer eigenen Verantwortung gegenüber circa 80 000 Betroffenen in Österreich zu bewegen?

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesminister.

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Das tun wir jetzt. Ich stehe nicht an, zu sagen, dass mein Vorgänger, Herr Bundesminister Rauch, mit seinem nationalen Aktionsplan nach bestem Wissen und Gewissen versucht hat, die Versorgung auf die Beine zu stellen. Das Problem dabei ist nur, dass dieser Aktionsplan von den Ländern und den Sozialversicherungen nicht angenommen wurde, und damit stehen wir jetzt vor der Problematik, dass wir diesen Bereich neu aufstellen müssen und schauen müssen, wie wir die Problemstellungen, die ohne Zweifel bestehen, jetzt so gut abdecken, dass die Betroffenen, vor allem die schwer Betroffenen, die bestmögliche Versorgung bekommen.

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Eisenhut, bitte.

RN/8.2

Abgeordnete Irene Eisenhut (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Wie wir schon gehört haben: Der Aktionsplan besteht ja schon seit längerer Zeit, alleine es fehlt an der tatsächlichen Umsetzung, dass die Betroffenen wirklich Nutzen daraus ziehen können. Ich kann solche Erzählungen, solche Beispiele, wie sie Kollege Schallmeiner hier erwähnt hat, auch nur bestätigen. Das ist für die Betroffenen wirklich ein Spießrutenlauf ohne Ende, um überhaupt zu einer Diagnose zu kommen.

Aufgrund der Schätzungen des nationalen Referenzzentrums für postvirale Syndrome in Österreich sprechen wir von knapp 80 000 Personen, die von ME/CFS betroffen sind. Hinsichtlich der konkreten Zahlen, die vorliegen, fehlt halt ein bissel die Klarheit in der Diagnostik, das haben Sie selbst schon erwähnt. Ursächlich hierfür ist, dass die Definition, welche einerseits vom nationalen Referenzzentrum entwickelt wurde und sich andererseits auch auf internationale Erkenntnisse stützt, von einzelnen Systempartnern noch einmal zur Diskussion gestellt wird.

Daher meine Frage: Welche Maßnahmen wollen Sie wirklich konkret ergreifen, um verständliche, transparente Definitionen von gegenständlichen Krankheitsbildern zu etablieren, um einerseits für die Allgemeinheit einen treffsicheren Überblick über die tatsächliche Zahl der Betroffenen zu gewährleisten und andererseits, was noch viel wichtiger ist, den Betroffenen zu einer raschen Diagnose zu verhelfen und in weiterer Folge dann die zielgerichtete Behandlung in die Gänge bringen zu können?

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesminister.

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Ich kann noch einmal betonen, weil das schon in der Beantwortung der vorherigen Frage ausgeführt wurde: Wir sind mit wirklich großem, großem Engagement dabei, diese Probleme zu lösen. Das ist etwas, was wir übernommen haben. Wir brauchen jetzt im Zusammenwirken mit dem Referenzzentrum, mit der GÖG, mit Bund, Ländern und Sozialversicherungen einen Gesamtplan, wie wir damit umgehen, wie wir die beste Versorgung aufstellen.

Ich kann Ihnen versichern, wir sind da wirklich ganz schwer am Arbeiten und hoffen, dass wir möglichst rasch eine Umsetzung ermöglichen. Ich weiß um die Geschichten, ich kenne viele der Betroffenen selbst, ich weiß, welches Leid da entsteht. Das große, große Interesse von uns als Bundesregierung ist es, da die bestmögliche Versorgung zu erreichen, und ich bin mir sicher, wir sind auf einem guten Weg, aber bitte noch um etwas Geduld, weil das Zusammenspiel der einzelnen Teile nicht einfach ist und wir eine gute Versorgung wollen, auf die sich die Betroffenen auch verlassen können.

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur 6. Anfrage, jener des Abgeordneten Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.