RN/20

10.26

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, ich gestehe ganz offen, bei der Frage hinsichtlich der Aufnahme von freien Dienstnehmer:innen in den Kollektivvertrag wohnen zwei Seelen in meiner Brust: Einerseits wird der freie Dienstvertrag damit gesetzlich aufgewertet und geradezu normalisiert, und das halte ich schon für problematisch. Bei freien Dienstverträgen handelt es sich nämlich tatsächlich oft genug um besonders prekäre und unsichere Formen der Beschäftigung und wir haben allzu oft erlebt, dass der freie Dienstvertrag missbraucht wird, um reguläre Beschäftigungsverhältnisse, um sichere Beschäftigungsverhältnisse auszuhebeln – gerade Essenszusteller:innen können davon ein Lied singen. Andererseits ist aber natürlich jeder Schritt zu begrüßen, durch den freie Dienstnehmer:innen mehr Arbeitsrechte bekommen, denn das wirkt doppelt: Einerseits sind die Betroffenen sozial besser abgesichert, je ähnlicher sie Arbeitnehmer:innen werden, andererseits wird es natürlich auch für Unternehmer unattraktiver, freie Dienstnehmer:innen statt fixer Beschäftigter anzustellen. Deshalb werden wir natürlich der Regierungsvorlage heute zustimmen. 

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Ministerin, wer A wie Arbeitnehmer:in oder arbeitnehmer:innenähnlich sagt, der muss auch B wie Betriebsrat sagen. Weil: Mir bringen die zusätzlichen Rechte nur relativ wenig, wenn ich sie im Betrieb nicht umsetzen kann, nicht durchsetzen kann, wenn ich auch niemanden habe, der mich dabei unterstützt. Das ist nun einmal der Betriebsrat, der dafür sorgt, dass meine Rechte im Betrieb auch eingehalten werden. 

In dem Sinne auch einen solidarischen Gruß an alle Betriebsrät:innen da draußen, die Tag für Tag für die Rechte der Arbeitnehmer:innen kämpfen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Stich [SPÖ].)

Freie Dienstnehmer:innen können heute bereits ihre überbetriebliche Interessenvertretung – nämlich die AK-Vollversammlungen – wählen und dorthin gewählt werden. Warum da bitte nicht auch den Betriebsrat? Die Frage von freien Dienstnehmer:innen im Betriebsrat gewinnt nicht zuletzt darum an Brisanz und Wichtigkeit, weil es immer mehr Branchen gibt, die fast nur mehr freie Dienstnehmer:innen beschäftigen. 

Wir haben zuletzt erlebt, was das für die Betroffenen bedeutet, als ein großer Essenszusteller Hunderte angestellte Essenslieferanten mehr oder weniger von heute auf morgen gekündigt und durch freie Dienstnehmer:innen ersetzt hat. Das hat für den Konzern einen praktischen Nebeneffekt: Wo es nämlich keine festen Arbeitnehmer:innen mehr gibt, da gibt es auch keine Betriebsräte mehr. Dort schaut niemand mehr auf die Rechte der Mitarbeiter:innen. Genau solche Praktiken gehören abgestellt, und darum bringen wir auch folgenden Antrag ein:

RN/20.1

Abänderungsantrag 

der Abgeordneten Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 werden folgende Z 3a und 3b eingefügt:

„3a. In § 31 Abs. 2 wird nach der Wortfolge ‚für Heimarbeiter‘ die Wortfolge ‚und für freie Dienstnehmer:innen nach § 4 Abs. 4 ASVG‘ eingefügt. 

3b. In § 36 Abs. 1 wird nach der Wortfolge ‚und der Heimarbeiter‘ die Wortfolge ‚und freie Dienstnehmer:innen nach § 4 Abs. 4 ASVG‘ eingefügt.“


Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betriebliche Mitbestimmung ist ein wesentlicher Pfeiler unserer sozialen Demokratie, stimmen Sie dem Abänderungsantrag zu und sorgen Sie dafür, dass auch freie Dienstnehmer:innen eine starke Stimme in den Betrieben haben! – Danke. (Beifall bei den Grünen.) 

10.30

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/20.2

Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 (AA-34)

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Der gegenständliche Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung. 

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte schön. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.